Tourismus an der ostfriesischen Nordseeküste - Struktur und jüngere Entwicklung


Magisterarbeit, 2003

87 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Bildverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geographie und Tourismus
2.1 Theoretische Grundlagen
2.2 Praktische Umsetzung

3 Das Untersuchungsgebiet
3.1 Raumliche Abgrenzung
3.2 Einfuhrende Landschaftskunde
3.2.1 Physisch-Geographische Grundlagen
3.2.1.1 Die naturraumlichen Einheiten
3.2.1.1.1 Die Geest
3.2.1.1.2 Die Moore
3.2.1.1.3 Die Marsch
3.2.1.1.4 Das Wattenmeer
3.2.1.1.5 Die Inseln
3.2.1.1.5.1 Die Ostfriesischen Inseln
3.2.1.1.5.2 Helgoland
3.2.1.2 Grundlagen fur den Fremdenverkehr
3.2.1.2.1 Lage und Landschaftsbild
3.2.1.2.2 Das Meer und der Strand
3.2.1.2.3 Das Klima
3.2.2 Kulturgeographische Grundlagen
3.2.2.1 Die Siedlungen
3.2.2.2 Die Verkehrslage
3.2.2.3 Die Bevolkerung und Bevolkerungsentwicklung
3.2.2.4 Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt
3.2.2.5 Die regionaltypische Kultur

4 Geschichte des Tourismus in Ostfriesland
4.1 Die Entwicklung bis 1945
4.2 Die Entwicklung nach 1945
4.3 Zusammenfassung der Entwicklung

5 Jungere Entwicklung und heutige Struktur des Tourismus in Ostfriesland .
5.1 Allgemeine Entwicklung und Struktur
5.1.1 Die Ankunfte und Ubernachtungen
5.1.2 Die Saisonalitat des Fremdenverkehrs
5.1.3 Die Struktur der Beherbergungsbetriebe
5.1.4 Die Beschaftigten im Gastgewerbe
5.1.5 Zusammenfassung
5.2 Die Kustenorte
5.2.1 Beispiel Wangerland
5.2.1.1 Die Nachfragesituation
5.2.1.1.1 Die Entwicklung der Gasteankunfte und -ubernachtungen
5.2.1.1.2 Der Saisonverlauf
5.2.1.2 Die Beherbergungsstruktur
5.2.1.3 Die Gastestruktur
5.2.1.3.1 Die Herkunft der Gaste
5.2.1.3.2 Die Reiseverkehrsmittelstruktur der Gaste
5.2.1.3.3 Die Altersstruktur der Gaste und die Beteiligungsweise am Urlaubsverkehr
5.2.1.3.4 Die Berufsstruktur der Gaste
5.2.1.3.5 Die Verpflegungsweise der Gaste
5.2.1.4 Zusammenfassung
5.2.2 Beispiel Norden-Norddeich
5.2.2.1 Die Nachfragesituation
5.2.2.2 Die Gastestruktur
5.2.2.3 Zusammenfassung
5.3 Die Inseln
5.3.1 Beispiel Norderney
5.3.2 Helgoland als Ausflugziel fur Ostfriesland
5.3.2.1 Die Entwicklung der Gasteankunfte
5.4 Das Binnenland
5.5 Wilhelmshaven
5.5.1 Das allgemeines touristisches Angebot und die Entwicklung der Gastezahlen
5.5.2 Der Nutzungskonflikt Tourismus - Jade Port

6 Bewertung des Tourismus in Ostfriesland
6.1 Starken des Tourismus in Ostfriesland
6.2 Schwachen des Tourismus in Ostfriesland

7 Perspektiven fur den Tourismus in Ostfriesland
7.1 Die kunftige Entwicklung des Tourismus in Ostfriesland
7.2 Leitbildentwicklung fur den Raum Ostfriesland
7.2.1 Ziele zum Themenfeld „Natur“
7.2.2 Ziele zum Themenfeld „Kultur“
7.2.3 Ziele zum Themenfeld „Verkehr“
7.2.4 Ziele zum Themenfeld „Touristisches Angebot“
7.2.5 Ziele zum Themenfeld „Marketing und Management
7.2.6 Ziele zum Themenfeld „Gemeinsame Vermarktung“
7.2.7 Umsetzung des Leitbildes
7.3 Ostfriesland und die aktuelle Entwicklung der Tourismusbranche

8 Ausblick

9 Literaturverzeichnis

BILDVERZEICHNIS

Bild 3.1: Die ostfriesische Halbinsel. MaBstab 1: 500 000

Bild 3.2: Naturraumliche Gliederung Ostfriesland

Bild 3.3: Langsprofil von den Inseln bis zum Geestrand

Bild 3.4: Schematischer Schnitt durch eine Nordseeinsel

Bild 3.5: Strandbefestigung in Norden-Norddeich

Bild 3.6: Vergleich der Arbeitslosenquote in Prozent im Jahresgang 2002: Bundesland Niedersachsen und Landkreis Friesland

Bild 4.1: Entwicklung der Gastezahlen in Norderney von 1815-1900

Bild 4.2: Entwicklung der Gastezahlen in Norderney von 1919-1939

Bild 4.3: Entwicklung der Gastezahlen in Norderney von 1946-1970

Bild 4.4: Entwicklung der Gastezahlen von 1970-1989 in Norderney, Spiekeroog, Neuharlingersiel und Norden-Norddeich

Bild 5.1: Entwicklung der Gastezahlen in ausgewahlten Kustenorten 1990-2001

Bild 5.2: Saisonverlauf des Ubernachtungsverkehrs im Wangerland 1996

Bild 5.3: Die Herkunft der Gaste im Wangerland 1996 nach Bundeslandern

Bild 5.4: Saisonverlauf nach Gasteankunften Norden-Norddeich 2000

Bild 5.5: Die Herkunft der Gaste in Norden-Norddeich 2001 nach Bundeslandern

Bild 5.6: Entwicklung der Gastezahlen auf ausgewahlten Inseln 1990-2001

Bild 5.7: Gasteankunfte fur Helgoland nach Anreiseart 1990-2002

Bild 5.8: Entwicklung der Gastezahlen in Wilhelmshaven 1993-1999

Bild 6.1: Hochhauser in Horumersiel/Wangerland

Bild 6.2: Ferien- und Zweitwohnungen in Hooksiel/Wangerland

Bild 7.1: Region der „Ostfriesland Tourismus Marketing GmbH“

Bild 7.2: Antworten auf die Frage: „Welche deutsche Feriengebiete stellen fur Sie am ehesten eine Alternative dar?“

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1.1: Mittlere Monatstemperaturen in Norderney und Aurich in °C

Tabelle 1.2: Arbeitslosenquoten im Jahresdurchschnitt 2002

Tabelle 3.1: Ankunfte und Ubernachtungen in den niedersachsischen Reisegebieten 1992-2001

Tabelle 3.2: Beherbergungsstruktur im Juni 1993 in Prozent

Tabelle 3.3: Sozialversicherungspflichtig Beschaftigte im Gastgewerbe 1980-2000

Tabelle 3.4: Entwicklung der Gaste- und Ubernachtungszahlen im Wangerland 1990-2001

Tabelle 3.5: Die Altersstruktur der Gaste im Wangerland

Tabelle 3.6: Die berufliche Stellung der Gaste im Wangerland

Tabelle 3.7: Verpflegungsweise der Gaste im Wangerland

Tabelle 3.8: Durchschnittliche Verweildauer in Norden-Norddeich 1995-2001

Tabelle 3.9: Tourismus in ausgewahlten Binnenlandorten und Norden-Norddeich

ABKURZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die ostfriesische Halbinsel ist eine anerkannte deutsche Urlaubsdestination und verfugt uber eine seit Jahrzehnten gewachsene touristische Struktur. Die Geschichte des Fremdenverkehrs in der Region lasst sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zuruckverfolgen. Gleichzeitig ist Ostfriesland aber auch fur die Strukturschwache seiner Wirtschaft und hohe Arbeitslosenquoten bekannt. In diesem Zusammenhang kann der Fremdenverkehr in dieser Region also eine besondere Rolle spielen.

Vor der regionalen Betrachtung muss ebenfalls die allgemeine touristische Entwicklung in den deutschen Reisegebieten betrachtet werden. Einzelne Reisegebiete, besonders in Ostdeutschland verzeichneten von 1992 bis 2000 groBe Gewinne, wahrend sowohl die Alpen als auch die Mittelgebirge EinbuBen hinnehmen mussten. An den westdeutschen Kusten stagniert der Tourismus, die ostdeutschen Kusten haben hohe Zuwachsraten. Die eigentlichen Gewinner sind in Deutschland die urban gepragten Raume durch das allgemeine Wachstum des Stadtetourismus. (vgl. Becker, 2001, S. 81)

Das Untersuchungsgebiet dieser Arbeit wird von der amtlichen deutschen Reisestatistik in zwei Reisegebiete unterteilt:

Die Ostfriesischen Inseln

Die Ostfriesische Kuste

Die beiden Reisegebiete sind auch bei der allgemeinen touristischen Entwicklung zu unterscheiden. So zahlt die Ostfriesische Kuste mit einer Zunahme der Ubernachtungen von 26% im Zeitraum 1992-2000 zu den Gewinnern unter den Reisegebieten in Westdeutschland, wahrend auf den Inseln die Kapazitatsgrenzen annahernd erreicht sind. (vgl. Becker, 2001, S. 84)

Die Wettbewerbspositionen und damit die Entwicklung der deutschen Reisegebiete werden auch von dem allgemeinen Reiseverhalten der Bevolkerung bestimmt. Hierbei ist vor allem hervorzuheben, dass die Zahl der Auslandsreisen starker steigt, als die der

Inlandsreisen. 1994 hatten demzufolge die Auslandsreisen einen Anteil von 65%, die Inlandreisen nur 35%. (vgl. Boss/Boss/Fetzer/ThAte, 1997, S.45)

Gleichzeitig steigt einerseits die Urlaubsreiseintensitat, andererseits sinkt die Dauer der Urlaubsreisen, was einen Trend zu haufigen Kurzreisen zeigt.

Diese Hintergrunde durfen bei der Betrachtung einer einzelnen Region nicht vergessen werden.

Mit dieser Arbeit soll ein moglichst kompakter Uberblick uber die Reiseregion Ostfriesland, ihre touristische Struktur und Entwicklung gegeben werden. Neben der reinen Darstellung sollen auch Perspektiven und mogliche Entwicklungen fur die Zukunft vorgestellt werden.

In Kapitel 2 wird zunachst kurz auf die Theorie der Fremdenverkehrsgeographie eingegangen, bevor dann das Untersuchungsgebiet systematisch dargestellt wird. AnschlieBend wird die Geschichte des Tourismus an der ostfriesischen Nordseekuste nachgezeichnet, und die heutige Struktur und die jungere Entwicklung untersucht.

Daran schlieBt sich eine Bewertung des Tourismus an und es werden die Starken und Schwachen im Untersuchungsgebiet aufgezeigt. AbschlieBend werden Perspektiven fur den Tourismus in Ostfriesland bzw. fur die zukunftige Entwicklung vorgestellt.

2 Geographie und Tourismus

Vor der eigentlichen Untersuchung soil hier kurz auf die theoretischen Grundlagen der Fremdenverkehrsgeographie eingegangen werden. Allerdings ist hier nicht der Raum fur umfassende Uberblicke. Es kann lediglich ein Einblick in die Theorie gegeben werden. Umfassende Darstellungen findet man bei Wolf/Jurczek (1986), Hofmeister/Steinecke (1984), Kulinat/Steinecke (1984) und Benthien (1997).

2.1 Theoretische Grundlagen

„Die systematische Auseinandersetzung von Geographen mit Fragen der Freizeit und des Tourismus ist relativ jung.“ (Wolf/Jurczek, 1986, S.10) Dieser Teil der Geographie hat sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem anerkannten Forschungsschwerpunkt entwickelt. Als erste geographische Arbeit, die sich systematisch mit der Erforschung des Tourismus beschaftigt gilt die Arbeit von Poser (1939), die sich mit dem Fremdenverkehr im Riesengebirge befasst. Der Fremdenverkehrsgeographie wurde damit vor allem die Bedeutung gegeben, „das touristische Geschehen am Zielort herauszustellen, dessen Vorraussetzungen (...) jedoch unberucksichtigt zu lassen.“ (Wolf/Jurczek, 1986, S.11) Von Christaller wurde 1955 dann vorgeschlagen, den Tourismus/Fremdenverkehr nach seinen Standorten und nach seiner Dauer zu gliedern und zu untersuchen. Im Gegensatz dazu rucken die Vertreter der so genannten „Munchner Schule“ (Ruppert, Schaffer, Maier) neben dem Fremdenverkehrsraum auch den Naherholungsraum und das Wohnumfeld und den Erholungssuchenden selber in den Vordergrund, und schaffen so neben den bereits vorher eingebrachten Grunddaseinsfunktionen (Sich fortpflanzen, Wohnen, Arbeiten, Sich versorgen, Sich bilden, am Verkehr teilnehmen) den Daseinsbereich „Sich erholen“. Wie die meisten Theorien, zog auch diese Kritik nach sich, sowohl im Bezug auf das Verhaltnis der Grunddaseinsfunktionen in den Lebensbereichen zueinander (Arbeiten - Wohnen - Freizeit), als auch auf die Aufteilung in „Fremdenverkehr/Tourismus“ , „Erholung“ und „Freizeit“. Da neben der Geographie und der Soziologie eine Vielzahl weiterer Wissenschaften zur Freizeit- und Tourismusforschung beitragen, wie beispielsweise. die Wirtschaftswissenschaften, die Padagogik, die Politikwissenschaften, die Raumplanung etc. mussen im Grunde all diese Disziplinen mit in eine umfassende Analyse einbezogen werden.

Ebenfalls existieren verschiedene geographische Untersuchungsansatze, wie der kulturgeographische, der wirtschaftsgeographische, der sozialgeographische, der stadtgeographische, der entwicklungslanderbezogene geographische Ansatz, der gesellschaftsbezogene geographische, der wahrnehmungsgeographische und der anwendungsorientierte Ansatz. Im Bezug auf die Methoden dominiert die empirisch- analytische Arbeitsweise, bei der die Techniken der empirischen Sozialforschung eingesetzt werden. (vgl. Wolf/Jurczek, 1986, S.10)

2.2 Praktische Umsetzung

Diese Arbeit stutzt sich in erster Linie auf die schon existierende Literatur zum Thema. Einen nicht unerheblichen Teil macht ebenfalls die Auswertung von Sekundarerhebungen (statistische Daten, bereits erhobene Daten etc.) aus. Die Arbeit berucksichtigt neben kulturgeographischen Bereichen ebenfalls den Bereich der physischen Geographie. Es wird versucht, dem interdisziplinaren, ganzheitlichen Ansatz der Geographie zu folgen, von dem besonders bei der Untersuchung des Fremdenverkehrs profitiert werden kann.

3 Das Untersuchungsgebiet

3.1 Raumliche Abgrenzung

Auch wenn der Schwerpunkt der Arbeit - ebenso wie der Schwerpunkt des Tourismus - auf der ostfriesischen Kuste und den ostfriesischen Inseln liegt, soil hier die gesamte ostfriesische Halbinsel mit den vorgelagerten Inseln und Helgoland betrachtet werden. Das Binnenland wird ebenfalls immer mehr touristisch genutzt, wenn auch in einem wesentlich geringeren Umfang. Es spielt jedoch ebenso fur den Kusten- und Inseltourismus als Ziel fur Ausfluge eine wichtige Rolle. Gleiches gilt fur die Insel Helgoland, die von mehreren Hafen Ostfrieslands als Tagesausflugsziel erreichbar ist und mittlerweile einen festen Platz in den Werbebroschuren fur Ostfriesland gefunden hat.

Ostfriesland mit den ostfriesischen Inseln liegt im Nordwesten der Bundesrepublik Deutschland an der niedersachsischen Nordseekuste. Es wird hier begrenzt durch die Nordsee im Norden, dem Dollart im Westen und dem Jadebusen im Osten, sowie der imaginaren Linie zwischen den beiden Meereseinbruchen im Suden. Dies entspricht in etwa nach den Reisegebietsabgrenzungen der Statistischen Landesamtern den Reisegebieten „Ostfriesische Inseln“ und „Ostfriesische Kuste“.

Administrativ gehoren dazu die im niedersachsischen Regierungsbezirk Weser-Ems liegenden Stadte Emden und Wilhelmshaven, die Landkreise Aurich, Wittmund und Friesland, sowie eingeschrankt der Landkreis Leer, dem die Insel Borkum angehort. Die in der Deutschen Bucht liegende Insel Helgoland gehort zum Kreis Pinneberg im Bundesland Schleswig-Holstein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.1: Die ostfriesische Halbinsel. Mafistab 1: 500 000

(Quelle: Auszug aus Topografischen Karten © LGN)

3.2 Einfuhrende Landschaftskunde

Mit der Landschaft „Ostfriesland“ werden meist grune Wiesen, weite Horizonte, vom Wind geneigte Baume, Kuhe, Schafe, Deiche, das Meer und rote Klinkerhauser assoziiert.

Im Folgenden werden die physio- und kulturgeographischen Gegebenheiten des Untersuchungsgebietes systematisch dargestellt, da diese naturliche, infrastrukturelle und auch okonomische Ausstattungsfaktoren fur das Freizeit- und Tourismusangebot darstellen. (vgl. Wolf/Jurczek, 1986, S.43ff)

3.2.1 Physisch-Geographische Grundlagen

3.2.1.1 Die naturraumlichen Einheiten

Das Naturlandschaftsbild Ostfrieslands ist durch funf unterschiedliche Landschaftstypen bestimmt: Geest, Moor und Marsch am Festland, sowie die ostfriesischen Inseln und das dazwischen liegende Wattenmeer. Fur das Untersuchungsgebiet wird als sechster Landschaftstyp die Insel Helgoland benannt, die sich sowohl in ihrer Genese, als auch in ihrem Landschaftsbild grundsatzlich von den ostfriesischen Inseln unterscheidet und sich damit von den „klassischen“ ostfriesischen naturraumlichen Einheiten abhebt.

HAVEN

Jadebusen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.1.1.1 Die Geest

Die Geest stellt ein wesentliches Landschaftselement Ostfrieslands dar (vgl. Bild 3.2). Der Oldenburgisch-Ostfriesische Geestrucken bildet von Sudost nach Nordwest das Ruckgrat des Ostfriesischen Festlandes, bis er unter die Marschen, Watten und Ostfriesischen Inseln abtaucht (vgl. Reineck, 1994, S.8f). Das Relief der Geest weist heute kaum nennenswerte Hohenunterschiede auf, die Durchschnittshohe betragt selten mehr als 5-7 m uber NN.[2] Bedingt durch diese geringen Hohenunterschiede und die reichlichen Niederschlage war die Geestplatte von flachigen Hochmooren bedeckt, die heute jedoch zum GroBteil abgetorft sind. (vgl. Kapitel 3.2.1.1.2)

Die Geest wurde als ein trockenes und unfruchtbares Heideland bezeichnet. Der Name findet sich im friesischen „gast“ als Ortsnamenendung wieder, wie z.B. Dangast. Man unterscheidet die Hohe Geest und die Niedere Geest. In der zentral gelegenen Hohen Geest sind die Boden trocken und sandig, wahrend sie in der Niederen Geest eher in Form von sandigen und anlehmigen Platten vorliegen (Kromer/Schmidt/van Lengen, 1987, S.7). Das Landschaftsbild der Geest ist heute alles andere als eintonig. Baumgruppen, Wallhecken[3] und inselartige Waldungen verleihen der Geest das Aussehen einer „Parklandschaft“ (Rack, 1998, S.8). Auch die Boden haben durch die Verwendung von Kunstdunger, durch umfangreiche Be- und EntwasserungsmaBnahmen und durch die Mechanisierung der Landwirtschaft eine starke Aufwertung erfahren.

3.2.1.1.2 Die Moore

Weite Teile der Geest sind von Hochmooren mit Machtigkeiten von 2-4 m bedeckt. Das Zentralmoor erstreckt sich dabei von Norden uber Wiesmoor bis sudlich ins Ammerland (vgl. Bild 3.2). Dort, wo es innerhalb der Hochmoore zu Absenkungen kam, entstanden offenen Gewasser, die so genannten Meere. Durch die fortschreitende Entwasserung hat die Zahl der einst uber 130 Meere standig abgenommen. Nordlich von Aurich befindet sich der groBte Hochmoorsee Deutschlands, das „Ewige Meer“, das mit seiner Flache von 88 ha einen wichtigen Anziehungspunkt fur den Binnenlandtourismus auf der ostfriesischen Halbinsel darstellt. Da der Mensch seit uber 300 Jahren tief greifende Eingriffe in die Moore vorgenommen hat, gibt es heute kaum noch Moore, die ein in sich geschlossenes Biotop darstellen (Kromer/Schmidt/van Lengen, 1987, S.8). Durch Kultivierung und Entwasserung sind die verbliebenen Hochmoorflachen weitestgehend verheidet und lassen sich von den Geestgebieten in ihrem Erscheinungsbild kaum noch unterscheiden. Neben den Hochmooren, die ihren Nahrstoffbedarf nur aus dem Niederschlagswasser decken, kommen in Ostfriesland die Niederungs- oder Niedermoore vor, deren Entstehung zusatzlich an einen hohen Grundwasserstand gebunden ist. Deshalb findet man diese vornehmlich in den Niederungen im Ubergangsbereich von Geest und Marsch, sowie in den Fluss- und Bachtalungen. Sie werden uberwiegend als Weideland genutzt und sind von tiefen Entwasserungsgraben durchzogen. Trotz Entwasserung und der Anlage von Schopfwerken besteht hier noch immer eine Uberschwemmungsgefahr, weshalb diese Gebiete noch heute relativ siedlungsarm sind.

3.2.1.1.3 Die Marsch

Geest und Moor werden hufeisenformig von der Marsch[4] umgeben. Wahrend zu Beginn der Nacheiszeit noch die ganze sudliche Nordsee zum Festland gehorte, stieg mit dem weltweiten Abschmelzen der Gletscher der Meeresspiegel schnell an und uberflutete auch das sudliche Nordseegebiet. Dabei schob das vordringende Meer wegen der verschlechterten Entwasserung landseitig eine Vernassungszone vor sich her, in der es zur Ausbildung von Mooren kam. Die Transgression der Nordsee verlief in mehreren Schuben, die durch Zeiten der Beruhigung oder sogar von Regressionen unterbrochen wurden (vgl. Behre, 1995, S.14f). Damit ist der Aufbau des Marschuntergrundes zu erklaren (vgl. Bild 3.3). Die Marsch bildete sich hauptsachlich aus den Sinkstoffen Sand und Schlick. Auch wenn die Marsch zunachst als eine weite, baumlose und von zahllosen Graben durchzogene Ebenheit erscheint (Rack, 1998, S.9), lassen sich doch geringe Niveauunterschiede feststellen. Durch den Ablagerungsvorgang liegt seewarts das hohere und sandigere Hochland, die geestnahen Gebiete (Sietland) sind tiefer und toniger.

In der Marsch lassen sich mehrere Teillandschaften unterscheiden: Hinter dem Vordeichsland der Hellerflachen liegt durch Deiche geschutzt die junge Marsch. Sie besteht aus wiedergewonnenem Land, den Poldern. Die Boden der jungen Marsch sind wegen der groberen Struktur der marinen Sinkstoffe relativ wasserdurchlassiger und durch den hohen Kalkanteil ausgesprochen ertragreich und fruchtbar. Deshalb werden sie vorzugsweise zum Anbau von Weizen, Gerste und verschiedenen Gemusesorten genutzt. Die alte Marsch besteht aus vorwiegend feintonigen Schlickablagerungen, die Boden haben eine hohe Dichtigkeit und eine geringe Wasserdurchlassigkeit. Sie werden uberwiegend als Weideland genutzt. Die geestnahen Bereiche liegen heute zu einem groBen Teil unterhalb des Meeresspiegels. Die tiefsten Stellen werden von Binnenseen eingenommen, wie z.B. dem „GroBen Meer“ bei Emden, das eine Flache von 450 ha bedeckt. Auch wenn es heute kaum noch LandgewinnungsmaBnahmen gibt, kann man vor dem Seedeich die einzelnen Phasen des Landgewinnungsprozesses gut erkennen. Zwischen dem Seedeich und dem eigentlichen Wattenmeer befinden sich die Salzwiesen (Heller) und die Landgewinnungsfelder. Durch Entwasserungsgraben wird die Schlickablagerung unterstutzt, so dass die Flachen nur noch bei Sturmfluten vom Wasser uberspult werden (Kromer/Schmidt/van Lengen, 1987, S.10).

3.2.1.1.4 Das Wattenmeer

Seewarts vor den Deichen liegt das Watt[5], eine „amphibische Landschaft“ (Rack, 1998, S. 11), die durch die Meeresspiegelschwankungen bestimmt wird. Innerhalb der Gezeiten (Tide) hebt und senkt sich der Meeresspiegel an der ostfriesischen Kuste im Normalfall um jeweils 2-3 Meter. Das Wattenmeer wird zweimal taglich vom Flutstrom uberspult und fallt zweimal am Tag bei Ebbe trocken.[6] Wahrend der Flut dringt das Meereswasser zwischen den Inseln hindurch zur Festlandskuste vor. Bei Ebbe flieBt es uber so genannte Priele und den zwischen den Inseln liegenden Seegatts (Baljen) zuruck ins offene Meer. Als Sedimente treten Schlick (Schlickwatt), Sand (Sandwatt) oder ein Gemisch aus beiden (Mischwatt) auf. Die Sedimentationsvorgange sind wahrend der kurzen Ruhephase bei hochster Flut am starksten. Das Wasser steht praktisch still und die mitgefuhrten Sand- und Schlickpartikel setzen sich am Boden ab. Den jeweils hochsten Wasserstand bezeichnet man als Hochwasser, den niedrigsten als Niedrigwasser. Unter Tidenhub versteht man den Unterschied zwischen dem hochsten und niedrigsten Wasserstand[7].

Das Wattenmeer vor der deutschen Nordseekuste gehort zu den letzten groBflachigen Lebensraumen in Mitteleuropa, welche bisher wenig vom Menschen beeinflusst worden sind. Okologisch gesehen gehort es zu den produktivsten Lebensraumen der Welt; neben einer Vielzahl von Fischarten und Seevogeln finden sich Millionen von Wirbellosen. Zur Erhaltung dieser besonders wertvollen Naturlandschaft wurde der Nationalpark „Niedersachsisches Wattenmeer“ geschaffen. Er wurde am 1.1.1986 gegrundet, und umfasst die Ostfriesischen Inseln, die Watten und die Ostfriesischen Seemarschen zwischen der Staatsgrenze zu den Niederlanden am Dollart im Westen und Cuxhaven im Osten. Das Nationalparkgebiet reicht von der seeseitigen Deichlinie bis zur Tiefenlinie seeseits der Inseln und Sandbanke, schlieBt also das komplette Okosystem ein. Durch die Einrichtung verschiedener Schutzzonen wurde versucht, Nutzungskonflikte, z.B. mit dem Fremdenverkehr, zu vermeiden.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.3: Langsprofil von den Inseln bis zum Geestrand (Quelle: Reineck 1994, S.13)

3.2.1.1.5 Die Inseln

3.2.1.1.5.1 Die Ostfriesischen Inseln

Das Wattenmeer wird im Norden durch die Ostfriesischen Inseln (von Westen nach Osten: Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge[9] ) zur offenen Nordsee hin begrenzt (vgl. Bild 3.3). Die Inseln sind keine Festlandreste, sondern wurden bei den nacheiszeitlichen Transgressionen aus marinen Sanden aufgebaut.

Die auch als Dunen- oder Barriereinseln (Reineck 1994, S.108) bezeichneten Inseln sind rein holozanen Ursprungs und besitzen keine pleistozanen Kerne (Liedtke/Marcinek 1995, S.234). Im Aufbau gleichen sich alle Ostfriesischen Inseln (vgl. Bild 3.4). Hinter dem vegetationsfreien Strand befinden sich mehrere Dunenketten: Am Strand selber finden sich flache Barchane, an die sich landseitig die Primardune (Vordune) anschlieBt, in der als erste die Strandquecke den treibenden Sand festhalt. Darauf folgt die Sekundardune (WeiBe Dune), die durch Strandhafer befestigt ist und den eingeblasenen Sand fangt. Dieser schlieBt sich die Tertiardune (Graue Dune) an, die durch eine geschlossene und artenreichere Vegetationsdecke z.B. von Grasern, Sanddorn und kleineren Buschen endgultig festgelegt ist. Heute befinden sich im Windschutz der Dunen, meist im Westteil der Inseln, die Siedlungen. Auf der Wattenseite der Inseln erstrecken sich Marschgebiete (Heller oder Sandmarsch), die teilweise von Deichen geschutzt werden. Wie auch an der Festlandskuste findet man hier Landgewinnungsfelder.

Ohne SchutzmaBnahmen wurden die Inseln mit dem Wind und der Stromung ostwarts wandern, da aufgewuhlte Sandteilchen von der West- zur Nordostkuste transportiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.4: Schematischer Schnitt durch eine Nordseeinsel

(Quelle: Kromer/Schmidt/vanLengen 1987,S.12)

3.2.1.1.5.2 Helgoland

Die rund 70 km vom Festland entfernte, isoliert in der Deutschen Bucht liegende und zum Bundesland Schleswig-Holstein gehorende Insel Helgoland wird als einzige Hochseeinsel Deutschlands bezeichnet und nimmt in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein. Die Hauptinsel hat eine GroBe von ca. 1,0 km2, die benachbarte Dune von ca. 0,7 km2.

Die Insel besteht aus mesozoischen Gesteinen, die durch die Aufwolbung von Zechsteinsalz hochgedruckt wurden. In der Saaleeiszeit wurde die Insel von Gletschern uberfahren, die Grundmoranenreste zurucklieBen. Ursprunglich hingen die aus Buntsandstein bestehende Hauptinsel und die Dune aus Muschelkalk und Kreide zusammen, bis sie durch die Silvesterflut von 1720 getrennt wurden. Der starke Abbau von Kalk und Gips beschleunigte den Durchbruch der Nordsee. Die besonders am Sudwestkliff auftretende fortwahrende Erosion wurde am Beginn des 20. Jahrhunderts durch eine Mauer gebremst, durch die sich eine Felsschutthalde gebildet hat. Bei der auf der Dune vorhandenen Sanddecke handelt es sich um eine kunstliche Aufspulung. (vgl. Liedtke/Marcinek 1995, S.238).

3.2.1.2 Grundlagen fur den Fremdenverkehr

Nachdem die naturraumlichen Einheiten kurz vorgestellt wurden, werden nun die fur den Seebader- und Kustentourismus wichtigsten physiogeographischen Grundlagen und Standortfaktoren dargestellt.

3.2.1.2.1 Lage und Landschaftsbild

„Das Landschaftserlebnis ist eine der wichtigsten Grundlagen fur den Fremdenverkehr.“ (Kulinat, 1969, S.26) An der ostfriesischen Nordseekuste ist es in erster Linie das Erlebnis des Meeres, das die Bewohner des Binnenlandes anspricht. Der landschaftliche Gegensatz als eine der Hauptursachen fur den Fremdenverkehr wird im Seebaderverkehr besonders sichtbar. Erganzt wird das Landschaftsbild von „der Weite der ebenen Landschaft mit ihrer beruhigenden und befreienden Wirkung“ (Kulinat, 1969, S.27). Die weiteren Landschaftselemente unterscheiden sich auf den Inseln und dem Festland. Bei den Inseln sind die weiten Sandstrande und die sich daran anschlieBenden Dunen zu nennen, sowie nicht zuletzt allgemein die Insellage mit allseitiger Meeresbegrenzung. Die Insellage entspricht uber die objektiven Tatbestande hinaus in besonderem MaBe den Vorstellungen von Urlaub in Ruhe, Abgeschiedenheit und von ungezwungenen Leben. (Kulinat/Steinecke, 1984, S.95)

Die Landschaft am Festland wird durch die flache Wattenkuste und die Ebenheit der Marschen beherrscht, unterbrochen durch das kunstlich geschaffene Band des Deiches, das im Untersuchungsgebiet nur bei Dangast unterbrochen wird, da hier die Geest bis unmittelbar an die Kustenlinie reicht.

3.2.1.2.2 Das Meer und der Strand

Das Meer bildet einerseits das bestimmende Element im Landschaftsbild, andererseits auch eine wichtige Grundlage als Heilungsfaktor[10]. Immer mehr Beachtung findet dazu die Heilwirkung des Nordseeschlicks[11]. Bereits 1930 erfolgte die Anwendung mit Schlick in Wilhelmshaven und heute in fast allen Kusten- und Inselorten.

Der Strand nimmt eine besondere Stellung als Grundlage fur den Seebaderverkehr ein. Wahrend die ostfriesischen Inseln einen einwandfreien Sandstrand an ihrer Seeseite besitzen, ist die Situation am Festland wesentlich anders. Ursprunglich handelte es sich hier um „Rasen- bzw. Schlickstrande“ (Kulinat, 1969, S.29). Eine naturliche Ausnahme stellt hier wieder Dangast dar, das durch seine spezielle Lage auf der Geest einen sandigen Strand besitzt. Im Laufe der Zeit wurden jedoch in den Kustenorten kunstliche und gut befestigte Sandstrande aufgeschuttet, die aber nie den touristischen Attraktivitatsfaktor der Inselstrande erreichen. (vgl. Bild 3.5)

Wenn man die Entstehungsgeschichte des Seebaderverkehrs in Ostfriesland betrachtet[12], lasst sich eindeutig die Bevorzugung von naturlichen Sandstranden erkennen. Durch die geringe Wassertiefe sind die Kustenstrande auch starker von Ebbe und Flut betroffen, was jegliche Art von Wassersport bei Flut einschrankt. Um die ungunstigeren Strandverhaltnisse auszugleichen, sind in den meisten Kustenorten Meereswasserschwimmbader erbaut worden.[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3.5: Strandbefestigung in Norden-Norddeich (Quelle: Eigene Aufnahme 2003)

Bei der Konkurrenz zu anderen Kusten als Ziel des Fremdenverkehrs spielt mittlerweile auch die Badewasserqualitat eine groBe Rolle. In dem jahrlich vom ADAC durchgefuhrten Badewasserbericht (vgl. Minutillo, 2003), der auch die Sauberkeit der Strande berucksichtigt, erhalten die Strande der ostfriesischen Kuste und der ostfriesischen Inseln fast ausschlieBlich die beste Bewertung -„uberwiegend sehr gut“. Einschrankungen und die zweitbeste Bewertung („uberwiegend gut“) bekommen die Strande, die in der Nahe der starker frequentierten Hafen liegen (Emden, sowie die

Hauptfahrhafen zu den Inseln). Da die Strande der Inseln auf ihren Nordseiten, und die Hafen auf der Sudseite liegen, gibt es hier im Zusammenhang mit dem Schiffsverkehr keine Beeintrachtigungen.

3.2.1.2.3 Das Klima

„Das Klima ist neben dem Meer, das wiederum das Klima wesentlich beeinflusst, die wichtigste Grundlage fur den Seebaderverkehr an der niedersachsischen Kuste.“ (Kulinat, 1969, S.31)

Klimatisch gehort Ostfriesland aufgrund seiner unmittelbaren Lage an der Nordsee zum ozeanischen Bereich innerhalb der gemaBigten Zone. Dabei wird das Wettergeschehen zum einen durch einen rhythmischen Gang der vier Jahreszeiten, durch dominierende West- und Nordwestwinde und durch die groBe Haufigkeit von Tiefdrucklagen bestimmt. Zum anderen ist der Einfluss des Meeres mit seiner ausgleichenden Kraft vorherrschend, da Ostfriesland im Mittel nicht mehr als 25 km von der See entfernt ist (vgl. Rack, 1998, S.27). Die jahrlichen Temperaturschwankungen verdeutlichen die ausgleichende Wirkung der Ozeanitat des Klimas. Sie betragen in Norderney 14,9°C, in Aurich 15,4°C. In Gottingen liegen sie hingegen bei 17,8°C.

Der Vergleich des Jahresgangs der mittleren Monatstemperaturen von Norderney und Aurich (vgl. Tab. 3.1) zeigt jedoch auch deutlich die Unterschiede zwischen den Inseln und dem Festland. Im Herbst und Winter ist es auf den Inseln warmer, im Fruhjahr und Sommer werden dagegen hohere Temperaturen auf dem Festland gemessen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3.1: Mittlere Monatstemperaturen in °C

(Quelle: RACK 1998, S.29)

Wie alle Kustengebiete ist auch Ostfriesland sehr windreich. Charakteristisch sind die Westwinde mit Geschwindigkeiten von 6 - 8 m/s. Im Herbst und in Winter haufen sich Sturme, die zu gefahrlichen Sturmfluten fuhren konnen.

Die Niederschlagsmenge liegt in Ostfriesland im Durchschnitt bei rund 750 mm und damit um etwa 100 mm uber dem Vergleichswert fur die Bundesrepublik Deutschland. Trotz der uberdurchschnittlich hohen Niederschlage scheint die Sonne in Ostfriesland langer als im ubrigen Niedersachsen. Die Sonnenscheindauer nimmt von Sudosten nach Nordwesten hin zu und belauft sich auf 1650 Stunden in Aurich und bis zu 1750 Stunden auf den Inseln. (vgl. Kromer/Schmidt/van Lengen, 1987, S.28)

An der Kuste und auf den Inseln herrscht ein „ausgesprochen gesundes Reizklima“(KROMER/ScHMiDT/vAN Lengen, 1987, S.28). Die Heilwirkung des Seeklimas beruht vor allem auf der kochsalz- und jodhaltigen Seeluft, auf der groBen Luftreinheit, auf der ultravioletten Strahlung und auf den frischen, massierenden, fast standig wehenden Winden, die auBerdem fur einen als angenehm empfundenen Temperaturausgleich sorgen. (vgl. Seedorf; Meyer, 1992, S.234) 3.2.2 Kulturgeographische Grundlagen

Im Folgenden sollen nun die kulturgeographischen Grundlagen fur den Fremdenverkehr untersucht werden. Dies sind einerseits die direkten Grundlagen, wie die Siedlungen, die Verkehrslage und die regionaltypische Kultur, als auch Bereiche, die in direktem Zusammenhang zum Tourismus stehen, wie die Bevolkerung und Bevolkerungsentwicklung, sowie die Wirtschaft.

3.2.2.1 Die Siedlungen

Siedlungen, die den naturlichen Anziehungspunkten moglichst nahe liegen und in denen die Gaste beherbergt und versorgt werden konnen, sind eine wichtige Vorraussetzung fur den Fremdenverkehr. Fur den Seebaderverkehr im Speziellen kommen dabei nur solche Siedlungen in Frage, die unmittelbar oder in der Nahe eines Strandes liegen. Im Untersuchungsgebiet ist es deshalb vor allem einerseits in den Inselorten, andererseits in den Sielhafenorten zu Seebadgrundungen gekommen. Ausnahmen bilden Norddeich und Wilhelmshaven.

Das Hausergefuge ist sowohl in den Inselorten als auch auf dem Festland verhaltnismaBig dicht. Bei den Inseln bildet vor allem Baltrum mit einer sehr lockeren Bebauung eine Ausnahme. Generell besteht bei Seebadern eine Konzentration der Hauser in Meeres- und Strandnahe und wird von den Gasten nicht als Nachteil empfunden. Besonders in den Sielhafenorten herrscht unmittelbar am Siel eine enge Bebauung vor, die noch aus der ehemaligen wirtschaftlichen Bedeutung resultiert. Als Unterkunfte fur Fremde dienen hier meist locker angeordnete Neubauten. Ein Vorteil fur das Festland ist die Moglichkeit bei groBer Nachfrage auf landeinwarts gelegene Orte ausweichen zu konnen (vgl. Kulinat, 1969, S. 41), wahrend die Inseln klare Kapazitatsgrenzen haben.

Insgesamt gesehen bieten also die Siedlungen der ostfriesischen Kuste unterschiedliche Vorraussetzungen fur den Fremdenverkehr. Die Inselorte haben schon lange eine sehr gute touristische Ausstattung, bedingt vor allem durch die langere Geschichte des Fremdenverkehrs[14], aber auch durch eine fast uneingeschrankte Abhangigkeit vom Tourismus als einzige Einkommensquelle. Daneben stehen die Sielhafenorte und Norddeich, die erst spater vom Fremdenverkehr erfasst wurden, aber vor allem in jungerer Vergangenheit durch ihre Kapazitatenressourcen aufgeholt haben, und die GroBstadt Wilhelmshaven. Die Siedlungen des Binnenlandes werden nur in einem wesentlich geringeren Umfang vom Fremdenverkehr genutzt.

3.2.2.2 Die Verkehrslage

Fur die Entwicklung und Bedeutung einer Fremdenverkehrsregion ist die Verkehrslage von groBer Wichtigkeit. „Gute Verkehrsbedingungen zwischen Wohn- und Fremdenverkehrsort sind heute eine unumgangliche Voraussetzung fur den Fremdenverkehr.“ (Kulinat, 1969, S.31)

Die allgemeine Verkehrslage Ostfrieslands wird durch seine Eck-Rand-Position zu den groBen Verkehrsraumen des Binnenlandes bestimmt. (Rack, 1998, S.127) Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts begann diese Abseitslage bedingt durch StraBen-, Eisenbahn- und Kanalbauten langsam zu schwinden. „Aber auch heute noch ist Ostfriesland in erster Linie ein Durchgangsverkehrsraum fur den emsorientierten Guterverkehr und fur den durch die Insel- und Kustenbader bestimmten Fremdenverkehr.“ (Rack, 1998, S.128) Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren schlieBlich auch die Marschen von einem festen StraBennetz uberzogen. Heute tritt neben dem StraBenneubau immer starker der Ausbau mit Verbesserung der Linienfuhrung, mit Verbreiterungen und dem Bau von Ortsumgehungen in den Vordergrund.

Mittlerweile ist Ostfriesland relativ gut an das deutsche Autobahnnetz angeschlossen. Zur besseren Anbindung Ostfrieslands an die Verkehrsraume des Binnenlandes ist der so genannte „Ostfriesland Zubringer“ zur Bundesautobahn A1 gebaut worden. Einen verkehrstechnisch groBen Fortschritt bedeutete der Bau der „Emsland-Linie“ (A31), die Emden mit dem Ruhrgebiet verbindet. Allerdings hat die A31 noch immer eine 40 km groBe Lucke zwischen Geeste und Ochtrup-Nord. Auf Initiative des so genannten „Unternehmen Luckenschluss A31“ (vgl. IHK Ostfriesland und Papenburg, 2002, S.33 und IHK Oldenburg, 2002, S. 23) wird der Bau dieses Luckenschlusses nun mit regionalen und privaten Mitteln teilfinanziert und soll bis zum 31. Oktober 2005 fertig gestellt werden. Die A31 ist die wichtigste Route fur Touristen aus dem westlichen Nordrhein-Westfalen und hat gleichzeitig vor allem fur Emden eine groBe wirtschaftliche Bedeutung. Durch die Autobahnen A28 und A29 werden Emden und Wilhelmshaven mit der A1 verbunden; die A28 bildet gleichzeitig die Verbindung von A1 zur A31.

Aus fremdenverkehrspolitischen Grunden wurden zwei FremdenverkehrsstraBen ausgewiesen: Die „StortebekerstraBe“, welche die Seehafen, Siel- und Kustenbadeorte verbindet, sowie die „Grune KustenstraBe“, welche die Kustenbezirke von Holland uber Ostfriesland nach Danemark durchlauft. (vgl. Rack, 1998, S.128)

Wichtige Eisenbahnlinien enden in Emden, Wilhelmshaven sowie als Ausnahme in Norddeich-Mole, was auf den Verkehr zur bedeutendsten ostfriesischen Insel Norderney zuruckzufuhren ist. Norddeich ist auBerdem Festlandshafen fur Juist und war dies fruher ebenfalls fur Baltrum.

Die groBen Hafen Emden und Wilhelmshaven spielen im Bezug auf den Personenumschlag keine groBe Rolle und konzentrieren sich auf den Guterumschlag.[15] Die Fahrgasthafen[16] zu den ostfriesischen Inseln erreichen jedoch hohe Personenbeforderungszahlen und sind sehr wichtig fur den Fremdenverkehr. Die gunstigsten Verkehrsbedingungen unter den ostfriesischen Inseln haben Norderney und Borkum, da der Schiffsverkehr tideunabhangig ist.

In Ostfriesland haben sich in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Landeplatze fur den Flugverkehr entwickeln konnen, deren vorwiegende Aufgabe es ist, den Saison- und Versorgungsflugverkehr zwischen dem Festland und den Inseln zu ubernehmen. Dabei konnten sich Borkum, Juist, Norderney, Norden-Norddeich und Emden zu Regionalflugplatzen entwickeln, die mit den groBen Flughafen durch Zubringerdienste verbunden sind.

3.2.2.3 Die Bevolkerung und Bevolkerungsentwicklung

Die Bevolkerungsentwicklung in Ostfriesland wird wesentlich durch das Wanderungsverhalten bestimmt. Die Entwicklung bleibt im Vergleich zu Niedersachsen deutlich zuruck. So nahm die Bevolkerungszahl von 1993-1993 in Niedersachsen um 5,5% zu, in Ostfriesland nur um 1,7%. Zwar zeigen sich innerhalb der Landkreise

Zuwanderungsgewinne, gleichzeitig aber muss z.B. Wilhelmshaven deutliche Einwohnerverluste hinnehmen.

Die Altersstruktur entspricht zwar im wesentlichem dem Landesdurchschnitt, jedoch nimmt die Zahl der Personen uber 45 Jahre uberproportional zu. Im landlichen Raum ist der Anteil jungerer Einwohner hoher, entsprechend in den Stadten der, der alteren Einwohner. (vgl. Baumgart /KrOcher/Lemke/Seeber, 1995, S.7)

3.2.2.4 Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt

Die Wirtschaft im ostfriesischen Raum ist stark agrar gepragt und seewarts gerichtet. Industrieansiedlungen finden sich kaum. „Mehr als drei Viertel der Gesamtflache Ostfrieslands sind Landwirtschaftsflachen; im Landesdurchschnitt sind es rund 63 %“

(Baumgart /Krocher/Lemke/Seeber, 1995, S.39).

Uber zwei Drittel der Einwohner sind in Ostfriesland Selbststandige oder mithelfende Familienangehorige. Dieser hohe Anteil unterstreicht die nach wie vor bauerliche Struktur in der Landwirtschaft, auch wenn deren Entwicklung durch einen deutlichen Konzentrationsprozess gepragt ist.

Fur Ostfriesland ist die Wasserwirtschaft von groBer Bedeutung. Neben dem Kusten- und Inselschutz gehoren dazu auch die Trinkwasserversorgung, die Abwasserbeseitigung sowie die Entwasserung und Melioration des Bodens. (vgl. Rack, 1998, S.108ff)

Die Hafen Emden und Wilhelmshaven haben eine besondere Wirtschaftsfunktion, wahrend die Bedeutung der anderen Hafen in Ostfriesland im touristischen Bereich, der Inselversorgung sowie der Kustenfischerei liegt (vgl. Baumgart /Krocher/Lemke/Seeber, 1995, S.4). Die Nahe zum Hafen und damit gunstige Bedingungen fur den Export ist sicherlich ein bestimmender Grund fur die Existenz und den Erhalt des Volkswagenwerkes in Emden, das neben dem Staat wohl der groBte Arbeitgeber der Region ist.

[...]


[2] Die hochste Erhebung mit 18,5 m uber NN findet man in der Hollsander Binnendune im Landkreis Leer.

[3] Wallhecken mussten nach den vor allem im 19. Jahrhundert durchgefuhrten Markenteilungen aufgeworfen werden, welche durch das in preuBischer Zeit erlassene Urbarmachungsedikt ausgelost wurden. Die zu dieser Zeit zur Einfriedung der Parzellen angelegten Wallhecken wurden zur Holz- und Buschgewinnung bepflanzt. Sie stellen einen wichtigen Windschutz dar und sind ein abwechslungsreiches Biotop fur Pflanzen und Tiere. (Behre/van Lengen, 1995, S. 11)

[4] „Im Wort „Marsch“ (= fruchtbares Schwemmland) steckt der germanische Stamm „mariska“. Dies ist eine Ableitung von „mari“ = Meer.“ (Reineck, 1994, S.15)

[5] Das Wort „Watt“ hangt mit dem althochdeutschen „wat“ = Furt zusammen, eine Stelle, die sich „durchwaten“ lasst. Definiert wird das Watt als Ubergangsgebiet vom festen Land zum Meer an einer Tidekuste, das im Verlauf der Tidebewegung bei Flut uberstromt wird und bei Ebbe trockenfallt. (Reineck, 1994, S.48).

[6] In der Deutschen Bucht treten Tidehoch- und Tideniedrigwasser fast zweimal in 24 Stunden auf. Da eine Tide im statistischen Mittel 12 h und 25 min dauert, zwei Tiden also 24 h und 50 min, rucken Tiden im statistischen Mittel taglich um 50 min weiter (Reineck, 1994, S.51).

[7] Der mittlere Tidenhub betragt an den ostfriesischen Inseln 2,6-2,8 m, in Wilhelmshaven 3,75 m (Reineck, 1994, S.52).

[8] Weitere Daten zum Nationalpark finden sich im Internet unter: http://www.mu.niedersachsen.de/Nationalparke/vorstellung.htm

[9] Hinzu kommen als unbewohnte Inseln Memmert (korrekt: Einwohnerzahl: 1 - der Vogelwart) und Lutje Horn zwischen Juist und Borkum, sowie Minsener Oog ostlich von Wangerooge.

[10] „Nach der chemischen Analyse ist es den Kochsalzquellen vergleichbar (der Salzgehalt der Nordsee an der deutschen Kuste betragt 3,2%-3.5%), und erwarmt erzielt das Meerwasser eine ahnliche Wirkung wie Solebader.“ Die Hauptheilanzeigen an der Nordsee im Zusammenhang mit den anderen Heilfaktoren - besonderes des Klimas - sind: Erkrankungen der Luftwege, Allergische Erkrankungen, Vegetative Dystonien und Vorbeugungs- und Abhartungskuren. (vgl. Kulinat, 1969, S.28)

[11] „Die Heilanzeigen sind im Wesentlichen die gleichen wie die der bekannten und bewahrten Moor- und Schlammbader des Binnenlandes“ - vor allem bei chronisch-rheumatischen Krankheiten. (vgl. Kulinat, 1969, S.28)

[12] vgl. Kapitel 4

[13] Spater auch auf den Inseln - hier jedoch eher, um die Abhangigkeit von den Witterungsverhaltnissen zu verringern.

[14] vgl. Kapitel 4

[15] Ausnahme ist der Personenverkehr von Emden nach Borkum. Wilhelmshaven hingegen spielt eine groBe Rolle fur die Marine.

[16] Fahrgasthafen: Emden/Eemshaven, Norddeich, NeBmersiel, Bensersiel, Neuharlingersiel und Harlesiel.

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Tourismus an der ostfriesischen Nordseeküste - Struktur und jüngere Entwicklung
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Geographisches Institut)
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
87
Katalognummer
V15682
ISBN (eBook)
9783638207348
ISBN (Buch)
9783638699365
Dateigröße
1508 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tourismus, Nordseeküste, Struktur, Entwicklung
Arbeit zitieren
M.A. Carsten Weiss (Autor:in), 2003, Tourismus an der ostfriesischen Nordseeküste - Struktur und jüngere Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15682

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