Evaluierung der Rehabilitationsergebnisse nach Knietotalendoprothesenimplantation bei Gonarthrosepatienten im Rahmen der Integrierten Versorgung


Diplomarbeit, 2010

106 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Derzeitiger Erkenntnisstand
1.2 Gegenstand und Ziel der Arbeit
1.2.1 Jntegrierte Versorgung"
1.3 Hypothesen

2 Material und Methoden
2.1 Studiendesign
2.2 Probanden
2.2.1 Ein- und Ausschlusskriterien
2.2.2 Zusammensetzung der Stichprobe
2.3 Methoden
2.3.1 Allgemeines Vorgehen
2.3.2 Assessments
2.3.2.1 Western Ontario and McMaster Osteoarthritis Index (WOMAC)
2.3.2.2 Knee and Osteoarthritis Outcome Score (KOOS)
2.3.2.3 MOS-36 Item Short Form Health Survey (SF-36)
2.3.2.4 Klinisches Globalurteil zur Verbesserung (Likert - Skala)
2.3.3 ZEBRIS 3D-Ganganalyse
2.4 Statistische Verfahren

3 Ergebnisse
3.1 Deskriptive Statistik
3.1.1 Patientendaten
3.1.2 Therapie
3.1.3 Fragebogen
3.1.3.1 WOMAC
3.1.3.2 KOOS
3.1.3.3 SF-36
3.2 Auswertung der Hypothesen
3.2.1 Hypothese 1 (H01)
3.2.2 Hypothese 2 (H02)
3.2.3 Hypothese 3 (H03)
3.2.4 Hypothese 4 (H04)
3.2.5 Hypothese 5 (H05)

4 Diskussion
4.1 Interpretation der Ergebnisse
4.2 Methodenkritik
4.3 Schlussfolgerungen und Ausblick

5 Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang

Danksagung

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Derzeitiger Erkenntnisstand

Eine Arthrose kann jeder Mensch bekommen. In der modernen Industriegesellschaft nehmen durch den stetigen Anstieg der Lebenserwartung und den wachsenden Anteil der Senioren an der Gesamtbevolkerung die geriatrischen Krankheitsbilder einen immer hoheren Stellenwert ein. Degenerative Gelenkerkrankungen, insbesondere die Gonarthrose, werden zunehmend relevanter [16; 31; 53].

Durch eine hohe Inanspruchnahme der ambulanten und stationaren Versorgung verursacht die Arthrose hohe Behandlungskosten. Diese wurden nach Berechnungen des statistischen Bundesamtes im Jahr 2002 auf mindestens sieben Milliarden Euro geschatzt. Dies entspricht fast 30 % der direkten Kosten, die durch die Gruppe der Muskel- und Skeletterkrankungen insgesamt verursacht werden. Degenerative Gelenkerkrankungen machen auch einen erheblichen Anteil aller Arbeitsunfahigkeitstage, Fruhberentungen und Rehabilitationsmaftnahmen aus und gehort dadurch auch volkswirtschaftlich zu den bedeutenden chronischen Krankheiten [21; 40].

Der Begriff „Arthrose“ Oder auch „Arthrosis deformans" kennzeichnet eine ungeklarte, nicht entzundliche, langsam progrediente, degenerative Veranderung der Knorpel- und Knochenstruktur eines oder mehrere Gelenke mit zunehmender Gelenkdeformierung [22]. Der kranke Knorpel wird abgerieben, bis der Knochen erreicht ist. Der Knochen wachst um das kranke Gelenk als Abstutzreaktion herum und bildet knocherne Zacken. Die Folge sind Fehlstellungen, Gelenkverformungen und knotige Verdickungen der betroffenen Gelenke. Das abgeriebene Knorpel- und Knochenmaterial kann eine Entzundung der umgebenden Gelenkhaut (Synovialitis) und Gelenkblockaden auslosen, was auch mit einer Uberwarmung und Rotung einher gehen kann. Ein Gelenkerguss kann ebenfalls entstehen, man spricht dann von einer „aktivierten“ bzw. „dekompensierten Arthrose". Der Begriff „stumme“ bzw. „kompensierte Arthrose" wird fur den Zustand der degenerativen Gelenkveranderung ohne aktuelle Beschwerdesymptomatik verwendet [22; 25].

Die uberwiegende Anzahl von Untersuchungen zur Haufigkeit der Arthrose wurde in Skandinavien, Groftbritannien und den USA durchgefuhrt. Europaische Studien weisen zum Teil grofte Unterschiede auf [15].

Die Arthrosepravalenz nimmt grundsatzlich mit dem Alter zu und ist bei Frauen hoher als bei Mannern. Eine Beeinflussung des Knorpelstoffwechsels durch den postmenopausalen Ostrogenmangel wird als Ursache fur die hohere Pravalenz bei Frauen diskutiert [17; 31; 42]. Inzidenzraten fur eine Gonarthrose in Europa reichen von 45 bis 599 pro 100 000 Lebensjahre in Studien zur klinisch symptomatischen Arthrose. Die radiologisch gesicherte Inzidenz von Gonarthrosen in einer niederlandischen Studie an 258 Personen uber 45 Jahre betrug 2083 fur Frauen (2,08 %) und 833 fur Manner (0,83 %). In einer weiteren schwedischen Studie wurden Inzidenzraten von 900 (0,9 %) fur eine Gonarthrose im Alter von 75 bis 79 gefunden [15]. In Deutschland war die Gonarthrose 2007 die zweithaufigste Hauptdiagnose bei den weiblichen Patientinnen im Alter von 65 bis unter 85 Jahre nach der ..International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems" (ICD-10)[1]. Im Rahmen der operativen Eingriffe bei Frauen im hoheren und hohen Alter steht die Implantation von Knieendoprothesen ebenfalls mit 72 701 Operationen im Jahr 2007 an zweiter Stelle. Bei den 20 haufigsten Hauptdiagnosen der vollstationar behandelten mannlichen und weiblichen Patienten nach ICD-10 nahm die Gonarthrose sogar die erste Stelle ein [21; 49; 50].

Die unterschiedlichen Ergebnisse in epidemiologischen Studien zu Haufigkeiten der Arthrose sind einmal darin begrundet, dass die Beurteilung von Rontgenbildern nicht unproblematisch ist, vor allem in fruhen Arthrosestadien. Degenerative Veranderungen am Knorpel sind arthroskopisch bereits nachweisbar, bevor sie im Nativ-Rontgen erkennbar sind. Zum anderen sind radiologisch gesicherte Arthrosen haufig nicht klinisch symptomatisch oder auch Gelenkschmerzen nicht zwangslaufig mit radiologisch signifikanten Anzeichen assoziiert [15; 42]. Jedoch zeigt eine Studie von Molsberger et al. [40]

Korrelationen zwischen Rontgenbefund, Schmerzintensitat und subjektiv empfundener Beeintrachtigung bei einer Gonarthrose.

Die Unterteilung der Arthrosen erfolgt in primare und sekundare Formen.

Bei der primaren Gonarthrose ist die Atiologie unklar, eine entscheidende Rolle scheinen aber genetische und hormonelle Faktoren zu spielen [18; 22].

Die Atiologie sekundarer Gonarthrosen ist in Tabelle 1-1 abgebildet [19; 22].

Tabelle 1-1: Ursachen sekundarer Gonarthrosen

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In den meisten Fallen ist Adipositas (BMI > 30 kg/m2) aufgrund der erhohten mechanischen Last auf das Gelenk und eine haufige Tatigkeit in kniender oder hockender Stellung ein Hauptrisikofaktor fur das Entstehen einer Gonarthrose [10; 17; 38; 51].

Zur Klassifikation der Arthrose entstanden verschiedene Atlanten auf radiologischen Kriterien beruhend [15]. Die gebrauchlichste geht auf Kellgren und Lawrence (1963) zuruck, die die Osteoarthrose in Grad 0 bis 4 einteilten, wobei 0 ein normales Rontgenbild und 4 eine ausgepragte Gelenkspaltverschmalerung bis zur vollstandigen Destruktion, Deformierung/Nekrose der Gelenkpartner bedeutet [1; 15].

Typische Symptome einer Gonarthrose im Anfangsstadium sind Schmerz, Steifigkeitsgefuhl und Schwellneigung. Mit Fortschreiten der Erkrankung entwickelt sich eine muskulare Dysbalance mit Reduktion der Maximalkraft, Ausdauer und Winkelgeschwindigkeit fur die Knieextension und -flexion sowie eine Verkurzung der ischiokruralen Muskulatur und des Musculus rectus femoris. Insbesondere das Treppensteigen sowie das Bergauf- und Bergabgehen sind behindert. Neben der knochernen Gelenkdeformierung konnen auch eine funktionelle Beinverkurzung, die zum Beckenschiefstand fuhrt (Iliosakralgelenk-Symptomatik), eine verstarkte LWS Lordose, Krepitation oder eine Kniebeugekontraktur mit Folgezustanden wie einer Streckhemmung im Huftgelenk weitere Folgen sein [18; 19; 22; 25]. Funktionelle Einschrankungen spiegeln sich zudem in einem veranderten Gangbild wider. Aus sozialer Sicht kann es zu Beeintrachtigungen der physischen Unabhangigkeit, der Mobilitat, der okonomischen Eigenstandigkeit und der sozialen Integration kommen. Somit ist die allgemeine Lebensqualitat beeintrachtigt [18; 31].

Die Diagnose beinhaltet die Lokalisation sowie die radiologische und klinische Stadieneinteilung, manchmal auch sekundare Folgen wie Entzundungen, Gelenkinstabilitat, freie Gelenkskorper und die funktionelle Kapazitat des Patienten [18; 56]. Mit der „Funktionszustandsmessung“ eines Patienten wird die Fahigkeit, Aktivitaten des taglichen Lebens zu verrichten, erfasst. Obwohl unerlasslich, lassen sich durch klinische Parameter wie Laboruntersuchungen oder auch durch eine korperliche Untersuchung zum Teil nur unzureichende Angaben zum Funktionszustand eines Patienten machen. Prazisere Ergebnisse konnen durch Befragung oder Selbstausfullen eines Fragebogens erreicht werden. Eine dreidimensionale Ganganalyse dient zur objektiven Messung dynamischer Ereignisse. Validitierte Scores zur standardisierten Patientenevaluation eignen sich zur Befundung, Diagnostik, sozialmedizinischen und arbeitsmedizinischen Begutachtung, zur Indikationsstellung fur Rehabilitationsmaftnahmen, zur Definition der Rehabilitationsziele sowie zur Erfolgsmessung in der Medizin. Zusatzlich liefern sie brauchbare Informationen, um sich fur ein konservatives oder operatives Vorgehen zu entscheiden. Der MOS-36 Item Short Form Health Survey (SF-36), der Western Ontario and McMaster Osteoarthritis Index (WOMAC) und der Knee and Osteoarthritis Outcome Score (KOOS) konnen hierfur verwendet werden [12; 23; 30].

Das oberste Ziel der Prevention, Therapie und Rehabilitation bei einer Gonarthrose besteht darin, die Beeintrachtigung durch die Erkrankung und ihre Folgen fur den betroffenen Patienten, aber auch fur die Gesellschaft so gering wie moglich zu halten. Eine Therapie, die die Ursache beseitigt bzw. heilt, gibt es bislang nicht [25]. Die Therapie sollte zunachst immer konservativ erfolgen, zu einem spateren Zeitpunkt konnen operative Maftnahmen zum Einsatz kommen [19]. Die Deutsche Gesellschaft fur Orthopadie und orthopadische Chirurgie erstellte mit dem Berufsverband der Arzte fur Orthopadie und Traumatologie Leitlinien zur Behandlung der Gonarthrose. Folgende Therapieziele wurden entwickelt [38]:

1. Schmerzlinderung
2. Verbesserung der Lebensqualitat
3. Verbesserung der Beweglichkeit
4. Verbesserung der Gehleistung
5. Verzogerung des Fortschreitens der Arthrose

Zum letzten Punkt gehoren z.B. die Gewichtsreduktion und das Unterlassen von belastenden Tatigkeiten wie Joggen o.a., um eine weitere Gelenksuberlastung zu verhindern [18]. Felson et al. [17] konnte zeigen, dass eine Reduktion des Korpergewichtes um durchschnittlich 5,1 kg uber einen Zeitraum von 10 Jahren die Wahrscheinlichkeit, eine Gonarthrose zu entwickeln, uber 50 % reduziert. Weitere Konservative Maftnahmen sind z.B. Physiotherapie/Krankengymnastik, Gelenkinjektionen (Glukokortikoide, Hyaluronsaure), Technische Hilfsmittel wie Gehstutzen oder Schuhzurichtungen und Schmerzmittel (Analgetika/nicht- steroidale Antirheumatika NSAR) [1; 18; 19; 25].

Als operative Maftnahmen kommen die Gelenkspiegelung (Arthroskopie) mit begleitender Knorpelglattung, Entfernung von zerstorten Menisken, Mikrofrakturierung oder Abrasionsarthroplastik, Autologe Chrondozyten- Transplantation oder Umstellungsoperationen zur Korrektur eines O- oder X- Beines in Betracht. Die letzte Moglichkeit stellt die Implantation einer Gelenkendoprothese dar [24].

Bei begrenzten Defekten werden z.B. Schlittenprothesen eingesetzt, die das erkrankte Knorpelgebiet ersetzen. Sie beschranken sich im Allgemeinen auf den medialen Gelenkraum und werden haufig bei Uberlastung und alleiniger Zerstorung der inneren Kniegelenkanteile eingebaut. Die Schlittenprothese setzt einen intakten Kapsel-Band-Apparat voraus [19; 25]. Wer ein vollstandig neues Kniegelenk benotigt, erhalt in der Regel eine ungekoppelte Totalendoprothese (Oberflachenersatz). Sie ersetzt die Oberschenkelkondylen und den Tibiakopf des Unterschenkels und ahnelt so dem ursprunglichen Knie in seiner Funktion. Starke Bander und Muskeln halten das Knie weiterhin „zusammen“ [39]. Fur Patienten, bei denen auf Grund der Erkrankung Teile der Bander entfernt werden mussen, oder die bereits im Vorfeld von Instabilitaten betroffen sind, bieten sich teilgekoppelte bzw. gekoppelte Prothesen an. Bei diesen Modellen werden groftere Teile der Knochen entfernt und eine Stielprothese jeweils in Oberschenkelknochen und Schienbein eingefuhrt. Die Stabilitat des Knies wird erhoht, die Beweglichkeit jedoch mehr oder weniger eingeschrankt [25; 27]. Abbildung 1-1 bietet eine Ubersicht uber die verschiedenen Prothesensysteme [26].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1-1: Die Schlittenprothese, ungekoppelte Totalendoprothese und die gekoppelte Totalendoprothese (von rechts nach links)

Zusatzlich unterscheidet man die zementierte, zementfreie oder hybride Verankerung [19].

Trotz uberwiegend guter Langzeitergebnisse sind ca. 10% der operierten Patienten wegen Schmerzen, Reizzustanden, Bewegungseinschrankungen und Gehstreckenverkurzungen langerfristig unzufrieden. Weitere Modifikationen der vorhandenen Endoprothesenmodelle haben an diesem Tatbestand nichts andern konnen [39]. In einer Studie von Bourne et al. [5] wurde die Patientenzufriedenheit an 1703 Patienten nach einer Knieendoprothesenimplantation im Zeitraum von Juni 2001 bis Dezember 2005 untersucht. Im Ergebnis gab im Durchschnitt einer von funf TEP-Patienten an, nicht mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Insgesamt waren 19 % der Patienten unzufrieden. Die Zufriedenheit hinsichtlich der Schmerzerleichterung variierte zwischen 72-86 %, die Zufriedenheit der Kniefunktion fur spezifische Aktivitaten des taglichen Lebens variierte zwischen 70-84 %.

Nichts desto trotz stellt die Implantation einer Endoprothese das Mittel der Wahl dar. Zahlreiche Studien bestatigen die Verbesserungen der Kniefunktion, des Schmerzes und somit der Lebensqualitat, auch bei adiposen Patienten [10; 12; 20; 31; 33; 34; 35; 36; 47; 51].

Stevens-Lapsley et al. [51] untersuchten die Auswirkungen eines hohen Body Mass Indexes auf die funktionelle Leistungsfahigkeit nach einer Totalendoprothesenimplantation. 140 Patienten wurden nach einseitiger TEP- Implantation aufgrund einer primaren Gonarthrose 6 Monate lang untersucht. Der Durchschnitts - BMI betrug 30,8 ± 5,2 kg/m2. Praoperativ, 1, 3 und 6 Monate postoperativ wurden Fragebogen (SF-36, KOS-ADLS) und Funktionstests durchgefuhrt. Im Ergebnis wurden keine bedeutenden Beziehungen zwischen dem BMI und der funktionellen Leistungsfahigkeit 1, 3 und 6 Monate postoperativ gefunden. Es zeigte sich lediglich eine kleine Beziehung zwischen dem BMI und dem KOS-ADLS 3 und 6 Monate postoperativ. Trotzdem sind Bedenken der Chirurgen hinsichtlich des grofteren Risikos fur Komplikationen, Implantatversagen und schlechteren Rehabilitationsergebnissen bei adiposen Patienten gerechtfertigt. Die Endoprothetik bei krankhaft fettleibigen Patienten mit einem BMI > 40 kg/m2 wurde mit einer steigenden Rate an Komplikationen, einschlieftlich Problemen in der Wundheilung und Infektionen, verbunden.

In einer Langsschnitt-Studie von Cushnaghan et al. [10] wurden 325 Patienten mit Knieendoprothese und 363 Kontroll-Personen ohne TEP-OP aus der Allgemeinbevolkerung ca. 6 Jahre lang beobachtet. Alle Personen nahmen an einer fruheren Fall-Kontroll-Studie durch Ausfullen eines Fragebogens teil. Ca. 6 Jahre spater wurde an alle Teilnehmer erneut ein Fragebogen verschickt. Die Patientengruppe berichtete uber eine deutliche Verschlechterung der Kniefunktion in der ersten Studie gegenuber der Kontrollgruppe. Die Vitalitat war signifikant besser bei den Patienten, die mentale Gesundheit war im Mittel in beiden Gruppen gleich. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung (ca. 6 Jahre spater) verbesserte sich der Kniefunktionsscore der Patientengruppe um sechs Punkte, wahrend er sich in der Kontrollgruppe um 14 Punkte verschlechterte. Der Unterschied in der Anderung zur ersten Studie bei den Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe war statistisch hoch signifikant. Im Gegensatz dazu fiel der Vitalitatsscore signifikant starker wahrend der Nachuntersuchung bei der Patientengruppe als bei der Kontrollgruppe. Die mentale Gesundheit verbesserte sich in ahnlichem Umfang in beiden Gruppen. Bei 108 Patienten, die einen grofteren BMI als 30 kg/m2 aufwiesen, verbesserte sich der Kniefunktionsscore von 17 auf 20 Punkte bei der Nachuntersuchung, wahrend sich der Score bei den 36 Kontrollpersonen mit ahnlichen BMI-Werten von 61 auf 25 in der Nachuntersuchung verschlechterte. Bei 82 Patienten, die alter als 75 Jahre in der ersten Studie waren, veranderte sich der Kniefunktionsscore in der Nachuntersuchung nicht, wahrend sich in der aus 87 Personen bestehenden Kontrollgruppe der uber 75 - jahrigen der Funktionsscore von 83 auf 43 Punkte verschlechterte. Eine bessere Kniefunktion in der ersten Studie, das weibliche Geschlecht, ein hohes Alter, ein BMI > 30 kg/m2, Rauchen und Bluthochdruck sind mit einem signifikant grofterem Ruckgang der Kniefunktion in der Nachuntersuchung verbunden. Verbesserungen der physischen Funktion sind tendenziell grofter bei Patienten mit schwereren radiologischen Befunden des Kniegelenks und kleiner bei solchen, die uber Schmerzen in anderen Gelenken zum Zeitpunkt der ersten Studie klagten. Zusammenfassend lasst sich sagen, dass die Verbesserungen in der Kniefunktion nach einer Knieendoprothese auch nach 5 Jahren noch anhalten. Da die Verbesserungen sowohl bei fettleibigen als auch bei nicht-fettleibigen Patienten ersichtlich sind, gibt es keine Grunde, adipose Patienten nur aufgrund ihres hohen Body Mass Indexes von einer Knieendoprothese auszuschlieften.

Kilic et al. [31] evaluierten die Lebensqualitat der weiblichen Patientinnen nach einer Knietotalendoprothesenimplantation im Zeitraum von 2004 bis 2006. Die Studie schloss 50 Frauen mit beidseitiger TEP-Implantation aufgrund einer primaren Gonarthrose ein. Alle Patienten mussten den SF-36 und das Knee Society Clinical Rating System vor- sowie 6 Wochen, 3 und 6 Monate nach erfolgter OP ausfullen. Im Ergebnis zeigten alle Subskalen der beiden Instrumente signifikante Verbesserungen 6 Wochen sowie 6 Monate nach erfolgter OP im Vergleich zu den praoperativen Scores. Nach 6 Wochen jedoch zeigten nur die physischen Funktionsscores des SF-36 signifikante Verbesserungen bis zur letzten Bewertung, wahrend die anderen Subskalen nur die Erhaltung der Verbesserung widerspiegelten. Umgekehrt konnte nur im Schmerzscore des Knee Society Clinical Rating Systems eine konsequente signifikante Verbesserung nach 6 Wochen gefunden werden, wahrend der Funktionsscore nur die Erhaltung der Verbesserung reprasentierte.

Loughead et al. [36] untersuchten 187 Kniegelenke an 150 Patienten uber 15 Jahre lang mittels WOMAC und SF-36. Es wurden Patienten eingeschlossen, die eine Revisions-OP in der Zwischenzeit erhielten. Diese wurden mit einer im Alter und Geschlecht gemixten Kontrollgruppe, die keine Endoprothese erhielten, und solchen Patienten, die noch ihre erste Endoprothese besaften, verglichen. 70 Kniegelenke wurden nach einem mittleren Alter von 10,8 Jahren uberarbeitet. Die meisten Grunde fur eine Revisions-OP waren Polyethylenverschleift und der Verlust oder Bruch der Bodenplatte. Die WOMAC-Subskala „Schmerz“ ergab „vorwiegend leichte Schmerzen", die WOMAC-Subskala „Funktion“ ergab ..moderate Einschrankungen der meisten Aktivitaten". Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen uberarbeiteten und nicht-uberarbeiteten Kniegelenken gefunden. Die Zufriedenheit mit der Endoprothese betrug 88 %. Somit wurde der Nutzen einer Endoprothese hinsichtlich langfristigen Schmerzen und Zufriedenheit sogar bei Patienten, die eine Revisions-OP erhielten, nachgewiesen.

In einer Studie von Lin et al. [35] wurde der Einfluss des Patientengeschlechts auf die Rehabilitation nach einer Knietotalendoprothesenimplantation untersucht. 30 mannliche und 30 weibliche Patienten mit primarer Gonarthrose wurden im Zeitraum von Marz 2003 bis Marz 2008 eingeschlossen. Der HSS-Score wurde den Patienten pra- und 1 Jahr postoperativ vorgelegt, der ..Range of Motion" und die Beweglichkeit in Flexion/Extension des Kniegelenkes wurden praoperativ plus 1.-, 2. Woche und 1 Jahr postoperativ untersucht. Das Ergebnis zeigte keine signifikanten Unterschiede in der postoperativen Krankenhausverweildauer, Blutaderstauzeit und Wunddrainagenvolumen zwischen beiden Gruppen. Ebenso wurde kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen hinsichtlich der Gradzahl in Extension und Flexion, „Range of Motion" und dem HSS-Score gefunden. Somit hat das Geschlecht keinen Einfluss auf die postoperative Kniefunktion. Aufgrund der guten Ergebnisse des HSS-Scores lasst sich sagen, dass eine Knieendoprothese signifikant die Kniefunktion und den Gonarthrose bedingten Schmerz verbesserte.

Sloan et al. [47] untersuchten die Anderung der physische Funktion von Personen uber 65 Jahren nach einer Knie TEP-OP mittels Interview. 516 Gonarthrose- Patienten mit einem kunstlichen Kniegelenk und eine Kontrollgruppe von 1756 Gonarthrose-Patienten ohne kunstliches Kniegelenk nahmen an der Studie teil. Die mittlere Zeit zwischen dem ersten Interview nach der Diagnose praoperativ und der OP betrug 1,41 Jahre. Die mittlere Zeit zwischen OP und dem follow-up Interview betrug 1,51 Jahre. Die Mobilitat, grobmotorischen Funktionen und die Einschrankungen in alltaglichen Aktivitaten verbesserten sich bei den Patienten mit kunstlichem Kniegelenk relativ zur Kontrollgruppe. Bezogen auf die Mittelwerte der korperlichen Funktionsfahigkeit bei Studienbeginn hatten die Patienten mit kunstlichem Kniegelenk in Mobilitat, grobmotorische Funktionen und Einschrankungen in alltaglichen Aktivitaten bessere funktionelle Ergebnisse als die Vergleichsgrupe mit 17,5 %, 39,3 % und 46,9 %. Somit tragt die Knieendoprothese effektiv zur Verbesserung des funktionellen Status bei alteren Patienten bei.

In einer Studie von Kroll et al. [33] wurde der Zusammenhang zwischen Schmerz und Gangmerkmalen vor- und 5 bzw. 13 Monate nach einer Totalendoprothesenimplantation gepruft. 18 Patienten mit ein- oder zweiseitiger Endoprothese wurden mittels Fuftschalteranalyse und visueller Analogskala (VAS) zur Schmerzmessung untersucht. Die Gangmerkmale verbesserten sich, der Schmerz verringerte sich nach der OP. Sieben von acht Gangmerkmalen wiesen Verbesserungen von der pra- zur 5- monatigen postoperativen Untersuchung auf. Zwischen der 5- und 13- monatigen postoperativen Untersuchung zeigten vier der acht Gangmerkmale kontinuierliche Verbesserungen. Die Verbesserungen der Gehgeschwindigkeit und Schrittlange stehen im Zusammenhang mit der Verbesserung des Schmerzes. Die Steigerungen von der 5- zur 13- monatigen postoperativen Untersuchung waren von dem Ruckgang des Schmerzes und der Steigerung in der Beweglichkeit abhangig.

Dierick et al. [12] untersuchten neun Gonarthrose Patienten einen Tag bevor und 6 Monate nach der Totalendoprothesenimplantation mit dem Ziel, den Zusammenhang zwischen Knieschmerzen, funktionellen Status des Bewegungsapparates und der gesundheitsbezogenen Lebensqualitat besser zu verstehen. Eine 10 cm lange visuelle Analogskala (VAS) wurde zur Erfassung des Knieschmerzes im Anschluss an eine Ganganalyse verwendet. Der funktionelle Status des Bewegungsapparates wurde mittels dem Function-Score des Knee Society (KS) und der Ganganalyse, die die Variablen Laufgeschwindigkeit, gesamte mechanische Arbeit wahrend des Gehens und gesamter Energieverbrauch beim Gehen, enthielt. Nach der Ganganalyse mussten die Patienten den SF-36 Fragebogen ausfullen, der nur die Subskalen zur physischen Funktion enthielt. Im Ergebnis verbesserte sich der Knie-Score des KS postoperativ von 44 auf 92 Punkte ebenso wie der Funktionsscore von 50 auf 100 Punkte und die VAS fur Schmerzen von 4,6 auf 0,5 Punkte. Die Subskalen des SF-36 zeigten ebenfalls Verbesserungen, mit Ausnahme der Subskalen „Vitalitat“ und „allgemeine Gesundheitswahrnehmung", die keine signifikanten Anderungen zeigten. Ebenso zeigte sich keine signifikante Anderung in der mechanischen Arbeit wahrend des Gehens. Der Energieverbrauch beim Gehen nahm postoperativ signifikant ab. Weiterhin konnten Beziehungen zwischen:

1. der visuellen Analogskala, dem Function-Score des KS, den Subskalen „korperliche Funktionsfahigkeit", „korperliche Rollenfunktion" und „Schmerz“ des SF-36 sowie
2. dem Energieverbrauch beim Gehen, der gesamten mechanischen Arbeit wahrend des Gehens und der Subskala „Vitalitat“ des SF-36 nachgewiesen werden.

Somit konnten Beziehungen zwischen Knieschmerzen, funktionellen Status des Bewegungsapparates und der gesundheitsbezogenen Lebensqualitat nachgewiesen werden.

Fuchs et al. [20] untersuchten Korrelationen zwischen klinischen Ergebnissen, der Lebensqualitat und dem radiologischen Befund nach Implantation einer totalen Knieendoprothese. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit der Prothesen lag bei 24,6 Monaten (minimal 4, maximal 80 Monate). Die Auswertung des HSS- Scores ergab eine Durchschnittszahl von 81 Punkten, die Auswertung des SF-36 Fragebogens ergab signifikant schlechtere Ergebnisse als in der gesunden altersentsprechenden Normalbevolkerung. Fur beide Scores sowie dem klinischen Score konnte keine Korrelation zum Rontgenbefund gefunden werden. Selbst der SF-36 Fragebogen und der HSS-Score zeigten untereinander fast keine Korrelationen. Somit muss im klinischen Alltag davor gewarnt werden, Rontgenbefunde mit klinischen Ergebnissen oder Parametern der Lebensqualitat als miteinander verbunden zu interpretieren.

In einer Studie von Krummenauer et al. [34] wurde der klinische Nutzen bzw. die Wirksamkeit einer Therapie und die Kosteneffektivitat der Knieendoprothetik bei alteren Patienten gepruft. 65 Patienten, die 2006 eine Knieendoprothese erhielten, wurden mittels den beiden Fragebogen EuroQuol-5D und WOMAC vor und 3 Monate nach OP nach ihrem personlichen Nutzen von der Endoprothese und der anschlieftenden stationaren Rehabilitation befragt. Das primare klinische Ziel der Untersuchung war der individuelle Gewinn an Lebensqualitat, gemessen an der Zahl der ..quality adjusted life years" (QALYs). Das primare okonomische Ziel der Untersuchung war das Kosten-Nutzen-Verhaltnis uber die Kosten fur den damit verbundenen Gewinn an Lebensqualitat. Im Ergebnis wurden die Gesamtkosten fur die Gesamtbetreuung auf 9 549 € geschatzt. Der WOMAC offenbarte ein Gewinn von 4,59 QALYs, was zu Grenzkosten von 1 795 €/QALY fuhrt. Die entsprechenden EuroQuol - Schatzungen waren 2,93 QUALYs und 3 063 €/QUALY. Als wesentliche Determinante fur die Kosteneffizienz wurde das Alter des Patienten identifiziert. Patienten, die junger als 60 Jahre alt waren, zeigten einen mittleren Gewinn von 6,45 QULAYs und mittlere Grenzkosten von 1 463 €/QUALY. Patienten uber 70 Jahre zeigten einen mittleren Gewinn von 2,76 QUALYs und Grenzkosten von 3 186 €/QUALY. Somit steigen die Grenzkosten mit zunehmendem Alter. Im Fazit lasst sich feststellen, dass sich die Endoprothetik als kostengunstig aus der Sicht der Krankenversicherungstrager erwies, auch wenn sich die Grenzkosten mit zunehmendem Alter erhohen.

Zusammenfassend lasst sich sagen, dass die Gonarthrose vor allem in der alteren Population weit verbreitet ist. Ihre Behandlung und Rehabilitation verursacht enorm hohe Kosten. Um diese einzudammen sowie die einzelnen medizinischen Versorgungssektoren besser zu vernetzen, entstand das Programm der Jntegrierten Versorgung". Insofern stellt sich die Frage, ob dieses ehrgeizige Projekt in der Lage ist, die gesetzten Erwartungen zu erfullen.

Da die haufigste Therapiemethode bei Gonarthrose die Endoprothese darstellt, stellt sich die Frage, ob diese die kostengunstigste und auch effektivste Methode darstellt. Hierzu wurde die Effektivitat in Bezug auf die Verbesserung der Schmerzsituation, der muskularen Funktion und der Aktivitat bereits in zahlreichen Studien nachgewiesen. Allerdings gibt es nur wenige Studien, die nicht nur uber die Anderungen auf der Ebene der Struktur/Funktion berichten, sondern die Parameter der Teilhabe (generischer oder spezifischer Gesundheitszustand) oder die Lebensqualitat als primare Outcomes betrachten. Dieser Punkt soll in der vorliegenden Studie naher betrachtet werden. Ebenso stellt sich die Frage, ob die stationare Rehabilitation, welche zwar haufiger durchgefuhrt wird, gleichzeitig aber auch kostspieliger ist, wirklich bessere Ergebnisse und nachhaltigere Effekte im Vergleich zur Ambulanten Reha erzielt.

1.2 Gegenstand und Ziel der Arbeit

Das Hauptziel der vorliegenden Studie ist die Evaluierung der Rehabilitationsergebnisse nach Knietotalendoprothesenimplantation bei Gonarthrosepatienten im Rahmen der Jntegrierten Versorgung".

Die Tatsache, dass eine Gonarthrose und ihre Rehabilitation hohe Behandlungskosten verursachen, gab den Anlass zur Durchfuhrung dieser Evaluation. Ein weiterer Grund ist das bisher kaum erforschte Programm der Jntegrierten Versorgung".

Es wurde demnach untersucht, ob die Patienten des Sophien- und Hufeland- Klinikums Weimar von der angebotenen JV“ profitieren. In Abstimmung mit der Arbeit von Junghans [28] wurden hierfur Hypothesen aufgestellt, die die pra- und postoperativen Ergebnisse von Assessments und Ganganalysen sowie den Einfluss von patientenspezifischen Variablen und die Art der Rehabilitation verglichen.

1.2.1 „lntegrierteVersorgung“

„integrierte Versorgung (IV)” steht fur Vernetzung zwischen den einzelnen medizinischen Versorgungssektoren. Ein wesentlicher Ansatzpunkt der „IV“ ist eine bessere Verzahnung des ambulanten und stationaren Sektors. Auch die interdisziplinar-fachubergreifende Zusammenarbeit ist ein Bestandteil. Durch die direkte Einbeziehung des Patienten und durch eine enge Kooperation von Arzten und nicht-arztlichen Berufsgruppen untereinander sollen folgende Ziele erreicht werden: mehr Wirtschaftlichkeit, Transparenz und Qualitatsorientierung im Gesundheitswesen und eine patientenorientierte Versorgung. Verkurzte Behandlungszeiten, optimierte Behandlungsablaufe und eine verbesserte Kapazitatsauslastung sollen helfen, Kosten zu reduzieren [2; 29].

Die bundesweit erste wissenschaftliche Evaluation eines integrierten Versorgungsvertrags fuhrte das institut fur Strategieentwicklung an der Universitat Witten/Herdecke durch. Evaluiert wurde das „Projekt zur Integrierten Versorgung Endoprothetik Munster" [14]. insgesamt wurden 324 Patienten, die im Rahmen des „IV“-Projektes, sowie 400 Patienten, die in vergleichbaren Krankenhausern, allerdings im Rahmen der Regelversorgung endoprothetisch versorgt wurden, mittels Fragebogen befragt. 41,7 % der „IV“-Patienten schatzen ihren heutigen Gesundheitszustand als „gut“ ein, in der Vergleichsgruppe dagegen schatzen nur 24,6 % der Patienten ihren heutigen Gesundheitszustand als „gut“ ein. Der Gesamteindruck der Rehabilitation wurde von den „IV“-Patienten zu 81,7 % mit „gut“ signifikant besser eingeschatzt als bei den Patienten der Vergleichsgruppe mit 65,9 %. Bei der Auswertung der „IV“-spezifischen Befragung gaben 63,8 % der befragten „IV“-Patienten an, mit der „IV“ „sehr zufrieden" zu sein. Uber 90 % der „IV“-Patienten wurden ihren Familienangehorigen oder Freunden im Bedarfsfall eine Teilnahme an der „IV“ empfehlen. Somit wird die Versorgungsqualitat in der „IV“ signifikant besser eingeschatzt als in der Regelversorgung. Auch in der Wirtschaftlichkeitsanalyse liegen im Ergebnis die vollstandigen Versorgungskosten (akutstationare Versorgung, stationare bzw. ambulante Rehabilitation, Heil- und Hilfsmittelversorgung) innerhalb der „IV“ durchschnittlich um mehr als 10 % unter den Kosten der Regelversorgung. im Fazit lasst sich somit sagen, dass die Jntegrierte Versorgung" als innovative Versorgungsform in der Lage ist, die Gesundheitsversorgung in Deutschland auf ein neues Qualitatsniveau zu heben.

In Weimar besteht zwischen dem Sophien- und Hufeland-Klinikum, der BARMER GEK, der Deutschen Angestellten Krankenkasse DAK, der Techniker Krankenkasse TK, der Innungskrankenkasse IKK sowie weiteren Leistungserbringern wie z.B. stationare und ambulante Rehabilitationseinrichtungen, Kooperationsarzte, Physiotherapieeinrichtungen Oder Hilfsmittelversorger ein Vertrag zur Jntegrierten Versorgung". Das Konzept ist in mehrere Phasen unterteilt, wie in Punkt 2.1. beschrieben.

1.3 Hypothesen

H01: Die Ergebnisse der eingesetzten Assessment-Fragebogen WOMAC und SF-36 bei Knie-TEP Patienten unterscheiden sich pra- und postoperativ nicht voneinander.

H02: Bei der Bewertung des Rehabilitationsergebnisses von Knie-TEP Patienten mittels Likert-Skala bestehen im Rahmen des Nachsorgechecks ca. 3-4 Monate postoperativ keine Unterschiede in der Einschatzung durch Arzt und Patient.

H03: Die Ergebnisse der Fragebogen WOMAC und SF-36 von Knie-TEP Patienten sind unabhangig von patientenspezifischen Variablen wie Alter, Geschlecht und BMI.

H04: Das Rehabilitationsergebnis bezuglich der Ganganalyse und der verwendeten Assessment-Fragebogen bei Knie-TEP Patienten unterscheidet sich zwischen ambulanter und stationarer Rehabilitationseinrichtung nicht.

H05: Die postoperativen Ergebnisse des SF-36 Fragebogens und der Likert- Skala unterscheiden sich bei Knie-TEP Patienten nicht von dem postoperativen Ergebnis des KOOS Fragebogens.

2 Material und Methoden

2.1 Studiendesign

Bei der durchgefuhrten Studie handelt es sich um eine Langsschnitterhebung. Die Datenerhebung erfolgte aus der arztlichen und sporttherapeutischen Befunddokumentation sowie den vom Patienten beantworteten Assessment- Fragebogen vor der Operation sowie nach Abschluss der Rehabilitationsmaftnahme bzw. nach einem mittelfristigen Zeitraum nach der Rehabilitation. Die Erhebung der Fragebogendaten von WOMAC, SF-36 und Likert-Skala sowie der Ganganalysedaten erfolgten retrospektiv, die Erhebung der Daten des KOOS-Fragebogens prospektiv. Die Erfassung der Daten schloss den Zeitraum von September 2009 bis Marz 2010 ein. Alle Knie-TEP Patienten, die im Zeitraum von 2008 - 2009 an dem Programm der „IV“ im Zentrum fur Physikalische und Rehabilitative Medizin des Sophien- und Hufeland-Klinikums teilgenommen haben, wurden eingeschlossen. Auf die Auswahl der Stichprobe bestand kein Einfluss - jeder Patient hatte die gleichen Chancen, in die Stichprobe aufgenommen zu werden.

In der vorliegenden Studie fand ein Vergleich von praoperativen und postoperativen Ergebnissen mittels Fragebogen und Ganganalyse statt. Um eine Gegenuberstellung der Ergebnisse zu ermoglichen, wurden in beiden Erfassungsbereichen dieselben Fragebogen verwendet sowie jeweils eine ZEBRIS 3D-Ganganalyse unter gleichen Bedingungen durchgefuhrt. Ausnahmen bildeten der KOOS-Fragebogen, den die Patienten im Mittel 7 Monate nach der OP ausfullten, und die Likert-Skala, die die Patienten nur im Rahmen der Nachsorge erhielten. Eine ubersichtliche Darstellung der „IV“ ist in Tabelle 2-1 abgebildet.

Tabelle 2-1: Obersicht „lntegrierte Versorgung“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1 zeigt den zeitlichen Ablauf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1: Zeitlicher Ablauf integrierte Versorgung

2.2 Probanden

2.2.1 Ein- und Ausschlusskriterien

Alle Probanden bzw. Patienten, die im Zeitraum von 2008 - 2009 eine Knietotalendoprothesenimplantation aufgrund einer klinisch und radiologisch gesicherten Gonarthrose im Sophien- und Hufeland- Klinikum Weimar erhielten, an dem Programm der Jntegrierten Versorgung" teilnahmen und damit die Teilnahmevoraussetzungen erfullten, wurden in die vorliegende Untersuchung eingeschlossen.

Ein Patient wurde doppelt gefuhrt, da er im genannten Zeitraum zwei endoprothetische Versorgungen erhielt (linkes und rechtes Kniegelenk). Dies galt jedoch nicht als Ausschlusskriterium. Ebenso hatten Faktoren wie Alter, Geschlecht, Trainings- oder Gesundheitszustand der Patienten sowie ihr soziookonomischer Status keine Relevanz. Es wurden lediglich funf Probanden ausgeschlossen, die aus verschiedenen Grunden aus der „IV“ ausgeschieden sind, z.B. wegen in der Zwischenzeit notwendigen Revisions-OPs, anderen schweren Erkrankungen, oder die auf eigenen Wunsch das „IV“-Programm vorzeitig beendeten. Die Stichprobe wurde nur durch die oben genannten Einschlusskriterien begrenzt, so dass alle Patienten mit Knie-TEP im genannten Zeitraum teilnehmen konnten.

2.2.2 Zusammensetzung der Stichprobe

Insgesamt nahmen 72 Probanden mit einer Knieendoprothese an dieser Studie teil. Bei 32 Probanden war das rechte Knie betroffen, bei 40 Probanden das linke Knie. 19 Probanden waren mannlichen und 53 Probanden weiblichen Geschlechts. Das Durchschnittsalter lag bei 69,1 Jahren (69,1 ± 6,8), wobei die jungste Person 46 Jahre und die alteste Person 80 Jahre alt waren. Bei der Feststellung von der Korpergrofte und dem Korpergewicht konnten nur 68 Patienten ausgewertet werden, da von vier Probanden diese Daten retrospektiv nicht zu ermitteln waren. Die Korpergrofte lag im Durchschnitt bei 1,66 m (1,66 ± 0,08). Das Korpergewicht lag im Mittel bei 83,6 kg (83,6 ± 17,0). Der aus Korpergewicht und Korpergrofte errechnete BMI ergab im Durchschnitt einen Wert von 30,4 kg/m2 (30,4 ± 5,7).

2.3 Methoden

2.3.1 Allgemeines Vorgehen

Die Probanden durchliefen 4 Phasen (siehe Tabelle 2-1).

In der ersten Phase erfolgte die Arztliche Untersuchung, die durch die jeweils behandelnden Arzte des Sophien- und Hufeland- Klinikums Weimar vorgenommen wurde. Sie bestand aus der Anamnese, der klinischen Untersuchung (Inspektion, Palpation und Bewegungsprufung) sowie der konventionellen Rontgendiagnostik und eventuellen erganzenden bildgebenden Spezialuntersuchungen.

Die Anamnese beinhaltet Fragen nach ahnlichen Erkrankungen in der Familie, nach der beruflichen oder fruheren Tatigkeit und nach der Dauer und Lokalisation der Schmerzen. Weiterhin wird nach der Haufigkeit des Auftretens von Schwellneigung, Gelenkblockierung und Morgensteifigkeit gefragt. Auch die schmerzfreie Gehstrecke, eventuell verwendete Hilfsmittel, Schmerzmedikamente und Behinderungen bei Alltagstatigkeiten werden erfragt.

Bei der Inspektion wird als erstes das Gangbild des Patienten erfasst. Hier kann der Arzt ungleichmaftige Belastungen, Hinken oder Achsenabweichungen und Fehlstellungen erkennen. Weiterhin wird auch auf eine Schwellung des Kniegelenks, Gelenkverformungen und auf eine eventuelle Muskelatrophie, insbesondere des Musculus quadriceps femoris, geachtet.

Fur die Palpation und die Bewegungsprufung liegt der Patient entspannt in der Ruckenlage, beide Beine sind entkleidet. Alle Befunde werden im Seitenvergleich erhoben - begonnen wird mit der gesunden Seite. Zuerst wird festgestellt, ob eine Uberwarmung des Gelenks vorliegt. Anschlieftend werden bestimmte Schmerzpunkte untersucht, wie z.B. der Patellaverschiebeschmerz. Es folgt eine Reihe von Handgriffen und Stabilitatstests, in der unter anderem Meniskuszeichen, Valgus- und Varusstress-Test (seitliche Aufklappbarkeit) und die vordere bzw. hintere Schublade getestet werden. Die Beweglichkeitsprufung erfolgt nach der Neutral-0-Methode (die anatomische Extension gilt als 0-Grad- Stellung), wobei eine physiologische Extension 0-5°, die aktive Flexion bis zu 150° betragt. Wahrend des Durchbewegens wird auf Gelenkgerausche und ein Schnappen im Gelenk geachtet. Bei der Prufung des Zohlen-Zeichens wird durch Anspannen der Oberschenkelstreckmuskulatur ein Anpressdruck zwischen fixierter Kniescheibe und Femurrolle bei gestrecktem Knie erzeugt. Bei Schmerzangabe ist das Zeichen positiv.

Zur Vervollstandigung der Kniegelenksuntersuchung gehort die Umfangsmessung am Oberschenkel 20cm oberhalb des Kniegelenkspaltes, in der Kniegelenksmitte und am Unterschenkel (groftter Wadenumfang). Desweiteren sollte die Beinlange im Seitenvergleich ermittelt werden.

Die klinische Verdachtsdiagnose einer Gonarthrose muss durch Anfertigung von Rontgenaufnahmen gesichert werden. Neben der Primardiagnostik dient die Rontgenuntersuchung auch zur Verlaufsbeurteilung. Regelhaft werden vier Rontgenaufnahmen angefertigt: anterior-posterior, seitlich, eine axiale Aufnahme der Patella und eine Tunnelaufnahme nach Frik. Um Achsenfehlstellungen abzuklaren, sind zusatzlich Ganzbeinaufnahmen vom Ober- und Unterschenkel beim stehenden Patienten anzufertigen. Weitere erganzende bildgebende Verfahren konnen die MRT-Untersuchung zur Darstellung des hyalinen Knorpels oder die Sonografie zur Darstellung von Weichgeweben und flussigkeitsgefullten Raumen sein. Diese Verfahren werden jedoch selten fur die praoperative Diagnostik benotigt. Sie sind zudem untersucherabhangig, weshalb die genaue Beurteilung und Bewertung grower Erfahrung bedarf [9; 38].

Die Patienten fullten einen Tag vor der Operation den WOMAC und den SF-36 Fragebogen aus. Ebenso wurde der Umfeldcheck und eine ZEBRIS 3D- Ganganalyse durchgefuhrt (erste Phase). Anschlieftend erfolgte die OP und die unmittelbare postoperative Phase als stationarer Aufenthalt in der Klinik fur Orthopadie, Unfall- und Handchirurgie des Sophien- und Hufeland-Klinikums Weimar (zweite Phase).

In der dritten Phase absolvierten die Patienten die Rehabilitation entweder im Zentrum fur Physikalische und Rehabilitative Medizin am Sophien- und Hufeland- Klinikum Weimar oder an einer anderen ambulanten oder stationaren Reha- Einrichtung.

Die vierte und letzte Phase beinhaltete schlieftlich die Nachsorge-Behandlung (14 Behandlungen a 90 Minuten, zweimal wochentlich). Nach Abschluss erfolgte im Zentrum fur Physikalische und Rehabilitative Medizin des Sophien- und Hufeland- Klinikums in Weimar der erste Nachsorgecheck. Dazu gehorten die arztliche Abschlussuntersuchung analog der praoperativen Aufnahmeuntersuchung und eine erneute Ganganalyse. Die Patienten fullten noch einmal den WOMAC und den SF-36 Fragebogen aus, zusatzlich musste vom behandelnden Arzt und vom Patient ein Globalurteil zur Veranderung des Gesundheitszustandes (Likert - Skala) ausgefullt werden. Desweiteren wurde der KOOS-Fragebogen im Zeitraum der Datenerfassung an alle Knie-TEP Patienten mit einem kurzen Anschreiben (siehe Anhang), Anleitung und einem adressierten und frankierten Ruckumschlag verschickt.

2.3.2 Assessments

Assessmentverfahren sind Messinstrumente, welche die Beurteilung von Behandlungseffekten auf eine moglichst objektive und uberprufbare Basis stellen. Assessment-Instrumente haben eine zunehmende Bedeutung in der Akutmedizin, wie etwa bei wissenschaftlichen Fragestellungen, insbesondere aber auch in der Rehabilitation gefunden. Weiterhin liefern sie einen unverzichtbaren Beitrag zur Qualitatssicherung [23].

Ein umfassender Eindruck vom Befindlichkeits- und Gesundheitszustand des Patienten kann nur anhand einer Kombination von subjektiven und objektiven Kriterien gewonnen werden. Zu den subjektiven Kriterien zahlen vor allem solche, die von jedem Patienten selbst eingeschatzt werden.

Die Erfassung der Befindlichkeit der Patienten kann auf mehrere Arten erfolgen, wobei die zwei am haufigsten angewandten Methoden das Interview und der Fragebogen darstellen. In dieser Studie erfolgte die Erfassung des Befindlichkeits- und Gesundheitszustandes mittels Fragebogen. Der vom Patienten selbststandig auszufullende Fragebogen bietet den Vorteil, dass sowohl Zeit- als auch Kostenaufwand geringer sind. Gunstiger ist auch der personelle und zeitliche Aufwand beim Auswerten des Fragebogens. Zudem ist bei der Informationserhebung durch einen Fragebogen auch der Aufwand fur den Patienten geringer und damit gegebenenfalls die Bereitschaft, an einer Studie teilzunehmen, wesentlich grafter [30]. Der Einbezug der Patientenselbsteinschatzung ist gerade in der Rehabilitation wichtig, weil die eigene Wahrnehmung von z.B. Leistungsmoglichkeiten, Gesundheitszustand und Motivation entscheidende Auswirkungen auf die Krankheitsverarbeitung und das tatsachliche Verhalten hat. Die subjektive Wahrnehmung, Bewertung und Verarbeitung sowie die behandlungsbedingten Veranderungen in einzelnen Merkmalsbereichen variieren erheblich. Entsprechend stellt die gesundheitsbezogene Lebensqualitat - ein Oberbegriff fur Selbsteinschatzungen der Patienten zu ihrem Gesundheitszustand - das wichtigste patientennahe Outcome-Kriterium dar [4; 12].

[...]


[1] Der ICD-10 wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt. Die Ziffer „10“ bezeichnet die zehnte Revision der Klassifikation. Die ICD-10 ist Teil der Familie der internationalen gesundheitsrelevanten Klassifikationen.

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Evaluierung der Rehabilitationsergebnisse nach Knietotalendoprothesenimplantation bei Gonarthrosepatienten im Rahmen der Integrierten Versorgung
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
106
Katalognummer
V155982
ISBN (eBook)
9783640694631
Dateigröße
5171 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Evaluation, Knietotalendoprothese, Gonarthrose, Integrierte Versorgung, Rehabilitationsergebnisse
Arbeit zitieren
Sandy Gebhardt (Autor:in), 2010, Evaluierung der Rehabilitationsergebnisse nach Knietotalendoprothesenimplantation bei Gonarthrosepatienten im Rahmen der Integrierten Versorgung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155982

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