Zeitwertkonten als Flexibilisierungsinstrument des Personaleinsatzes


Bachelorarbeit, 2010

67 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Arbeitszeitflexibilisierung und Differenzierung der einzelnen Arten von Arbeitszeitkonten
2.1 Notwendigkeit und Ziele der Arbeitszeitflexibilisierung
2.2 Abgrenzung von Zeitwertkonten und anderen Arbeitszeitkonten
2.3 Begriffsbestimmungbbatical

3 Grundlagen von Zeitwertkonten
3.1 Das Prinzip und Teilnehmer.
3.2 Zeitwertkonten in der Ansparphase.
3.3 Finanzierung
3.4 Zeitwertkonten in der Auszahlungsphase
3.5 Rechtliche Betrachtung von Zeitwertkonten
3.6 Insolvenzsicherung von Zeitwertkonten
3.7 Gegenüberstellung von Flexi I und Flexi II

4 Zeitwertkonten als Flexibilisierungsinstrument
4.1 Zeitwertkonten in Zeiten der Krise
4.2 Zeitwertkonten im Hinblick auf das höhere gesetzliche Rentenalter und als Ersatz für die Altersteilzeit
4.3 Zeitwertkonten für die Finanzierung von Arbeitsfreistellungen während

des Arbeitslebens

5 hlussbetrachtung
Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ziele flexibler Arbeitsstrukturen

Abbildung 2: Formen von Arbeitszeitkonten

Abbildung 3: Phasen des Ampelkontos

Abbildung 4: Lang- und Lebensarbeitszeitkonten

Abbildung 5: Prinzip der Wertkonten

Abbildung 6: Partizipationsmodell

Abbildung 7: Übersicht der Wertkonten in der Auszahlungsphase

Abbildung 8: Rechtliche Rahmenbedingungen der Zeitwertkonten

Abbildung 9: Insolvenzsicherungsmodelle

Abbildung 10: Entwicklung der Wirtschaftsfinanzkrise

Abbildung 11: Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung von 1910

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht über die lohnsteuerliche Behandlung von Zeitwertkonten

Tabelle 2: Überblick über diezialversicherung in der Auszahlungsphase

Tabelle 3: Zusammenfassung und Gegenüberstellung von Flexi I und Flexi II

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Mit dem „Flexi-Gesetz“ wurde 1998 die sozialversicherungsrechtliche Grundlage für Zeitwertkonten geschaffen. In der Zwischenzeit ist viel passiert - zunehmender Wettbewerbs- und Kostendruck und die Auswirkung der Globalisierung haben Arbeitszeitmodelle in den Mittelpunkt der Arbeitszeit-Diskussion gerückt. Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Arbeit anandorte mit niedrigerem Lohnniveau zu verlagern oder Kostensenkung durch erweiterte Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu erreichen.[1]„Flexibilisierung hat sich zum Zauberwort der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung etabliert. Flexible Arbeitsmärkte, eine flexiblere Handhabung des Arbeits- und Tarifrechts, flexible betriebliche Organisationsstrukturen und nicht zuletzt die Flexibilisierung der Arbeitszeiten sollen die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen erhöhen.“[2]Zudem gilt es, die Altersstruktur der Belegschaft und die Kapazitäten in Zeiten konjunkturellerhwankungen bedarfsgerecht zu steuern. Im Hinblick auf das höhere gesetzliche Renteneintrittsalter mit 67 Jahren und dem Wegfall der Altersteilzeit seit Beginn des Jahres 2010 wird auch die Finanzierung des Vorruhestandes immer wichtiger.

Zeitwertkonten ermöglichen einen längeren Ausstieg aus dem Berufsleben und helfen somit bei der individuellen Lebensplanung ebenso wie für die Gestaltung des persönlichen Ruhestandsbeginns. Außerdem können sie in Zeiten der Krise eine Beschäftigungssicherung ermöglichen und betriebsbedingte Kündigungen verhindern.mit bedienen Zeitwertkonten anders als kurzzeitige Arbeitszeitmodelle Flexibilitäts-bedürfnisse, die über den betriebsalltäglichen Bedarf hinausgehen. Gewürdigt wird diese Entwicklung durch die Reform des Gesetztes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen („Flexi II“), das am 01.01.2009 in Kraft getreten ist. Begleitet wird dieses Gesetz von einem am 17.06.2009 erschienenenhreiben des Bundesministeriums der Finanzen, das klare Definitionen zur steuerrechtlichen Behandlung von Zeitwertkonten gibt.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist, Zeitwertkonten hinsichtlich ihrer Funktionsweise zu analysieren und somit eine ganzheitliche Orientierungsgrundlage zu schaffen. Auf Basis dieser soll geprüft werden, ob Zeitwertkonten als Flexibilisierungsinstrument des Personaleinsatzes dienen können.

2 Arbeitszeitflexibilisierung und Differenzierung der einzelnen Arten von Arbeitszeitkonten

2.1 Notwendigkeit und Ziele der Arbeitszeitflexibilisierung

„Allgemein ist Flexibilität die Fähigkeit des Menschen, sich im Verhalten und Erleben wechselndentuationen rasch anzupassen.“[3]

Die Arbeitszeitflexibilisierung ist eine Abweichung von der Normalarbeitszeit, d.h. die Disposition der gesetzlich, tarifvertraglich oder betrieblich als Norm vorgegebenen Arbeitszeit.[4]Als Gestaltungsfaktoren einer Flexibilisierung der Arbeitszeit sind die Dauer und Lage der Arbeitszeit sowie eine sich daraus ergebende Mischform bezogen auf einen Bezugszeitraum (Tag, Woche, Monat, Jahr) maßgebend.[5]

Die Ziele, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeitflexibilisierung anstreben, sind oft sehr unterschiedlich. Zum Einen wird der Begriff der Arbeitszeitflexibilisierung als Anpassung der Arbeitszeit an die betrieblichen Bedürfnisse bezeichnet. Das beinhaltet ein Eingehen auf den Kosten- und Innovationsdruck in Form einer rationellen Auslastung der Produktionskapazitäten sowie eine Anpassung der Arbeits- und Betriebszeiten an Marktschwankungen.[6]Streng genommen bedeutet das eine „Arbeit nach Maß und Bedürfnis des Arbeitgebers“, deren Folgen eineeigerung der Arbeitsintensität für die Arbeitnehmer und eine Produktionssteigerung für den Arbeitgeber wären. Zum Anderen wird Arbeitszeitflexibilisierung jedoch zunehmend als Instrument zur Erreichung einer Balance zwischen Arbeit und Leben verstanden, was eine Vereinbarkeit der betrieblichen Interessen mit den privaten Interessen des Arbeitnehmers zur Folge hat.[7]Insgesamt kann Arbeitszeitflexibilisierung demzufolge als eine Anpassung der Arbeitszeit sowohl an die betrieblichen Bedürfnisse der Unternehmen als auch an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer verstanden werden.e ermöglicht einerseits der Produktionsnachfrage sowie dem Auslastungsgrad des Unternehmens gerecht zu werden und verhilft andererseits den Arbeitnehmern zu einer individuellen Lebensplanung.

Aufgrund des gesteigerten internationalen Wettbewerbs sowie der kontinuierlichen Arbeitsmarktprobleme in Europa rückte in den vergangenen Jahrzehnten das Thema Arbeitsmarktflexibilität ins Zentrum des öffentlichen Interesses.[8]Des Weiteren gewinnt Arbeitszeitflexibilisierung gerade in den letzten Jahren, vor allem wegen der ständig steigenden Arbeitslosenzahlen sowie der Notwendigkeit der bestmöglichen Ausnutzung von technischen und kapitalintensiven Anlagen, zunehmend an Bedeutung. Dieser Trend wird sich auch in den nächsten Jahren weiter fortsetzen, da die Flexibilisierung der Arbeitszeit erforderlich ist, um die Wettbewerbsposition deutscher Unternehmen zu sichern und zu fördern. Ebenso erwarten auch die Mitarbeiter immer mehr, dass die Unternehmen ihnen flexible und individuelle Arbeitszeiten einräumen.[9]

Mithilfe flexibler Arbeitszeitstrukturen lassen sich viele Ziele verwirklichen. Es können humane, ökonomische und organisatorische Ziele unterschieden werden. Diese werden in der folgenden Abbildung dargestellt.[10]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Ziele flexibler Arbeitsstrukturen[11]

2.2 Abgrenzung von Zeitwertkonten und anderen Arbeitszeitkonten

Arbeitszeitkonten sind ein Instrument der Arbeitszeiterfassung und ermöglichen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit.e haben den Zweck, die Abweichung zwischen der vertraglichen Arbeitszeit und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit festzuhalten. „Die Funktionsweise ist ähnlich wie bei einem Bankkonto – die vom Arbeits- oder Tarifvertrag abweichende Arbeitszeiten werden festgehalten. Es können somit positive als auch negativelden aufgezeichnet werden. Ein positiverldo stellt einen arbeitsrechtlichen Anspruch, also einen Arbeitsvorschuss des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber dar, da die tatsächliche Arbeitszeit größer war als die vertraglich oder tarifvertraglich vereinbarte ohne dass die Vergütung entsprechend erhöht wird. Im Falle eines negativenldos verhält es sich entsprechend umgekehrt.“[12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Formen von Arbeitszeitkonten

Kurzzeitkonten

Kurzzeitkonten sind Arbeitszeitkonten, die innerhalb eines kurzen Zeitraums ausgeglichen werden müssen, der in der Praxis meist zwölf Monaten, sprich einem Kalenderjahr entspricht.[13]Sie werden primär eingesetzt, um Beschäftigungsschwankungen aufzufangen und auszugleichen.mit kann in effizienter Weise auf Veränderungen der betrieblichen und wirtschaftlichen Lage, wie bspw. Auftragsschwankungen, als auch auf saisonalehwankungen reagiert werden.e werden i.d.R. in Zeit geführt, das bedeutet das Guthaben wird inunden ausgewiesen. Es muss allerdings eine gewisse Überwachung der Konten erfolgen, um zu verhindern, dass unnötige Überstunden aufgebaut werden, die dem eigentlichen Ziel der Anpassung anhwankungen und des Ausgleichs derhwankungen widersprechen würden. Der Abbau der angesammelten Plusstunden erfolgt meist durch die Gewährung von freien Tagen oder einzelnen freienunden. Der Ausgleich von Minusstunden kann bspw. durch Einbringen von Urlaubstagen erfolgen.[14]Unternehmen, die planvoll mit solchen Konten umgehen, können Kurzarbeit und Personalabbau verzögern oder gar verhindern, damit die massiven Folgekosten des zyklischen Personal-Auf- und -Abbaus erheblich reduzieren und sich somit ihren Bestand an qualifiziertem Personal für den nächsten konjunkturellen Aufschwung sichern.[15]Bekannte Modelle von Kurzzeitkonten sind das Gleitzeitkonto, das Jahresarbeitszeitkonto, das Ampelkonto und die Vertrauensarbeitszeit.

Gleitzeitkonto

Das Grundprinzip eines Gleitzeitkontos liegt darin, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit innerhalb gesetzter Grenzen frei zu wählen, was ihm Arbeitszeitsouveränität verschafft. Es existiert dabei eine tägliche oder auch wöchentliche Regelarbeitszeit, bei der der Arbeitnehmer innerhalb einer festen Kernarbeitszeit, auch Kernzeit genannt, anwesend sein muss. Hierfür wird vom Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung oder ggf. vom Arbeitgeber eine Gleitzeitregelung vorgegeben. Der Arbeitnehmer erhält Arbeitszeitsouveränität und kann seine Arbeitszeit innerhalb des festgelegten Rahmens flexibel gestalten. Um die individuell erbrachte Arbeitszeit zu dokumentieren, sind Zeiterfassungssysteme oder entsprechende Arbeitszeitkonten notwendig. Die angefallenen Überstunden werden gemäß den vertraglichen bzw. betrieblichen Regelungen durch einen entsprechenden Vergütungsmodus oder eine Freizeitregelung beglichen. Mit dem Gleitzeitkonto können Mitarbeiter betriebliche Bedürfnisse mit Freizeitwünschen in Einklang bringen.

Es existieren prinzipiell zwei Modelle, die einfache und die qualifizierte Gleitzeit. Erstere charakterisiert sich dadurch, dass für den Arbeitnehmer lediglich eine Anwesenheitspflicht während der festen Kernzeit besteht und er außerhalb dieser Kernzeit, aber noch innerhalb der Gleitzeitspanne liegenden Zeiträume, im Wesentlichen frei verfügen kann.[16]Letztere hingegen kennzeichnet sich dadurch, dass keine feste Kernarbeitszeit besteht. Hier wird dem Arbeitnehmer eine noch größere Zeitsouveränität geboten, da er Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Arbeitsdauer selbst bestimmen kann. Er muss lediglich darauf achten, seine festgelegte Arbeitszeit pro Woche, Monat oder Jahr einzuhalten.[17]

Jahresarbeitszeitkonto

Ein Jahresarbeitszeitkonto dient dereuerung der jährlichen Arbeitszeit und sollte zum Jahresende bzw. zum vereinbarten Zeitpunkt möglichst ausgeglichen sein, wobei das Arbeitszeitjahr nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmen muss. Jahresarbeitszeitkonten dienen insbesondere dem Ausgleich saisonalerhwankungen und für Arbeitnehmer besteht die Möglichkeit, das vereinbarte Arbeitszeitvolumen je nach betrieblicher Lage mehr oder weniger flexibel über das Jahr zu verteilen. Es wird somit ein größererielraum in der jährlichen Arbeitszeitgestaltung geboten.[18]Derldo des Arbeitszeitkontos sollte allerdings im Jahresdurchschnitt mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit übereinstimmen. Das Jahresarbeitszeitkonto ist häufig auf +/- 50unden begrenzt, wobei am Ende eines 12-Monats-Zeitraums nicht mehr als +/- 25unden in die Folgeperiode übertragen werden dürfen.[19]Der Ausgleich von möglichen Plusstunden kann durch Gewährung einzelner freier Tage oder kürzerer Freizeitblöcke erfolgen.

Ampelkonto

Das Ampelkonto ist eine besondere Organisationsform von Arbeitszeitkonten, bei denen der Arbeitgeber versucht, eine personelleeuerung zu gewährleisten und dadurch eine erhöhte Kontrolle über den Arbeitseinsatz zu erlangen. Innerhalb festgelegter Maximalgrenzen werden einzelne zeitliche Untergrenzen, entsprechend der Ampelfarben, eingerichtet. Ausgehend von Nullunden mit Beginn der sogenannten Grünphase, gefolgt von der Gelb- und Rotphase bis zum Erreichen der oberen Maximalgrenze.

Entsprechend desraßenverkehrs ist die Grünphase auscht der Personalsteuerung unbedenklich. Der Arbeitnehmer kann innerhalb des, für diese Phase festgelegten zeitlichen Rahmens, seine Abweichung von der vereinbarten Arbeitszeit in positiver wie auch in negativer Hinsicht eigenverantwortlich bestimmen. In der Gelbphase nähert sich der Arbeitnehmer der Höchstgrenze und sollte seinen Vorgesetzen darüber informieren und in den weiteren Umgang mit der Arbeitszeit mit einbeziehen. In der Rotphase hingegen, hat der Beschäftigte den Anweisungen des Vorgesetzten Folge zu leisten. Hierbei werden zwangsweise Maßnahmen zum Abbau derunden vereinbart.[20]Die Phasen eines Ampelkontos können entsprechend den betrieblichen Belangen eines Unternehmens variieren. Folgende Abbildung soll die einzelnen Phasen veranschaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Phasen des Ampelkontos[21]

Vertrauensarbeitszeit

Unter dem Modell der Vertrauensarbeitszeit wird ein Arbeitszeitsystem verstanden, welches als Grundlage einen hohen Grad an Flexibilität voraussetzt und gewährt. Die Vertrauensarbeitszeit ermöglicht ein hohes Maß anlbststeuerung aufiten der Beschäftigten und verzichtet auf eine betriebliche Kontrolle der Arbeitszeit durch die Arbeitgeber. Dem Arbeitnehmer werden somit erweiterte Handlungs- und Entscheidungsspielräume genehmigt. Die Festlegung von zeitlicher und/oder räumlicher Lage und Verteilung der Arbeitszeit erfolgt eigenverantwortlich und unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange. Die personenbezogenen Arbeitszeit- und Anwesenheitsvorgaben fallen weg und es wird auf die formale Arbeitszeiterfassung und -auswertung sowie auf die Anwesenheitskontrolle verzichtet.[22]Das Unterlassen der Zeiterfassung ist jedoch problematisch, da § 16 Abs. 2 des ArbZG die Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3tz 1 ArbZG (8unden) hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Daher sollte gerade bei häufigen Überstunden nicht auf eine Zeiterfassung verzichtet werden.[23]

Langzeitkonten/Zeitwertkonten

Langzeitkontenmodelle sind im Gegensatz zu den klassischen Kurzzeitkontenmodellen nicht auf den Ausgleich kurzfristigerhwankungen ausgelegt, sondern dienen dem längerfristigen Ansparen von Wert- oder Zeitguthaben. Abhängig von den jeweiligen Regelungen in den tariflichen oder betrieblichen Vereinbarungen kann das Konto in Geld oder in Zeit geführt werden.[24]Somit können auf dem Langzeitkonto auch Entgeltbestandteile, wie bspw. Teile des laufenden Gehalts sowiender- und Einmalzahlungen, angespart werden.

Gemäß einer Absprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann das angesparte Guthaben für längere Freistellungsphasen während des Arbeitslebens genutzt werden.[25]Somit können „Sabbaticals“[26], Elternzeit, kürzere Arbeitszeiten ohne Entgelteinbußen - wie eine 4-Tage Woche - oder ein vorgezogener bzw. gleitender Ruhestandseintritt ermöglicht werden. Langzeitkonten, die ausschließlich für den vorzeitigen Ruhestand bestimmt sind, werden alsLebensarbeitszeitkontenbezeichnet. Wird das angesparte Guthaben für betriebliche Weiterbildungszwecke verwendet, ist vonLernzeitkontendie Rede. Hierbei liegt die Freistellung nicht nur im persönlichen Interesse des Arbeitnehmers, sondern auch im betrieblichen Interesse.

Der Unterschied zwischen Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten liegt in der Differenzierung ihrer Zielsetzung. Während die Freistellungsphase beim Lebensarbeitszeitkonto generell am Ende des Arbeitslebens vorgesehen ist, werden beim Langzeitkonto die Wertguthaben aufgebaut, um sie im Verlauf des Arbeitslebens zu nutzen.[27]Die folgende Abbildung soll dies veranschaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Lang- und Lebensarbeitszeitkonten[28]

Am 01.01.2009 ist das „Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“, auch „Flexi II“ genannt, in Kraft getreten. Flexi II grenzt Zeitwertkonten von anderen Arbeitszeitkonten ab und entscheidet, ob es sich um eine Wertguthabenvereinbarung handelt oder nicht.

Nach § 7bB IV liegt dann eine Wertguthabenvereinbarung (Zeitwertkonto) vor, wenn:

1. der Aufbau des Wertguthabens aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt,
2. diese Vereinbarung nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen verfolgt,
3. Arbeitsentgelt in das Wertguthaben eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu entnehmen,
4. das aus dem Wertguthaben fällige Arbeitsentgelt mit einer vor oder nach der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird und
5. das fällige Arbeitsentgelt insgesamt 400 Euro monatlich übersteigt, es sei denn, die Beschäftigung wurde vor der Freistellung als geringfügige Beschäftigung ausgeübt.[29]

Die bedeutsamste Neuerung ist dabei, dass Wertguthabenvereinbarungen nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder des Ausgleichs von Produktionsschwankungen verfolgen dürfen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass i.d.R. alle Arbeitszeitregelungen imnne von Kurzzeitkonten nicht den Beschränkungen für Wertguthabenvereinbarungen unterliegen.

Der Begriff Zeitwertkonten ist gesetzlich nicht geregelt. Die Begrifflichkeiten Lebensarbeitszeitkonten und Langezeitkonten werden hierfür in der Praxis ebenfalls verwendet. Lediglich verweist die verwendete Bezeichnung auf eine spezifische Funktion des Kontos. Durch das zum 01.01.2009 in Kraft getretene Flexi II-Gesetz wird der Begriff „Wertkonten“ gesetzlich alsnonym für Zeitwertkonten definiert.[30]In der Fachwelt scheint sich jedoch zunehmend der Begriff der Zeitwertkonten als einheitlicher Oberbegriff durchzusetzen, da er alle Verwendungsmöglichkeiten von Langzeitkonten vereint.

2.3 Begriffsbestimmungbbatical

Unter dem Begriff des sogenanntenbbatical, für das auch dasnonym des Langzeiturlaubs verwendet wird, verbirgt sich eine besonders innovative Möglichkeit flexibler Arbeitszeitgestaltung, durch die den Beschäftigten die Option eines zeitweiligen Ausstiegs aus dem Arbeitsleben ermöglicht wird. Der Begriff ist vom hebräischen Wort „schabbat“ abgeleitet und bedeutet ruhen. Er entstammt einem biblischen Brauch, der im Zweiten Buch Mose beschrieben wird: „Sechs Jahre sollst du dein Land besäen und seine Früchte einsammeln. Aber im siebten Jahr sollst du es ruhen lassen“, heißt es dort.[31]

Auf die heutige Arbeitswelt übertragen, bedeutet dies, dass Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum ihren Arbeitsplatz verlassen und eine sogenannte Ruhepause einlegen können. Wie lange die Freistellungsphase dauern soll, ist unterschiedlich und hängt von der Vereinbarung der Vertragsparteien ab. In der Regel sind Zeiträume von drei bis zwölf Monaten üblich. Bei Auszeiten von bis zu einem Monat wird von Blockfreizeit gesprochen. Während der Freistellungsphase sind die Beschäftigten weiterhin beim Unternehmen angestellt und behalten dementsprechend ihre Bezüge bei. Dabei ist es Teil dieses Flexibilisierungskonzepts, dass der Arbeitnehmer nach der Freistellungsphase wieder in das Unternehmen - idealerweise an den alten Arbeitsplatz oder an eine vergleichbare Position - zurückkehrt.[32]

3 Grundlagen von Zeitwertkonten

3.1 Das Prinzip und Teilnehmer

Zeitwertkonten ermöglichen ein steuer- und sozialversicherungsfreies Ansparen von Gehaltsbestandteilen. Der Arbeitnehmer verzichtet dabei auf Entgelt für die Arbeitsleistung. Hierbei werden anstelle der Auszahlung des Gehalts nach Versteuerung und Verbeitragung, Bruttoentgeltbestandteile auf ein Wertkonto des einzelnen Arbeitnehmers gutgeschrieben. Neben laufenden Gehaltsbestandteilen können auch andere betriebliche Leistungen wie bspw.nderzahlungen, Prämien, Urlaubsansprüche oder Überstunden auf dem Wertkonto angespart werden. Die einzelnen Ansammlungsmöglichkeiten können vom Unternehmen grundsätzlich individuell festgelegt werden. Weiterhin können z.B. anstelle von Gehaltserhöhungen auch Arbeitgeberbeiträge[33]auf das Wertkonto gutgeschrieben werden.[34]

Auf dem Zeitwertkonto entsteht ein Guthaben, das sich gemäß der vom Unternehmen gewählten Regelung verzinst. Die angesparten Bruttoentgeltbestandteile inklusive von Wertzuwächsen unterliegen der nachgelagerten Besteuerung, d.h.euern undzialversicherungsbeiträge werden erst fällig, wenn das Wertguthaben zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. für die Finanzierung einer Freistellungsphase, verwendet wird.[35]

Während einer Freistellungsphase bleibt das Arbeitsverhältnis generell bestehen. Hierbei hat der Mitarbeiter die Möglichkeit zwischen einer Teil- oder einer Vollfreistellung zu wählen. Im Rahmen einer Vollfreistellung besteht für ihn keine Arbeitspflicht. Hingegen müsste er bei einer Teilfreistellung in reduziertem Umfang weiter arbeiten, würde aber sein Gehalt durch das bereits vorher angesparte Wertguthaben aufstocken. Das Wertguthaben kann nicht nur für die Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands, sondern auch für die Finanzierung eines so genanntenbbaticals verwendet werden. Während die Freistellungsphase beimbbatical zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Arbeitsverhältnisses stattfindet, liegt die des vorzeitigen Ruhestandes immer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Altersgründen.[36]

Die genannten Aspekte der Zeitwertkonten werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit ausführlicher erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Prinzip der Wertkonten[37]

Die Teilnahme an einem Zeitwertkontenmodell macht nur dannnn bzw. ist nur möglich, wenn eine steuerliche Anerkennung erfolgt. Das Bundesministerium der Finanzen hat mit dem BMFhreiben vom 17.06.2009 genau geregelt, welche Personen an einem Wertkontenmodell teilnehmen dürfen.

Ein Zeitwertkonto kann grundsätzlich für alle Arbeitnehmer i.S. des § 1 LStDV eingerichtet werden, d.h. es können „normale“ Angestellte eines Unternehmens lohnsteuerfrei Gehaltsbestandteile zu Gunsten ihres Wertkontos umwandeln. Dies gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für Arbeitnehmer mit einer geringfügig entlohnten oder kurzfristigen Beschäftigung imnne des § 8 bzw. § 8aB IV. Der Gesetzgeber fordert künftig aber auch, dass das fällige Arbeitsentgelt insgesamt 400€ monatlich übersteigt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Beschäftigung vor der Freistellung als geringfügige Beschäftigung ausgeübt wurde.[38]

[...]


[1]Vgl. Baier und Röder (2007),V.

[2]Eberling u.a. (2004), 11.

[3]Wollert (1996),128.

[4]Vgl. Berthel und Becker (2007), 434.

[5]Vgl. Ebenda, 432.

[6]Vgl. Pöschl (2004),22.

[7]Vgl. Eberling u.a. (2004), 54.

[8]Vgl. Pöschl (2004), 9.

[9]Vgl. Olfert (2003), 230.

[10]Bartscher, Thomas und Resch, Eva Natalia Arbeitszeit und Leistungsfähigkeit, in: Pro Firma

09/2009, 71.

[11]Eigene Abbildung, in Anlehnung an: Bartscher, Thomas und Resch, Eva Natalia Arbeitszeit und

Leistungsfähigkeit, in: Pro Firma 09/2009, 71.

[12]Esser (2007), 49.

[13]Vgl. Esser (2007),52.

[14]Vgl. Uckermann (2009), 311.

[15]Vgl. Kümmerle und Buttler und Keller (2009),3.

[16]Vgl. ohne Autor, ohne Titel, http://www.arbeitsratgeber.com/gleitzeit_0227.html (24.01.2010).

[17]Vgl. Czingon, Claudia, Arbeitszeit. Arbeitszeitmodelle, Arbeitszeitflexibilisierung und Arbeitszeit-

kontenführung, in: Lohn + Gehalt, 05/2009, 32-33.

[18]Vgl. ohne Auto, ohne Titel,

http://www.zeitzeichen-rlp.de/arbeitszeit/modelle/konto/jahresarbeit.htm (24.01.2010).

[19]Vgl. Kümmerle und Buttler und Keller (2009), 3.

[20]Vgl. Esser (2007), 53.

[21]Eigene Abbildung, in Anlehnung an: Börner (2009).49.

[22]Vgl. ohne Autor, ohne Titel,

http://www.zeitzeichen-rlp.de/arbeitszeit/modelle/vertrauen/index.html (24.01.2010).

[23]Vgl. Boden (2005), 212.

[24]Vgl. Pochadt und Raab (2009), 22

[25]Vgl. Baier und Röder (2007), 3.

[26]Begriffsbestimmung „Sabbatical“, sieheite 11.

[27]Vgl. Wiezer (2004),39, zitiert nach: Esser, Ingo, Arbeitszeitkonten und Altersvorsorge –

Chancen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer,arbrücken 2007, 52.

[28]Vgl. Esser (2007), 53.

[29]SGB IV § 7b.

[30]Vgl. Kümmerle und Buttler und Keller (2009), 2f.

[31]Vgl. Necati, Nele,bbatical/ Langzeiturlaub, http://mciron.mw.tu-dresden.de/cimtt/Konzept-

Portal/dokumente/Sabbatical.pdf (26.01.2010), 1.

[32]Vgl. Marsula, Andre,bbatical, in: Tempora – Journal für moderne Arbeitszeiten, 08/2004.

[33]Ergänzung: Der Arbeitgeberbeitrag ist der Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der vom

Unternehmer für seine Angestellten bezahlt wird und der nicht Teil des Bruttolohnes ist.

[34]Vgl. Kümmerle und Buttler und Keller (2009), 5.

[35]Vgl. Pradl, Jürgen und Uckermann,bsatian, BMF regelt steuerliche Behandlung von

Zeitwertkonten „neu“, in: Gestaltendeeuerberatung, 10/2010,362.

[36]Vgl. Kümmerle und Buttler und Keller (2009), 5f.

[37]Vgl. Kümmerle und Buttler und Keller (2009), 6.

[38]Vgl.einhaus, Rainer und Uckermann,bsatian, BMF präzisiert die Rahmenbedingungen, in:

Vermögen undeuern 01/2010, 44 sowie Kümmerle und Buttler und Keller (2009), 9.

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Zeitwertkonten als Flexibilisierungsinstrument des Personaleinsatzes
Hochschule
Fachhochschule Hof
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
67
Katalognummer
V155079
ISBN (eBook)
9783640679331
ISBN (Buch)
9783640679829
Dateigröße
5748 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zeitwertkonten, Flexibilisierungsinstrument, Personaleinsatzes
Arbeit zitieren
Franzis Jacob (Autor:in), 2010, Zeitwertkonten als Flexibilisierungsinstrument des Personaleinsatzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155079

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