Die Integrationsfähigkeit der Interinstitutionellen Zusammenarbeit

Zwischen der Sozialhilfe, der Invalidenversicherung und der Arbeitslosenversicherung


Seminararbeit, 2010

21 Seiten, Note: 5.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Systeme der sozialen Sicherung
2.1. Die Sozialhilfe
2.2. Die Arbeitslosenversicherung
2.3. Die Invalidenversicherung

3. Bin ich integriert?
3.1. Integration und Ausschluss
3.2. integrierbar versus nicht integrierbar
3.3. Zwischenfazit

4. Die Interinstitutionelle Zusammenarbeit
4.1. Die Zusammenarbeit zwischen der Sozialhilfe und der Arbeitslosenversicherung
4.2. Die Zusammenarbeit zwischen der Sozialhilfe und der Invalidenversicherung

5. Die Integrationsfähigkeit der Interinstitutionellen Zusammenarbeit

6. Fazit

7. Diskussion

8. Literaturverzeichnis.

1.Einleitung

„Wer ist drinnen, wer ist draussen?“ (Mäder U. 2008a S. 14) Nach Mäder ist diese Frage der Grundstein für die Soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Nach dem stetigen Ausbau des Sozialstaates im 20. Jahrhundert erfuhr er seit den 1990er auch einen inhaltlichen Wandel – nämlich von einem aktiven zu einem aktivierenden Sozialstaat. Mit diesem Wertewandel des Sozialstaates – und mit ihm der Sozialen Arbeit als dessen Träger – wurde auch der Begriff der Integration zum Ziel der Sozialhilfe erklärt. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) proklamiert in ihren Richtlinien dass „die Sozialhilfeorgane (…) die Pflicht (haben), angepasste soziale Integrationsmassnahmen anzubieten und besondere Integrationsanstrengungen von Sozialhilfesuchenden auch finanziell anzuerkennen“ (SKOS 2005, Kap. A8I[1]).

Vor allem in der Sozialhilfe, der Invaliden- und Arbeitslosenversicherung existieren erhebliche Anstrengungen um mittels Integrationsmassnahmen den betroffenen Menschen zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu verhelfen (vgl. Müller 2008 S. 26).

Obwohl an den grundsätzlichen Integrationsmassnahmen der einzelnen Systeme wenig kritisiert wird, wurden in den letzten 10 Jahren kritische Stimmen laut, welche die fehlende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sozialsicherungssystemen bemängeln. Kritisiert werden insbesondere Doppelgleisigkeit sowie das „Überreichen“ von KlientInnen mit Mehrfachproblematiken zwischen den verschiedenen Systemen der Sozielen Sicherheit und der damit be- oder verhinderden erfolgreichen Integration/Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt und somit in die Gesellschaft. Die Fragestellung soll beantworten, inwiefern eine Zusammenarbeit zwischen der Sozialhilfe, der Arbeitslosenversicherung sowie der Invalidenversicherung existiert. Anhand von Bestrebungen, die Institutionelle Zusammenarbeit zu fördern, kann vermutet werden, dass keine aktive Zusammenarbeit zwischen den Systemen der Sozialen Sicherung existiert. Obwohl die gegenwärtige Diskussion und die OECD Studie (1999) den Schluss nahe legen, dass eine aktive Zusammenarbeit zwischen den Sozialsicherungssystemen die Integrationswahrscheinlichkeit erhöht, soll in einem zweiten Schritt die Situation der KlientInnen betrachtet werden. Erst durch die Betrachtung einer möglichen Kooperation zwischen den Systemen der Sozialen Sicherung kann auch untersucht werden, wie sich die Interinstitutionelle Zusammenarbeit in Bezug auf KlientInnen auswirkt. Deshalb lautet die zweite Frage: Wie wirkt sich die Interinstitutionelle Zusammenarbeit auf die KlientInnen aus? Im Idealfall zeigt sich, dass durch eine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Systemen der Sozialen Sicherheit die Integrationswahrscheinlichkeit erhöht wird.

In einem ersten Schritt werden die drei Systeme der Sozialen Sicherheit kurz beschrieben um im Anschluss auf die Grundsatzfrage der Integrierbarkeit von KlientInnen einzugehen. Diese Diskussion ist insofern wichtig, da durch diese Klassifikation der Sozialhilfe, aber auch durch die Arbeitslosenversicherung bereits festgelegt wird, wer von Integrationsmassnahmen profitieren kann und wer nicht.

In einem zweiten Schritt wird das Projekt der Interinstitutionellen Zusammenarbeit beschrieben sowie die Art der Zusammenarbeit zwischen der Sozialhilfe und der Invaliden- und Arbeitslosenversicherung. In einem letzten Schritt soll die Fragen nach den besseren Integrationschancen von KlientInnen durch die Interinstitutionellen Zusammenarbeit beantwortet werden.

2. Die Systeme der sozialen Sicherung

Das System der sozialen Sicherheit wird in drei verschiedene Teilbereiche unterteilt: die Sozialversicherungen wie die Arbeitslosen- und Invalidenversicherung welche durch nationale Gesetze geregelt werden, die öffentliche Sozialhilfe, welche in der Kompetenz von Kantonen, Gemeinden und Kommunen liegt sowie Hilfe aus privaten oder gemeinnützigen Organisationen (vgl. Osterwalder 2009 S. 9).

In der vorliegenden Arbeit werden drei Systeme der Sozialen Sicherheit und deren Zusammenwirken genauer betrachtet. Die drei Systeme sind namentlich dieArbeitslosenversicherung (ALV), dieInvalidenversicherung (IV)sowie die Sozialhilfe. Diese drei Grundsicherungssysteme werden in der Studie „Quantifizierung der Übergänge zwischen Systemen der Sozialen Sicherheit“ auch als dasIAS-System[2]beschrieben (vgl. EDI, 2009).

Die Wahl dieser drei Systeme ist auf zwei verschiedene Tatsachen zurückzuführen. Zum einen die stark gestiegenen Fallzahlen und finanziellen Ausgaben in diesen drei Systemen seit den frühen Neunzigerjahren, wodurch sich auch die Frage nach einer verstärkten Zusammenarbeit stellte. Dadurch entstanden die Projekte derInterinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ), bei welchen diese drei Systeme den Kern darstellen[3]. Zum anderen befassen sich alle drei Systeme mit Personen, welche sich im erwerbsfähigen Alter befinden und durch unterschiedliche Umstände aus dem ersten Arbeitsmarkt ausscheiden. Sie sollen mittels verschiedenen Integrationsmassnahmen wieder in den Arbeitsprozess integriert werden.

2.1. Die Sozialhilfe

Die heutige Sozialhilfe entstammt der Armenfürsorge des 19. Jahrhunderts, welche ursprünglich durch private Organisationen gewährleistet wurde. Noch heute wird die Sozialhilfe nicht zu den Sozialversicherungen gezählt und unterliegt auch keinem nationalen Gesetz. Die Sozialhilfegesetzgebung ist kantonal geregelt, was zu grossen Unterschieden bei der Organisation, der Gesetzgebung und den Zielsetzungen zwischen den Kantonen führt. Die meisten Kantone richten sich jedoch nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) was nach Wolffers (1993, S. 31) zu einer leichten Harmonisierung führte.

Eine Beschreibung der schweizerischen Sozialhilfe wurde in zwei soziologischen Studien versucht. Zum einen die Studie von Höpflinger und Wyss (1994), welche in ihrer Arbeit Funktionstypen und Organisationstypen unterscheidet zum anderen die Arbeit von Fluder und Stremlow (1999), welche mittels einer Clusteranalyse der Bearbeitungsschritte sieben unterschiedlich stark professionalisierte Bearbeitungsformen differenziert. Des Weiteren hat Wolffers (1993) eine Untersuchung durchgeführt, welche die Gemeinsamkeiten alle Sozialhilfe-Gesetzgebungen herauskristalisiert:

„Sozialhilfe bezweckt die Sicherung der Existenz sowie die Förderung der wirtschaftlichen und persönlichen Selbständigkeit bedürftiger Personen. Die Sozialhilfe wird von der öffentlichen Hand ausgerichtet, ist subidiär[4](…) und bemisst sich nach den Verhältnissen im Einzelfall“ (Wolffers 1993, S. 25).

Nach Maeder und Nadai wird die Sozialhilfe von drei Grundprinzipien geprägt. Im Gegensatz zu den Sozialversicherungen ist die Sozialhilfe „unabhängig von den Ursachen der Bedürftigkeit (Finalprinzip), (…) bedarfsabhängig und folglich für den einzelnen Antragsteller mit einer detaillierten Bedürftigkeitsprüfung verbunden“ (Maeder & Nadai 2004 S. 34). Sie folgt dem „Individualprinzip (…) in dem für jeden Einzelfall nicht nur geprüft wird, ob eine finanzielle Notlage vorliegt, sondern auch, welche Mittel zu Überwindung der Bedürftigkeit angemessen sind“ (Maeder & Nadai 2004 S. 34).

Zentral für die schweizerische Sozialhilfe ist auch das Subsidiaritätsprinzip. Demnach dürfen Leistungen der Sozialhilfe erst nachrangig zu den Sozialversicherungen oder der Verwandtenunterstützungspflicht beansprucht werden.

Eine wichtige Unterscheidung innerhalb der Sozialhilfe muss zwischen „Integrationsmassnahmen“ und „Integrationsarbeit“ vorgenommen werden. Integrationsarbeit gehört zum Alltagsgeschäft der Sozialhilfe und „zielt darauf ab, über eine Veränderung der Deutungsebene die Handlungen der KlientInnen zu beeinflussen. Sie findet in den so genannten „Beratungen“ als Gespräch statt und nimmt auch die Form von Abmachungen, Vereinbarungen oder (…) Verpflichtungen an“ (Maeder & Nadai 2004 S. 95, Hervorhebungen vom Original übernommen). Integrationsmassnahmen hingegen sind spezifische Programme, welche die Wiedereingliederung der KlientInnen in die Gesellschaft anstreben. Dazu gehören Sozialfirmen ebenso wie Freiwilligenarbeit oder Beschäftigungsprogramme.

2.2. Die Arbeitslosenversicherung

Die Arbeitslosenversicherung (ALV) ist wie die Invalidenversicherung durch eine nationale Gesetzgebung geregelt. In erster Linie dient die Arbeitslosenversicherung zur Deckung eines Verdienstausfalls durch eine nicht selbstverschuldete Arbeitslosigkeit.

Mit der Revision des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) von 1995 wurde die passive Ausrichtung durch eine aktive Politik ersetzt „welche die Arbeitslosen über verschiedene Massnahmen in den Arbeitsmarkt zu integrieren versucht“ (Gärtner & Flückiger 2005 S.39). Diese arbeitsmarktlichen Massnahmen – wie Zwischenverdienst, Weiterbildungen oder Programme zur temporären Beschäftigung – werden von denRegionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV)umgesetzt und evaluiert. Mit der vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) angeordneten Evaluierung soll die Wirksamkeit der Massnahmen für eine erfolgreiche und langfristige Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt untersucht werden (Gärtner & Flückiger 2005 S.39).

Falls ein Arbeitsloser als nicht vermittlungsfähig eingestuft wird, können die Leistungen der ALV gestrichen werden. Die Integrationsmassnahmen werden unter anderem auch dazu verwendet, herauszufinden, ob ein Arbeitsloser vermittlungsfähig ist[5](Nadai 2006 S. 66).

Bei der ALV besteht ein grundsätzlicher Anspruch auf maximal 400 Taggelder. Je nach Alter und Beitragszeit kann die maximale Bezugsdauer verlängert oder verkürzt werden. So zum Beispiel bei Personen welche über 55 Jahre alt sind und mindestens eine Beitragszeit von 18 Monaten aufweisen. Zudem können lediglich Personen Taggelder beziehen, welche von den RAV als vermittelbar eingestuft werden (vgl. Piller 2006 S. 73).

[...]


[1]Die Richtlinien sind nicht Nummeriert. Der zitierte Satz befindet sich im Kapitel A8I

[2]IAS steht fürInvalidenversicherung,Arbeitslosenversicherung undSozialhilfe (EDI 2009 S. 5)

[3]In den meisten Projekten der Interinstitutionellen Zusammenarbeit sind auch die SUVA oder die Berufsberatung involviert.

[4]Subsidiarität stellt die Eigenverantwortung vor staatliches Handeln

[5]analoge Mechanismen sind auch in der Sozialhilfe zu beobachten

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Integrationsfähigkeit der Interinstitutionellen Zusammenarbeit
Untertitel
Zwischen der Sozialhilfe, der Invalidenversicherung und der Arbeitslosenversicherung
Hochschule
Universität Zürich  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Note
5.5
Autor
Jahr
2010
Seiten
21
Katalognummer
V155065
ISBN (eBook)
9783640679294
ISBN (Buch)
9783640681747
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Integrationsfähigkeit, Interinstitutionellen, Zusammenarbeit-, Zwischen, Sozialhilfe, Invalidenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Sozialwesen, Sozialversicherungen
Arbeit zitieren
Andrea Thoma (Autor:in), 2010, Die Integrationsfähigkeit der Interinstitutionellen Zusammenarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155065

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