Das religiöse Motiv in Robinson Crusoe


Hausarbeit, 2002

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Leben des Daniel Defoe

3 Christliche Bewegungen im 18. Jahrhundert
3.1 Der Puritanismus
3.2 Das Dissentertum

4 Das religiöse Motiv in Daniel Defoes Robinson Crusoe

5 Verbindungen zwischen Leben und Werk

6 Ergebnisse

7 Bibliografie

1 Einleitung

„[Daniel Defoes] Werdegang mutet angesichts des ständigen Auf und Ab selbst wie ein fiktiver Bericht über Fehlschläge, Bewährungen und abenteuerliche Umschwünge an [...].“[1]

1719 kann als ein Meilenstein in der Geschichte der Englischen Literatur gesehen werden. In jenem Jahr wurde der Roman Robinson Crusoe erstmals in England veröffentlicht, ein Werk, welches einen großen Anteil daran trug, die Gattung ‚Roman’ weitläufig populär zu machen. Beschränkten sich Romane bis dato eher auf außerliterarische Veröffentlichungen von Tagebüchern, Autobiografien, Briefen, Verbrecherbiografien sowie Reiseberichten (vgl. SEEBER 1999: 175.), so gab es im 18. Jahrhundert erste Entwicklungen hin zum fiktiven Romangeschehen, wobei der Roman Defoes hier als ein erster Höhepunkt zu werten ist.

Wie später noch gezeigt werden wird (Kapitel 4), ist Robinson Crusoe ein sehr religiös geprägter Roman. Ein Schiffbrüchiger, der sich in jungen Jahren gegen den Willen des Vaters zur Seefahrt entschieden hatte, findet allein auf einer einsamen Insel vor der Küste Südamerikas Trost und Zuflucht im Glauben an Gott. Vom zunächst nach rein kaufmännischen Motiven Handelnden wandelt sich Robinson zum gläubigen Christen und bekehrt sogleich einen Eingeborenen. Schließlich findet er einen Weg zurück nach England, wo er aufgrund alter Besitztümer schnell zu Reichtum gelangt.

Bisherige Veröffentlichungen behandelten vornehmlich die politische Biografie Daniel Defoes und ließen seine religiösen Anschauungen dabei weitgehend außer Acht[2]. Stamm führt in seiner Ausarbeitung eine solche religiöse Aufarbeitung des Lebens von Defoe an, zieht jedoch keine Rückschlüsse hinsichtlich der von Defoe veröffentlichten Romane (vgl. STAMM o.J.: 342f.).

Inhalt dieser Arbeit soll es nun sein, bislang nicht weiter untersuchte Parallelen zwischen der Person Defoes und seinem Werk Robinson Crusoe in Bezug auf religiöse Motive aufzudecken. Meine Fragestellung soll hier lauten, inwieweit die religiöse Auffassung Crusoes der von Daniel Defoe entspricht. Ausgehend von dieser Frage werde ich zunächst das Leben Daniel Defoes präsentieren sowie im weiteren Verlauf mein Hauptaugenmerk auf dessen religiöse Motive legen. In einem nächsten Schritt wird der Roman werkimmanent auf seine religiöse Funktion hin untersucht und anschließend Vergleiche zwischen dem Leben Defoes und seinem Werk Robinson Crusoe hergestellt. Schließlich werde ich meine Ergebnisse in einem gesonderten Punkt zusammenfassen.

2 Das Leben des Daniel Defoe

Es gibt keine in sich schlüssigen Aufzeichnungen über das Leben Daniel Defoes. Es war zu jener Zeit noch unüblich, sämtliche biografischen Lebensdaten von Schriftstellern oder sonstigen populären Personen strukturiert festzuhalten. Ein Großteil der Informationen, die es heute über das Leben Defoes gibt, basiert daher auf Briefwechseln des selbigen sowie auf Aufzeichnungen seiner politischen Gegner.

Daniel Defoe war puritanischer[3] Herkunft. Er wurde etwa zu Beginn des Jahres 1660 als Sohn von Mary und James Foe, einer Familie von Nonkonformisten, in London geboren. Daniel änderte seinen Familiennamen Foe zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Defoe, wobei seine Beweggründe nicht mehr vollständig nachvollzogen werden können. Die Eltern Defoes waren, so William P. Trent, gottesfürchtige Presbyterianer, ein Zweig der Christlichen Kirche (vgl. TRENT 1971: 4.). James Foe war „von politisch gemäßigten, religiös aber kräftig-puritanischen Anschauungen“ (STAMM o.J.: 27.). Daniel Defoe wurde bereits früh mit der Bibel vertraut gemacht: Er hatte in seiner Kindheit Bibelstellen abzuschreiben sowie bei diversen Predigten Notizen zu machen. Religiöse Ideen übernahm Daniel Defoe vor allem vom Reverend Samuel Annesley, ein zu den Dissentern[4] gehörender Priester. Defoe wird als begieriger Protestant beschrieben; er kam 1674 an die nonkonformistische Dissenterakademie Newington Green, die Dissenter zur späteren Tätigkeit als Priester ausbildete. Die dortige Pädagogik entsprach einem modernen Geist, neue Naturwissenschaften nahmen den Platz alter Sprachen ein. Defoe entsprach diesem neuen Dissentergeist, er blieb auch später stets deren Verfechter.

Defoe war der Ansicht, dass das menschliche, vernunftgeleitete Handeln weit mehr zu bewirken imstande war, als bloßer Glauben (vgl.: STAMM o.J.: 29.). Aus diesen Überlegungen heraus brach er die Schule ab und bekam eine Anstellung bei einem Strumpfwarenhändler in Cornhill. Wann er die Schule verließ, ist nicht bekannt. Bekannt ist jedoch, dass er zu Beginn 1684 eine Ausbildung bei einem Händler absolvierte. Später war er als selbstständiger Kaufmann in London ansässig.

Am 1. Januar 1684 heiratete Defoe die aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Mary Tuffley. Die Zahl der gemeinsamen Kinder scheint historisch nicht eindeutig belegbar zu sein: Trent spricht von mindestens acht gemeinsamen Kindern (vgl. TRENT 1971: 6.), in der Robinson Crusoe - Ausgabe von J. Donald Crowley ist von sieben gemeinsamen Nachkommen die Rede (vgl. DEFOE 1998: xxix.). Es gelang Defoe in der Zukunft offensichtlich, seine Familie vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Daher kann an dieser Stelle weder über seine Frau noch über ihre Kinder Weiteres gesagt werden.

1685 war Defoe an einem gewaltsamen Putschversuch gegen den König James II. unter dem Duke von Monmouth beteiligt, der jedoch scheiterte. Defoes Leben zwischen dem Scheitern des Putschversuches und der Thronbesteigung durch William III. und Mary II. 1689 ist nicht genau nachvollziehbar. Trent sieht Defoe in dieser Zeit in England, in der Nähe Londons, da er sich weiter um seine Geschäfte kümmerte und Kontakte zu Händlern in London pflegte (vgl. TRENT 1971: 7f.). Im Internet hingegen ist zu lesen, dass Defoe und andere Anhänger des Putschversuches ins ausländische Exil geschickt wurden. Defoe war zu jener Zeit ein vehementer Gegner des katholischen James II. und verfasste diverse aggressive Flugblätter, die James II. in Misskredit zu bringen suchten (vgl. www.incompetech.com/authors/defoe).

Nachdem William III. und Mary II. an die Englische Krone kamen, kehrte Defoe zurück und schrieb Flugblätter und Gedichte zu Gunsten Williams III. Sein wohl berühmtestes Gedicht war „The True-Born Englishman“, veröffentlicht 1701, mit dem er jene kritisierte, die William als König nicht tolerierten. Dieses Gedicht galt zu seiner Zeit als das meistgelesenste Gedicht in England.

Es ist nicht gänzlich geklärt, weshalb Defoe sein Geschäft etwa gegen 1692 in den Ruin trieb, klar ist jedoch, dass er eine Fehlkalkulation aufwies, die er nicht zu begleichen in der Lage war (vgl. TRENT 1971: 10.). Einem Arrangement mit seinen Gläubigern war es Defoe damals zu verdanken, dass er nicht ins Gefängnis musste; bis zu seinem Tod war er jedoch nie gänzlich von seiner Schuldenlast befreit. Kurz nach diesem Fehlschlag hatte Defoe die Gelegenheit, als Buchhalter beim Aufsichtsamt für Glaszölle zu arbeiten. Wenig später baute er sich eine Ziegelei in Tilbury auf, die er bis zum Jahre 1703 führte.

Zu all dieser Zeit stand die Feder Defoes nie still. Sein bedeutenstes Werk war An Essay upon Projects (veröffentlicht 1697), welches an sich zwar keine anspruchsvolle Abhandlung war, welches allerdings auf Reformen aufmerksam machte, die als revolutionär einzustufen waren. Unter anderem stellte er in Frage, ob Frauen nicht grundsätzlich auch ein Recht auf Bildung hätten. In Bezug auf religiöse Gegebenheiten schrieb Defoe: „If knowledge and understanding had been useless additions to the sex, God Almighty would never have given them capacities; for he made nothing needless.“ (Defoe, zitiert in: TRENT 1971: 15.).

Defoe begann, seine Tätigkeit als Verfasser von politischen Schriften auszubauen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts weitete er dieses Feld um die Arbeit als zunächst freier Journalist aus. Seine Werke waren zum größten Teil politisch motiviert; so behandelten sie zum Beispiel das Thema, ob der König eine funktionierende Armee an seiner Seite stehen haben sollte.

In seiner Schrift An enquiry into the Occassional Conformity von 1698 bezog Defoe Stellung zu einem religiösen Dilemma der Dissenter: Einerseits konnten sie durch ihren Wohlstand und ihre Macht entsprechende Ämter einnehmen, für diese Einnahme jedoch mussten sie eine Konformität zu der Anglikanischen Kirche eingehen, von der sie sich ursprünglich losgesagt hatten. Der bisherige Ausweg lag in der sogenannten Occassional Conformity. Defoe betrachtete diese Gelegenheits-Konformität als nicht vereinbar mit dem christlichen Glauben, er spricht von „playing Bopeep with God Almighty“ (Defoe, zitiert in: TRENT 1971: 31.).

Es gibt Grund zur Annahme, dass Defoe in seinen 30er Jahren ein Idealist war. Er schrieb aus persönlicher Überzeugung, auch wenn er sich selbst hierdurch in Bedrängnis brachte. Sehr deutlich wird dies an einer Aufarbeitung Defoes des eben genannten E nquiry into the Occassional Conformity, in der er das Vorwort änderte. Nun sprach er direkt den nonkonformistischen Minister John Howe an, welches der Aussage dieses Essays eine neue Dramatik verlieh und Defoe mehr Gegner verschaffte (vgl. TRENT 1971: 29f.).

Der Erfolg seines 1701 veröffentlichten Gedichtes The True-Born Englishman brachte Defoe Ruhm in ganz England, spätere Stücke unterzeichnete er sogar mit „By the Author of The True-Born Englishman“. Trent deutet an, dieses Stück habe Defoe in der Gunst des Königs William III. steigen lassen, er habe sogar in der darauffolgenden Zeit für den König gearbeitet (vgl. TRENT 1971: 39.). Gegen Ende 1702 veröffentlichte Defoe seine Satire The Shortest Way with the Dissenters, in der er vorschlägt, den Dissentern die Wurzeln in England zu entziehen, um sie aus dem Land zu jagen. Dies war als eine ironische Anspielung auf die politische und religiöse Anschauung der High-Flyer zu verstehen, für die Defoe bald zur Rechenschaft gezogen wurde. Er wurde verhaftet und an den Pranger gestellt – er war jedoch durch sein Gedicht True-Born Englishman noch immer so populär, dass ihm vom Volk aus keine unwürdigen Gesten entgegen gebracht wurden. Er wurde als eine Art Held triumphierend gefeiert.

[...]


[1] Seeber 1999: 179.

[2] Dies ist bei William P. Trent der Fall, welcher in seinem Werk Daniel Defoe. How to know him. eine rein chronologische Betrachtungsweise verfolgt.

[3] Vgl. Kapitel 3.1

[4] Vgl. Kapitel 3.2

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das religiöse Motiv in Robinson Crusoe
Hochschule
Universität Bremen  (Englisch Lehramt - Anglistik)
Veranstaltung
The 18th Century English Novel
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V15303
ISBN (eBook)
9783638204545
ISBN (Buch)
9783656519287
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Motiv, Robinson, Crusoe, Century, English, Novel
Arbeit zitieren
Björn Siemers (Autor:in), 2002, Das religiöse Motiv in Robinson Crusoe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15303

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