Euroskeptische Parteien in Deutschland

Die Grünen und CDU im Vergleich


Hausarbeit, 2010

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung – Euroskeptizismus und die Parteien

2. Was ist Euroskeptizismus – Modelle
2.1 Modell von Taggart und Szczerbiak / Harter vs. Weicher Euroskeptizismus
2.2 Modell von Mudde und Kopecký / Vier-Felder-Matrix
2.3 Strategischer und ideologischer Euroskeptizismus

3. Die Analysekriterien

4. Die Parteien
4.1 Die Grünen
4.2 Die CDU

6. Fazit

1. Einleitung – Euroskeptizismus und die Parteien

Die wachsende Bedeutung der Europäischen Integration hat auch eine größere Aufmerksamkeit auf die Rolle der Parteien in diesem Prozess gelenkt. Politische Parteien sind wichtige Akteure bei der Entwicklung der Europäischen Integration, denn sie sind das Bindeglied zwischen der abstrakten Politik der Europäischen Union (EU) und ihren Bürgern. Die Präferenzen der Parteien sind daher wichtig, um die zukünftige Entwicklung der Europäischen Union nachzuvollziehen.[1] Zudem liefert die Datensammlung über die Einstellung der Parteien zur EU auch wichtige Indikatoren für die weitere Analyse einer Vielzahl von theoretischen Fragen, die von zentraler Bedeutung für die Politikwissenschaft sind.[2] So können zum Beispiel auch die Zustände geklärt werden, unter denen die Parteien die Meinung ihrer Wähler beeinflussen.[3]

Verschiedene Studien, unter anderem die Studie von Leonard Ray, haben herausgefunden, dass die Parteien im Zeitraum von 1984-1996 im Durchschnitt eine wachsende pro-europäische Haltung eingenommen haben.[4] Die Europäische Integration nahm eine entscheidende Kehrtwende in den frühen 90er Jahren. Diese wurde größtenteils initiiert durch die Verhandlungen und schließlich der Ratifikation des Vertrags über die Europäische Union (Maastricht Vertrag). Der Maastricht-Vertrag stellte einen materiell-rechtlichen Meilenstein in dem Integrationsprozess da und führte zu einem kritischeren Engagement der öffentlichen Meinung in den Nationalstaaten.[5]

Seit dem Beginn der Europäischen Integration, haben die öffentliche Meinung und die Parteien in Deutschland den Integrationsprozess befürwortet und zwar in einer Art und Weise, die innerhalb der EU als exemplarisch galt.[6] Seit 1990 gab es in Deutschland allerdings eine bemerkenswerte Änderung der vorherrschenden Einstellung zur Europäischen Integration.[7] Der deutsche Euroskeptizismus wird hauptsächlich beeinflusst durch die Angst um wirtschaftlichen Wohlstand, welche besonders stark auffiel bei der Einführung des Euros und der Osterweiterung.[8] Auch wenn die öffentliche Meinung zunehmend kritischer gegenüber der EU wurde, war Euroskeptizismus in den deutschen Parteien immer nur ein geringfügiges Problem.[9] Es gibt keine Partei in Deutschland, die eine wirkliche Bedrohung für die traditionell positive Haltung der EU gegenüber darstellt. Zudem gibt es bei den Parteien im Bundestag keine größeren Unstimmigkeiten. Die großen Reformvorhaben ab den 1990er Jahren wurden von überwältigender Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat verabschiedet. Doch das heißt nicht, dass die deutschen Parteien den Europäischen Prozess oder einzelne Projekte blind akzeptieren.[10]

Das Ziel dieser Hausarbeit ist es herauszuarbeiten, ob und inwieweit die CDU und die Grünen euroskeptische Parteien sind. Es soll hierbei auch der Unterschied der Position der Parteien zur EU herausgestellt werden. Dazu werden im ersten Teil zunächst zwei Modelle von Taggart / Szczerbiak und Kopecký / Mudde vorgestellt und erläutert. Diese haben sich in den wissenschaftlichen Diskussion bewährt, um Euroskeptizismus von Parteien zu analysieren und zu messen. Ergänzend soll hier auch auf strategischen und ideologischen Euroskeptizismus eingegangen werden. Anhand verschiedener Analysekriterien, werden dann im zweiten Teil die Parteiprogramme analysiert. Dabei soll auch ein Blick auf die historische Entwicklung der beiden Parteien geworfen werden. In einem dritten Teil werden die Ergebnisse der Parteienanalyse dann auf die verschiedenen Modelle angewandt und eine Schlussbetrachtung vorgenommen.

2. Was ist Euroskeptizismus – Modelle

2.1 Modell von Taggart und Szczerbiak / Harter vs. Weicher Euroskeptizismus

Die wachsende politische Bedeutung des Euroskeptizismus führte zu einem Anstieg der Diskussion in der wissenschaftlichen Literatur zu diesem Thema. Im Mittelpunkt stand zu Beginn vor allen Dingen eine geeignete Definition. Bis heute gibt es keine im allgemeinen Sprachgebrauch einheitlich verwendete Terminologie für den Begriff des „Euroskeptizismus“. Eine der ersten größeren Fortschritte in diese Richtung war ein 1998 erschienener wissenschaftlicher Artikel über eine vergleichende Analyse des Euroskeptizismus in den nationalen Parteien in den 15 Mitgliedsstaaten der EU und Norwegen von Paul Taggart.[11] In diesem Artikel wurde Euroskeptizismus definiert als

„an encompassing term“, that „expresses the idea of contingunt or qualified opposition as well as incorporating outright and unqualified opposition to the process of European integration“. [12]

In einem späteren, umfassenderen Werk in Zusammenarbeit mit Aleks Szczerbiak wurde der Begriff „Euroskeptizismus“ weiter verfeinert. Es wurde nun eine Unterscheidung in „harten“ und „weichen“ Euroskeptizismus vorgenommen. „Harter“ Euroskeptizismus wird demnach als eine Situation definiert, die eine generelle beziehungsweise prinzipielle Ablehnung der EU und der Europäische Integration darstellen.[13] Weicher Euroskeptizismus wird umgekehrt als Situation bezeichnet, die keine prinzipielle Ablehnung zu einer Mitgliedschaft darstellt, sondern lediglich Bedenken oder Kritik gegenüber der EU und ihrer Politiken äußert. Oft wird der weiche Euroskeptizismus auch als „qualifizierte Opposition“ bezeichnet, welche sich meist in Form von starkem nationalem Interesse darstellt. Heutzutage wird die Begrifflichkeit „weicher Euroskeptizismus“ oftmals zur Beschreibung der „Europeanisation“ politischer Debatten verwendet.[14]

Die Unterteilung von Taggart und Szczerbiak lässt großen Spielraum für Interpretationen, da die Begriffe sehr breit definiert sind und damit fast jede Partei, die sich kritisch äußert, euroskeptisch wäre. Aber auch wenn der Term „Euroskeptizismus“ einer Vielzahl von verschieden Verwendungen unterliegt, ist diese Unterscheidung bis heute eine der wichtigsten.

2.2 Modell von Mudde und Kopecký / Vier-Felder-Matrix

Eine alternative Kategorisierung von euroskeptischen Parteien bietet das Modell von Mudde und Kopecký, das etwas später entwickelt wurde. Sie kritisierten an dem Modell von Taggart un Szczerbiak hauptsächlich, dass der Begriff „weicher Euroskeptizismus“ zu weit gefasst sei. Sie unterscheiden zwischen „specific support“ für das Projekt EU auf der einen und „diffuse support“ für die Europäische Integration auf der anderen Seite.[15] Diese Unterscheidung, gegliedert entlang einer Optimist / Pessimist Achse und einer Europhile / Europhobe Achse, produziert eine Vier-Felder-Matrix mit möglichen Positionen der Parteien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Petr Kopecký und Cas Mudde (2002)

„Euroenthusiasten“ sind diejenigen, die beides, das Projekt EU an sich unterstützen sowie optimistisch der aktuellen Entwicklung der europäischen Integration gegenüberstehen.[16] „Europragmatiker“ lehnen die Europäische Integration grundsätzlich zwar ab, aber nichts desto trotz sind sie positiv dem aktuellen Stand eingestellt, da die EU zur Ereichung bestimmter nationaler Ziele und Interessen dienen und Vorteile für das Land bringt. Die alternative Bezeichnung „Eurostratege“ trifft die Haltung besonders gut. Euroskeptiker vertreten umgekehrt einer positiven Meinung gegenüber des Projektes der Europäischen Integration, aber sind kritisch gegenüber dem aktuellen Stand der Entwicklung der EU. Als vierte Position gibt es die „Eurorejects“ oder auch „Eurogegner“, die weder die generelle Idee der Europäischen Integration unterstützen noch die Nutzen.[17] Bei diesem Modell wird der ideologischen Überzeugung gegenüber der strategischen Position Vorrang eingeräumt. Dementsprechend kann sich die Position nur in der horizontalen Dimension ändern.[18]

2.3 Strategischer und ideologischer Euroskeptizismus

Es stellt sich die Frage, ob die Einstellung der Parteien von einem zentralen Faktor abhängt (der Ideologie der Partei), oder ob sich die Haltung im Zuge der Erreichung verschiedener Ziele ändert, wie zum Beispiel Stimmenmaximierung, oder die Erreichung der Regierungsgewalt (strategischer Euroskeptizismus).[19] Paul Statham zufolge ist ein grundsätzlicher Widerstand gegenüber Europa ("harter" Euroskeptizismus) hauptsächlich bei Parteien, die am Rande des politischen Spektrums zu finden sind, erkennbar (z. B. rechtspopulistischen, links-sozialistischen oder kommunistischen Parteien). In der Mitte zentrierte Parteien üben oft nur moderate Kritik aus und vertreten eine allgemein pro-europäische Linie.[20]

Hooghe/Marks et al argumentieren auch, dass ein wachsender Fokus auf „Marktregulation“ anstatt Marktmacht dazu führt, dass die Mitte-links Parteien zu Unterstützern des regulierten Kapitalismus (definiert als Projekt um ein umweltpolitisch, soziales, und infrastrukturelle und umverteilend wirkende Politik zu errichten).[21] Das hieße im Gegenzug auch, dass Rechte Parteien im Allgemeinen skeptischer sein müssen.[22] Zum Beispiel, hieße das, je weiter sich eine Partei auf dem linken Spektrum befindet, desto größer ist die Zustimmung für eine europäische Arbeitnehmerpolitik.[23] Zurzeit kann man erkennen, dass sozialdemokratische Parteien eine breite pro-europäische Einstellung haben, da die Integration zu diesem Zeitpunkt eine Anwendung von Regularien und regulatorischen Mechanismen für ein weitgehend neo-liberales Marktmodell bedeutet.[24] Anhand eines GAL / TAN Diagramms (wobei GAL: green-alternative-liberalism und TAN für traditional-authorian-nationalist steht), kann gezeigt werden, dass die Grünen eine eher als Befürworter der Integration gesehen werden, mit Hinblick auf Umwelt und auf Asylpolitiken, während die konservativen Parteien nationale Souveränität verteidigen.[25] Die Haltung der Parteien verändert sich im Laufe der Zeit. Auch ist zu beobachten, dass oppositionelle Parteien tendenziell die Integration kritisieren und der regierenden Partei die Integration weiter vorantreiben.[26]

[...]


[1] Vgl. Ray, Leonard. Meassuring party orientations towards European Intgration. S. 283.

[2] Vgl. Ebenda. S. 283

[3] Vgl. Ebenda. S. 283 f.

[4] Vgl. Ebenda. S. 283

[5] Vgl. Harmen, Robert / Spiering, Menno: Euroscepticism and the evolution of european political debate. S.19.

[6] Vgl. Busch, Klaus / Knelangen, Wilhelm: German Euroscepticism. S. 83.

[7] Vgl.Ebenda. S. 83.

[8] Vgl. Busch, Klaus / Knelangen, Wilhelm: German Euroscepticism. S. 88.

[9] Vgl. Ebenda. S. 83.

[10] Vgl. Ebenda. S. 89.

[11] Vgl. Szerbiak, Aleks / Taggart, Paul: Theorising party-based Euroscepticism.

[12] Vgl. Fuchs, Dieter et al: Euroscepticism: images of Europe among mass publics and political elite. S.

[13] Vgl. Ebenda. S.

[14] Vgl. Harmen, Robert / Spiering, Menno: Euroscepticism and the evolution of european political debate. S.19.

[15] Vgl. Harmen, Robert / Spiering, Menno: Euroscepticism and the evolution of european political debate. S.19.

[16] Vgl. Ebenda. S.18.

[17] Vgl. Ebenda. S.19.

[18] Vgl. Gaisbauer, Helmut: Ideologie oder Strategie? Polnischer Euroskeptizismus nach dem EU-Beitritt. S. 180.

[19] Vgl. Statham, Paul: Political Party Contestation over Europe in Public Discourses. S. 3.

[20] Vgl. Ebenda. S. 3.

[21] Vgl. Ebenda. S. 9.

[22] Vgl. Ebanda. S. 9.

[23] Vgl. Ebenda. S. 9f.

[24] Vgl. Ebenda. S. 9

[25] Vgl. Ebenda. S. 10

[26] Vgl. Hooghe, Liesbet / Marks, Gary: Calculation, Community and Cues.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Euroskeptische Parteien in Deutschland
Untertitel
Die Grünen und CDU im Vergleich
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Vergleichende Politik)
Veranstaltung
Euroskeptizismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
23
Katalognummer
V152475
ISBN (eBook)
9783640646470
Dateigröße
630 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Euroskeptizismus
Arbeit zitieren
Christina Schubert (Autor:in), 2010, Euroskeptische Parteien in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152475

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