Die Auswahl von Seminarleitungen in der betrieblichen Weiterbildung

Eine empirische Studie zum Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit


Diplomarbeit, 2009

98 Seiten, Note: 1,75


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN UND RAHMENBEDINGUNGEN
2.1. Weiterbildung und Co
2.2. Begriffsbestimmungen: Kompetenzen und Qualifikationen
2.3. Die Seminarleitung in der (betrieblichen) Weiterbildung
2.4. Die Auswahl der (externen) Seminarleitung
2.5. Zwischenfazit

3. EMPIRIE
3.1. Methodische Grundlagen/Forschungsdesign
3.1.1. Gütekriterien
3.1.2. Das Experteninterview als Verfahren der Datenerhebung
3.1.3. Der Leitfaden
3.2. Rahmen der Untersuchung
3.2.1. Beschreibung der Zielgruppe
3.2.2. Ablauf/Vorgehensweise
3.3. Datenauswertung

4. ERGEBNISSE
4.1. Rahmenbedingungen: Teilnahme, Finanzierung & Ziel von Weiterbildung in den Betrieben der befragten Experten
4.2. Kompetenzverständnis
4.3. Anspruch an Seminarleitungen
4.4. Prozess der Seminarleitungsauswahl
4.5. Weitere Ergebnisse

5. FAZIT

6. LITERATUR

A. ANHANG
A.1. Anschreiben Interviews – Muster
A.2. Experteninterview – Leitfaden
A.3. Ergänzender Fragebogen für die Interviews
A.4. Transkriptionsregeln

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Ziele und Aufgaben von Weiterbildung

Abbildung 2: Berufliche Handlungskompetenz

Abbildung 3: Schlüsselqualifikationen in der betrieblichen Bildung

Abbildung 4: Notwendige überfachliche Qualifikationen eines Mitarbeiters

Abbildung 5: Fähigkeitsebenen von Kompetenz

Abbildung 6: Strukturtheoretisches Kompetenzmodell

Abbildung 7: Checkliste zur Auswahl von externen Seminarleitungen

Abbildung 8: Komponenten qualitativer Forschungsdesigns

Abbildung 9: Einrichtungensystem der Erwachsenenbildung

Abbildung 10: Deskriptive und interpretative Analyse der Forschungsfragen

Abbildung 11: Beispiele für Weiterbildungsveranstaltungen in den Betrieben der Studie

Abbildung 12: Kompetenzen in der Mitarbeiterbeurteilung

Abbildung 13: Kennzeichen und Unterschiede zwischen verschiedenen Seminarinhalten

1. EINLEITUNG

„Die Qualität betrieblicher Weiterbildung hängt von den Kompetenzen der Personen ab, die Maßnahmen entwerfen, begründen, durchführen und evaluieren“ (Harteis/Prenzel 1998, S.585). Jedoch wird bislang kaum „präzise definiert, worin pädagogische Qualität besteht, welche Anforderungen an die Qualifikationen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals sich daraus ergeben und wie diese in der Praxis eingefordert werden bzw. sich nachweisen ließen“ (Kraft 2006, S.8).

Was bedeutet der Begriff Kompetenzen? Welche dieser Kompetenzen sind hier nun gemeint, die in der Praxis benötigt werden und welche stehen bei der großen Aufgabenvielfalt der betrieblichen Weiterbildung im Fokus einer jeweiligen Tätigkeit? So vielfältig wie der Aufgabenbereich ist, so ist dies auch bei der Namensgebung für die Personen vorzufinden, die eben diese Aufgaben innehaben: Es gibt Trainer1, Bildungsberater, Personalentwickler, Seminarleiter, Erwachsenenbildner und viele weitere Berufsbezeichnungen, die in der Literatur nicht einheitlich voneinander abgegrenzt werden (vgl. Kraft 2006, S.26; Faulstich 1996, S.53). Im Verlauf dieser Arbeit werden Begriffe wie betriebliche Weiterbildung, Kompetenz, Qualifikation oder Seminarleitung sowie damit verbundene Konstrukte auf den Prüfstand gestellt. Ebenso soll ihre Verwendung in der Literatur und die Bedeutung in der Praxis soll diskutiert werden. In der Debatte um die demografische Entwicklung Deutschlands fallen oftmals Begriffe wie ’lebenslanges Lernen’ oder ’Professionalisierung’. Auch diese Schlagworte werden im Zuge dieser Arbeit aufgenommen und im Rahmen der Frage nach den Kompetenzen von Seminarleitungen2 thematisiert. Durch die „wachsende Vermarktlichung, Konkurrenz, Professionalisierung und Qualitätserfordernis“ (Nuissl 2000, S.80) verändern sich die Rahmenbedingungen der betrieblichen Weiterbildung. Daraus resultieren „erhebliche Unsicherheiten über die Anforderungen an die Kompetenzen von Weiterbildnern“ (Harteis/Prenzel 1998, S.583). Im Fokus dieser Arbeit steht der Vergleich zwischen Anspruch und ’Wirklichkeit’. Konkret meint dies: Wie stellt sich der Anspruch an Seminarleitungen von Seiten der Auftraggeber dar und wie sieht die faktische Seminarleitungsauswahl vor Ort in den Betrieben aus?

„Die Betriebe nehmen sowohl vom Umfang der Aktivitäten als auch bezogen auf andere Bereiche eine zentrale Position in der Erwachsenenbildung ein“ (Faulstich/Gnahs 2001, S.66). Demnach findet heutzutage ein erheblicher Teil der Weiterbildung in den Betrieben statt, daher müsste die Erwachsenenbildungsforschung ein größeres Augenmerk auf diesen Bereich legen. Allerdings ist die betriebliche Bildung ein Bereich der Erwachsenenbildung, der im Gegensatz zu anderen andragogischen Feldern lange Zeit wenig Beachtung in der Erwachsenenbildungsforschung gefunden hat, obwohl sich dort der größte Teil der Erwachsenenbildung in der Praxis abspielt (vgl. Faulstich/Gnahs 2001, S.193). Die Größenordnung der betrieblichen Weiterbildung untermauert diese Tatsache: Deutsche Unternehmen haben im Jahr 2004 26,8 Milliarden Euro für ihre Mitarbeiter bereit gestellt, was pro Mitarbeiter im Durchschnitt 1072 Euro für betriebliche Weiterbildung entspricht (vgl. Werner 2006, S.17). Bereits zu Beginn der 1980er Jahre fand eine Debatte zu den notwendigen Fähigkeiten des betrieblichen Bildungspersonals statt, mit der Erkenntnis, „dass für die Tätigkeit als Weiterbildner(in) fundierte andragogische Qualifikationen gefordert werden“ (Harteis 2000, S.13). Laut Harteis/Prenzel (1998) gebe es jedoch kaum systematische Nachforschungen bezüglich der konkret nötigen Kompetenzen. Die beiden Autoren sehen hier einen konkreten Handlungsbedarf hinsichtlich gezielter Forschung (vgl. Harteis/Prenzel 1998, S.583ff.). Als schwierig erweist sich für eine systematische Forschung die Erkenntnis, dass Kompetenzen in verschiedenen Tätigkeitsbereichen einen unterschiedlichen Stellenwert haben (vgl. Harteis/Prenzel 1998, S.584). In diesem Zusammenhang sei auch auf die unscharfen begrifflichen Abgrenzungen bei den Begriffen Kenntnisse, Qualifikationen, Kompetenzen etc. hingewiesen.3 Die Erstellung eines allgemein gültigen, kleingliedrigen Kompetenzprofils für alle Tätigkeiten in der betrieblichen Weiterbildung erweist sich durch die unterschiedlichen Anforderungen als kaum möglich, weshalb ich mich in den Ausführungen dieser Arbeit (insbesondere im empirischen Teil) auf diejenigen Personen beziehe, die praktische Bildungsarbeit in Form von Seminaren leisten. Kraft (2006) unterstreicht die Notwendigkeit einer systematischen Betrachtung der Kompetenzen der Personen in der betrieblichen Bildungsarbeit und fordert zudem „die Benennung und Formulierung von Kompetenzprofilen“ (Kraft 2006, S.29) der in der Weiterbildung tätigen Personen. Ihrer Ansicht nach würden dadurch die Anforderungen an die Weiterbildner klarer werden, die Profession der Erwachsenenbildner bekäme einen höheren Stellenwert und eine systematische Qualifizierung des Personals in der Weiterbildung könnte als notwendig erachtet werden. Döring/Ritter-Mamczek (2001, S.116) greifen die Thematik der Professionalisierung des betrieblichen Bildungswesens auf, die „ohne kompetente Weiterbildungsmanager, Betriebspädagogen (…) und Weiterbildungsbeauftragte (…) nicht zu erreichen“ zu sein scheint. Aus diesem Grunde rücken die Kompetenzen der eben genannten Berufsgruppen in den Mittelpunkt des Interesses, sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praxisorientierter Sicht (vgl. Döring/Ritter- Mamczek 2001, S.116). Des Weiteren stellen Döring/Ritter-Mamczek (2001) fest, dass die fachliche Kompetenz in der Weiterbildung keine übergeordnete Rolle im Vergleich zu anderen Kompetenzen innehat. Aus diesem Grunde und aufgrund der Erkenntnis, dass heutzutage kaum vorhersehbar ist, welche Fachkenntnisse und Qualifikationen in Zukunft benötigt werden, steht nicht mehr die Vermittlung von Fachwissen im Vordergrund der betrieblichen Weiterbildung. In einem hohen Maße steht die Vermittlung von „sozialen, personalen und methodischen Kompetenzen“ (Huck-Schade 2003, S.50) im Mittelpunkt des Interesses von Weiterbildungsveranstaltungen. Dem Mitarbeiter soll es ermöglicht werden, den sich in technischer und demografischer Sicht verändernden Bedingungen der Arbeitswelt anzupassen (vgl. Huck-Schade 2003, S.50).

Nach der Darstellung der Literatur- und Quellenlage werden im Folgenden Aufbau und Ziele der Arbeit beschrieben. Durch die Theorie wird eine Grundlage für die Ausführungen in der empirischen Studie geschaffen.

Dafür ist es erforderlich, einen Überblick über den ’Begriffsdschungel’ von Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen und Co. zu geben, diese Begriffe voneinander abzugrenzen und verschiedene Facetten der Diskussion miteinander in Verbindung zu setzen. Daran anknüpfend werden die verschiedenen Anforderungen der Betriebe an ihre Mitarbeiter, die Anforderungen an die Mitarbeiter der Personalentwicklung und insbesondere die Anforderungen an die Seminarleitungen dargestellt, bevor die Vorgehensweise in der Auswahl von Seminarleitungen näher betrachtet wird. Im Zuge dessen werden sowohl Aufgaben und Funktionen einer Seminarleitung als auch verschiedene Kompetenzprofile dargestellt. Darüber hinaus werden in einem weiteren Unterkapitel Themen wie zum Beispiel die Professionalisierung des pädagogischen Personals behandelt, da diese als Bestandteile der Diskussion angesehen werden können. Zum Abschluss der theoretischen Grundlagen wird ein Resümee der Literatur gezogen und aufbauend darauf werden die konkreten Forschungsfragen entwickelt. Um Ergebnisse zu diesen zu erhalten, wurden in der Studie Interviews mit Experten in Bezug auf betriebliche Weiterbildung durchgeführt. Um das Vorgehen zu verdeutlichen und nachvollziehbar zu gestalten, beginnt der empirische Teil mit der Darstellung der methodischen Grundlagen samt der Begründung für die Wahl des Experteninterviews als Erhebungsmethode. Durch diese Experteninterviews wird ein spezifischer Einblick in die Praxis der Seminarleitungsauswahl durch die zuständigen Mitarbeiter der Personalentwicklung gewährt. Hierbei dreht sich der Blick von den Rahmenbedingungen der Weiterbildung über die Ansprüche an Seminarleitungen bis hin zur konkreten Auswahlpraxis in den untersuchten Betrieben. Die Erschließung des Praxisfeldes erfolgt somit durch die Mitarbeiter, die in den Betrieben in der Personalentwicklung arbeiten und für die Auswahl von Seminarleitungen zuständig sind. Die Interviewten beschreiben sozusagen ihre eigene Praxis, ihre eigene, subjektive Wirklichkeit. Im Ergebniskapitel wird neben den Rahmenbedingungen und weiteren Erkenntnissen vor allem auf die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit eingegangen, und zwar auf

- die Definition und Verwendung von Begriffen wie Kompetenz und Qualifikation – über was für ein Kompetenzverständnis verfügen die Interviewten,
- den Anspruch an die Seminarleitungen – was sollte eine Seminarleitung können, um ein Seminar angemessen durchführen zu können,
- die Auswahl von Seminarleitungen – wie läuft der Auswahlprozess ab und welche Kriterien wenden die Interviewten an.

Darüber hinaus soll abschließend ergründet werden, in welchem Verhältnis die Ansprüche dieser Personen an Seminarleitungen und die Art und Weise wie sie diese tatsächlich auswählen, zueinander stehen. Dabei gilt es, neben den getroffenen Aussagen der Interviewten deren Entscheidungsprozesse und Bedeutungszusammenhänge zu interpretieren.

2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN UND RAHMENBEDINGUNGEN

„Erwachsenenbildung (…) hat es seit eh und je als ihre Aufgabe angesehen, Menschen zu selbstständigem Weiterlernen zu verhelfen“ (Tietgens 1998, nach Faulstich/Zeuner 1999, S.41).

Die Ursprünge der systematischen Weiterbildung reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, als im Zuge der Industrialisierung damit begonnen wurde, Menschen systematisch durch Weiterbildung für ihre Tätigkeiten zu qualifizieren. Bis zur folgenden Jahrhundertwende „hatte die Bedeutung der Qualifikation der Menschen für Wohlstand und Fortschritt allgemeine Anerkennung erlangt“ (Harteis 2000, S.12). Seither hat sich das Weiterbildungssystem stark ausdifferenziert, so bestehen verschiedene Institutionen, in denen vielfältige Arten von Weiterbildung durchgeführt werden.4 Trotz dieser Vielzahl von Institutionen und deren differenzierten Zielen und Rahmenbedingungen lassen sich vier zentrale Aufgaben der Erwachsenbildung feststellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Abbildung 1: Ziele und Aufgaben von Weiterbildung (vgl. Kraft 2006, S.6f.)]

Diesen Zielen wird in verschiedenen Institutionen unterschiedliche Beachtung beigemessen. So liegt der Fokus in der betrieblichen Weiterbildung vor allem auf der Qualifikation der Mitarbeiter und der Kompensation von etwaigen Schwächen dieser. Im Vergleich dazu stehen in öffentlichen Institutionen stärker Ziele wie Persönlichkeitsbildung und Demokratisierung im Vordergrund.

2.1. Weiterbildung und Co.

Im Strukturplan für das Bildungswesen des deutschen Bildungsrates aus dem Jahre 1970 wird Weiterbildung als die Wiederaufnahme des organisierten Lernens nach einer ersten Bildungsphase definiert (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S.197). Faulstich/Gnahs nehmen die Ausführungen des Strukturplanes auf. Bei Weiterbildung handele es sich um „organisierte Lernprozesse, die der Vertiefung, Erweiterung oder Erneuerung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten dienen. Sie richtet sich an Personen, die eine erste Bildungsphase beendigt und in der Regel eine Erwerbs- oder Familientätigkeit aufgenommen haben“ (Faulstich/Gnahs 2001, S.184). Das Berufsbildungsgesetz bietet unter dem Begriff Fortbildung folgende Definition an: „Die Fortbildung soll es ermöglichen, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen oder beruflich aufzusteigen“ (Grüner 2000, S.6). In der allgemeinen Weiterbildung wird die Aneignung von Erkenntnissen, Einstellungen und Methoden gefördert, die in jedem Lebensbereich benötigt und angewendet werden können. Hierbei geht es vor allem um private und gesellschaftliche Lebensbereiche, auf die sich die Seminare und Veranstaltungen der allgemeinen Weiterbildung beziehen (vgl. Grüner 2000, S.2; Becker 1999, S.171). Als Teil der beruflichen Bildung sieht Becker (1999) die berufliche Weiterbildung, bei der es einerseits darum gehe, Fertigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter an die betrieblichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen anzupassen, damit diese ihre Arbeit ausführen können. Andererseits diene berufliche Weiterbildung der Förderung des beruflichen Aufstiegs. Berufliche Weiterbildung kann demnach in Anpassungsweiterbildung und Aufstiegsweiterbildung unterteilt werden (vgl. Becker 1999, S.127f.). Beispiele für berufliche Weiterbildung sind unter anderem das Nachholen von Schulabschlüssen oder Umschulungen (vgl. Lipsmeier 1990, nach Münk/Lipsmeier 1997, S.70). Ebenso definiert Grüner (2000) den Begriff der betrieblichen Weiterbildung, jedoch mit dem Zusatz, dass die betriebliche Weiterbildung sowohl vom Betrieb organisiert wird als auch mit dessen Zielen übereinstimmt (vgl. Grüner 2000, S.4f.).

Der Unterschied zwischen beruflicher und betrieblicher Weiterbildung ist im Gegensatz zur allgemeinen Weiterbildung, die vor allem auf private und gesellschaftliche Lebensbereiche abzielt, verhältnismäßig gering, da eine große Schnittmenge zwischen den beiden Arten von Weiterbildung vorherrscht. Laut Grüner (2000) entsteht der Unterschied durch inhaltliche Aspekte; wenn sich diese tendenziell auf berufliche Lebenssituationen beziehen, kann von beruflicher Weiterbildung gesprochen werden, beziehen sich die Inhalte eher auf die „Bewältigung des betrieblichen Lebensbereiches“ (Grüner 2000, S.2), so sei dies tendenziell betriebliche Bildung. Diese Abgrenzung besitzt jedoch keine ausreichende Trennschärfe, da sie eine weitere Frage aufwirft, nämlich worin der Unterschied zwischen ’beruflichen Lebenssituationen’ und der ’Bewältigung des betrieblichen Lebensbereiches’ besteht. Sowohl Grüner (2000) als auch Becker (1999) bieten ein weiteres Differenzierungsmerkmal an, die Organisation der Weiterbildung. Beide Autoren zählen diejenigen Veranstaltungen zur betrieblichen Weiterbildung, die vom Betrieb selbst finanziert und entweder selbst durchgeführt oder zumindest von ihm organisiert werden. Betriebliche Weiterbildung kann somit als Untermenge von beruflicher Weiterbildung angesehen werden, da sie durch die Elemente Finanzierung und Organisation einen weitaus kleineren Teil an Veranstaltungen umfasst als die berufliche Weiterbildung, die als Sammelbegriff aller Aktivitäten der beruflichen Fort- und Weiterbildung angesehen wird (vgl. Grüner 2000, S.2ff.; Becker 1999, S.172). Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird der Begriff der betrieblichen Weiterbildung verwendet, da die Interviewten in der empirischen Studie in ihrem Betrieb für die Organisation der Weiterbildung der Mitarbeiter zuständig sind.5 Personalentwicklung in einem Betrieb kann definiert werden als „alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der Organisationsentwicklung, die zielorientiert, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden“ (Becker 2005, S.8). Die betriebliche Weiterbildung ist ein wichtiges Element der Personalentwicklung, da sie eingesetzt wird, um die Schwächen der Mitarbeiter zu verringern und deren Stärken zu fördern. Dies geschieht dadurch, dass den Mitarbeitern Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, durch die sie ihre eigenen Kompetenzen erweitern und ihre berufliche Handlungsfähigkeit erhalten beziehungsweise erweitern – es handelt sich somit um Anpassungs- und Aufstiegsweiterbildung (vgl. Gnahs 2007, S.73). Um diese Art der Weiterbildung durchführen zu können, bedarf es einer systematischen Planung durch die Mitarbeiter der Personalentwicklung. Sie müssen Maßnahmen konzipieren und realisieren, die sowohl zu anderen Maßnahmen und deren inhaltlicher Wirkung passen als auch mit den (zumeist vorgegebenen) Zielen der Betriebsleitung einhergehen. Dazu ist es vonnöten, die externen Aufträge an Seminarleitungen und Bildungsanbieter, insofern die betriebliche Weiterbildung nicht ausschließlich von den Mitarbeitern der Personalentwicklung durchgeführt werden kann, sinnvoll und mit Bedacht zu vergeben6 (vgl. Einsiedler et al. 1999, S.78ff.).

Wird die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung betrachtet, so lässt sich zunächst feststellen, dass der von den Teilnehmerzahlen größte Teil der beruflichen Weiterbildung in den Betrieben stattfindet beziehungsweise von ihnen organisiert wird. In diesem Zusammenhang gibt es jedoch deutliche Unterschiede sowohl was die Mitarbeitergruppen in den Betrieben anbelangt als auch zwischen den Betrieben an sich (vgl. Faulstich/Zeuner 1999, S.202):

- Un- und angelernte Arbeiter nehmen lediglich zu sieben Prozent an Weiterbildung teil, bei Fachkräften hat bereits jede vierte Person eine Weiterbildungsveranstaltung besucht. Führungskräfte liegen in dieser Statistik mit 42 Prozent an der Spitze. Demzufolge nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Teilnahme an einer Weiterbildung im betrieblichen Kontext mit der Höhe der beruflichen Position und Ausbildung zu (vgl. Faulstich/Gnahs 2001, S.195f.).
- Mit Zunahme des Lebensalters sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Teilnahme an Weiterbildung. Während fast jeder dritte Teilnehmer zwischen 25 und 35 Jahren alt ist, ist der Anteil der Teilnehmer über 45 Jahren mit 15 Prozent gerade einmal halb so groß (vgl. Faulstich/Zeuner 1999, S.203).
- Je größer der Betrieb ist, desto eher findet Weiterbildung im Unternehmen statt. Bei Betrieben mit bis zu 19 Mitarbeitenden finden in gut jedem vierten Betrieb Weiterbildungsveranstaltungen statt, bei einer Betriebsgröße von 1000 bis 4999 Mitarbeitern bereits in 92,6 Prozent der untersuchten Unternehmen, bei noch größeren Betrieben ab einer Mitarbeiterzahl von 5000 und mehr in jedem Betrieb (vgl. Faulstich/Zeuner 1999, S.202).

Inwieweit sich diese Ergebnisse auch auf die folgende Studie beziehen lassen, wird sich im Rahmen der Interviews herausstellen.

Im Zusammenhang mit der (betrieblichen) Weiterbildung wird häufig das Schlagwort des Lebenslangen Lernens aufgegriffen, welches durch die demografische Entwicklung einen höheren Stellenwert erfährt. Durch die Veränderung der demografischen Struktur, bedingt durch die immer älter werdende Bevölkerung und durch den starken Geburtenrückgang in den letzten Jahrzehnten, verlängert sich parallel die Lebensarbeitszeit der Mitarbeiter, die sich zudem durch die kürzere Entwicklungsdauer von neuen Technologien häufiger auf neue Bedingungen am Arbeitsplatz einstellen müssen. Wer hätte zum Beispiel vor zwanzig Jahren gedacht, dass durch den kurzfristigen Ausfall von IT-Infrastrukturen (z.B. Computer) ganze Unternehmen handlungsunfähig gemacht werden? Durch diese beschleunigte technische Entwicklung nimmt die Halbwertszeit von Wissen ab – es bedarf einer ständigen Anpassungsweiterbildung der Mitarbeiter, damit diese ihre Arbeit weiterhin qualifiziert leisten können (vgl. Münk/Lipsmeier 1997, S.36ff.).

Münk/Lipsmeier (1997, S.42) kommen zusammenfassend zu dem Schluss, dass die „Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf der einen sowie die Notwendigkeit der ständigen und lebenslang anhaltenden Aktualisierung der beruflichen Qualifikation auf der anderen Seite (…) das zwangsläufige Resultat dieser demographischen Entwicklung“ sind. Die Wichtigkeit betrieblicher Weiterbildung wird dadurch unterstrichen. Die Erkenntnis, dass insbesondere die fachspezifischen Bildungsinhalte schneller veralten und somit unbrauchbar werden und die nicht fachspezifischen länger verwendbar sind, stärkt die Notwendigkeit der Vermittlung von überfachlichen Inhalten (vgl. Mertens 1974, S.39; Jährling 1988, S.57; Schmerr 1993, S.7). Dieses im folgenden Unterkapitel beschriebene Konzept der Schlüsselqualifikation ist demnach die Antwort der Weiterbildung auf den demografischen Wandel und die technische Entwicklung, den veränderten Rahmenbedingungen der Gesellschaft (vgl. Siebert, 2003, S.222).

2.2. Begriffsbestimmungen: Kompetenzen und Qualifikationen

Bevor die einzelnen Begriffe näher ausgeführt werden, wird an dieser Stelle auf die Aktualität der Kompetenzdiskussion eingegangen. Das Thema Kompetenz hat seit Mitte der 1990er Jahre in Verbindung mit dem Konzept des Lebenslangen Lernens zunehmend an Bedeutung gewonnen und ist „zu einem Schlüsselbegriff der politischen, wissenschaftlichen und bildungspraktischen Diskussion geworden“ (Gnahs 2007, S.9). Veith (2003, S.31) geht noch einen Schritt weiter und behauptet, dass mit der Verwendung des Kompetenzkonzeptes die Vorstellung verbunden sei, „dass es in modernen Wissensgesellschaften nicht nur darauf ankommt, von den elementaren (…) Werkzeugen praktischen Gebrauch machen zu können, sondern [dass es] auch um ein allgemeines Weltverstehen geht“. Im Zuge des Kompetenzdiskurses wird an manchen Stellen die Ersetzung und/oder Erweiterung von Begriffen wie ’Qualifikation’ und ’Weiterbildung’ durch ’Kompetenzentwicklung’ in der Erwachsenenbildung gefordert (vgl. Veith 2003, S.31). Durch diese Veränderung fokussiert sich die Weiterbildung auf die Förderung der individuellen und beruflichen Handlungsfähigkeit des Individuums. Es geht heutzutage nicht mehr um die ausschließliche Vermittlung von Fachkompetenz in der betrieblichen Weiterbildung, sondern vielmehr wird diese um die Vermittlung von Sozial- und Methodenkenntnissen erweitert (vgl. Arnold 1999, S.246f.).

„Bildung ist Erschließung der Welt für den Menschen und zugleich, Aufgeschlossenheit des Menschen für die Welt“ (Klafki 1967, nach Siebert 2003, S.219). Begriffe wie das Erschließen eines bestimmten Sachverhaltes wurden bereits in den 1950er Jahren benutzt. Das Schlagwort Schlüsselqualifikationen wurde erstmals 1974 von Mertens verwendet, welches er definiert als „übergeordnete Bildungsziele und Bildungselemente, weil sie den Schlüssel zur raschen und reibungslosen Erschließung von wechselndem SpezialWissen bilden“ (Mertens 1974, S.36). Schlüsselqualifikationen sind daher nicht nur in einer bestimmten Situation anwendbar. Sie fördern die Entwicklung und Abrufung verschiedener Handlungsmöglichkeiten in variablen Situationen. Mertens (1974) unterscheidet vier Arten von Schlüsselqualifikationen:

- Basisqualifikationen: Qualifikationen, die allgemein verwendbar sind,
beispielsweise die Fähigkeit zum logischen Denken oder die Fähigkeit, sich kooperativ zu verhalten.
- Horizontqualifikationen: Wissen über das Wesen von Informationen,
die Qualifikation, Informationen verstehen und verarbeiten zu können.
- Breitenelemente: Praktische Anforderungen, die
tätigkeitsübergreifend am Arbeitsplatz auftreten.
- Vintagefaktoren: Qualifikationen und Begriffe, die sich im Laufe der Zeit ändern, wodurch Unterschiede zwischen den Generationen

auftreten. Die Vintagefaktoren dienen zur Aufhebung dieser Differenzen (vgl. Mertens 1974, S.36ff.).

Das Konzept der Schlüsselqualifikationen wird seither vielfach diskutiert und definiert. Zusammenfassend können sie allgemein als „…die Fähigkeiten, das Wissen, das Können und die Einstellung, mit denen wiederkehrende Situationen und Aufgaben im Alltag und Berufsleben gelöst werden“ (Huck- Schade 2003, S.14) beschrieben werden. Ähnliche Definitionen bieten unter anderem auch Möllemann (1988, S.48) und Petersen (2000, S.66) an. Die Frage nach den notwendigen Schlüsselqualifikationen und deren Vermittlung ist ein bestimmendes Merkmal in der Debatte „um ein modernes, zukunftsfähiges Bildungsverständnis am Beginn des neuen Jahrtausends“ (Eckinger 2003, S.1). Ein Schlüssel wird verwendet, um eine Tür aufzuschließen – übertragen auf den Bildungsbegriff dient dieser Schlüssel dazu, sich den zentralen Herausforderungen und Problemen der Gesellschaft stellen zu können. Um diesen Problemen und Herausforderungen gerecht werden zu können, bedarf es Qualifikationen, die allgemein angewendet werden können, sozusagen als ’Generalschlüssel’ (vgl. Eckinger 2003, S.1). Qualifikationen können definiert werden als „die Summe der Fertigkeiten und Fähigkeiten, die erforderlich sind, um Anforderungen (…) gerecht zu werden“ (Petersen 2000, S.63)7. Qualifikationen beziehen sich im Gegensatz zu den allgemein anwendbaren Schlüsselqualifikationen auf Anforderungen in einer bestimmten Situation. Das Konzept der Schlüsselqualifikation rückt im Vergleich zu dem der Qualifikation „auf der Skala zwischen Person und Situation den Schwerpunkt der Qualifikation von der konkreten, direkten, spezialisierten Berufsanforderung ab und verlagert sie hin zum Zentrum der Persönlichkeit“ (Quante-Brandt 2003, S.116).

Welche expliziten Schlüsselqualifikationen in der Praxis notwendig seien, ist nicht einfach zu beantworten. Jährling (1988, S.57, Herv. i. Orig.) umschreibt die Problematik bei der Entscheidung, welche Schlüsselqualifikationen vermittelt werden sollen, wie folgt:

„Der Abstraktionsgrad des Begriffes Schlüsselqualifikation entspricht für mich dem des Wortes Sprache : Man kann nicht Sprache lernen, sondern eben nur die deutsche, englische, französische Sprache. Leider lassen sich Schlüsselqualifikationen nicht in solche allgemein anerkannten Sprachen zergliedern“.

Beispiele für den Modebegriff Schlüsselqualifikationen gibt es zuhauf, laut Siebert (2003, S.219) wird unter dem Begriff „fast alles (…) subsumiert, was pädagogisch lieb und teuer ist“, unter anderem soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Kooperationsfähigkeit, personale Kompetenzen wie Kreativität, Belastbarkeit, Leistungsbereitschaft, aber auch globales Denken, Urteilsfähigkeit und viele weitere Begriffe. Als Beispiele für Schlüsselqualifikationen wird oftmals der Begriff Kompetenz (personale, methodische, soziale etc.) genannt, welcher im Folgenden näher beleuchtet wird.

Kompetenz stammt vom lateinischen Wort ’competentia’ ab und bedeutet in etwa ’Zusammentreffen’, das Adjektiv ’competens’ kann mit ’angemessen’ übersetzt werden. „Kompetenz zeigt sich offenbar, wenn beim Zusammentreffen situativer Erfordernissen und dem individuell zur Verfügung stehenden Potenzial an Kenntnissen, Fertigkeiten etc. angemessen gehandelt werden kann“ (Gnahs 2007, S.20). Doch woraus bestehen Kompetenzen, welche Facetten hat dieser Begriff? In den folgenden Zitaten zeigt sich die Vielfalt bei der Bestimmung des Begriffes:

- „Kompetenzen sind lebensgeschichtlich erworbene Profile von
Emotion und Kognition, von Erfahrung und Wissenserwerb, von Denken, Wollen und Handeln“ (Siebert 2003, S.223).
- „Kompetenzen [sind] als elementare, genetisch angelegte oder im Entwicklungsprozess durch Lernen erworbene Handlungsdispositionen definiert, auf deren Grundlage einzelne Handlungsakte generiert werden können“ (Veith 2003, S.32).
- „Kompetenzen sind also jene Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissensbestände, über die ein Individuum zur Bewältigung von Situationen verfügt“ (Kaiser 1998, nach Petersen 2000, S.199).
- „Eine Kompetenz ist die Fähigkeit zur erfolgreichen Bewältigung komplexer Anforderungen in spezifischen Situationen“ (Gnahs 2007, S.21f.).
- „Kompetenz meint also die Fähigkeit, Kenntnisse und Fähigkeiten angemessen einzusetzen“ (Schwänke 1993, S.13).
- „Kompetenz bezeichnet das Handlungsvermögen der Person“ (Arnold 2001, nach Gnahs 2007, S.20).
- „Kompetenz schließt die Elemente Wollen, Können und Dürfen mit ein“ (Becker 1999, S.510).
- Kompetenz (…) bezeichnet die in der Praxis tatsächlich zur Geltung gebrachten beruflichen Fähigkeiten einer Person, die immer an einen spezifischen Kontext gebunden sind“ (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Österreich 20088 )
- „Schlüsselkompetenzen sind diejenigen Kompetenzen, die alle Menschen für ihre persönliche Entfaltung, soziale Integration und Teilhabe, aktive Bürgerschaft und Erwerbstätigkeit benötigen“ (Gnahs 2007, S.121).

Kompetenzen können demnach sowohl angeboren als auch im Laufe des Lebens durch Erfahrungen erlernt und durch Wissenserwerb angeeignet werden. Sie sind diejenigen Fähigkeiten einer Person, die es ihr ermöglichen, in einer Situation (angemessen) zu handeln, also ihre Handlungsfähigkeit. Die daraus mögliche werdende Handlung wird als Performanz bezeichnet. Performanz ist die auf Kompetenzen basierende „konkrete Handlung zur Berufs- und Lebensbewältigung in Form von reduktionistischen Handlungen, diffusen Handlungen, transferorientierten Handlungen [und] integrierten Handlungen“ (Becker 1999, S.512). Der Unterschied zwischen den beiden Begriffen besteht vor allem darin, dass sich Kompetenz auf die Fähigkeit einer Person, etwas zu tun, bezieht, Performanz sich demgegenüber auf die tatsächliche „durch vollbrachte und wiederholbare Leistungen bewiesene Fertigkeit“ (Becker 1999, S.32) bezieht. Weitere wichtige Elemente bei der Begriffsklärung von Kompetenz sind das ’Wollen’, welches die Motivation des Individuums beschreibt, das ’Können’, welches durch den verschiedenartigen Erwerb von Qualifikationen entsteht, sowie das ’Dürfen’, welches einem Individuum durch Zuschreibung einer Zuständigkeit die Legitimation gibt, eine Handlung oder Tätigkeit auszuführen. ’Können’‚ ’Dürfen’ und ’Wollen’ ergeben die sogenannte Handlungskompetenz einer Person bzw. eines Mitarbeiters im Kontext eines sozialen Feldes (vgl. Becker 1999, S.63; Veith 2003, S.11; Quante- Brandt 2003, S.115).

Beim Versuch der Systematisierung des Begriffes Kompetenz wird dieser auf vielfältige Art und Weise ausdifferenziert. Beispielhaft seien als allgemeine Kompetenzen persönliche Kompetenz, personale Kompetenz, Fachkompetenz, Sachkompetenz, Sozialkompetenz, Erschließungskompetenz9, physische Kompetenz oder ökonomische Kompetenz angeführt. Beispiele für Kompetenzen von Seminarleitungen sind unter anderem Methodenkompetenz, pädagogische Kompetenz, gruppendynamische Kompetenz oder reflexive Kompetenz10. Im Folgenden werden einige Systematiken vorgestellt, in denen die Heterogenität der Definition und der Ausdifferenzierung des Kompetenzbegriffes deutlich wird. Einsiedler et al. (1999) unterteilen den Oberbegriff Kompetenz in fünf Bereiche:

- Fachkompetenz: Fachwissen, Spezialwissen,
- Methodenkompetenz: Arbeits- und Organisationstechniken (z.B. Projektmanagement),
- Sozialkompetenz: Umgang mit Mitmenschen (z.B. Kooperations- fähigkeit, Teamfähigkeit),
- Physische Kompetenz: Körperliche Konstitution und Leistungsfähigkeit (z.B. körperliche Belastbarkeit),
- Persönliche Kompetenz: Umgang mit Belastungen und besonderen

Situationen (z.B. persönliche Stabilität, Willensstärke).

Diese fünf Kompetenzbereiche werden von der ökonomischen Kompetenz umrahmt, die sich durch die Betrachtung „von Gesamtzusammenhängen oder zeitlichen Wirkungsweisen, von strategischen Planungen sowie betriebswirtschaftlichen Aspekten“ (Einsiedler et al. 1999, S.114) auszeichnet. Petersen (2000) dagegen differenziert das Kompetenzkonzept in drei Teile, die Fachkompetenz, die Methodenkompetenz und die Sozialkompetenz. Die Fachkompetenz beinhaltet das Fachwissen, die fachlichen Fähigkeiten einer Person. Zur Methodenkompetenz „gehören prozeßunabhängige, berufsübergreifende Methoden wie (…) die Fähigkeit zur Problemanalyse und -lösung, zur selbständigen Störungsanalyse und Störungsbehebung, die Befähigung zum Projektmanagement oder die Lernfähigkeit“ (Petersen 2000, S.65).

Als Sozialkompetenz werden die Fähigkeiten, im Team zu arbeiten, mit Konflikten umgehen zu können oder die Fähigkeit zu Überzeugen genannt (vgl. Petersen 2000, S.65). Diese drei Kompetenzen ergeben die berufliche Handlungskompetenz einer Person.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Abbildung 2: Berufliche Handlungskompetenz (Petersen 2000, S.64)]

In der Regel werden Methoden- und Sozialkompetenzen als arbeitsplatzunspezifische Schlüsselqualifikationen eingeordnet (vgl. Petersen 2000, S.66). Die im Gegensatz zu den beiden vorherigen Kompetenzen arbeitsplatznahe Fachkompetenz ordnet Grüner (2000) dem Konzept der Schlüsselqualifikationen zu. Er kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass als Ergebnis der drei genannten Kompetenzen die berufliche Handlungskompetenz, auch berufliche Handlungsfähigkeit genannt, erlangt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Abbildung 3: Schlüsselqualifikationen in der betrieblichen Bildung (Grüner 2000, S.8)]

Eine ähnliche Unterscheidung ist diejenige in fachliche Kompetenzen auf der einen und überfachliche Kompetenzen auf der anderen Seite. Die Fachkompetenz bezieht sich auf bestimmte, aufgrund ihrer Spezialisierung eingeschränkte Aufgaben und Tätigkeiten, sie „umfasst sowohl das spezifische Theoriewissen als auch das zur Ausführung von Tätigkeiten erforderliche praktische Können“ (Veith 2003, S.34). Als überfachliche Kompetenzen werden die Methodenkompetenz, die Sozialkompetenz und die personale Kompetenz angesehen, welche im Folgenden beschrieben werden (vgl. Gnahs 2007, S.27f.).

Als personale Kompetenz werden die Fähigkeiten bezeichnet, die den Einzelnen dabei unterstützen, „mit sich selbst und mit seiner Lebenssituation zurecht zu kommen“ (Schwänke 1993, S.13). Diese persönlichen Ressourcen unterstützen eine Person dabei, ihre Ziele, Interessen und Wünsche zu verwirklichen (vgl. Veith 2003, S.34). Aufgrund der eigenen Ansichten und moralischen Einstellungen entsteht ein Handeln bzw. eine Handlung, deren Verantwortlichkeit der Person selbst obliegt. Methodenkompetenzen können auch als ’Werkzeugkasten’ einer Person beschrieben werden. Je nach Bedarf können Techniken aus diesem Kasten herausgeholt werden, die in einer entsprechenden Situation eingesetzt werden, um diese sinnvoll zu gestalten. Beispiele für solche Methoden sind unter anderem Moderieren, Präsentieren, Visualisieren, Prozesse steuern und analysieren, Improvisieren oder Projekte managen (vgl. Huck-Schade 2003, S.14; Schemme/Garcia-Wülfing 2001, S.13). Methodenkompetenzen sind vor allem berufsfeldübergreifend angelegt und verfügen somit über einen großen Anwendungsspielraum, in bestimmten Ausprägungen und Fachbereichen sind sie jedoch kaum von Fachkompetenzen abzugrenzen, als Beispiele seien hierfür Zinsberechnungen im Bankwesen oder Analysemethoden in der Medizin genannt (vgl. Gnahs 2007, S.28). Eine systematische Betrachtung von Sozialkompetenz erweist sich als ungleich schwieriger als bei den beiden vorangehenden Kompetenzen, da der Begriff für unterschiedliche Sachverhalte verwendet wird und ihm verschiedene Bedeutungen zugeschrieben werden. Er kann als reine Anpassung, z.B. an Regeln oder Vorgesetzte, verstanden werden, wodurch von der Person eine Unterordnung an die vorgegebenen Normen und eine Loyalität zu diesen verlangt wird. Sozialkompetenz kann auch als Durchsetzungsstärke der eigenen Ideen und Vorstellungen betrachtet werden, womit derjenige, der es schafft, seine Ideen durchzusetzen, als sozial kompetent angesehen werden könnte. Die dritte Variante des Verstehens des Begriffes ist eine Mischung der beiden vorherigen Möglichkeiten; sozial kompetent wäre nunmehr die Person, die es schafft, sich mit anderen Interessen und Personen abzustimmen und zu verständigen, wodurch sowohl Teile der eigenen Interessen eingebracht werden als auch eine gewisse Ein- und Unterordnung entsteht (vgl. Quante-Brandt 2003, S.115ff.). Soziale Kompetenz befindet sich demnach im Spannungsfeld zwischen individuellen Rechten und der sozialen Verantwortung. Darüber hinaus kann Sozialkompetenz nur aus einem Kontext heraus bestimmt werden, da das Verhalten einer Person in jeder Situation neu auf ihre soziale Anerkennung überprüft wird, welche von verschiedenen Faktoren abhängt (vgl. Quante- Brandt 2003, S.122; Huck-Schade 2003, S.15). Sozialkompetenzen umfassen vielfältige Fähigkeiten, die sich sowohl auf die innere Haltung oder Einstellung als auch auf das Verhalten beziehen und elementare Bestandteile von gelingenden Interaktionen sind. Sie ermöglichen es dem Individuum, Gefühle und Einstellungen von anderen zu verstehen, nachzuempfinden oder gar zu übernehmen und ermöglichen darüber hinaus ein Verständnis von Werten, Normen und Symbolen einer bestimmten Gruppe, einer Organisation oder einer Gesellschaft (vgl. Huck-Schade 2003, S.15; Veith 2003, S.34). Etwas bildhafter beschreibt Euler (1997, S.107) den Begriff Sozialkompetenz, der eine „Schublade für all jene Fähigkeiten [sei], die im sozialen Umgang miteinander als erstrebenswert oder gar unverzichtbar gehalten werden“. Soziale Kompetenz äußert sich in sozialer Interaktion, welche zum Beispiel in Beratungsgesprächen, in Teamrunden oder auf dem Flur in Zwischengesprächen von statten gehen kann (vgl. Schemme/Garcia-Wülfing 2001, S.13).

Welche Kompetenzen muss ein Mitarbeiter haben bzw. wie kann er sich diese aneignen, um den „spezifischen Anforderungen in unterschiedlichen Kontexten (…) gerecht zu werden“ (Jäger 2007, S.9)? Da sich die Anforderungen an den Mitarbeiter erhöhen, wird der betrieblichen Weiterbildung eine entscheidende Rolle für den beruflichen Werdegang beigemessen, da durch sie die erforderlichen Kompetenzen vermittelt werden können (vgl. Münk/Lipsmeier 1997, S.39). Die bereits genannten Schlüsselqualifikationen und überfachlichen Kompetenzen werden von den Betrieben heutzutage und in Hinblick auf zukünftige Anforderungen von allen Mitarbeitern gefordert. Die Sozial- und Methodenkompetenzen gelten vielerorts bereits als integrierter Bestandteil des beruflichen Anforderungsprofils und werden ebenso wie die fachlichen Kompetenzen vorausgesetzt (vgl. Einsiedler et al. 1999, S.112; Jährling 1988, S.56). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „vor allem im Erwerbssystem immer häufiger multifunktional einsetzbare Mitarbeiter mit Eigeninitiative, variablen Fähigkeiten und metafachlichen Qualitäten nachgefragt werden“ (Veith 2003, S.15). Als Beispiele für diese notwendigen Fähigkeiten nennt Petersen (2000) folgende:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Abbildung 4: Notwendige überfachliche Qualifikationen eines Mitarbeiters (vgl. Petersen 2000, S.74ff.)]

Nicht alle Kompetenzen sind für jeden Mitarbeiter und für jeden Aufgaben- und Tätigkeitsbereich als gleich wichtig einzuordnen. Je nach Anforderungen an Arbeitsstelle und Mitarbeiter ergeben sich spezifische Schwerpunkte und demzufolge auch Kompetenzen, die als weniger wichtig angesehen werden. Im Zentrum einer jeden Aufgabe bzw. Tätigkeit steht eine zielgerichtete, dem Zweck angemessene Kombination der genannten Kompetenzen, ein spezifisches Kompetenzprofil (vgl. Einsiedler et al. 1999, S.114). Bei Mitarbeitern einer Personalentwicklung, den Mitarbeitern, die für die betriebliche Weiterbildung zuständig sind (und damit die Zielgruppe dieser Studie sind) und daher die Seminarleitungen auswählen, ergeben sich andere Schwerpunkte als z.B. bei Facharbeitern in der Logistik. Da Weiterbildung in vielen Unternehmen lediglich als eine Aufgabe unten vielen von Personalleitern oder Personalverwaltungen darstellt oder mit der Ausbildung zusammengefasst wird, ist es schwierig, die notwendigen Kompetenzen dieser Mitarbeiter bis ins kleinste Detail aufzugliedern (vgl. Faulstich/Zeuner 1999, S.204). Die im folgenden Personalentwickler genannten Mitarbeiter haben eine Verantwortung für die von ihnen ausgewählte Seminarleitung (und deren Arbeit), was zunächst eine Führungskompetenz erfordert. Weitere Schwerpunkte erforderlicher Kompetenzen der Personalentwickler der betrieblichen Weiterbildung liegen in folgenden Bereichen:

- Persönlichkeit (z.B. Praxiserfahrung und Empathie),
- Interaktion (z.B. Kommunikationskompetenz und Konflikt- management),
- Hintergrundwissen (z.B. Kaufmännische Kenntnisse),
- Organisation (z.B. Organisationsfähigkeit und Management- kompetenz),
- Lehr-Lern-Situation (z.B. Didaktische Kompetenz) (vgl. Harteis 2000, S.14ff.).

2.3. Die Seminarleitung in der (betrieblichen) Weiterbildung

Warum werden externe Seminarleitungen benötigt? Kann der Bedarf nicht durch interne Personen abgedeckt werden oder steckt gar eine betriebswirtschaftliche Strategie dahinter, sich auf dem Markt umzuschauen? Zum einen werden die „Weiterbildungsaktivitäten (…) dem Konkurrenzdruck ausgesetzt. Es sollen marktmässige Geschäftsbeziehungen hergestellt werden, welche zu Kosten-, Preis- und Leistungstransparenz führen“ (Faulstich 1997, S.67). Betriebliche Weiterbildung wird heutzutage vor allem unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen. Ökonomische Kriterien wie die Kosten der Weiterbildung spielen demnach eine Rolle, wenn es um die Auswahl von Seminarleitungen geht11. Als wichtiger für die folgenden Ausführungen erscheint allerdings die Tatsache, dass die meisten in der Erwachsenenbildung Tätigen nicht hauptberuflich sondern vor allem nebenberuflich beschäftigt sind. Insbesondere in der betrieblichen Weiterbildung wird die Lehrtätigkeit – die Durchführung von Seminaren – nebenberuflich ausgeübt (vgl. Tietgens 1991, S.102). Es kann auch nicht vom Weiterbildner oder vom Lehrenden per se gesprochen werden, da die Beschäftigten in der Weiterbildung in Bezug auf ihren Status, ihre Beschäftigungssituation und ihre Aufgaben als eine äußerst heterogene Gruppe anzusehen sind. So gibt es bezüglich des Beschäftigungsverhältnisses sowohl hauptberufliche, nebenberufliche als auch freiberufliche pädagogische Mitarbeiter, die entweder Vollzeit- oder Teilzeitverträge haben oder auf Honorarbasis entlohnt werden (vgl. Kraft 2006, S.25). Nebenberufliche, freiberufliche oder gar ehrenamtliche Beschäftigte nehmen im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen mit geschätzten 86,7 Prozent aller Arbeitsplätze einen enorm hohen Anteil der in der Weiterbildung Tätigen ein (vgl. Faulstich/Zeuner 1999, S.16).

[...]


1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form verwendet.

2 In dieser Arbeit wird der Begriff Seminarleitung verwendet, da er die Personen, die in der Studie betrachtet werden, am adäquatesten beschreibt. Weiteres dazu siehe Kapitel 2.3. Die Seminarleitung in der (betrieblichen) Weiterbildung.

3 vgl. Kapitel 2.2. Begriffsbestimmungen

4 vgl. Kapitel 3.1. Institutionenspektrum

5 vgl. Kapitel 3.2.1. Beschreibung der Zielgruppe

6 vgl. Kapitel 2.4. Die Auswahl der (externen) Seminarleitung

7 vgl. hierzu auch Gnahs 2007, S.22

8 online verfügbar unter http://erwachsenenbildung.at/berufsfeld/berufsbild/berufsbild.php [Stand: 31.07.2008]

9 Der Begriff ’Erschließungskompetenz’ wird im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter verwendet. Hans Tietgens führt den Begriff in seiner „Einleitung in die Erwachsenenbildung“ (1991) weiter aus.

10 siehe 2.3. Die Seminarleitung in der betrieblichen Weiterbildung

11 vgl. 2.4. Die Auswahl der Seminarleitung

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Die Auswahl von Seminarleitungen in der betrieblichen Weiterbildung
Untertitel
Eine empirische Studie zum Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)  (Institut für Allgemeine Pädagogik & Erwachsen-/Weiterbildung)
Note
1,75
Autor
Jahr
2009
Seiten
98
Katalognummer
V151656
ISBN (eBook)
9783640637157
ISBN (Buch)
9783640637102
Dateigröße
823 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weiterbildung, Trainerauswahl, Betriebliche Weiterbildung, Empirische Studie, Anspruch, Wirklichkeit
Arbeit zitieren
Frederik Boog (Autor:in), 2009, Die Auswahl von Seminarleitungen in der betrieblichen Weiterbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151656

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