Die Stalinisierung in der SBZ/DDR


Seminararbeit, 2000

16 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung

2. Die Planwirtschaft

3. Die Stalinisierung der SED

4. Die Auswirkungen der Stalinisierung in der Bevölkerung der SBZ

5. Fazit

6. Literatur

1. Einleitung

Schon auf der Potsdamer Konferenz einigten sich die Alliierten auf eine zentrale deutsche Verwaltungsabteilung, welche für ganz Deutschland 1945 dann auch geschaffen wurde. Diese sollte unter der Leitung eines alliierten Kontrollrates stehen, hatte jedoch keine Gesetzgebungskompetenz.

Allerdings war die politische Führung der sowjetischen Besatzungszone schon von Beginn an in den Händen der nach Moskau emigrierten Kommunisten, welche die sowjetischen Direktiven ausführten. Andere Antifaschisten und Kommunisten mußten sich unterordnen oder wurden mit Hilfe der sowjetischen Geheimpolizei ausgeschaltet.1

Jedoch konnte die 1946 entstandene SED bei den Kommunal- und Gemeindewahlen im Herbst 1946 keine absolute Mehrheit erzielen. Aus diesem Grund wurden in der SBZ (und später in der DDR) bei späteren Wahlen nur noch Einheitslisten der zugelassenen Parteien erlaubt.2

Die Einflüsse aus der Sowjetunion nahmen auch weiterhin zu und führten dazu, daß ab 1948 mit der Übernahme des spätstalinistischen Sowjetsystems begonnen wurde, welche Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens in der SBZ/DDR hatte, angefangen bei der Planwirtschaft bis hin zur Stalinisierung der SED.

Für die DDR als festen Bestandteil des Ostblockes, ist der Stalinismus dann auch spätestens in den 50er Jahren in der ganzen Gesellschaft bestimmend.

Was aber ist „Stalinismus“ ? Eine Klärung des Begriffs fällt nicht leicht, denn in der wissenschaftlichen Literatur findet man diesen Begriff nur selten erwähnt oder gar erklärt.

Zieht man beispielsweise Literatur wie „Die Gründung der DDR. Von der sowjetischen Besatzungsherrschaft zum sozialistischen Staat“ von Dietrich Staritz, oder „Die Stalinisierung der SED“ von Harold Hurwitz (beides siehe: 6. Literatur) als Hilfsmittel heran, so wird man sehr schnell feststellen, das der Begriff „Stalinismus“ kaum Erwähnung findet und eine Definition - so man denn eine erkennt - nur unbefriedigend ist.

Eine reine Definition des Begriffes findet man zwar beispielsweise im Bertelsmann-Lexikon, dort wird Stalinismus beschrieben als „ein von Stalin entwickeltes ... bürokratisch-diktatorisches Herrschaftssystem ... das unter Deutung marxistisch-leninistischer Theoreme eine Revolution von oben in der Gesellschaft durchführt; ... kontrolliert durch Terror, besonders durch ständige Säuberungen in allen Bereichen der Gesellschaft und der Partei, ... dabei außenpolitisch eine Unterordnung der kommunistischen Weltinteressen unter die Interessen der UDSSR verlangt“3, jedoch ist diese etwas oberflächliche Erklärung mindestens ebenso unbefriedigend.

Diese Arbeit soll deshalb anhand der Einführung der Planwirtschaft, der Stalinisierung der SED und einzelner Auswirkungen auf die Bevölkerung, einige Stufen auf dem Weg zum Stalinismus in der DDR aufzeigen; jedoch nicht eine reine Definition dieses Begriffes liefern. Für die weitergehende Klärung des Problems empfehlen sich als Literatur die beiden oben genannten Quellen, als auch die Quelle „DDR-Lesebuch. Stalinisierung“ von Ilse Spittmann und Gisela Helwig (siehe auch 6. Literatur), letztere ist vor allem hilfreich, um einen verstärkten Eindruck von den Auswirkungen auf die Bevölkerung zu erhalten.

2. Die Planwirtschaft

Die sowjetische Besatzungsmacht war schon aus Gründen der Reparationsleistungen daran interessiert, die Industrie und damit die Produktion wieder auf einen Stand zu bringen, der etwas leisten konnte. In erster Linie wurden dabei viele Betriebe in sogenannte „Sowjetische Aktiengesellschaften“ (kurz: SAG) umgewandelt, was aber die Zerstörung von traditionellen Produktionsketten bedeutet hatte.4 Oberstes gesetztes Ziel war dabei, erst einmal wenigstens die Produktionskapazität des Jahres 1936 zu erreichen, von der aus man dann am weiteren Wachstum der Industrieleistung arbeiten konnte. Zwar war die Produktion von 1936 noch kein Maßstab für die Leistung, die die Industrie erbrachte, denn schließlich war die Bevölkerung um rund 3 Millionen angewachsen, aber dieses Ziel schien erreichbar, auch wenn noch 1948 nur 71,7 Prozent des Standes von 1936 erreicht waren.

Auch als 1950 ein Überschuß von 10,6 Prozent im Vergleich zu 1936 errechnet wurde, darf nicht übersehen werden, daß wichtige Industriezweige noch immer weit hinter dem Stand von 1936 zurücklagen, so lag zum Beispiel die Metallurgie bei nur 60 Prozent.5

Weitere Probleme waren aber auch bei mittel- und längerfristigen betrieblichen Produktionsplanungen entstanden, aufgrund der oft vorkommenden kurzfristig veränderten Reparationsforderungen. Ein kontinuierlicher Produktionsablauf war - wenn überhaupt möglich - damit nur schwer zu erreichen. Dazu kam noch der Verlust von Rohstoffen und fertigen Produkten durch Schwarzmarktgeschäfte. Eine Ausrichtung der gesamten Produktion an die gesamtgesellschaftlichen Erfordernisse, war damit für SED und sowjetische Besatzungsmacht eine Notwendigkeit gewesen.6

In der DDR-Literatur wurde die Planwirtschaft als Sicherung der „Durchsetzung des Gesamtwillens der sozialistischen Gesellschaft ... verbunden mit der Wahrnehmung der Klasseninteressen der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten zur Stärkumg ihrer politischen Macht“ beschrieben.7

Sowohl durch materielle und ideelle Anreize, Beschränkung der Rechte der Betriebsräte, als auch durch (schrittweise) Zentralisierung von Verfügungsgewalt und Planung, wurde versucht eine Produktionssteigerung zu erreichen. Als erstes wurde den neu gebildeten Zentralverwaltungen8 am 10. 2. 1947 das Recht übertragen die Industrie, den Handel, das Handwerk und auch die Versorgung zu koordinieren und zu kontrollieren, was über eine Vereinbarung zwischen den Landesregierungen und den Zentralverwaltungen möglich wurde.9

Ein weiterer Schritt war die Bildung der „Deutschen Wirtschaftskommision“ (DWK) am 14. Juni 1947. Sie wurde als zentrales Organ zur Koordinierung der Zentralverwaltungen benötigt, dies war ihre wichtigste Aufgabe. Dazu kam im Februar 1948, daß die DWK jetzt auch noch „Verfügungen und Instruktionen, die für alle deutschen Organe im Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland ... verbindlich sind, ... beschließen, erlassen sowie deren Durchführung prüfen“10 konnte. Diese Erweiterung der Vollmachten am 12. Februar hatte zur Folge, das die DWK jetzt eine kaderpolitische Zusammensetzung hatte, sie konnte jetzt nicht mehr nur die wirtschaftliche, sondern auch die politische und kulturelle Entwicklung einheitlich planen und beeinflussen.11 Unter diesen äußerst relevanten Gesichtspunkten erkennt man, daß die DWK in erster Linie eine Vorform der späteren Regierung der DDR war.

Zeitgleich wurden die Betriebe regionalen und dann zonalen Institutionen unterstellt, welche für die Planung und Anleitung zuständig waren. Das erste Modell dieser Art war bereits 1946 in Sachsen entstanden, wo die Betriebe zur besseren Ressourcenverteilung zu einer „Vereinigung Volkseigener Betriebe“ (VVB) zusammengefaßt und vom Wirtschaftsministerium angeleitet wurde.

Nach diesem Muster wurde dann ab 1948 die gesamte Industrie der SBZ gesteuert, wobei 75 zonale „Vereinigungen Volkseigener Betriebe“ (~ 50000 Beschäftigte) gebildet und der Wirtschaftskommission unterstellt wurden. Durch das gleichzeitige Verbot von kollektiven Leitungsformen und stattdessen der Einsatz des Betriebsdirektors als „Einzelleiter“, wurden die Entscheidungen des Betriebsrates und seine Mitbestimmung stark eingeengt.12

Ein weiterer wichtiger Punkt zur Produktionserhöhung, war ein ab 1947 eingeführtes Anreizsystem, welches eng mit dem SMAD-Befehl 234 verbunden ist.

Nach diesem Befehl vom 9. 10. 1947 wurde besonders in der Maschinenbau-, optischenund chemischen Industrie (also die Industrien die Reparationsleistungen lieferten) die Akkordarbeit wieder eingeführt. Dabei wurden ab jetzt die Arbeiter in Kategorien eingeteilt, nach welchem sie ihr Essen zugeteilt bekamen. Kategorie A (hochqualifizierte oder besonders schwer belastete Arbeiter) erhielt eine warme, lebensmittelkartenfreie Mahlzeit höherer Qualität täglich, während Kategorie B (alle übrigen Arbeiter und Angestellten) nur eine Mahlzeit mit „geringerem Nährwert“ erhielt.13

Neben Belohnungen für höhere Leistungen, wie z.B. erhöhtes Krankengeld und bevorzugte Beschaffung von Kleidern und Industriewaren, gab es aber auch „Strafmaßnahmen“ wie Verweise, „Entzug des markenfreien Essens für 10 Tage“, „Öffentlicher Tadel“ und Entlassung.

Dies alles wurde vom FDGB durchaus unterstützt, fand jedoch starke Ablehnung bei den Betriebsräten. Das formale Prinzip des Leistungslohnsystems fand nur wenig Anerkennung, selbst bei einigen Arbeiterfunktionären, denn dies entsprach nicht dem Prinzip der Gleichheit, welches immer propagiert wurde, wenngleich auch die Führung eine Gleichmacherei auf dem Gebiet der Arbeit als regelrecht „verbrecherisch“ ansah.14

Die Übernahme sowjetischer Modelle in allen Bereichen, wurde fester Bestandteil des Wirtschaftsaufbaus. Ab 1948 erfolgte dann die Einführung eines Halbjahresplanes, der ab 1949 zu einem „Zweijahresplan“ wurde. Dieser sollte bis 1950 die Produktion um 35 Prozent erhöhen (im Vergleich mit 1947), die Arbeitsproduktivität um 30 Prozent (zu 1947) und die Gesamtlohnsumme um 15 Prozent (zu 1948) heben. Zeitgleich sollten die Produktionskosten um mindestens 7 Prozent gesenkt werden. Im Ergebnis wurde die Ziele bis zur zweiten Hälfte 1949 erreicht, jedoch nicht zuletzt aufgrund entschiedener Vorteile zugunsten der volkseigenen Betriebe. Neben diesen bestanden auch noch private Betriebe, meist Klein- und Mittelbetriebe, welche jedoch keine Planaufgaben mehr erhielten, nachdem der Zweijahresplan in Kraft getreten war. Stattdessen mußten sie Verträge mit den volkseigenen Betrieben abschließen um Rohstofflieferungen zu erhalten, auf dieser Grundlage erfolgten dann diese Lieferungen. Durch diese Bevorzugung der volkseigenen Betriebe bei der Verteilung der Rohstoffe, wurden zwangsläufig die Privatbetriebe mit an den Zweijahresplan gebunden. Das Ergebnis war eine Stagnation des Wachstums der privaten Industrie, welches 1949 einen Rückgang von 1,4 Prozent und 1950 den nur unwesentlichen Anstieg von 1,3 Prozent zu verzeichnen hatte, nachdem es noch 1948 um 19,9 Prozent angestiegen war. Dahingegen wuchs die bevorzugte volkseigene Industrie 1949 um 46 Prozent und 1950 um 42,6 Prozent stark an. Das die Privatindustrie einen durchaus nicht zu unterschätzenden Anteil an den Gesamteigentumsformen gestellt hatte sieht man daran, das sie 1949 mit 31,5 Prozent noch rund ein Drittel der Gesamtindustrie ausmachte, doch schon ein Jahr später war dieser Anteil auf ein Viertel gesunken.15 Ein weiteres Beispiel für die Übernahme sowjetischer Modelle und relativ bedeutend auch für den Zweijahresplan, ist die bereits 1947 begründete „Aktivisten-Bewegung“. Mit ihr sollte ein Anreiz geschaffen werden, die Produktion überdurchschnittlich zu erhöhen, was auch teilweise gelang. Der „Anreiz“ war zum einen Adolf Hennecke (er erreichte 387 Prozent seiner normalen Tagesleistung), er wurde von der Parteileitung zu einem Vorbild hochstilisiert, der andere eigentlich Anreiz waren jedoch die Prämien, die die Aktivisten für herausragende Arbeit erhielten.

So zählte noch Ende 1948 die Bewegung nur rund 4800 Aktivisten, doch 1950 waren es bereits 114400. Dieser Schritt gelang allerdings erst, nachdem die Betriebsräte im Mai 1948 auf Verfügung des FDGB „von allen Aufgaben befreit“ wurden waren. Damit waren die Betriebsräte entmachtet.16

[...]


1 Vgl. Spittman, Ilse; Helwig, Gisela (Hrsg.): DDR-Lesebuch. Von der SBZ zur DDR 1945-1949. Köln 1989. S. 70

2 Vgl. ebenda

3 O.A.: Brockhaus-Enzyklopädie. 27. Bd. 19. Aufl. Mannheim 1993. S. 73

4 Vgl. Staritz, Dieter: Die Gründung der DDR. Von der sowjetischen Besatzungsherrschaft zum sozialistischen Staat. 2.

Aufl. München 1987. S. 123

5 Vgl. ebenda S. 124

6 Vgl. ebenda S. 129

7 Vgl. o.A.: BI-Elementarlexikon. 2. Bd. 1. Aufl. Leipzig 1985. S. 237 „Planung der Volkswirtschaft“

8 Zentralverwaltungen: Organisationen, die für die Wirtschaftspolitik in der SBZ zuständig und für die Planung und Leitung der Wirtschaft verantwortlich waren. Sie hatten auch die Aufgabe, die Planerfüllung zu kontrollieren.

9 Vgl. Staritz, Dieter: Die Gründung der DDR. Von der sowjetischen Besatzungsherrschaft zum sozialistischen Staat. 2. Aufl. München 1987. S. 129

14 Vgl. Staritz, Dieter: Die Gründung der DDR. Von der sowjetischen Besatzungsherrschaft zum sozialistischen Staat. 2. Aufl. München 1987. S. 134

15 Vgl. Barthel, Horst: Die wirtschaftlichen Ausgangsbedingungen der DDR. Zur Wirtschaftsentwicklung auf dem Gebiet der DDR 1945-1949/50. Berlin (Ost) 1979. S. 132 f., 136 f.

16 Vgl. Staritz, Dieter: Die Gründung der DDR. Von der sowjetischen Besatzungsherrschaft zum sozialistischen Staat. 2. Aufl. München 1987. S. 136 f.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Stalinisierung in der SBZ/DDR
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Geschichte)
Veranstaltung
Proseminar: Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone 1945-1949
Note
2
Autor
Jahr
2000
Seiten
16
Katalognummer
V15147
ISBN (eBook)
9783638203487
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stalinisierung, SBZ/DDR, Proseminar, Geschichte, Besatzungszone
Arbeit zitieren
Daniel Schmidl (Autor:in), 2000, Die Stalinisierung in der SBZ/DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15147

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