Entscheidungsspielraum als Moderator zwischen Arbeitsanforderungen und ihren gesundheitlichen Folgen


Diplomarbeit, 2009

160 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Beschreibung des Untersuchungsfeldes der Behindertenarbeit
2.2 Begriffsbestimmungen und Erklärungsmodelle zur Beschreibung der Wirkung von Arbeit
2.2.1 Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept
2.2.2 Das Auftrags-Auseinandersetzungs-Konzept
2.3 Definitionen und grundlegende Befunde zu Spielräumen
2.4 Entscheidungsspielraum als Ausgangspunkt selbstgesteuerten Handelns
2.5 Die Rolle von Spielräumen in Bezug auf die Wirkung von Arbeit . . .
2.5.1 Das „Job Demand/Job Decision Latitude“-Modell
2.5.2 Das Vitamin-Modell
2.5.3 Der Salutogenese-Ansatz

3 Fragestellung und Hypothesen
3.1 Ableitung der Fragestellung
3.2 Hypothesen
3.2.1 Entscheidungsspielraum als Gesamtkonstrukt in der Arbeitssi- tuation
3.2.1.1 Haupteffekte der Arbeitsanforderungen und des Mode- rators Entscheidungsspielraum
3.2.1.2 Interaktionseffekte zu Entscheidungsspielraum als Ge- samtkonstrukt
3.2.2 Inhaltliche Aspekte des Entscheidungsspielraums
3.2.2.1 Haupteffekte der inhaltlichen Facetten des Entschei- dungsspielraums
3.2.2.2 Interaktionseffekte der inhaltlichen Facetten des Ent- scheidungsspielraums

4 Methoden
4.1 Beschreibung des Unternehmens
4.1.1 Klientel, Angebot und Ziele der Berlin gGmbH
4.1.2 Organisationsstruktur der Berlin gGmbH
4.1.3 Beschäftigte und Personalbemessung
4.2 Datenerhebung
4.2.1 Stichprobenauswahl
4.2.2 Methodisches Vorgehen bei der Datenerhebung in der Pilotphase
4.2.2.1 Screening Psychischer Arbeitsbelastungen - Person
4.2.2.2 Screening Psychischer Arbeitsbelastungen - Wirkungen
4.2.2.3 Frankfurter Skalen zur Emotionsarbeit
4.3 Operationalisierungen der Konstrukte
4.3.1 Entscheidungsspielraum
4.3.1.1 Erfassung des Entscheidungsspielraums
4.3.1.2 Erfassung inhaltlicher Facetten des Entscheidungsspiel- raums
4.3.2 Risikobehaftete Arbeitssituationen, Belastende Ausführungsbe- dingungen, Emotionale Dissonanz
4.3.3 Operationalisierung der negativen Beanspruchungsfolgen
4.4 Kontrollvariablen
4.5 Statistische Auswertungen
4.5.1 Begründung der Verfahrensauswahl
4.5.2 Überprüfung der Kontrollvariablen und statistische Voruntersu- chungen
4.5.3 Hypothesenprüfung mittels moderierter linearer Regression
4.5.3.1 Voraussetzungen der multiplen linearen Regression
4.5.3.2 Überprüfung der Haupteffekte
4.5.3.3 Überprüfung der Interaktionshypothesen
4.5.4 Signifikanzniveau, Elektronische Datenauswertung

5 Ergebnisse
5.1 Beschreibung der Stichprobe
5.1.1 Rücklauf
5.1.2 Alter und Geschlecht
5.1.3 Arbeitszeit, Arbeitsverhältnis, Schichtarbeit
5.1.4 Betriebszugehörigkeit, Tätigkeitsdauer, Ausbildungsstand . . .
5.1.5 Unterschiede zwischen verschiedenen Einrichtungen und Ein- richtungstypen
5.2 Deskriptive Ergebnisse der Arbeitsanalyse
5.2.1 Profil der Arbeitsanalyse
5.2.2 Emotionale Dissonanz
5.2.3 Psychophysische Beschwerden
5.3 Faktorenanalytische Bestätigung und deskriptive Beschreibung der in- haltlichen Facetten des Entscheidungsspielraums
5.4 Überprüfung der möglichen Kontrollvariablen
5.5 Überprüfung der Voraussetzungen zur Hypothesenprüfung
5.5.1 Stärke und Richtung der Zusammenhänge zwischen den Arbeits- merkmalen untereinander sowie mit den psychophysischen Be- schwerden
5.5.1.1 Arbeitsmerkmale und psychophysische Beschwerden . .
5.5.1.2 Interkorrelationen der Anforderungen
5.5.1.3 Interkorrelationen zwischen den Moderatoren
5.5.1.4 Zusammenhänge zwischen den Anforderungen und den Moderatorvariablen
5.5.2 Form der Zusammenhänge zwischen den Arbeitsmerkmalen und den psychophysischen Beschwerden
5.5.3 Überprüfung der Normalverteilung der Residuen
5.5.4 Homoskedastizität
5.6 Überprüfung der Hypothesen
5.6.1 Entscheidungsspielraum als Gesamtkonstrukt und Anforderun- gen der Arbeitssituation zur Vorhersage psychophysischer Bean- spruchungsfolgen
5.6.1.1 Haupteffekte
5.6.1.2 Interaktionseffekte
5.6.2 Spezifische Facetten von Entscheidungsspielraum und Anforde- rungen der Arbeitssituation zur Vorhersage psychophysischer Beanspruchungsfolgen
5.6.2.1 Haupteffekte spezifischer Facetten von Entscheidungs- spielraum
5.6.2.2 Interaktionseffekte von Entscheidungsspielraum bezogen auf Arbeitsinhalte, Zeiteinteilung und die Art und Weise der Arbeitserledigung

6 Diskussion
6.1 Diskussion der Methodik
6.1.1 Untersuchungsdesign
6.1.2 Stichprobe
6.1.3 Instrumente und Operationalisierungen
6.1.3.1 Objektive vs. subjektive Erhebung der betrachteten Va- riablen
6.1.3.2 Subjektive Einschätzungen von Arbeitsmerkmalen und Persönlichkeitsmerkmale
6.1.3.3 Operationalisierungen der Arbeitsmerkmale
6.1.3.4 Auswahl und Operationalisierung der abhängigen Vari- ablen
6.1.3.5 Gemeinsame Methodenvarianz
6.1.4 Statistische Verfahren
6.2 Diskussion der gefundenen Ergebnisse
6.2.1 Form der Zusammenhänge zwischen einzelnen Facetten von Ent- scheidungsspielraum und psychophysischen Beschwerden
6.2.2 Haupteffekte der Arbeitsanforderungen
6.2.3 Haupteffekte des Entscheidungsspielraums als Gesamtkonstrukt sowie dessen inhaltliche Facetten
6.2.4 Interaktionseffekte zu Entscheidungsspielraum als Gesamtkon- strukt
6.2.5 Interaktionseffekte zu inhaltlichen Facetten des Entscheidungs- spielraums
6.2.5.1 Emotionale Dissonanz x Entscheidungsspielraum (Zeit- einteilung)
6.2.5.2 Belastende Ausführungsbedingungen x Entscheidungs- spielraum (Art und Weise der Arbeitserledigung)
6.3 Grenzen der Arbeit, Implikationen für zukünftige Forschung
6.4 Fazit

Literatur

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

A Verwendete Abkürzungen

B Tabellen mit näheren Informationen zu Einrichtungen und Be- schäftigten der Berlin gGmbH

C Residualdiagramme

C.1 Residualdiagramme der Zusammenhänge zwischen den Arbeitsanfor- derungen und den psychophysischen Beschwerden

C.2 Residualdiagramme der Zusammenhänge zwischen den Moderatoren und den psychophysischen Beschwerden

D Ergänzende Tabellen zu den durchgeführten Analysen

D.1 Überprüfung der Normalitätsannahme der Daten

D.2 Ergänzende Tabellen der Regressionskoeffizienten aller Einzelschritte

E Interviewleitfäden

E.1 Leitfaden der Beschäftigteninterviews

E.2 Leitfaden der Führungskräfteinterviews

F SPA-S-Itemliste

1 Einleitung

Die Arbeits- und Organisationspsychologie als eine Anwendungsdisziplin in- nerhalb der Psychologie befasst sich unter anderem mit der Gestaltung von Arbeit. Der Kern dieses Bereichs bezieht sich darauf, Arbeit „menschengerecht“ zu machen. Damit ist zusammenfassend gemeint, Arbeit so an die Eigenschaften des Menschen anzupassen, dass deren Ausführung für die Beschäftigten frei von Gefährdungen für die Gesundheit und im günstigsten Fall sogar förderlich für die Persönlichkeit ist (Ulich, 2005).

Die Gefährdungsfreiheit von Arbeitsplätzen ist in den meisten Industriena- tionen gesetzlich verankert. In Deutschland ist die europäische „Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesund- heitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit“ im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) umgesetzt. Daraus ergibt sich für jeden Beschäftigten ein entsprechender Anspruch, dem von Seiten der Arbeitgeber Genüge getan werden muss. Diese stehen in der Pflicht, die rechtlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz nachweislich zu garantieren. Nicht nur den Beschäftigten nützen diese klaren Vorgaben. Auch für die Arbeitgeber, und somit letztlich für die gesamte Gesellschaft, ergeben sich aus dieser Regelung wesentliche Vorteile. Weniger Gefährdungen am Arbeitsplatz bedeuten für Unter- nehmen geringere Fehlzeiten, zufriedenere Beschäftigte, damit eine verminderte Per- sonalabwanderung und vieles mehr (Ulich, 2005). Darüber hinaus ist die Vermeidung der Inanspruchnahme von sozialen Leistungen z. B. für Rehabilitationsmaßnahmen, Arbeitsunfähigkeit, etc. eine positive gesellschaftliche Folge von Arbeitsschutzmaß- nahmen. Beispielsweise berichtet die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- medizin regelmäßig über die volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit (z. B.Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, März 2007). Arbeits- und Organisationspsychologen können als externes Fachpersonal im Rahmen von Arbeitsanalysen in Unternehmen praktische Strategien und Interventionsmaßnah-men liefern, um Gefährdungsfreiheit von Arbeitsplätzen herzustellen. Eine Grund- voraussetzung hierfür sind wissenschaftlich begründete Erkenntnisse über die Wir- kung von Arbeit. Entsprechende Erklärungsansätze und Modelle der Arbeits- und Organisationspsychologie versuchen zu beschreiben, welche Merkmale der Arbeit für Fehlbeanspruchungen und die damit verbundenen Folgen für die Beschäftigten verantwortlich sind. Dabei ist jedoch der Fokus nicht nur auf die Identifikation von Gefährdungen gerichtet. In neueren Ansätzen ist besonders die Suche nach Faktoren, die dazu beitragen, trotz hoher Gefährdungen am Arbeitsplatz das Beanspruchungs- niveau zu reduzieren, in den Mittelpunkt gerückt (Udris, 1990). Dieses Konzept ist unter dem Ausdruck „Salutogenese“ (Antonovsky, 1979) bekannt geworden.

In diesem Kontext werden schon seit relativ langer Zeit Konstrukte zu Spielräumen - im Besonderen zu Entscheidungsspielraum - diskutiert. In den 1970er- Jahren wurden erstmals Modelle vorgeschlagen, die den Entscheidungsspielraum in der Arbeitssituation als Moderator der Auswirkungen von Arbeit darstellen. Seitdem sind viele verschiedene Studien mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen und unter Einbeziehung diverser Aspekte der Arbeitssituation zu diesem Thema durchgeführt worden. Die gefundenen Ergebnisse sind jedoch nach wie vor widersprüchlich, wie die folgende Darstellung zeigen wird.

Die vorliegende Diplomarbeit versucht, diese widersprüchliche Befundlage be- züglich einer möglichen Wechselwirkung von Entscheidungsspielraum mit den An- forderungen der Arbeitssituation teilweise zu klären. Dabei sollen zwei Besonderhei- ten Berücksichtigung finden, die vor allem in Kombination bis jetzt wenig Beach- tung gefunden haben. Zum einen betrifft dies die Untersuchung der Geradlinigkeit der Zusammenhänge von Arbeitsmerkmalen (insbesondere Entscheidungsspielraum) mit Beanspruchungsmaßen und zum anderen die Betrachtung klarer, auf besonde- re inhaltliche Aspekte der Arbeit bezogene Facetten von Entscheidungsspielraum. Diese Fragestellung soll im Rahmen einer Arbeitsanalyse aus dem Bereich der Behin- dertenarbeit betrachtet werden, der sich durch ein spezifisches Anforderungsmuster auszeichnet. Ferner ist bei dieser Tätigkeit die Verfügbarkeit von Entscheidungsspiel- raum relativ wahrscheinlich. Ein weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit, das auch für die Praxis von Bedeutung sein könnte, liegt in der Aufdeckung klarerer Beziehungs- verhältnisse der betrachteten Arbeitsmerkmale. Daraus ließen sich möglicherweise präzisere Interventionsmaßnahmen im Prozess der Neugestaltung von Arbeit ablei- ten.

Zu Beginn werden die wichtigsten Theorien und Erkenntnisse zur Wirkung von Arbeit sowie zu Konstrukten zu Spielräumen, insbesondere Entscheidungsspiel- raum dargestellt. Anschließend werden das untersuchte Arbeitsfeld, das betreffende Unternehmen sowie die eingesetzte Methodik beschrieben. Nach der Präsentation der gefundenen Ergebnisse folgt die abschließende Diskussion und Interpretation der Befunde.

2 Theoretischer Hintergrund

Wie in der Einführung angesprochen wurde, bestehen viele Fragen bezüglich der Rolle von Entscheidungsspielraum in der Beziehung zwischen Anforderungen der Arbeitssituation und Beanspruchungsfolgen. Im Rahmen der vorliegenden Diplom- arbeit sollen einige dieser Fragen empirisch untersucht werden. Grundlage hierfür sind die in einer Arbeitsanalyse bei einem großen Träger für soziale Einrichtungen gewonnenen Daten. Den zentralen Arbeitsbereich in dieser Untersuchung stellt die Behindertenarbeit dar. Zunächst sollen daher die spezifischen Anforderungen dieses Tätigkeitsfeldes herausgearbeitet werden. Im Anschluss daran folgen die Definitio- nen der für diese Arbeit relevanten Begriffe, und es werden Erklärungsmodelle zur Beschreibung der Wirkung von Arbeit auf den Menschen dargestellt.

2.1 Beschreibung des Untersuchungsfeldes der Behindertenarbeit

Die Arbeitsaufgaben der Beschäftigten umfassen ein großes Spektrum: Neben der körperlichen Versorgung und Pflege der behinderten Menschen steht besonders deren pädagogische Betreuung im Mittelpunkt der Tätigkeit. Diese umfasst die Förderung und Entwicklung von sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch die Freizeitgestaltung. Zusätzlich fallen administrative, organisatorische und hauswirtschaftliche Arbeiten an, wie z. B. die Zusammenarbeit mit Eltern, anderen Personen sowie Stellen, z. B. Ärzte, Ämter, etc. (Metzler, 1988).

Aus dieser Beschreibung einzelner Tätigkeiten lassen sich die spezifischen An- forderungen des Berufsfeldes der Behindertenarbeit erschließen: Oft liegen die Merk- male körperliche Arbeitsschwere, Schichtarbeit, psychischer Stress und beeinträch- tigte Ausführungsbedingungen, wie etwa ungeeignete Räumlichkeiten, Personalman- gel, fehlende Arbeitsmittel, etc. kombiniert vor (Fabian, 1996; Neumann, 1988). Des Weiteren ist der besondere soziale Kontext dieser Tätigkeit hervorzuheben, aus dem sich eine weitere spezielle Anforderung an die Beschäftigten ableitet: Diese Arbeit impliziert einen Umgang mit Menschen und damit die Notwendigkeit der emotio- nalen Regulation. In helfenden Berufen wird die Regulation von Emotionen als ein zentraler Bestandteil der Arbeit angesehen (Nerdinger, 1994; Zapf, Vogt, Seifert, Mertini & Isic, 1999). Der von Hochschild (1983) geprägte Begriff der Emotions- arbeit beschreibt diesen Sachverhalt. In Bezug auf die Entstehung von Beanspru- chungsfolgen aus der Anforderung dieser Emotionsregulation hat sich das Konstrukt Emotionale Dissonanz als Indikator für Regulationsprobleme bei der Emotionsar- beit herauskristallisiert. Es beschreibt, inwieweit bei Kontakten mit Kunden oder Klienten die nach außen zu zeigenden Gefühle des Beschäftigten nicht mit seinen tatsächlich erlebten Emotionen übereinstimmen (Dormann, Zapf & Isic, 2002). Ver- schiedene Autoren formulierten Überlegungen dazu, ob auch für die Anforderung der Emotionsarbeit Wechselbeziehungen mit Konstrukten zu Spielräumen in Bezug auf das Beanspruchungsniveau zu finden sind (Zapf, 2002). Morris und Feldman (1996) stellten eine entsprechende Vermutung an: Beschäftigte könnten durch hohe Spielräume an ihrem Arbeitsplatz im Gegensatz zu Personen mit wenig Spielräu- men größere Möglichkeiten haben, die Anforderung, situationsbedingt bestimmte Emotionen zum Ausdruck bringen zu müssen, an ihre Persönlichkeit und individuel- len Stile anzupassen. In einigen Arbeiten wurden derartige Interaktionseffekte zwi- schen emotionaler Dissonanz und Spielräumen in Bezug auf verschiedene abhängige Variablen empirisch bestätigt. Erickson (1991, zitiert nach Zapf, 2002) fand einen moderierenden Effekt von erweiterten Spielräumen in der Beziehung zwischen Emo- tionsarbeit und Wohlbefinden. Auch Seifert, Mertini und Zapf (1999, zitiert nach Zapf, 2002) berichten von einer Wechselwirkung für aufgabenbezogene Spielräume und Partizipation.

Weiterhin ist die Behindertenarbeit durch besondere Anforderungen an die Handlungszuverlässigkeit der Beschäftigten gekennzeichnet. Einerseits tragen sie persönliche Verantwortung für den Schutz und das Wohlergehen der einzelnen Kli- enten, andererseits müssen sie aber auch den reibungslosen Betrieb der Einrichtung gewährleisten (Metzler, 1988). Dabei ist das richtige und schnelle Erkennen von Gefährdungen für die Klienten eine zentrale Aufgabe. Dies zeigt sich etwa in der Aufsichtspflicht zur Vermeidung von Unfällen und Auseinandersetzungen, aber auch in der Beachtung von gesundheitlichen Risiken verschiedener Klienten (z. B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Medikation, etc.).

In Bezug auf die Verfügbarkeit von Spielräumen ist das Tätigkeitsfeld der Behindertenarbeit ebenfalls von besonderem Interesse. Die Arbeit hat einerseits einen klar definierten rechtlichen Rahmen, der allgemeine Ziele festlegt (etwa durch den Hilfebedarf einzelner Klienten, Tagessätze, Finanzierungsrichtlinien, Dokumen- tationspflichten, etc.). Ebenfalls sind grundlegende Arbeitsschritte wie z. B. Pflege- tätigkeiten festgelegt. Dennoch können und müssen sehr viele Detailfragen von den Mitarbeitern selbst entschieden werden. Die konkrete Ausgestaltung sämtlicher Vor- gaben liegt vollständig in der Hand des Einrichtungspersonals. Sie wird beeinflusst durch die Wahrnehmungen und Interpretationen der Arbeitssituation sowie durch Erfahrung und professionellem Selbstverständnis der Beschäftigten (Metzler, 1988).

Zusammenfassend zeichnet sich der Bereich der Behindertenarbeit nicht nur durch eher allgemeine Anforderungen - etwa schwierige Ausführungsbedingungen aus, sondern auch durch spezielle Anforderungen wie etwa emotionale Regulati- on. Zudem ist die Risikobehaftetheit des Tätigkeitsfeldes besonders zu beachten. Trotzdem bietet dieser Arbeitsbereich Möglichkeiten für Spielräume bei der Ar- beitserledigung. Aufgrund dieser Kombination aus spezifischen Anforderungen und möglichen Spielräumen erscheint das Tätigkeitsfeld der Behindertenarbeit für die Untersuchung möglicher Wechselwirkungen zwischen Anforderungen der Arbeitssi- tuation und Konstrukten zu Spielräumen in Bezug auf das Beanspruchungsniveau der Beschäftigten besonders geeignet zu sein.

Im Folgenden werden für das Gebiet der Arbeitsanalyse in der Behinderten- arbeit die relevanten Bezeichnungen definiert. Dabei bietet sich an, die Begriffe An- forderung, Belastung, Beanspruchung und Beanspruchungsfolgen im Rahmen der Beschreibung zugrunde liegender Erklärungsmodelle der Wirkung von Arbeit zu erläutern und voneinander abzugrenzen.

2.2 Begriffsbestimmungen und Erklärungsmodelle zur Beschreibung der Wirkung von Arbeit

In der arbeitspsychologischen Fachliteratur existieren verschiedene Erklärungsmodelle, die den Zusammenhang von ursächlichen und auswirkungsbezogenen Variablen in der Arbeitssituation zu beschreiben versuchen. In vielerlei Hinsicht verkörpern diese Ansätze die unterschiedlichen Auffassungen verschiedener Forschergruppen und Schulen. Dennoch versuchen alle Konzepte die Wirkung von Arbeit im und auf den Menschen grundlegend zu beschreiben. Dabei steht die empirische Untersuchung von Merkmalen der Arbeitssituation im Mittelpunkt, die für eine gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeitsbedingungen unter dem Blickwinkel der Verhältnisprävention Relevanz besitzen (Oesterreich, 1999).

Im deutschen und europäischen Raum hat das Belastungs-Beanspruchungs- Konzept (Rohmert, 1984) zunächst große Resonanz gefunden. Dies äußert sich unter anderem darin, dass viele Arbeitsanalyseverfahren darauf Bezug nehmen. Es soll im Folgenden näher vorgestellt werden.

2.2.1 Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept

Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept unterscheidet zwischen den „äußer- lich beobachtbaren Belastungen der Arbeit und deren Wirkungen für den bzw. im ar- beitenden Menschen, welche als Beanspruchungen bezeichnet werden“ (Oesterreich, 1999, S. 172). Diese Begrifflichkeiten und deren genaue Definitionen fanden Eingang in die internationale Norm 10075-11 (Deutsches Institut für Normung, 2000), die unter der Bezeichnung „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbe- lastung“ veröffentlicht und die Grundlage des europäischen Arbeitsrechts ist. Diese Norm beschreibt die Begriffe „Psychische Belastung“, „Psychische Beanspruchung“ und „Folgen psychischer Beanspruchung“ folgendermaßen: Psychische Belastung ist „[d]ie Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zu- kommen und psychisch auf ihn einwirken“. Unter psychischer Beanspruchung ver- steht die Norm „[d]ie unmittelbare (nicht langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen einschließlich der individuellen Bewältigungsstra- tegien“. Die Beziehung zwischen Belastung und Beanspruchung wird dabei nicht als ein einfaches Reiz-Reaktionsmuster verstanden. Sie wird durch Vermittlungs- und Rückkopplungsprozesse beeinflusst (Ulich, 2005). Als Folgen psychischer Beanspru- chung sind drei Bereiche genannt. Einerseits werden „Anregungseffekte“ wie z. B. Aktivierung als mögliche Folgen psychischer Beanspruchung beschrieben, anderer- seits aber auch „beeinträchtigende Effekte“, z. B. psychische Ermüdung und „andere Auswirkungen“ wie etwa Übungseffekte angeführt. Das Belastungs-Beanspruchungs- Konzept ist in Abbildung 1 veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept von Rohmert (1984), eigene Darstellung

Trotz seiner weiten Verbreitung wurde dieses Konzept in vielfacher Hinsicht und von verschiedenen Autoren kritisiert. Zunächst stellt es den Zusammenhang zwischen Merkmalen der Arbeitssituation und damit verbundenen Auswirkungen im und für den Menschen sehr vereinfacht dar. Besonders die Rolle des Beschäftig- ten in der unidirektionalen Beziehung zwischen Belastungen und Beanspruchungen als ein Subjekt, das auf ihn einwirkende Belastungen passiv erleidet, steht im Mit- telpunkt der Kritik. Wechselwirkungen zwischen Belastungen und der Person im Sinne einer aktiven Auseinandersetzung mit den Belastungen sind nicht berücksich- tigt (Hacker, 1991). Zudem wird bemängelt, dass das Belastungs-Beanspruchungs- Konzept besonders auf die negativen Wirkungen der Arbeit fokussiert ist und die möglichen positiven Folgen von Belastung, wie etwa Lerneffekte, nur am Rande er- wähnt (Hacker, 1991). Diese Einschätzung liegt wohl zum Teil auch darin begründet, dass der Ausdruck „Belastung“ im allgemeinen Sprachgebrauch negativ besetzt ist (Frieling & Sonntag, 1999). Im Belastungs-Beanspruchungsmodell besitzt er jedoch zunächst neutrale Bedeutung (Oesterreich, 1999). Belastungen können zu hoch, op- timal oder zu niedrig ausgeprägt sein. Zu geringe sowie zu hohe Belastung kann zu negativer Beanspruchung im Sinne von Unter- sowie Überforderung führen. Hacker und Richter (1980) schlagen daher vor, negative Beanspruchungen als Fehlbeanspru- chungen zu bezeichnen. Weiterhin ist kritisch anzumerken, dass Arbeitsmerkmale (wie z. B. Spielräume), welche Belastungen im Sinne von spezifischen Ressourcen moderieren könnten, in der Beziehung zwischen Belastungen und Beanspruchungen nicht berücksichtigt sind (Oesterreich, 1999).

Ein anderes Erklärungsmodell, das die Wirkung von Arbeit auf den Menschen beschreibt, ist das Auftrags-Auseinandersetzungs-Konzept von (Hacker, 1991). Dieser Ansatz versucht, die Schwachstellen des Belastungs-Beanspruchungs-Konzepts zu umgehen. Es wird im Folgenden näher dargestellt.

2.2.2 Das Auftrags-Auseinandersetzungs-Konzept

Das Auftrags-Auseinandersetzungs-Konzept (Hacker, 1991) unterscheidet sich in der Erklärung der Wirkung von Arbeit stark vom Belastungs-Beanspruchungs- Konzept. Hier wird dem Menschen in der Arbeitssituation eine aktive Rolle zugespro- chen, die sich in der Regulation einer aktiven, zielgerichteten Auseinandersetzung mit Arbeitsaufträgen äußert. „Beanspruchungsfolgen entstehen aus den Beziehungen zwischen den Anforderungen des Auftrags mit seinen Ausführungsbedingungen und den Leistungsvoraussetzungen des Arbeitenden sowie zwischen dem Auftrag und den Zielen des Arbeitenden“ (Hacker, 1991, S. 50). Dieser Ansatz betont besonders den Stellenwert subjektiver Bewertungen (emotionaler sowie kognitiver) für die Entste- hung von Beanspruchungen und Beanspruchungsfolgen (Metz & Rothe, 1998). Der Begriff Belastung (entsprechend dem Belastungs-Beanspruchungs-Konzept) ist in diesem Konzept nicht besetzt. Stattdessen wird von „psychischen Tätigkeitsanfor- derungen“ gesprochen. Demnach beschreibt die Unvollständigkeit von Tätigkeitsan- forderungen hier den Sachverhalt, der im Belastungs-Beanspruchungs-Konzept als negative Belastung bezeichnet ist. Im Sinne Hackers bezieht sich die Vollständigkeit von Tätigkeiten auf zwei Aspekte: Einerseits beinhaltet sie zyklische Vollständigkeit. Damit ist gemeint, dass neben ausführenden auch vorbereitende sowie organisieren- de und das Ergebnis kontrollierende Aufgaben eingeschlossen sind. Andererseits ist ebenfalls hierarchische Vollständigkeit von Tätigkeiten gefordert. Dies bezieht sich darauf, dass verschiedene Ebenen der psychischen Regulation, einschließlich der in- tellektuellen Regulationsebene abwechselnd angesprochen werden (Hacker, 1991). Aufgrund dieses Postulats der Vollständigkeit von Tätigkeiten wird das Auftrags- Auseinandersetzungs-Konzept auch als Konzept „Vollständige Tätigkeit“ bezeich- net. Die Anforderungen einer Tätigkeit an den Beschäftigten sind einerseits durch den Arbeitsauftrag selbst, andererseits aber auch durch die bei der Erfüllung vor- herrschenden sämtlichen Arbeitsbedingungen bestimmt. „Anforderungen einer Tä- tigkeit an den Menschen sind die Gesamtheit der für das forderungsgerechte Aus- führen benötigten körperlichen und geistigen Leistungsvoraussetzungen“ (Hacker, 1991, S. 74). Beanspruchung als auswirkungsbezogene Größe wird im Auftrags- Auseinandersetzungs-Konzept als „Ausdruck der individuell realisierten Anforde- rungen“ (Hacker, 1991, S. 74) verstanden.

Die bis hierher geschilderten Erklärungsmodelle zur Beschreibung der Wirkung von Arbeit auf den Menschen gehen nicht speziell auf Konstrukte zu Spielräumen, geschweige denn auf mögliche Wechselbeziehungen ein. Daher werden im nächsten Abschnitt derartige Konstrukte zu Spielräumen und dazugehörige Erkenntnisse vorgestellt. Anschließend werden Konzepte präsentiert, die die Rolle von Spielräumen in Bezug auf die Wirkung von Arbeit darstellen.

2.3 Definitionen und grundlegende Befunde zu Spielräumen

Spielräume werden nicht allein in der Arbeits- und Organisationspsychologie untersucht. Auch in vielen anderen Bereichen, etwa in der Allgemeinen Psychologie, wurden Erkenntnisse gewonnen, die auch für den arbeitspsychologischen Kontext Bedeutung haben. Besonders in der Sozial- und Lernpsychologie sind Konzepte ent- standen, die unter dem Ausdruck „Kontrolltheorien“ zusammengefasst werden kön- nen. Beispiele hierfür sind etwa die Theorien zur „Kontrollüberzeugung“ (Rotter, 1966), zu „Erlernter Hilflosigkeit“ (Seligman, 1975), oder zur „Selbstwirksamkeit“ (Bandura, 1977). All diesen Überlegungen ist gemeinsam, dass Kontrolle als ein Phänomen verstanden wird, welches sowohl durch äußerliche als auch durch dispo- sitionelle Faktoren bestimmt ist (Ganster & Fusilier, 1989). Auch wenn bei diesen Ansätzen der situative Kontext mit berücksichtigt wird, stehen die personellen Dis- positionen im Vordergrund.

Aus der Motivationspsychologie stammt die Annahme, dass Menschen ein in- trinsisches Grundbedürfnis nach Kontrolle besitzen (de Charms, 1968, zitiert nach Ganster & Fusilier, 1989). Darüber hinaus zeigen weitere Befunde, dass die bloße Möglichkeit, zwischen verschiedenen Alternativen eine Wahl treffen zu können, das Selbstwertgefühl steigert (White, 1959, zitiert nach Ganster & Fusilier, 1989) sowie stressfolgen-reduzierend wirkt. Diese Annahmen ließen sich durch Experimente be- stätigen, bei denen Probanden stressgenerierenden Bedingungen ausgesetzt waren. Glass, Reim und Singer (1971) fanden zum Beispiel, dass Personen unter Lärmexpo- sition und ohne die Möglichkeit diesen Reiz zu beeinflussen, stärkere physiologische Stressreaktionen (operationalisiert über den Hautleitwert) zeigten als Probanden, die dem gleichen Lärm ausgesetzt waren, jedoch Möglichkeiten zur Verfügung hat- ten, diesen zu reduzieren (ohne diese tatsächlich zu nutzen). Auch in Bezug auf andere Stressoren und andere abhängige Variablen konnte der stressreaktions-redu- zierende Effekt von Kontrollmöglichkeiten belegt werden. Obwohl manche Autoren die Generalisierbarkeit dieser Befunde infrage stellten (z. B.Rodin, Rennert & Solo- mon, 1980) und die Aufmerksamkeit auf die Suche nach Bedingungen richteten, in denen Kontrolle auch negative Effekte haben könnte, hat sich in der psychologischen Forschung die Auffassung durchgesetzt, dass Kontrolle (im Sinne von möglicher Ein- flussnahme) im Allgemeinen mit positiven Konsequenzen verbunden ist (Ganster & Fusilier, 1989). Diese hier geschilderten Befunde stellen die Grundlage für spezifische- re Definitionen und Ergebnisse aus dem arbeits- und organisationspsychologischen Bereich dar.

In der arbeits- und organisationspsychologischen Fachliteratur sind eine Rei- he von unterschiedlichen Bezeichnungen zur Beschreibung von Spielräumen in der Arbeitssituation gebräuchlich. Daher sollen die wesentlichen Konstrukte aufgeführt und voneinander abgegrenzt werden. Im Anschluss daran wird die Auffassung von Spielräumen in der Arbeitssituation dargestellt, von der in der vorliegenden Arbeit ausgegangen wird.

Die bei den bisher vorgestellten Ansätzen starke Ausrichtung auf spezielle Ei- genschaften von Menschen ist bei Konstrukten zu Spielräumen aus dem Bereich der Arbeits- und Organisationsforschung nur selten zu finden. Zwar bedeutet dies nicht, dass solche individuellen Merkmale in diesem Kontext keine Relevanz hätten. Da jedoch die auf diesem Gebiet üblichen Untersuchungen im Feld die Kooperation von Betrieben benötigen, sind Datenerhebungen zu Eigenschaften von Beschäftigten re- lativ schwierig umzusetzen. Selten geben Arbeitnehmervertretende ihre Einwilligung zu solchen Vorhaben, da die Befürchtung besteht, die Ergebnisse könnten auf der Ar- beitgeberseite zur Selektion von Mitarbeitenden missbraucht werden. Das Resultat ist, dass in der Arbeits- und Organisationspsychologie hauptsächlich situationsbezogene Konstrukte zu Spielräumen untersucht wurden.

Nach Hacker (2005) besitzen Arbeitstätigkeiten die Charakteristik, dass das geforderte Arbeitsergebnis auf verschiedene Art, d. h. mit unterschiedlichen Tätig- keitsstrukturen erreicht werden kann. Diese Möglichkeiten zum unterschiedlichen auftragsbezogenen Handeln bezeichnet er mit dem Begriff der „Freiheitsgrade“. Die Summe dieser vorhandenen Freiheitsgrade umfasst den Tätigkeitsspielraum der je- weiligen Arbeitssituation. Dabei sind Möglichkeiten zum selbstständigen Entschei- den eingeschlossen.

Ulich (2005) versteht unter Tätigkeitsspielraum ein mehrdimensionales Kon- strukt, welches sich aus dem Handlungs-, dem Gestaltungs- und dem Entschei- dungsspielraum zusammensetzt. Dabei beschreibt er das Konzept des Handlungs- spielraums analog zu Hacker als „«die Summe der Freiheitsgrade», d. h. der Mög- lichkeiten zum unterschiedlichen aufgabenbezogenen Handeln «in bezug auf Ver- fahrenswahl, Mitteleinsatz und zeitliche Organisation von Aufgabenbestandteilen»“ (Hacker, 1978, S. 72, zitiert nach Ulich, 2005, S. 183). Der Gestaltungsspielraum umfasst die „Möglichkeit zur selbständigen Gestaltung von Vorgehensweisen nach eigenen Zielsetzungen“ (Ulich, 2005, S. 183). Unter Entscheidungsspielraum versteht dieser Autor schließlich „das Ausmaß der Entscheidungskompetenz einer Person oder einer Gruppe von Personen zur Festlegung bzw. zur Abgrenzung von Tätigkeiten oder Aufgaben“ (ebenda).

Die Definition Ulichs, die als Oberbegriff für Spielräume in der Arbeitssitua- tion die Bezeichnung Tätigkeitsspielraum wählt, hat sich in den letzten Jahren in der deutschsprachigen Forschungsliteratur immer stärker durchgesetzt. Andere Au- toren, die anfänglich verschiedene Bezeichnungen verwendeten, benutzen in neueren Arbeiten seine Definition oder verweisen zumindest darauf, wie die verwendeten Be- grifflichkeiten in dieses Bezeichnungssystem einzuordnen sind. Beispiele für solche

Konstrukte, die der oben angeführten Definition von Tätigkeitsspielraum inhalt- lich annähernd entsprechen, sind die Bezeichnungen Kontrolle (z. B.Frese, 1989; Semmer, 1990; Frese & Semmer, 1991) sowie Autonomie (z. B.Ulich, 1998; Grote, 1997). Jedoch bietet das Konzept Ulichs zur Beschreibung von Spielräumen am Arbeitsplatz mit der Einteilung des übergeordneten Tätigkeitsspielraums in die Be- standteile Handlungs-, Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum keine theoretische Begründung. Vielmehr stellt es den Versuch dar, eine Möglichkeit zur Beschreibung von Spielräumen am Arbeitsplatz bereitzustellen, welche mit den Regulationsebe- nen der Tätigkeitstheorie von Leontjew (1982) im Einklang steht. „Sieht man von der Bezugnahme auf die Tätigkeitstheorie von Leontjew ab, so liegt bislang keine theoretische Begründung des Tätigkeitsspielraums im engeren Sinne vor“ (Büssing & Glaser, 1991, S. 124).

Dieser Bezug zu tätigkeitstheoretischen Ansätzen fehlt hingegen in der eng- lischsprachigen Fachliteratur. Hier sind die Konstrukte „Job Decision Latitude“, „Job Control“ sowie „Job Autonomy“ gebräuchlich, die häufig synonyme Verwen- dung finden. Beispielsweise gibt Karasek (1979, S. 289) folgende Definition: „Job decision latitude is defined as the working individual’s potential control over his tasks and his conduct during the working day“. Theoretisch begründet werden diese Konstrukte mit den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen grundlegenden Kontrolltheorien.

2.4 Entscheidungsspielraum als Ausgangspunkt selbstgesteuerten Handelns

Auch wenn die Vielfalt an Konstrukten zu Spielräumen unübersichtlich erscheint, kann zusammenfassend festgestellt werden, dass Spielräume in der Arbeitssituation im Allgemeinen eine positive Bewertung finden.

Handlungs- bzw. Tätigkeitsspielraum, Freiheitsgrade, Kontrolle, Autono- mie, Job decision latitude - so vielfältig die Terminologie und so nuan- cenreich die Konzepte auch sind: In der einschlägigen Literatur herrscht grosse [sic] Einmütigkeit, dass die Möglichkeit, Einfluss auf seine Angele- genheiten zu nehmen, über möglichst viele Aspekte seines Lebens - und somit auch seiner Arbeit - selbst zu entscheiden, oder zumindest mit zu entscheiden, zu den Kriterien einer menschenwürdigen Lebensführung im Allgemeinen wie einer persönlichkeitsförderlichen Arbeitsgestaltung im Besonderen zu zählen ist. (Semmer, 1990, S. 190)

Auch wenn es naheliegend erscheint, dass die unterschiedlichen Bezeichnun- gen zu Spielräumen im Kern alle denselben Sachverhalt beschreiben, ergeben sich aus diesen Uneinheitlichkeiten spezifische Probleme. Mit der Vielfältigkeit an Kon- strukten zur Beschreibung von Spielräumen sind auch unterschiedliche Operatio- nalisierungen in den verschiedenen Untersuchungen verbunden. Dies erschwert die Vergleichbarkeit von Ergebnissen. Einerseits sind in der Forschungsliteratur bei ver- schiedenen Autoren für identisch operationalisierte Konstrukte unterschiedliche Be- zeichnungen in synonymem Gebrauch. Andererseits sind auch für gleich benannte Konstrukte in verschiedenen Arbeiten unterschiedliche Operationalisierungen üblich. Daher ist für die Interpretation des aktuellen Erkenntnisstandes zu Spielräumen in der Arbeits- und Organisationspsychologie, der im folgenden Abschnitt dargestellt wird, nicht primär die Benennung der Konstrukte von Bedeutung. Relevant ist deren konkrete Operationalisierung. Trotz der Vielfalt an Konstrukten zu Spielräumen und ihren unterschiedlichen Umsetzungen bleibt festzuhalten, dass jeweils große Über- schneidungen existieren.

In der vorliegende Arbeit soll das Konstrukt Entscheidungsspielraum betrach- tet werden. Im Sinne Hackers ist die Möglichkeit zum selbstständigen Denken, Pla- nen und Handeln wesentlicher Bestandteil vollständiger Aufgaben. „Freiheitsgrade als Möglichkeiten zu unterschiedlichem auftragsbezogenem Handeln schließen Mög- lichkeiten zu selbständigen Entscheidungen ein. Diese sind eine unerlässliche Vo- raussetzung zur Entwicklung selbständiger Zielsetzungen oder Vornahmen als dem ausschlaggebenden Sachverhalt für Leistung, Erleben und Befinden“ (Hacker, 2005, S. 130). Im handlungsregulatorischen Sinn steht also das Setzen von Zielen und Tref- fen von Entscheidungen sequenziell am Beginn einer Handlung sowie hierarchisch über der Handlungsausführung. In diesem Ansatz ist unter Entscheidungsspielraum also die wesentliche Grundvoraussetzung zur selbstständigen Handlungsregulation und damit für den Tätigkeitsspielraum zu verstehen. Dem Entscheidungsspielraum kommt daher eine bedeutendere Rolle zu als bei Ulich (vgl. Abschnitt 2.3), der ihn nur als Komponente des Tätigkeitsspielraums beschreibt. Aufgrund dieser hohen Bedeutung des Entscheidungsspielraums soll dieses Konstrukt im Mittelpunkt der folgenden Betrachtung von Spielräumen in der Arbeitssituation stehen.

2.5 Die Rolle von Spielräumen in Bezug auf die Wirkung von Arbeit

In Abschnitt 2.2 wurden theoretische Überlegungen zur Wirkung von Arbeit im und auf den Menschen dargestellt. Spezifische Aussagen, welche Rolle Entschei- dungsspielraum oder allgemein Konzepte zu Spielräumen dabei haben, wurden an dieser Stelle noch nicht getroffen. Daher soll nun eine Übersicht über die bestehende Literatur, welche die Erkenntnisse zu Spielräumen beschreibt, gegeben werden. Be- sonderes Augenmerk erhalten dabei Befunde zu Entscheidungsspielraum in der Be- ziehung zwischen Arbeitsanforderungen und Beanspruchungsfolgen. Zunächst wird das Zwei-Faktoren-Modell von Karasek (1979) vorgestellt. Anschließend folgt eine Darstellung des Vitamin-Modells (Warr, 1990) sowie des Salutogenese-Konzepts.

2.5.1 Das „Job Demand/Job Decision Latitude“-Modell

Die Forschergruppe um Karasek entwickelte ein Erklärungsmodell, welches den Zusammenhang zwischen Anforderungen, Tätigkeits-/Entscheidungsspielraum und gesundheitlichen Folgen der Arbeit beschreibt. Das „Job Demand/Job Decisi- on Latitude“-Modell, oft auch nur Karasek-Modell genannt, stellt zwei Merkmale der Arbeitssituation als die relevanten Größen in Bezug auf das Beanspruchungs- niveau der Arbeitenden und die daraus resultierenden Folgen heraus. Die erste Di- mension, die Karasek in der Originalquelle mit „Job Demands“ benennt, beschreibt (potenziell) stressgenerierende Anforderungen der Arbeitssituation. Konkret unter- sucht der Autor bestimmte Merkmale der Arbeit wie etwa Zeitdruck, Arbeitsmenge, etc. (Karasek, 1979). Der Begriff Anforderung in der Auffassung Hackers, wie er in Abschnitt 2.2.2 vorgestellt wurde, ist hierfür als Übersetzung eher ungeeignet. Um Unklarheiten zu vermeiden, die durch das andersartige Verständnis des Begriffs An- forderungen entstehen könnten, sollte in Zusammenhang mit dem Karasek-Modell eher von Fehlbelastungen gesprochen werden, wenn „Job Demands“ beschrieben werden sollen. Die zweite Dimension des Modells wird als „Job Control“ bezeichnet, wobei der Autor den Begriff „Job Decision Latitude“ hierfür synonym verwendet. Die abhängige Größe „Job Strain“ beschreibt das Beanspruchungsniveau der Person. In der genannten Studie Karaseks (1979) wurden Selbstberichte zu psychischen und physischen Beschwerden als Maß für die Folgen dieser Beanspruchungen gewählt. Abbildung 2 gibt das Zwei-Faktoren-Konzept im Original wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2

Das Zwei-Faktoren-Modell nach Karasek (entnommen aus Karasek, 1979)

Dieser Ansatz beinhaltet zwei Grundannahmen: Zunächst können für die Fak- toren „Job Demands“ und „Job Decision Latitude“ Haupteffekte postuliert werden. Hohe Fehlbelastungen werden in Verbindung mit erhöhtem Beanspruchungsniveau gebracht. Ebenso wird angenommen, dass niedriger Entscheidungsspielraum eben- falls zu negativen Effekten auf das Beanspruchungserleben der Beschäftigten führt (Karasek, 1979). Diese beiden beschriebenen Haupteffekte ließen sich häufig replizie- ren. So fanden etwa Perrewe und Ganster (1989) in einem experimentellen Setting, dass wahrgenommene hohe Spielräume in der Arbeitssituation mit höherer Arbeits- zufriedenheit, niedriger Ängstlichkeit und niedriger physiologischer Erregung einher- gehen. Für hohe Fehlbelastungen wie etwa Zeitdruck oder hohe Arbeitsmenge ergab sich hypothesenkonform das gegenteilige Bild.

Die zweite postulierte Annahme des Zwei-Faktoren-Modells ist die Wechselwir- kung seiner beiden Dimensionen. Sie besagt, dass hohe Intensität von Fehlbelastun- gen bei gleichzeitig erhöhten Entscheidungsspielräumen mit signifikant geringerem Beanspruchungserleben einhergeht als die gleiche Fehlbelastungsintensität bei ein- geschränkten Spielräumen (Karasek, 1979). Nach den Modellannahmen ist also die Kombination hoher Fehlbelastungen mit eingeschränkten Spielräumen der ungüns- tigste Kontext für das Beanspruchungsniveau der Beschäftigten („high strain-Job“). Besonders im Zusammenhang mit kardiovaskulären Erkrankungen fanden Karasek und Theorell (1990) sowohl bei querschnittlichen als auch bei längsschnittlichen Un- tersuchungen Belege für die Annahme einer derartigen Interaktion zwischen Spiel- räumen und Fehlbelastungen.

Der zunächst für seine Einfachheit sehr gelobte Ansatz des Karasek-Modells wurde in den folgenden Jahren von verschiedenen Forschergruppen auf seine Ge- neralisierbarkeit hin untersucht und dabei zunehmend infrage gestellt. Viele Un- tersuchungen bestätigten lediglich die im Modell vorhergesagten Haupteffekte der einzelnen Dimensionen, nicht jedoch die vermutete Wechselwirkung. So fanden z. B. Perrewe und Ganster (1989) in der bereits erwähnten experimentellen Studie keine Interaktion zwischen Fehlbelastungen wie Zeitdruck und erweiterten Spielräumen in Bezug auf die abhängigen Größen Arbeitszufriedenheit, Ängstlichkeit und phy- siologische Erregung. Fletcher und Jones (1993) versuchten, das „Job Demand/Job Decision Latitude“-Modell anhand einer großen heterogenen Stichprobe mit den ab- hängigen Variablen Ängstlichkeit, Depression, Arbeitszufriedenheit und Lebenszu- friedenheit zu replizieren. Auch diese Autoren sahen einen modellgemäßen Interak- tionseffekt zwischen Fehlbelastungen und Entscheidungsspielraum nicht bestätigt. Weitere Studien, die ebenfalls keine Belege für die Wechselwirkung liefern konn- ten, sind etwa die von Kushnir und Melamed (1991), Meijman, Lumens, Ulenbelt und Herber (1996) sowie Junghanns, Ullsperger und Ertel (1998). Den bisherigen Bestand der Literatur bezüglich einer vermuteten Interaktion zusammenfassend, kommentiert Taris (2006), dass von 90 bis zu diesem Zeitpunkt zu diesem Thema durchgeführten Untersuchungen lediglich 31 Hinweise für den Wechselwirkungseffekt liefern, jedoch 59 der Arbeiten keinerlei Anhaltspunkte dafür bieten.

Viele Ursachen für die inkonsistente Befundlage bezüglich möglicher Interak- tionseffekte zwischen Fehlbelastungen und Spielräumen im Zwei-Faktoren-Modell sind diskutiert worden. Besonders verschiedene methodische Aspekte im Vorgehen Karaseks stehen in der Kritik. Da viele zum Zwei-Faktoren-Modell durchgeführten Untersuchungen die Skalen zu „Job Demands“ und „Job Decision Latitude“ oh- ne Änderungen übernahmen (z. B. die oben erwähnte Untersuchung vonFletcher & Jones, 1993), gelten die folgenden Kritikpunkte hier ebenfalls. Zum einen bezieht sich die Kritik auf die Konzeptionalisierung und Operationalisierung der jeweiligen Ar- beitsmerkmale. Manche Autoren bemängeln, dass in den verschiedenen Konstrukten mehrere Arbeitsmerkmale konfundiert erfasst werden und daher nicht spezifisch ge- nug sind, um empirische Hinweise auf mögliche Interaktionen mit erweiterten Spiel- räumen aufzudecken (Frese, 1989; Ganster, 1989; de Jonge & Kompier, 1997). Beson- ders die Konzeption der Skala Entscheidungsspielraum wurde dahingehend kritisiert, dass sowohl Aspekte der Komplexität der Arbeit als auch das Fähigkeitsniveau der Person in der Skala mit erfasst werden (de Jonge, Dollard, Dormann, Le Blanc & Houtman, 2000). Die Begründung Karaseks hierfür scheint zunächst plausibel. Nur Beschäftigte, die über ausreichende Fähigkeiten verfügen, komplexe Aufgaben zu bewältigen, können hohen Entscheidungsspielraum zur Verfügung haben (Karasek, 1979). Die in dieser Studie berichteten guten Konsistenz-Koeffizienten der Skala „Job Decision Latitude“ (Cronbach’s Alpha ca. .80) scheinen diese Annahme auf den ersten Blick zu bestätigen. Doch gerade aus der Verknüpfung der Komplexität der Arbeit mit Entscheidungsspielraum ergibt sich ein schwerwiegendes Problem: Die Anforderung der Komplexität der Arbeit kann auch als Fehlbelastung verstan- den werden, wenn sie die Qualifizierung des Beschäftigten übersteigt. In diesem Fall wären Fehlbelastungen und Entscheidungsspielraum konfundiert (de Jonge et al., 2000). Jedoch sollte Komplexität der Arbeit nicht per se als Fehlbelastung inter- pretiert werden. Hohe Komplexität der Arbeit kann sogar positive Effekte auf die Gesundheit der Beschäftigten haben, wenn sie die Qualifizierung der Beschäftigten nicht übersteigt (Frese & Zapf, 1994). Die Benutzung einer solchen Operationalisie- rung von Entscheidungsspielraum kann also je nach den spezifischen Ausprägungen der Größen Komplexität und Qualifikation der Beschäftigten von Stichprobe zu Stichprobe zu völlig verschiedenen Aussagen führen. Demnach empfiehlt sich für die Untersuchung einer möglichen Wechselwirkung zwischen Fehlbelastungen und Entscheidungsspielraum, diese Konstrukte getrennt zu erheben oder per Stichpro- benauswahl zu kontrollieren.

Ein weiterer Kritikpunkt an der Konzeptionalisierung von Entscheidungsspiel- raum bei Karasek und ähnlichen Arbeiten ist, dass dieses Konstrukt inhaltlich nicht näher differenziert, sondern als homogenes Konstrukt verstanden wird. Verschiede- ne qualitative Facetten des Spielraums werden nicht berücksichtigt (de Jonge et al., 2000).

Als Erklärung für die widersprüchliche Befundlage zu möglichen Interakti- onseffekten wird zudem die unterschiedliche mathematische Formulierung der zu überprüfenden Interaktionsterme in verschiedenen Studien genannt (de Jonge & Kompier, 1997). Karasek (1979) verwendet hierfür die Methode des relativen Ex- zesses. Dabei wird der Interaktionsterm als Differenz der beiden Skalenwerte „Job Decision Latitude“ und „Job Demands“ dargestellt (de Jonge & Kompier, 1997; Southwood, 1978). Die anerkanntere Methode zur Überprüfung möglicher Interak- tionen ist die Formulierung multiplikativer Interaktionsterme (Aiken & West, 1991). Obwohl es einige Befunde gibt, die dafür sprechen, dass Interaktionsüberprüfungen mittels relativem Exzess oder multiplikativem Interaktionsterm zu nahezu identi- schen Ergebnissen führen (etwaLandsbergis, Schnall, Warren, Pickering & Schwartz, 1994; Sauter, 1989), erschweren diese unterschiedlichen methodischen Vorgehenswei- sen die Vergleichbarkeit und Interpretation der verschiedenen Befunde.

Ein letzter wichtiger Punkt, der bei der Untersuchung von Wechselwirkungseffekten zwischen erweiterten Spielräumen und Fehlbelastungen/Stressoren in Bezug auf das Beanspruchungserleben in der Kritik steht, ist die Linearität der Zusammenhänge der genannten Größen. Diese Problematik hatte bereits Karasek (1979) selbst aufgeworfen. Warr und Kollegen (1987, 1990) entwickelten ein entsprechendes Erklärungsmodell, welches die Linearität dieser Faktoren infrage stellt. Im Folgenden soll dieses Konzept näher erläutert werden.

2.5.2 Das Vitamin-Modell

Die Kernannahme des Ansatzes von Warr besteht darin, dass für die Effekte von bestimmten Merkmalen der Arbeitssituation eine Analogie zur Wirkungsweise von Vitaminen im menschlichen Körper angenommen wird. Zwei verschiedene Reaktionsmöglichkeiten sind zu unterscheiden: Während die eine Gruppe bei Steigerung der Dosis einen stetigen Verbesserungseffekt ohne negative Folgen einer Überdosierung aufweist, gilt für die andere Gruppe, dass nur bis zu einem bestimmten Grad eine Erhöhung der Gabe des Vitamins zu einem positiven Effekt führt. Eine Überdosis hat in diesem Fall negative Konsequenzen.

Warr (1990) geht von nonlinearen Zusammenhängen zwischen Arbeitsmerkma- len und Beanspruchungsvariablen, besonders in den extremen Ausprägungsbereichen der jeweiligen Größen, aus. Für Konstrukte zu Spielräumen in der Arbeitssituation bezieht sich der Autor dabei auf Ergebnisse von Burger (1989), die aus der All- gemeinen Psychologie stammen und negative Konsequenzen von wahrgenommenen Spielräumen beschreiben. So könnten erweiterte Spielräume deshalb potentiell ne- gative Effekte auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten haben, weil damit Unsicherheit, die Anforderung, schwierige Entscheidungen treffen zu müssen, und hohe Verantwortung verbunden sind (Warr, 1987). Warr (1987, 1990) postulierte für neun Arbeitsmerkmale spezifische Zusammenhänge für die psychische Gesund- heit. Bei den sechs Merkmalen „Job Autonomy“, „Job Demands“, „Social Support“, „Skill Utilization“, „Skill Variety“, und „Task Feedback“ geht er von u-förmigen Be- ziehungen zu den Beanspruchungsfolgen aus. Bei den drei Arbeitscharakteristiken „Salary“, „Safety“ und „Task Significance“ hingegen von linearen Zusammenhän- gen. In verschiedenen empirischen Untersuchungen wurde versucht, diese möglichen Beziehungen zu überprüfen.

Bei der Analyse einer großen, in Bezug auf die untersuchten Berufsgruppen heterogenen Stichprobe von selbstberichteten Daten fand Warr (1990), dass die Va- riablen „Job Demands“ sowie „Decision Latitude“ bei Annahme eines kurvilinea- ren Zusammenhangs signifikant mehr Varianz der abhängigen Variable „Emotional Well-being“ aufklären, als wenn von linearen Beziehungen ausgegangen wurde. Die genannten unabhängigen Variablen wurden in dieser Studie mithilfe der Karasek- Skalen erhoben, sodass die bereits unter Punkt 2.5.1 erwähnten Einschränkungen und Kritikpunkte auch hier gelten. Weiterhin untersuchte der Autor ebenfalls mög- liche Wechselwirkungseffekte für die nicht-linearen unabhängigen Größen in Bezug zur abhängigen Variablen „Emotional Well-being“, fand jedoch keine Hinweise dafür. Nur additive Effekte konnten nachgewiesen werden.

De Jonge und Schaufeli (1998) analysierten bei Krankenhauspersonal mithilfe von Strukturgleichungsmodellen die Aussagen des Vitamin-Modells für die unabhän- gigen Variablen „Job Demands“, „Job Autonomy“ und „Workplace Social Support“ in ihren Zusammenhängen mit den abhängigen Variablen „Job Satisfaction“, „Job- related Anxiety“ und „Emotional Exhaustion“. Die Ergebnisse liefern zumindest teilweise eine Unterstützung für die Annahme nicht-linearer Zusammenhänge. Bis auf die Beziehung zwischen „Job Autonomy“ und „Emotional Exhaustion“ zeig- te sich, dass kurvilineare Modelle eine bessere Passung aufweisen als geradlinige Vorhersagen. Ein weiteres Ergebnis dieser Arbeit ist die Erkenntnis, dass für die verschiedenen Arbeitsmerkmale scheinbar spezifische Verbindungen zu den unter- schiedlichen Wohlbefindensvariablen bestehen (de Jonge & Schaufeli, 1998).

Zudem untersuchten de Jonge und Schaufeli (1999) bei einer weiteren Stichpro- be von Krankenhausbeschäftigten mit den Arbeitsmerkmalen „Job Demands“, „Job Autonomy“ und „Workplace Social Support“ in ihren Beziehungen zu „Job Satisfac- tion“ und den Burnout-Dimensionen „Emotional Exhaustion“, „Depersonalization“ und „Reduced Personal Accomplishment“. Die Ergebnisse des Vergleichs der linearen mit den kurvilinearen Regressionsmodellen zur Vorhersage der genannten abhängi- gen Variablen durch die Arbeitsmerkmale zeigten, dass nur für die Burnout-Skala „Depersonalization“ das kurvilineare Modell weniger Varianz erklärte als das Modell der geradlinigen Annahme. Im Gegensatz zur vorangegangenen Untersuchung dieser Autoren wurde hier ein u-förmiger Zusammenhang zwischen „Job Autonomy“ und „Emotional Exhaustion“ festgestellt.

Ebenfalls uneindeutig sind andere Befunde zur Nicht-Linearität der Bezie- hung zwischen Arbeitsmerkmalen und Beanspruchungsvariablen. Fletcher und Jones (1993) fanden im Allgemeinen keine Belege für die kurvilineare Annahme zwischen den Variablen „Job Demands“ und „Job Discretion“ in Bezug auf die abhängigen Größen „Anxiety“, „Depression“, „Job Satisfaction“ und „Life Satisfaction“. Als eine Erklärung hierfür nehmen die Autoren an, dass u-förmige Zusammenhänge nur bei arbeitsbezogenen Beanspruchungsvariablen zu finden sind. Zudem scheint auch die Aussage Warrs (1990) damit bestätigt zu werden, dass kurvilineare Zusammenhänge nur für extreme Ausprägungen der Arbeitsmerkmale wahrscheinlich sind.

2.5.3 Der Salutogenese-Ansatz

Ein weiterer Ansatz, der die Rolle von Spielräumen in der Beziehung zwi- schen Merkmalen der Arbeitssituation und Beanspruchungsfolgen beschreibt, ist das Salutogenese-Konzept. Diese Forschungsrichtung entwickelte sich aufbauend auf der klassischen „Belastungsforschung“. Der Begriff „Salutogenese“ wurde von Antonov- sky (1979) geprägt und versucht, zusätzlich zur Identifizierung fehlbeanspruchender Arbeitsumstände Bedingungen für die Gesundheitserhaltung zu beschreiben. Bei der Salutogenese-Forschung steht die Identifizierung von Faktoren im Mittelpunkt, die dazu beitragen, dass Menschen trotz Fehlbelastungen gesund bleiben bzw. ih- re Gesundheit wiederherstellen können (Udris, Rimann & Thalmann, 1994). Die- se Einflussgrößen werden aufgrund ihrer positiven Effekte auf Beanspruchungserle- ben auch als salutogenetische Ressourcen bezeichnet, weshalb sich auch der Begriff „Ressourcen-Forschung“ zur Beschreibung dieses Ansatzes etabliert hat.

Während der Fokus der traditionellen Belastungsforschung besonders auf si- tuativen Merkmalen der Arbeit liegt, werden im Ressourcen-Konzept neben der Organisation auch das soziale Umfeld der Person sowie Merkmale der Person selbst als Quelle solcher Schutzfaktoren betrachtet. Damit entspricht die Grundidee dieses Konzepts der veränderten, erweiterten Auffassung von Gesundheit, nach der Gesund- heit nicht nur als die bloße Abwesenheit von Krankheit, sondern als Gleichgewicht zu verstehen ist, welches ständig durch krankmachende sowie durch gesundheitser- haltende Faktoren beeinflusst wird.

Erweiterte Spielräume als organisationale Ressource

Unter organisationalen Ressourcen werden in der Salutogenese-Literatur sämt- liche Bedingungen der Arbeitssituation verstanden, die es den Beschäftigten erleich- tern, Fehlbelastungen bei der Arbeit zu vermeiden oder zu bewältigen. Neben den Tätigkeitsbedingungen sind dies auch die betrieblichen Gegebenheiten und dort ver- fügbare Hilfsmittel (Udris, 2006). Konkreter betrachtet zählen dazu die Ganzheit- lichkeit der Aufgaben, die Aufgabenvielfalt, Lern-, Entwicklungs-, Partizipations- sowie Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten. Aber auch erweiterte Spiel- räume werden als eine Ressource aus dem Bereich der Organisation verstanden. Nach Udris et al. (1994) gelten derartige organisationale Ressourcen als die entscheidenden Moderatoren bei der Belastungsbewältigung.

Leider finden sich in der Salutogenese-Literatur wenig Arbeiten, die die hier postulierte Moderationshypothese bezüglich organisationaler Ressourcen im Allgemeinen sowie bezüglich Konstrukten zu Spielräumen im Speziellen empirisch überprüfen. Inwieweit die in der salutogenetischen Forschung vorausgesetzten Annahmen für moderierende Effekte von erweiterten Spielräumen auch im Sinne der Interaktionshypothese des „Job Demand/Decision Latitude“-Modells zu verstehen sind, scheint in der Literatur nicht behandelt zu werden.

3 Fragestellung und Hypothesen

3.1 Ableitung der Fragestellung

Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, zu untersuchen, ob Entscheidungsspielraum den Zusammenhang zwischen Anforderungen der Arbeitssituation und negativen Beanspruchungsfolgen moderiert. Kann eine Wechselbeziehung gefunden werden, sollen zudem deren Richtung und Ausmaß betrachtet werden. In der vorangegangenen Darstellung der Forschungsliteratur wurde auf die widersprüchliche Befundlage in diesem Zusammenhang eingegangen. Auch die Vielfalt der existierenden Spielraum-Konstrukte wurde beschrieben.

Für die praktische Bedeutung von Spielräumen in der Arbeitssituation ist die Problematik verschiedener Begrifflichkeiten und theoretisch begründeter Oberbegrif- fe offenbar kaum relevant. Vielmehr interessiert hier die konkrete inhaltliche Struktur von Spielräumen. Die bis hierher dargestellten Konzepte und Erklärungsmodelle ma- chen jedoch keine Aussagen darüber, wie die jeweiligen Arbeitssituationen in Bezug auf Spielräume tatsächlich gestaltet sind. Die eher abstrakte Einteilung des Tä- tigkeitsspielraums in Entscheidungs-, Handlungs- und Gestaltungsspielraum (Ulich, 2005) wird diesem Aspekt nur wenig gerecht. In der Praxis ist es eher unwahrschein- lich, dass ein Beschäftigter Spielräume zum Treffen von Entscheidungen hat (bzw. als vorhanden erlebt), ohne entsprechende Handlungs- oder Gestaltungsfreiräume zur Umsetzung der getroffenen Entscheidungen zu erkennen. Bei der Bewältigung einzelner Arbeitsaufgaben ist vielmehr von Bedeutung, welche qualitativen Aspek- te der möglicherweise vorhandene Spielraum in Bezug auf die Anforderungen der Arbeit aufweist. Bestünde für einen Beschäftigten zum Beispiel die Möglichkeit den Inhalt der Tätigkeit mitzubestimmen, so könnte trotzdem die zeitliche Einteilung der Arbeit durch den Arbeitenden nicht beeinflussbar sein. Obwohl sich beide Aspek- te inhaltlich klar dem Bereich „Spielräume am Arbeitsplatz“ zuordnen lassen, ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass beide der genannten Komponenten in einer Arbeitssituation gegeben sind bzw. subjektiv als vorhanden wahrgenommen werden.

Dieser Aspekt qualitativer Facetten von Spielräumen wurde bereits von de Jonge et al. (2000) als mögliche Ursache für die widersprüchliche Befundlage zu Interaktionseffekten angesprochen. In Anlehnung an de Jonge (1995) sowie Frese (1989) könnten derartige inhaltliche Aspekte von Spielräumen etwa in Bezug auf die Inhalte der Arbeit (Einfluss auf die Tätigkeiten), auf die Zeiteinteilung (Ein- fluss auf Zeitpunkt und Dauer von Teiltätigkeiten) sowie auf Aspekte der Art und Weise (Wahlmöglichkeiten zu Arbeitsmitteln und Kollegen) vorzufinden sein. Diese Einteilung erhebt zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit, soll aber dennoch als Grundlage der vorliegenden Arbeit dienen. Bei der Untersuchung der Fragestellung, ob und wie Entscheidungsspielraum als Moderator in der Beziehung zwischen An- forderungen der Arbeitssituation und deren gesundheitlichen Folgen agiert, soll eine entsprechende qualitative Betrachtung einzelner Facetten von Spielräumen berück- sichtigt werden.

Die vorgeschlagene Trennung des vorhandenen Spielraums der Arbeitssituati- on nach inhaltlichen Gesichtspunkten lässt sich gut mit dem bereits in Abschnitt 2.4 ausgeführten theoretischen Konzept der Freiheitsgrade nach Hacker (1991, 2005) vereinbaren. Wie bereits berichtet, erlaubt dieser Ansatz die Abgrenzung von einzel- nen, heterogenen Komponenten des vorhandenen Spielraums. In der Terminologie Hackers werden die qualitativen Aspekte des Spielraums in der Arbeitssituation dementsprechend als Freiheitsgrade benannt; für die Summe dieser Freiheitsgrade wird analog zu Ulich (2005) der Oberbegriff Tätigkeitsspielraum verwendet. Das Konzept der Freiheitsgrade fügt sich in das in Abschnitt 2.2.2 dargestellte Auftrags- Auseinandersetzungs-Konzept (Hacker, 1991) ein, welches die Entstehung von Be- anspruchung und Beanspruchungsfolgen durch die Auseinandersetzung des Beschäf- tigten mit Arbeitsaufträgen beschreibt.

Zusätzlich zur Betrachtung einzelner inhaltlicher Facetten des Entscheidungs- spielraums sollen mögliche nicht-lineare Beziehungen zwischen Merkmalen der Ar- beitssituation und beanspruchungsbezogenen Folgevariablen analog zu den Über- legungen Warrs (1990) in die Untersuchung einbezogen werden. Auch zu diesem Aspekt finden sich in der Literatur gegensätzliche Befunde. Wie Warr selbst fest- stellt, scheint die im Vitamin-Modell beschriebene Nonlinearität der Zusammenhän- ge besonders in extremen Ausprägungsbereichen der verschiedenen Arbeitsmerk- male wahrscheinlich zu sein. Im Untersuchungsfeld der Behindertenarbeit, das in dieser Diplomarbeit betrachtet werden soll, sind ebensolche extremen Ausprägun- gen bestimmter Arbeitsmerkmale wie etwa sehr hohe Risikobehaftetheit oder stark erweiterte Spielräume vorstellbar. Bezüglich der zu erwartenden Ausprägungsberei- che dieser Arbeitsmerkmale sind jedoch keine begründeten Vermutungen anzustel- len. Außerdem könnten nicht-lineare Zusammenhänge in dieser Untersuchung sehr wohl auch in moderaten Bereichen der betrachteten Arbeitsmerkmale zu finden sein. Daher soll bei der empirischen Überprüfung möglicher Moderatoreffekte von Ent- scheidungsspielraum in der oben genannten Beziehung die mögliche Nicht-Linearität sämtlicher Zusammenhänge im Vorfeld getestet werden. In Kombination mit der Be- trachtung einzelner inhaltlicher Facetten von Spielräumen wäre denkbar, dass diese sich im Sinne des Vitamin-Modells unterschiedlich verhalten. Möglicherweise haben bestimmte Komponenten lineare, andere nonlineare Beziehungen zu den Beanspru- chungsfolgen. Bei Untersuchungen eines Gesamtkonstrukts zu Spielräumen könnten diese verschiedenen Trends überlagert sein und so je nach Untersuchungsfeld zu widersprüchlichen Ergebnissen bezüglich möglicher Wechselwirkungen führen.

Um zu diesen Fragestellungen empirisch überprüfbare Hypothesen formulie- ren zu können, sollen zunächst kurz die Operationalisierungen der Anforderungen der Arbeitssituation sowie die des Entscheidungsspielraums vorgestellt werden. Eine detailliertere Erläuterung der verwendeten Instrumente erfolgt in Abschnitt 4.2.2. Zur Erfassung der Arbeitssituation kam in der durchgeführten Arbeitsanalyse das Screening Psychischer Arbeitsbelastungen (SPA) von Metz und Rothe (1998) zum Einsatz. Für die Untersuchung der im Folgenden beschriebenen Hypothesen soll der personenbezogene Verfahrensteil zu den Analysebereichen Entscheidungsspielraum (ESPR), Risikobehaftete Arbeitssituationen/besondere Anforderungen an die Hand- lungszuverlässigkeit (RA) und Belastende Ausführungsbedingungen (BA) verwendet werden.

Für die vorliegende Untersuchung der Rolle des Entscheidungsspielraums als möglicher Moderator zwischen Arbeitsanforderungen und ihren gesundheitlichen Folgen soll entsprechend dem Analyseverfahren SPA davon ausgegangen werden, dass zu hohe Ausprägungen dieser Anforderungen der Arbeitssituation Fehlbean- spruchungen und deren negative gesundheitliche Folgen wahrscheinlich machen.

Die Anforderung der emotionalen Regulation wird durch die Skala Emotionale Dissonanz (ED) der Frankfurter Skalen zur Emotionsarbeit (FEWS) von (Zapf et al., 2005) abgebildet. Als Maß der negativen Beanspruchungsfolgen soll die Anzahl der von den Beschäftigten berichteten psychischen und physischen Beschwerden dienen. Es wird mithilfe des wirkungsbezogenen Teils des Screening psychischer Arbeitsbelastungen (SPA-W) erhoben.

Als Grundlage für die Untersuchung inhaltlicher Facetten des Entscheidungs- spielraums soll die Kategorienbildung in Anlehnung an de Jonge (1995) dienen. Danach sind Entscheidungsspielraum-Komponenten bezüglich der Arbeitsinhalte (ESPR-AI), bezüglich der Zeiteinteilung (ESPR-ZE) sowie bezüglich der Aspekte der Art und Weise der Arbeitserledigung (ESPR-AW) zu unterscheiden. Entsprechend dieser Kategorienbildung soll der SPA-Analysebereich Entscheidungsspielraum auf Itemebene in die drei qualitativen Kategorien „Arbeitsinhalte“, „zeitliche Aspekte“ und „Aspekte der Art und Weise“ getrennt werden. Die Güte diese Aufteilung wird faktorenanalytisch überprüft.

3.2 Hypothesen

Die in dieser Diplomarbeit bearbeiteten Fragestellungen sind in zwei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil steht die Untersuchung eines allgemeinen, auf verschiedene inhaltliche Aspekte bezogenen Maßes zu Entscheidungsspielraum im Mittelpunkt. Im zweiten Abschnitt sollen spezifische, auf die Arbeitsinhalte, auf zeitliche Aspekte sowie auf die Art und Weise der Arbeitsausführung bezogene Teilkomponenten von Entscheidungsspielraum betrachtet werden.

3.2.1 Entscheidungsspielraum als Gesamtkonstrukt in der Arbeitssituation

Eine Fragestellung dieser Diplomarbeit lautet, ob in dem beschriebenen Ar- beitsumfeld der Behindertenarbeit ein umfassend konzipiertes Konstrukt zu Ent- scheidungsspielraum den Zusammenhang zwischen den spezifischen Anforderungen der Arbeitssituation und deren psychophysischen Beanspruchungsfolgen im Sinne des Karasek-Modells bzw. des Ressourcenansatzes moderiert. Vorangestellt sei je- doch eine Untersuchung, ob die einzelnen Haupteffekte der Merkmale Entschei- dungsspielraum, Risikobehaftete Arbeitssituationen, Belastende Ausführungsbedin- gungen und Emotionale Dissonanz analog der angeführten Zwei-Faktoren-Theorie von Karasek (1979) in Bezug zum Auftreten psychophysischer Beschwerden zu fin- den sind. Nach den zitierten Erkenntnissen zu diesem Modell sind entsprechende Haupteffekte zu erwarten (z. B.Perrewe & Ganster, 1989; Fletcher & Jones, 1993). Abbildung 3 veranschaulicht die vermuteten Beziehungen zwischen den verschiede- nen Größen.

[...]


1 Ehemals DIN 33407

Ende der Leseprobe aus 160 Seiten

Details

Titel
Entscheidungsspielraum als Moderator zwischen Arbeitsanforderungen und ihren gesundheitlichen Folgen
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Psychologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
160
Katalognummer
V151290
ISBN (eBook)
9783640630400
ISBN (Buch)
9783640630769
Dateigröße
4479 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Name des Unternehmens, in dem die Untersuchung durchgeführt wurde, ist geschwärzt.
Schlagworte
Entscheidungsspielraum, Job Control, Pufferhypothese, Ressourcen, Beanspruchung
Arbeit zitieren
Matthias Becker (Autor:in), 2009, Entscheidungsspielraum als Moderator zwischen Arbeitsanforderungen und ihren gesundheitlichen Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151290

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