Körper als Abschreckung bei Franz Kafka


Hausarbeit, 2002

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 FRANZ KAFKA
1.1 Kurzbiographie des Autors
1.2 Literaturepoche

2 KÖRPER ALS ABSCHRECKUNG
2.1 Aus Kafkas Briefen und Tagebüchern
2.1.1 Abscheulichkeit des eigenen Selbst
2.1.2 Abscheulichkeit der Frau
2.1.3 Abscheulichkeit des Essens
2.2 Aus Kafkas Werken
2.2.1 Abscheulichkeit der Frau
2.2.2 Abscheulichkeit des Essens

3 LITERATURHINWEIS

1 FRANZ KAFKA

1.1 Kurzbiographie des Autors

1883 3. Juli: Franz Kafka wird als ältestes Kind des Kaufmanns Hermann und seiner Frau Julie in Prag geboren

1889 Besuch der deutschen Volksschule in Prag

1893 Eintritt in das Altstädter deutsche Staatsgymnasium in Prag

1901 Beginn des Studiums an der Deutschen Universität in Prag

1902 Erste Begegnung mit Max Brod

1906 13. Juni: Juristische Staatsprüfung

18. Juni: Promotion zum Dr. jur.

1907 Kafka arbeitet in Prag beim Straf- und Zivilgericht, seit Oktober bei der Assicurazioni Generali in Prag

1908 Kafka wird Aushilfsbeamter bei der Prager Arbeiter–Unfall–Versicherungsanstalt

1909 Erscheinung der ersten Veröffentlichungen: zwei Stücke aus der ′Beschreibung eines Kampfes′

1914 Verlobung mit Felice Bauer

1915 Erscheinung der Erzählung ′Die Verwandlung′

1917 9./10. August: Kafka erleidet wegen seiner Tuberkulose einen Blutsturz

1924 3. Juni: Tod Kafkas im Sanatorium Kierling bei Wien

Erstpublikationen durch Max Brod:

1925 ′Der Proceß′

1926 ′Das Schloß′

1927 ′Amerika′

1.2 Literaturepoche

Wegen der eigentümlichen Züge in Stil und Inhalt ist eine literaturgeschichtliche Einordnung für Kafka nicht eindeutig festzulegen. Was die Thematik betrifft (Leben in der modernen Gesellschaft, Vater-Sohn-Konflikt) steht Kafka dem Expressionismus1 nahe, zumal er in dieser Zeit die Vielzahl seiner

1 „Expressionismus“: Kunstrichtung, die Anfang des 20. Jh. in Deutschland aufkam und nach dem Ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt erreichte. Der Expressionismus (franz. = Ausdruck) wollte im Gegensatz zu dem vorhergehenden Impressionismus nicht den augenblicklichen Eindruck des Geschehens wiedergeben: expressionistische Künstler verändern Gegenstände, die sie zeigen wollen, absichtlich, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen und die Ausdruckskraft des Kunstwerks zu erhöhen. Auf die Eindringlichkeit der künstlerischen Aussage kam es ihnen vor allem an.

Werke schuf. Wesentliche Unterschiede gegenüber dem Expressionismus sind jedoch nicht zu übersehen: Seine klare und nüchterne Sprache unterscheidet sich vom erhitzten Stil und der Auflösung der Form bei den Expressionisten. Außerdem sind seine Beschreibungen von Angst und Weltabkehr nicht subjektiv dargestellt, sondern in traumhafte Parabeln veranschaulicht und objektiviert. Des weiteren wird im Expressionismus konsequent eine Wende gefordert, in Kafkas Werken bleibt die Auflehnung gegen die Autorität allerdings eher in der Schwebe.

2 KÖRPER ALS ABSCHRECKUNG

2.1 Aus Kafkas Briefen und Tagebüchern

2.1.1 Abscheulichkeit des eigenen Selbst

Körper als Abschreckung bedeutet bei Kafka gleichzeitig auch Abschreckung vor dem eigenen Körper. Die notorische Selbsterniedrigung, Selbstbeschmutzung und Selbstverkleinerung in (u.a.) seinen Briefen an Felice legen Kafkas Abscheulichkeit des eigenen Selbst vollkommen offen dar. Diese Selbstverurteilung ist sogar so explizit, daß sie ihre eigene Unlesbarkeit bewirkt, da sie das Maß des Glaubbaren überschreitet:

Es hat nicht an Aussprache, aber an Glauben gefehlt. Weil Du das, was Du hörtest und sahst, nicht glauben konntest, dachtest Du, es wäre Unausgesprochenes vorhanden [...] Infolgedessen mußtest Du alles unrichtig deuten. (Kafka, Franz: Briefe an Felice, und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit. Frankfurt am Main: Fischer. 1967. S. 616)

Das Aufführen der eigenen Gemeinheiten erzeugt bei den Adressaten also nicht den erwartbaren Schrecken, sondern ein mit Unglauben gemischtes Mitleid. Somit wird aus Wahrheit auch Methode; zum einen erspart sich Kafka die Arbeit der Verdrängung, indem er sich mit Attributen wie Schwefel, Hölle und Teufel belegt oder sich selbst als widerlichen »weichen Wurm« darstellt. Zum anderen ist es Kafka auf diese Weise möglich, seine eigenen Schwächen vorbehaltlos zu entblößen und seine verbotenen Wünsche zu äußern.

Hierin gründet sich Kafkas libidinöse Fixierung auf das Schreiben, die ebenso zum ekelhaften Selbst gehört:

Das Schreiben ist ein süßer wunderbarer Lohn, [...] der Lohn für Teufelsdienst. Dieses Hinabgehen zu den dunklen Mächten, diese Entfesselung von Natur aus gebundener Geister, fragwürdige Umarmungen und was alles noch unten vor sich gehen mag, von dem man oben nichts mehr weiß, wenn man im Sonnenlicht Geschichten schreibt. Vielleicht gibt es auch ein andres Schreiben, ich kenne nur dieses [...] Und das Teuflische daran scheint mir sehr klar. Es ist die Eitelkeit und Genußsucht, die immerfort um die eigene oder auch eine fremde Gestalt – die Bewegung vervielfältigt sich dann, es wird ein Sonnensystem der Eitelkeit – schwirrt und sie genießt. [...] Der Schriftsteller [...] hat keinen Boden, hat keinen Bestand, ist nicht einmal aus Staub; ist nur im tollsten irdischen Leben ein wenig möglich, ist nur eine Konstruktion der Genußsucht. (Kafka, Franz: Briefe 1902 - 1924. Frankfurt am Main: Fischer. 1958. S.384f.)

Demnach ist der Schriftsteller eine von der Genußsucht konstruierte Figur, die auf Selbstbeobachtung angelegt ist und durch ihren Narzißmus zum Anti-Christ wird. Ein so konstruierter Schriftsteller sieht seine Sünden als gegeben und erlöst sich von ihnen, indem er sie zum Objekt und Medium seines Schreibens transformiert:

Wenn ich mich auf mein Endziel hin prüfe, so ergibt sich, daß ich nicht eigentlich danach strebe, ein guter Mensch zu werden und einem höchsten Gericht zu entsprechen, sondern, sehr gegensätzlich, die ganze Menschen- und Tiergemeinschaft zu überblicken, ihre grundlegenden Vorlieben, Wünsche, sittlichen Ideale zu erkennen, sie auf einfache Vorschriften zurückzuführen, und mich in dieser Richtung möglichst bald dahin zu entwickeln, daß ich durchaus allen wohlgefällig würde, und zwar (hier kommt der Sprung) so wohlgefällig, daß ich, ohne die allgemeine Liebe zu verlieren, schließlich, als der einzige Sünder, der nicht gebraten wird, die mir innewohnenden Gemeinheiten offen, vor aller Augen, aufführen dürfte. (Kafka, Franz: Briefe an Felice, und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit. Frankfurt am Main: Fischer. 1967. S. 755f.)

2.1.2 Abscheulichkeit der Frau

Sollte ich das 40te Lebensjahr erreichen, so werde ich wahrscheinlich ein altes Mädchen mit vorstehenden, etwas von der Oberlippe entblößten Oberzähnen heiraten. Die oberen Mittelzähne des Frl. Kaufmann [...] sind gegeneinander verschoben, wie Beine, die man in den Knien flüchtig kreuzt. Vierzig Jahre alt werde ich aber kaum werden, dagegen spricht z.B. die Spannung, die sich mir über die linke Schädelhälfte öfters legt, die sich wie ein innerer Aussatz anfühlt und die auf mich [...] den gleichen Eindruck macht wie der Anblick der Schädelquerschnitte in den Schullehrbüchern oder wie eine fast schmerzlose Sektion bei lebendem Leibe, wo das Messer ein wenig kühlend, vorsichtig, oft stehenbleibend und zurückkehrend, manchmal ruhig liegend blätterdünne Hüllen ganz nahe an arbeitenden Gehirnpartien noch weiter teilt. (Kafka, Franz: Tagebücher. Frankfurt am Main: Fischer. 1990. S. 69f.)

[...]

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Details

Titel
Körper als Abschreckung bei Franz Kafka
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur 2)
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V15128
ISBN (eBook)
9783638203418
ISBN (Buch)
9783638787888
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit Zusatz "Warum ekelt sich Franz Kafka?" anhand "Brief an den Vater".
Schlagworte
Körper, Abschreckung, Franz, Kafka
Arbeit zitieren
Lucia Prado (Autor:in), 2002, Körper als Abschreckung bei Franz Kafka, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15128

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