Business Process Outsourcing im Einkauf mittelständischer Unternehmen

Theoretische Hintergründe und ein praxisorientierter Leitfaden


Diplomarbeit, 2010

67 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitorische Einordnung des Outsourcings

3. BPO - Abgrenzung und Definition

4. Konzeptionelle Eingliederung von BPO

5. Ausprägungen von BPO
5.1. BPO-Formen im engeren Sinne
5.2. BPO-Formen im weiteren Sinne: Das Shared Service Center

6. Beweggründe und Risiken des BPO
6.1. Monetäre Beweggründe für ein Outsourcing
6.1.1. Mengeneffekte (Economies of Scale)
6.1.2. Verbundeffekte (Economies of Scope 1/2)
6.1.3. Effizienz durch Spezialisierung (Economies of Scope 2/2)
6.1.4. Verlagerung von Standorten
6.1.5. Wandlung von fixen in variable Kosten
6.1.6. Verbesserung der Steuerung und Transparenz im Unternehmen
6.2. Nichtmonetäre Entscheidungskriterien
6.2.1. Die Konzentration auf das Kerngeschäft
6.2.2. Erhöhung der Prozessqualität
6.2.3. Transfer von (operationalen) Risiken
6.3. Erfolgsparameter einer BPO-Entscheidung
6.4. Monetäre Risiken einer BPO-Entscheidung
6.5. Nichtmonetäre Risiken einer BPO-Entscheidung
6.5.1. Die Abhängigkeit vom BPO-Vertragspartner
6.5.2. Verunsicherung der Mitarbeiter

7. Charakterisierung des mittelständischen Einkaufs

8. Ein Praxisbeispiel für das Outsourcing von Einkaufsdienstleistungen

9. Umfrage zum Thema Outsourcing

10. Insourcing - der Gegentrend zum Outsourcing

11. Zielsetzung und Migrationsstrategie für ein BPO

12. Ein Leitfaden zur Umsetzung eines BPO
12.1. Scoping (Phase 1)
12.2. Machbarkeit (Phase 2)
12.3. Auswahl der Dienstleister (Phase 3)
12.3.1. Auswahlkriterien für potentielle Ausgliederungspartner
12.3.2. Der Ausschreibungsprozess
12.4. Vertragsgestaltung (Phase 4)
12.4.1. BPO-Preismodelle
12.4.2. Laufzeit des BPO-Vertrages
12.4.3. BPO-Governance Modell
12.4.4. Arbeitsrechtliche Fragestellungen
12.5. Durchführung der Migration (Phase 5)

13. Zentrale Aufgaben der Projektorganisation

14. Fazit

IV. Quellenverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Outsourcing-Map

Abbildung 2: BPO als Synthese von Prozessoptimierung und Outsourcing

Abbildung 3: Wertschöpfungskette herstellende Industrie

Abbildung 4: Erfolgsdimensionen des Business Process Outsourcing

Abbildung 5: Langfristige Kostenverläufe von Outsourcingprojekten

Abbildung 6: Transaktionskostenarten

Abbildung 7: Zielsetzungen BPO-Projekt

Abbildung 8: Phasenmodell der BPO-Implementierung

Abbildung 9: Prozessschritte einer BPO-Ausschreibung

Abbildung 10: Inhalte eines Rahmenvertrages

Abbildung 11: Gliederung und Inhalte des SLAs bei BPO

Abbildung 12: Beispiel, Inhalte eines Leistungsscheins (Anhang zu SLA)

Abbildung 13: Entwicklung der Rollen-Typen

Abbildung 14: Besondere Herausforderungen bei BPO-Projekten

Abbildung 15: Bestandteile des Change Management

Abbildung 16: Regelkreis und Bestandteile des Risk Monitoring

III. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In Zeiten ständig zunehmenden Wettbewerbs müssen sich Unternehmen nicht nur schlanker, sondern vor allem flexibler aufstellen. Wer nicht kontinuierlich seine Kosten den Marktverhältnissen anpassen kann und gleichzeitig stetig seine Qualität verbessert, gerät in Gefahr vom Markt verdrängt zu werden.

Viele Unternehmensstrategien sind bisher rein auf Wachstum mit einem hohen Grad an Wertschöpfung ausgerichtet. Diese Strategie ist solange von Vorteil, sofern der geplante Wachstumsweg eingehalten werden kann. Zu einem Existenz-bedrohlichen Problem werden kann diese Strategie aber bei Marktschwankungen oder bei einer Rezession, wie sie unter anderem die deutsche Wirtschaft in den Jahren 2008 und 2009 erlebte. Eine zu große Fertigungs- und Leistungstiefe kann in vielen Fällen dazu führen, dass Unternehmen nicht flexibel genug auf veränderte Marktentwicklungen reagieren können. Entscheidend ist also, dass die vorhandenen Kapazitäten optimal eingesetzt werden. Ein wesentlicher Hebel dazu ist die optimale Outsourcing-Strategie eines Unternehmens.

Das klassische Outsourcing kann dabei schon als „alter Hut“ bezeichnet werden, da sich bereits Mitte der 80er Jahre die ersten großen Projekte vollzogen. Relativ neu ist aber die Idee des Business Process Outsourcing (BPO). Hierbei werden einzelne bisher unternehmensintern betriebene Prozesse auf spezialisierte externe Dienstleister übertragen, welche durch ihre Fähigkeiten und Ressourcen den speziellen Prozess zu geringeren Kosten und in besserer Qualität erzeugen können. Die Abgrenzung zum klassischen Outsourcing erfolgt hierbei dadurch, dass Geschäftsprozesse nicht 1:1 ausgelagert werden, sondern auch standardisiert und optimiert werden.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die spezifische Auseinandersetzung mit dem Thema (BPO) und die Erarbeitung eines Leitfadens zur optimalen Umsetzung einer BPO-Maßnahme. Im ersten Teil dieser Arbeit soll der theoretische Rahmen um das Thema (BPO) gezogen werden. Es werden Motive, Chancen, Risiken sowie aktuelle Entwicklungen aufgezeigt und verdeutlicht. Der zweite Teil der Arbeit ist ein Leitfaden für die Realisierung einer Outsourcing-Maßnahme. Er ist strukturiert aufgebaut und enthält alle relevanten Prozessschritte für die richtige Umsetzung einer Outsourcing- Maßnahme. Des Weiteren ist die vorliegende Arbeit thematisch dem Beschaffungsmanagement zugeordnet. Grund für diese Fokussierung auf Einkaufsprozesse ist die Tatsache, dass das Thema in diesem Bereich noch relativ neu ist und in der gängigen Literatur kaum behandelt wird. Darüber hinaus wurde diese Arbeit in Zusammenarbeit mit der Hans Becker GmbH umgesetzt. Die Firma Hans Becker ist eine mittelständisch fokussierte Unternehmensberatung mit der Spezialisierung auf den strategischen Einkauf. Somit bot sich eine thematische Eingrenzung an, da von Praxiswissen und Einkaufs-Know-how profitiert werden konnte. Des Weiteren ist diese Arbeit thematisch auf den Deutschen Wirtschaftsraum und auf Dienstleistungsprozesse eingegrenzt.

Die Entscheidung für oder gegen ein Outsourcing stellt für jedes Unternehmen ein strategisches Entscheidungsproblem mit weitreichenden Konsequenzen dar. Ziel dieser Arbeit soll es demnach sein, Unternehmen und Entscheidern zu helfen, über die Möglichkeiten und Grenzen konkreter (potentieller) BPO-Maßnahmen in ihrem eigenen Fall neu nachzudenken und sich vor allem der Risiken und Gefahren bewusst zu werden. Angesichts der großen Chancen und Potentiale und die durch BPO nachhaltig verbesserte Wettbewerbsfähigkeit und erhöhte Wertschöpfung kommt in Zukunft kein Unternehmen an dem Thema (Outsourcing) vorbei. Nicht zu bestreiten ist aber auch, dass die Umsetzung eines Outsourcings beide Parteien vor große Herausforderungen stellt. Diese Arbeit soll Unternehmen dabei helfen, die richtige Strategie und die richtigen Maßnahmen zur Umsetzung zu finden.

2. Definitorische Einordnung des Outsourcing

Der Kunstbegriff „Outsourcing“ setzt sich aus den englischen Wörtern „outside“, „resource“ und „using“ zusammen und bedeutet übersetzt „die Nutzung externer Ressourcen“.1 Der Begriff Outsourcing beschreibt des Weiteren die mittel- bis langfristige Substitution bisher unternehmensintern erbrachter Leistungen durch einen externen Dienstleister.2 Outsourcing ist gleichermaßen gekennzeichnet durch ein Vertragsverhältnis, das messbare Leistungskriterien bezogen auf Geschäftsprozesse oder Funktionen festschreibt. Mit dem Vertrag gehen die Kontrolle über die Prozesse und ihre Gestaltung sowie die Verantwortung für die Durchführung ebenso wie das Management der Durchführung der vereinbarten Leistung auf den Auftragnehmer über.3 Das klassische Outsourcing lässt sich anhand von sechs Dimensionen systematisieren. Anhand der folgenden Abbildung soll ein Überblick über die vielfältige Begriffslandschaft der Outsourcing-Dimensionen geschaffen werden. Auf die einzelnen Begrifflichkeiten wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch näher eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Outsourcing-Map

(Quelle: Fenk, G., et al., 2007, S. 6.)

Der Ausgangspunkt des Outsourcings und dessen theoretische Grundlage ist das Prinzip der Arbeitsteilung, welches bereits im 18. Jahrhundert von Adam Smith eingeführt wurde.4 Ein Beispiel für den Erfolg der Arbeitsteilung war die Erfindung der Fließbandfertigung durch Henry Ford in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Ford war der Erste der erkannte, dass sich durch die Spezialisierung und Standardisierung von Tätigkeiten die Kosten radikal senken lassen, bei gleichzeitiger Sicherstellung hoher Qualitätsansprüche.

Es war ebenfalls die Automobilindustrie welche im weiteren geschichtlichen Verlauf erkannte und konsequent umsetzte, dass sich mit der Auslagerung der Bauteilherstellung an spezialisierte externe Dienstleister, Wettbewerbsvorteile generieren lassen.5 Der Begriff „Lean Production“, also die Verringerung der Produktionstiefe, avancierte in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu einem der populärsten Managementkonzepte. In den vergangenen 10-15 Jahren hat sich diese Denkweise sogar noch verstärkt. In der Autoindustrie übernehmen Zulieferer im Durchschnitt nur noch rund 75% der Wertschöpfungstiefe eines Autos, mit zunehmender Tendenz. Ein Extrembeispiel für diesen Trend ist die Porsche AG. Für den Geländewagen „Cayenne“ produziert die Porsche AG nur noch 10% der Teile selbst, den Rest steuern Zulieferer bei.6

Beschränkte sich der erste Trend zum Outsourcing auf die klassische Auslagerung im Produktions- und Fertigungsbereich, so stehen seit einigen Jahren auch kaufmännisch­administrative Aufgaben im Fokus von Outsourcing-Überlegungen.7 Resultierend aus diesen Entwicklungen erlebte das Thema Outsourcing in den letzten Jahren eine gewisse Renaissance und kaum ein Unternehmen beschäftigt sich gegenwärtig nicht in irgendeiner Form mit Outsourcing. Vorangetrieben hat diese Renaissance vor allem ein aktueller Trend - das Business Process Outsourcing (nachfolgend BPO genannt).8

3. BPO - Abgrenzung und Definition

Der noch frühe Entwicklungsstand des BPO zeigt sich vor allem in der begrifflichen Vielfalt. Viele der entstandenen Begriffe scheinen eher für die Kreativität von Beratern oder Systemanbietern zu sprechen, da sich diese nicht auf Inhalte beziehen, sondern eher auf die Art und Ausprägung einer Outsourcing-Aktivität. Oft analog verwendete Begrifflichkeiten sind „Application Outsourcing“, “Value added Outsourcing“, “Business Process Management“ und noch viele andere.9

Aber was ist eigentlich BPO? Kurz gefasst kann BPO, wie auch die nachfolgende Abbildung zeigt, als Synthese bzw. als die Schnittmenge von Prozessoptimierung und dem klassischen Outsourcing definiert werden.10

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: BPO als Synthese von Prozessoptimierung und Outsourcing (Quelle: Schewe/ Kett, 2007, S. 3.)

Beim BPO wird also nicht mehr nur überlegt, welche Geschäftsprozesse an welchen Dienstleister ausgelagert werden können, sondern darüber hinaus wird die Frage nach Prozessoptimierung und Prozessstandardisierung gestellt.11 BPO unterscheidet sich also vom klassischen Outsourcing vor allem durch das Ziel der Prozessoptimierung und ist somit letztendlich die konsequente Weiterentwicklung des Outsourcing- Gedankens.

4. Konzeptionelle Eingliederung von BPO

Historisch gesehen liegt der Grundstein des BPO-Gedankens beachtlich weit zurück, vor allem unter der Betrachtung, dass Business Process Outsourcing erst in den letzten zwei Jahrzehnten größere Beachtung erhielt. Auslöser des Business Process Outsourcing Gedankens war eine Modifikation der Steuergesetzgebung der USA im Jahr 1949.12 Bis zu diesem Jahr wurde die Einkommenssteuer erst im Nachhinein ermittelt und floss dem Staat demnach erst im Folgejahr zu. Durch die Reform der Steuergesetzgebung behielt das US Government die Einkommenssteuer direkt bei der Lohnzahlung ein. Die bis dahin praktizierte recht einfache Vorausberechnung verkomplizierte sich erheblich und wurde für die Unternehmen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Die Firma ADP (Automatic Data Processing) spezialisierte sich im Zuge dieser Entwicklungen auf die korrekte Gehaltsabrechnung, unter Berücksichtigung des Steuerabzugs und bot diesen Service Unternehmen an. Somit entstand vor über 60 Jahren die erste BPO-Lösung.

Bei der geschichtlichen Einordnung des Begriffs „Business Process Outsourcing“ wird häufig auch von der dritten Revolution der Wertschöpfung gesprochen. Demnach handelt es sich bei der ersten Welle um die Einführung der Fliessbandfertigung durch Ford.13 Die zweite Welle symbolisiert die Reduktion der Fertigungstiefe im produzierenden Bereich, also dem klassischen Outsourcing in den 1970er und 1980er Jahren. Die Übertragung der erzielten Erkenntnisse aus der Reduzierung der Fertigungstiefe auf die internen Unterstützungsprozesse wird als dritte Revolution der Wertschöpfung und somit als BPO bezeichnet.

Problematisch vor allem in der Anfangszeit von BPO war, dass sich viele Unternehmen scheinbar an das bekannte Phänomen Outsourcing angelehnt hatten.14 Diese Anlehnung führte aber zu zwei sehr negativen Effekten. Ein negativer Effekt war, dass viele Outsourcing-Erfahrungen aus dem Industriebereich übertragen wurden, welche aber eigentlich nicht übertragbar waren. Problematisch war vor allem die Sichtweise, dass es sich beim Prozess Outsourcing um eine reine Beschaffungsaufgabe, wie den Teileeinkauf in der Produktion, handelt.15 In einer ersten großen Welle wurden aus dieser Entwicklung heraus große Bereiche nach außen vergeben, mit der Begründung, dass diese nicht zum Kerngeschäft gehören. Ähnlich wie ein Autohersteller davon ausgeht, dass Schrauben nicht zu seinem Kerngeschäft gehören und man diese sicherlich besser einkaufen kann, wurde dieser Ansatz unreflektiert übertragen.

Jedoch, und was viele Unternehmen nicht beachtet hatten, Business-Prozesse sind keine Schrauben. Vor allem die Definition der Prozessleistungen und Qualitäten wurde massiv unterschätzt und führte zu ersten negativen Erfahrungen. Ein zweiter negativer Effekt war das Abrutschen in eine emotionale Arbeitsplatzverlagerungsdiskussion durch das Thema Outsourcing. Hierbei wurde kein Unterschied gemacht, zwischen herstellender Industrie, also der Verlagerung einer Produktion und dem BPO, also der Verlagerung oder Reorganisation von Dienstleistungen oder Prozessen.16

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Porter, 1997, S. 88.)

Da diese eng verbunden mit den Entwicklungen des BPO ist, muss in diesem Zusammenhang auch die Industrialisierung von Dienstleistungen und Prozessen näher betrachtet werden.17 Die Verlagerung von Dienstleistungen aus dem sekundären in den primären Marktbereich (Vgl. Abbildung 3) wurde ausgelöst zum Einen durch technologische Ursachen (z.B. in der Datenübermittlung) und durch die fortschreitende Standardisierung von Prozessen. Auslöser für die Verlagerung war aber vor allem die kritische Neubetrachtung und -bewertung der Wertschöpfungskette nach M. Porter, der typischen Wertschöpfungskette der herstellenden Industrie und damit des dominanten Sektors der Industriegesellschaft.

Die Entwicklung der Produkt- und Dienstleistungsstandardisierung in allen Primärsektoren in den letzten Jahrzehnten hat zur Bildung lebhafter Zuliefermärkte in jedem der primären Blöcke mit jeweils eigenen Angeboten geführt.18 Im Zuge dieser Dynamik konnte die Wertschöpfungstiefe verringert werden und wird immer noch verringert. Begonnen hat diese Entwicklung in der Teileproduktion und setzte sich in Bereichen, wie Logistik, Inbound und Outbound, ebenfalls durch. Als relativ neue Bereiche haben sich in den letzten Jahren z.B. Einkauf, Marketing, Sales sowie diverse Services durchgesetzt.

Die von M. Hammer eingeführte Sichtweise auf Prozessketten war die zweite impulsgebende Entwicklung.19 Die Orientierung an den innerhalb dieser Ketten ablaufenden Prozesse führte zu einer veränderten Sichtweise innerhalb der Wertschöpfungskette und zu einer veränderten Gewichtung. Hammer erkannte, dass Prozesse abschnittsübergreifend ablaufen, also sowohl in primären als auch sekundären Bereichen. Hieraus entstand eine neue Perspektive, einerseits aus Kundensicht, andererseits wurden Abteilungs- oder Bereichshürden beseitigt, um zusammengehörende Prozesse durchführen zu können. Entwicklungen, welche im Primärbereich der Wertschöpfungskette begonnen haben, wirkten sich nun auch auf den Sekundärsektor aus. Bedingt durch diese Entwicklungen hat sich für viele Unternehmen der Fokus verändert. Für die Bestimmung und Beibehaltung der Wettbewerbsfähigkeit hat sich die Sichtweise nun vom operativen und primären Bereich auf den sekundären Bereich verlagert. Qualifiziertes Personal, Innovation, effiziente Finanzierung, effiziente Beschaffung sind Aspekte, die in vielen Unternehmen aktuell das Management beschäftigen.

5. Ausprägungen von BPO

Eine der wichtigsten Grundsatzfragen die sich jedes Unternehmen bei einem Outsourcing stellen sollte, ist die Frage nach der richtigen Outsourcing-Ausprägung bzw. Form. Unternehmen sollten hier genau überlegen, welche Anforderungen sie an den Dienstleister, z.B. bzgl. der physischen Erreichbarkeit, stellen und danach ihre Entscheidung ausrichten.

Die Ausprägungen von BPO sind sehr vielfältig und lassen sich im Wesentlichen in drei Dimensionen einteilen. Die erste Dimension ist der Umfang des Outsourcing, welcher sich festlegen lässt. Dies kann eine Funktion, eine Prozessgruppe, ein Einzelprozess oder auch nur eine Aktivität sein. Eine weitere Ausprägung ist die gesellschaftsrechtliche Struktur. Outgesourct werden kann ein Service Center, ein Unternehmensbereich, eine Tochtergesellschaft, ein Joint Venture oder zu einem externen Service-Anbieter.20 Hier muss die Frage gestellt werden, ob der betreffende Prozess weiterhin im Unternehmen selbst erstellt werden soll oder aber durch eine Partnerschaft (Joint Venture) bzw. durch einen externen Dienstleister.21 Die dritte Dimension von BPO ist die Geografie bzw. die Kulturdistanz der Leistungserstellung. Hier müssen sich Unternehmen folgende Frage stellen: Wird der Geschäftsprozess in einer der eigenen verwandten Unternehmenskultur organisiert oder ergeben sich kulturelle Unterschiede? Grob unterschieden wird hier nach dem Outsourcing im eigenen Heimatland, dem Nearshore Outsourcing und dem Offshore Outsourcing.22 Aus der Kombination der drei Dimensionen sind in der Vergangenheit verschiedene Begrifflichkeiten entstanden, die wichtigsten Begriffe sollen hier im Folgenden erläutert werden.

Unterschieden werden soll hier nach BPO-Formen im weiteren Sinne und im engeren Sinne. Bei BPO Formen im weiteren Sinne werden die betreffenden Geschäftsprozesse weiterhin vom Unternehmen selbst und nicht von einem Dienstleister erbracht. Da es sich aber um eine Herauslösung bzw. Isolierung von Geschäftsprozessen handelt und sie den BPO-Fällen im engeren Sinne ähneln, werden sie hier berücksichtigt. Bei BPO Formen im engeren Sinne, handelt es sich demnach um Formen bei denen Prozesse an einen externen Dienstleister ausgelagert werden. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass sich die verschiedenen Formen des BPO einander nicht ausschließen, im Gegenteil: Mit sämtlichen Formen und deren Kombinationen lassen sich administrative und unterstützende Prozesse optimieren.23 Unternehmen sollten demnach prüfen, welcher Outsourcing-Mix für sie der richtige ist.

5.1. BPO-Formen im engeren Sinne

Eine BPO-Form im engeren Sinne ist das Onshore-Outsourcing. Bei dieser Form des Outsourcings werden Prozesse innerhalb eines Werkes bzw. Unternehmens ausgegliedert, standardisiert und optimiert.24 Die Leistung wird in diesem Fall von einem auf dem Werks- bzw. Unternehmensgelände tätigen externen Dienstleister erbracht. Diese Eigenschaft macht sie in hohem Maße kundenindividuell. Dem gegenüber steht das sog. Nearshore-Outsourcing. In diesem Fall verlässt der eigentliche Geschäftsprozess das Werk oder den Konzern, wird von einem externen Dienstleister übernommen und in den Firmeneigenen Kulturkreis verlagert. Beispielsweise wird hier ein Geschäftsprozess, der bisher in Deutschland erbracht wurde, nach Tschechien ausgelagert. Erfolg erreicht der Dienstleister hier vor allem durch sein eigenes Prozess-Know-how und durch unterschiedliche Standortbedingungen (z.B. geringere Lohnkosten). Bei einer weiteren Outsourcing- Form, dem Offshore-Outsourcing, verlagert der externe Anbieter die Geschäftsprozesse in eine kulturferne Region. Oftmals handelt es sich hierbei um vergleichsweise hoch entwickelte Schwellen- und vor allem Niedriglohnländer, wie z.B. Indien oder China.

Die letzte zu betrachtende und eine relativ neue Outsourcingform ist das Noshore Outsourcing. Bei dieser Form des Outsourcings werden Geschäftsprozesse virtuell auf einer IT-Plattform angeboten. Die eigentliche Prozessleistung wird in diesem Fall durch ein IT-System erbracht, welches vom Leistungsempfänger selbst bedient wird. Vorteile dieser Variante sind die fehlende Standortbindung und die vergleichsweise geringe Kulturdistanz.25

5.2. BPO-Formen im weiteren Sinne: Das Shared-Service-Center

Bei der Betrachtung der einzelnen BPO-Formen stellt sich für jedes Unternehmen eine der strategischen Grundsatzfragen, nämlich die, ob ein internes Shared-Service-Center (nachfolgend SSC genannt) installiert oder der Prozess schon von Anfang an über einen externen Dienstleister bezogen werden soll. Um diese Grundsatzentscheidung zu erleichtern, wird im Folgenden das SSC ausführlich erläutert.

Ein SSC ist dadurch gekennzeichnet, dass in einem Konzern Geschäftsprozesse aus den Tochtergesellschaften (Business Units) ausgegliedert und als optimierter und standardisierter Prozess unternehmensweit angeboten werden.26 Der einzige Unterschied zum klassischen Outsourcing besteht also darin, dass die Auslagerung innerhalb einer Konzernstruktur stattfindet und im Prinzip nur eine andere Finanzierungsform gewählt wird. Die Erfahrung aus den letzten Jahren hat gezeigt, dass die Einführung von SSC's in vielen Unternehmen oftmals nur der erste Schritt ist und die betroffenen Prozesse im weiteren Zeitverlauf im vollen Umfang auf einen externen Dienstleister übertragen werden.27

Wie schon in der vorherigen Charakterisierung gezeigt wurde, sind das SSC und BPO von ihrer Grundstruktur sehr ähnlich. Die Organisation, Arbeitsweise und internen Prozesse sind gleich. Im Folgenden sollen die wesentlichen Kernunterschiede Kontrolle, Gewinn, Risiko und Qualität näher beleuchtet und bewertet werden.

Einer der Kernunterschiede zeigt sich in der Eigentümerstruktur. Das klassische SSC gehört in der Regel zu 100% dem Unternehmen, für welches es seine Leistungen erbringt.28 BPO-Lösungen werden dem Unternehmen üblicherweise von einem Service Provider bzw. einem externen Dienstleister angeboten. Dieser externe Dienstleister kann seine Dienste dem Unternehmen exklusiv anbieten oder für mehrere Kunden parallel arbeiten. Neben diesen beiden Reinformen existieren noch weitere Formen von Allianzen zwischen beauftragenden Unternehmen und BPO-Anbieter. Auf diese Spezialformen soll hier aber nicht näher eingegangen werden.

Eng verbunden mit der Eigentumsfrage sind die vier wesentlichen Aspekte Kontrolle, Gewinn, Risiko und Qualität.29 Der Kontrollaspekt wird hierbei oft überbewertet. Das Eigentum zu einer besseren Kontrolle führt, wird allgemein angenommen und dem ist auch so. Durch die mit dem Eigentumsrecht einhergehenden Überwachungs-/ Anweisungs- und Durchgriffsrechte lassen sich interne SSC's besser auf Leistungserbringung überwachen und gegebenenfalls sanktionieren. In der Praxis bedeutet dies, dass die interne Revision jederzeit Ordnungsmäßigkeits-Audits veranlassen und durchführen kann und wenn nötig, Mitarbeiter gezielt versetzt oder austauscht. Weiterhin können Unternehmensrichtlinien eher eingehalten und überwacht werden. Trotz aller Kontrolle gelingt es vielen Unternehmen aber über mehrere Jahre nicht, die Kostenstrukturvorgaben einzuhalten. Woran liegt das? Häufig, und gerade in größeren Unternehmen, sind die Gründe, in den trägen Mühlen und verkrusteten Strukturen zu suchen. Initiativen zu Optimierungen, welche in kleineren Unternehmen schneller und unkomplizierter umgesetzt werden können, „versickern“ in vielschichtigen Unternehmen oftmals.30 Ein zweiter Grund sind die häufigen Vorurteile in der ersten und zweiten Führungsebene gegenüber Positionen in einem SSC. Viele Mitarbeiter haben Angst als funktionaler Experte im Unternehmen abgestempelt zu werden oder gar durch eine Offshoring-Initiative den Job zu verlieren. Obwohl die Arbeit in einem SSC oftmals sehr vielfältig und interessant sein kann, drängt es viele Mitarbeiter aus den genannten Gründen in andere Geschäftsbereiche.

Aus Unternehmenssicht ist es demnach viel einfacher mit einem externen Anbieter, auf Basis eines entsprechenden Vertrages, klare Richtlinien, Preise und Leistungen festzulegen.31 Ebenfalls sollten Vertragsstrafen festgelegt sein, sollte die vereinbarte Leistung nicht erbracht werden. Um die Optimierung der Prozesse muss sich dann nicht mehr das Unternehmen kümmern, dies übernimmt der Dienstleister. Das hört sich erst einmal einfacher an, als es die tatsächliche Umsetzung im Nachhinein ist. Aber als Fazit bleibt zu sagen, dass weniger Kontrolle nicht unbedingt schlechtere Leistung bedeutet.

Kern einer jeden Make-or-Buy-Entscheidung und ein weiterer wichtiger Aspekt, den es zu betrachten gilt, ist der Kosten- bzw. Gewinnaspekt. Für viele Unternehmen scheint klar zu sein, dass der Outsourcing-Dienstleister teurer sein muss als das interne SSC.

Als Argument dient hier, dass der Dienstleister einschließlich seiner Gewinnmarge kalkuliert und somit teurer sein muss. Wobei das nicht zwingend so sein muss. Offenkundig ist, dass BPO-Anbieter z.T. erhebliche Gewinne realisieren. Dafür sprechen Argumente von BPO-Anbietern, wie z.B. geringere Investitionskosten, Spezialisierungseffekte, Economies of Scale (sinkende Erzeugungskosten je Produktionseinheit mit steigender Ausbringungsmenge), Economies of Scope (Synergieeffekte) und Offshore-Standorte. Aber, SSC's können ähnliche Argumente vorbringen. Letztlich hängt es von der Größe und dem Standort des SSC ab, ob ähnliche Vorteile wie die des BPO-Anbieters realisiert werden können. Aber welche Alternative ist nun günstiger? Diese Frage kann nicht beantwortet werden, denn für beide Seiten gibt es erfolgreiche Beispiele in der Praxis. Die Firmen Genpact (ehemals SSC von GE Capital) und New Source (ehemals SSC von Bahlsen) sind heute erfolgreiche BPO-Anbieter und untermauern die Fähigkeit, dass ein Shared Service Center ähnlich erfolgreich operieren kann wie ein BPO-Anbieter. Beide Beispiele zeigen aber auch, dass ein SSC meist nur der erste Schritt bei einer Prozessverlagerung- bzw. ausgliederung ist.

Als ein Argument für ein SSC kann der Aspekt des Risikos gelten.32 Insbesondere bei kritischen Prozessen sollten Unternehmen beachten, dass das Risiko weiterhin bei ihnen liegt. Ob im Bereich des Finanz- und Rechnungswesens, wo letztlich der Geschäftsführer die finanzielle Darstellung des Unternehmens unterzeichnet oder wenn aufgrund eines nicht kompetenten Call Center Agents ein Kunde verloren geht, die Konsequenzen trägt der Auftraggeber selbst. Natürlich sind in den meisten Verträgen empfindliche Strafen für diese Fälle vorgesehen. Aber langfristige Auswirkungen, wie z.B. Imageschäden und die damit verbundenen materiellen Konsequenzen, können diese Vertragsstrafen meist nicht kompensieren. Allerdings gilt hier auch, dass die genannten Verfehlungen ebenso in einem internen SSC auftreten können.

Wie in den ersten drei Punkten gezeigt werden konnte, ist eine eindeutige Differenzierung nur schwer möglich. .33 Viele BPO-Anbieter versuchen, sich aus diesem Grunde über den Qualitätsvorsprung abzugrenzen. Problematisch bei dieser Abgrenzung ist aber das Benchmarking der Qualitätsunterschiede zwischen dem internen SSC und dem externen BPO. Die Prozesse, gerade in Großkonzernen, sind häufig nicht für einen Kosten- und Qualitätsvergleich optimiert. Hinzu kommt, dass kaum ein SSC von sich aus und ohne großen Druck eine zu große Transparenz anstreben wird. Demzufolge wird ohne Transparenz auch die Qualität noch eine Weile hinterherhinken. In einer Zukunftsvision wird das SSC kaum wiederzufinden sein. Im Zuge der immer weiter einhergehenden Spezialisierung auf Kernkompetenzen wäre es absurd zu glauben, dass Unternehmen durch die Optimierung des Backoffice einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erzielen könnten. Genau das Gegenteil ist der Fall. Unternehmen müssen heute immer schneller und flexibler auf die sich schnell wandelnden Märkte, kurzen Produktlebenszyklen, Innovation und Kundenanforderung reagieren können.

Die derzeit noch herrschende Angst vor Kontrollverlust und Risiken kann auch als normale Entwicklungsstufe gesehen werden.34 Ob sich BPO letztlich durchsetzen kann ist auch abhängig davon, ob Change-Management-Anforderungen sowie das Risikomanagement gemeistert werden können. Auf weitere BPO-Formen soll in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden.

6. Beweggründe und Risiken des BPO

„Die Frage nach der Bewertung des Outsourcings ist immer eine Frage der Effizienz bzw. der Effektivität in Hinblick auf übergeordnete Unternehmungsziele. Diese lassen sich grundsätzlich unterteilen in (a) Aufwandsminderungen, (b) Ertragssteigerungen und (c) eine Minderung des eingesetzten Kapitals.“35

Im Folgenden sollen die Motive und Risiken bei einer Outsourcing-Entscheidung, unterteilt in monetäre und nichtmonetäre Entscheidungskriterien, näher aufgezeigt werden. Unternehmen sollten hierbei beachten, dass eine allgemeingültige Bewertung eines Outsourcings, auch im Einkauf von mittelständischen Unternehmen, nur sehr schwierig möglich ist. Wie in den vorherigen Kapiteln gezeigt wurde, sind die Ausprägungen und Formen von BPO sehr vielfältig. Hinzu kommt, dass auch noch andere Einflussfaktoren wie branchenbezogene Besonderheiten oder das geplante Ausmaß des Outsourcings beachtet werden müssen. Die Abwägung „für“ oder „gegen“ die einzelnen Argumente und die daraus entstehenden Folgewirkungen muss also jedes Unternehmen für sich selbst vornehmen.

6.1 Monetäre Beweggründe für ein Outsourcing

Monetäre Entscheidungskriterien beziehen sich auf den Kostenvorteil einer Outsourcing-Entscheidung. Wie auch in der von mir durchgeführten Umfrage zu ersehen ist, sind die Antwortmöglichkeiten mit monetärem Hintergrund die am häufigsten genannte Gründe für eine Outsourcing-Entscheidung. Sie sind somit eine wichtige Entscheidungsgrundlage für viele Unternehmen.

6.1.1 Mengeneffekte (Economies of Scale)

„Economies of Scale beschreiben den Zustand, dass sich mit steigender Ausbringungsmenge pro Zeiteinheit die durchschnittlichen Kosten pro Ausbringungseinheit verringern. Es handelt sich somit um eine volumenabhängige Kostendegression.“36

Die Outsourcing-Dienstleister machen sich hier die sog. Bündelungseffekte zu Nutze.37 Das heißt, der Dienstleister bündelt die Einkaufsmengen von mehreren Kunden und tritt am Markt als ein Kunde auf. Unternehmen nutzen demnach bei den Bündelungseffekten die gemeinsame Einkaufsmacht von Dienstleistern und Unternehmen und senken somit die Stückkosten je Transaktion.

6.1.2. Verbundeffekte (Economies of Scope 1/2)

„Verbundeffekte liegen immer dann vor, wenn man durch eine Erweiterung des Fokus, z.B. durch die kombinierte Auslagerung mehrerer eng vernetzter Geschäftprozesse, höhere Kosteneinsparungen bzw. Produktivitäts- oder Qualitätsgewinne erreichen kann als mit der Auslagerung eines einzelnen, isolierten Prozesses.“38 Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen die Frage stellen: Welche Prozesse bzw. Teilprozesse ausgelagert werden können? Bezogen auf die Auslagerung von Einkaufsprozessen stellt sich die Frage, ob nur das operative Beschaffungsmanagement (z.B. Bestellanforderung generieren) ausgelagert werden soll oder aber auch Bereiche aus dem strategischen Einkaufsmanagement (z.B. Lieferantenmanagement).39 Welche Vorteile kann ein Unternehmen nun aus diesen Verbundeffekten ziehen? Zum einen verringert die Auslagerung eng verbundener Prozesse die Menge an fehlerträchtigen Schnittstellen. Zum anderen lassen sich hierdurch Durchlaufzeiten signifikant verringern.40 Es kann also gesagt werden, dass je größer der Einflussbereich des BPO-Dienstleisters bzw. die von ihm übernommenen Prozesse, desto größer sind auch die positiven Verbundeffekte und die damit verbundenen Kosteneinspareffekte.

6.1.3. Effizienz durch Spezialisierung (Economies of Scope 2/2)

Ein weiteres Motiv für die Entscheidung zu einem Outsourcing ist die Nutzung bzw. der Zugang zu spezialisierten Know-how des BPO-Dienstleisters.41 Hierbei kann der Kunde von der Verfügbarkeit (nicht Auslastung) von Branchen-, Prozess- und Technologiespezialisten des BPO-Dienstleisters profitieren. Der BPO-Dienstleister ist auf einen ganz bestimmten Aufgabenbereich spezialisiert, kann operative Prozesse, wie z.B. den Einkauf, in eine bereits vorhandene BPO-Organisation integrieren und somit kostengünstiger und effizienter ausführen.

6.1.4. Verlagerung von Standorten

Viele Unternehmen fragen sich zu Recht, ob es sinnvoll ist, standardisierbare Nicht­kernprozesse, wie z.B. den Einkauf von C-Teilen, von hochqualifizierten Mitarbeitern und in hochpreisigen Innenstadtlagen durchführen zu lassen.42 Mit Hilfe von BPO lassen sich Kosten sowohl im Personalbereich als auch im Mietbereich senken, denn oft spielt es keine Rolle, wo die Leistungserbringung stattfindet. Hinzu kommen facettenreiche Möglichkeiten, welche auch im Kapitel 5. gezeigt wurden, standardisierte Prozesse an einem anderen Standort durchzuführen. Angefangen mit der Auslagerung in andere Regionen, dem „Nearshore-Outsourcing“ (z.B. zwischen West- und Ostdeutschland,) bis hin zur Auslagerungen in weit entfernte Niedriglohnländer, dem „Offshore Outsourcing“ (z.B. Indien). Sprachliche- und kulturelle Unterschiede sollten bei der Entscheidung ebenso eine Rolle spielen wie die physische Erreichbarkeit in Problemsituationen. Weiterhin steigt mit zunehmender Entfernung des neuen Standortes das Implementierungsrisiko und der erforderliche zeitliche Vorlauf.43

Ein weiterer Überlegungsansatz ist, ob das outsourcende Unternehmen kommunikationsarme (z.B. Datenbankpflege) von kommunikationsintensiven Prozessen trennt, welche einen engen Kundenkontakt (evtl. auch vor Ort) erfordern.44

6.1.5. Wandlung von fixen in variable Kosten

Die Umwandlung von fixen Kosten in variable Kosten und somit die extern bezogene, verbrauchsabhängige Dienstleistung „wie Strom aus der Steckdose“ beziehen zu können, ist ein weiteres Argument für ein Dienstleistungsoutsourcing.45 Das sich durch BPO fixe Kosten variabilisieren lassen und damit in Abhängigkeit von der jeweiligen Prozessintensität steigen oder sinken, ist nur zum Teil richtig. Das Idealmodell wäre die Ausgliederung von gerade solchen Prozessen, welche starken Saisonalen und/ oder konjunkturellen Schwankungen unterliegen und den Unternehmen in schwachen Zeiten hohe Fixkosten verursachen. Das Preismodell wäre rein transaktionsbasiert, d.h. es wird für jede Transaktion eine vorher vertraglich festgelegte Gebühr angesetzt. Dies ist aber eher Wunschdenken und in der Praxis so nicht in vollem Umfang umsetzbar.

BPO-Dienstleister werden meist auf Vertragskonditionen bestehen, durch die das Variabilitätsargument deutlich relativiert wird. Vereinbart wird, gerade bei längeren Vertragslaufzeiten, häufig eine Mindest- oder Durchschnittsauslastung.46 Auch eine Preisänderung bzw. eine Nachverhandlung bei Überschreitung von Ober- und Untergrenzen wird in vielen Verträgen festgelegt.

Zusammenfassend ist also zu sagen, dass die Bedeutung dieses Potentials und die damit verbundenen Kosteneinspareffekte nur dann hoch sind, wenn das Preismodell rein transaktionsbasiert ist oder fixierte Obergrenzen überschritten werden und somit in Nachverhandlungen eine Verbesserung der Konditionen erreicht werden kann.

6.1.6. Verbesserung der Transparenz und Steuerung im Unternehmen

Ein weiterer Beweggrund für eine Outsourcing Maßnahme ist die Erhöhung der Transparenz der verursachten Kosten bzw. eine Verbesserung der Steuerung von einzelnen Bereichen.

[...]


1 Vgl. Zahn/ Barth/ Hertweck, 2007, S. 4.

2 Vgl. Wullenkord., 2005, S. 3.

3 Vgl. Gross/ Bordt/ Musmacher, 2006, S. 28.

4 Vgl. hierzu und im Folgenden: Dittrich/ Braun, 2004, S. 1.

5 Vgl. hierzu und im Folgenden: Wullenkord, 2005, S. 4.

6 Vgl. Wullenkord, 2005, S. 4.

7 Vgl. Schewe/ Kett, 2007, S. 2.

8 Vgl. Wullenkord, 2005, S. 3.

9 Vgl. Gross/ Bordt/ Musmacher, 2006, S. 26f..

10 Vgl. Schewe/ Kett, 2007, S. 3.

11 Vgl. hierzu und im Folgenden: Schewe/ Kett, 2007,S. 3f..

12 Vgl. hierzu und im Folgenden: Dressler, 2007, S. 64.

13 Vgl. ebd., S. 59.

14 Vgl. hierzu und im Folgenden: Gross/ Bordt/ Musmacher, 2006, S. 31.

15 Vgl. Gross/ Bordt/ Musmacher, 2006, S. 31.

16 Vgl. ebd., S. 32.

17 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 23.

18 Vgl. hierzu und im Folgenden: Gross/ Bordt/ Musmacher, 2006. S. 24.

19 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 24f..

20 Vgl. Gross/ Bordt/ Musmacher , 2006, S. 29.

21 Vgl. hierzu und im Folgenden: Schewe/ Kett, 2007. S. 6.

22 Vgl. Gross/ Bordt/ Musmacher, 2006, S. 29.

23 Vgl. Schewe/ Kett, 2007, S. 6.

24 Vgl. hierzu und im Folgenden: Schewe/ Kett, 2007, S. 8.

25 Vgl. ebd., S. 9.

26 Vgl. ebd., S. 7.

27 Vgl. Schewe/ Kett, 2007, S. 7.

28 Vgl. Dressler, 2007, S. 89f..

29 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 89f..

30 Vgl. hierzu und im Folgenden: Dressler, 2007 , S. 91.

31 Vgl. ebd., S. 91f..

32 Vgl. ebd., S. 92f..

33 Vgl. hierzu und im Folgenden: Dressler, 2007, S. 93.

34 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 94.

35 Osterloh, 2004, S. 69.

36 Osterloh, 2004, S. 75.

37 Vgl. hierzu und im Folgenden: Dittrich/ Braun, 2004, S. 30.

38 Dittrich/ Braun, 2004, S. 33.

39 Vgl. Dittrich/ Braun, 2004, S. 34.

40 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 34.

41 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 36.

42 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 44.

43 Vgl. hierzu und im Folgenden: Dittrich/ Braun, 2004, S. 44.

44 Vgl. Dittrich/ Braun, 2004, S. 44.

45 Vgl. hierzu und im Folgenden: Osterloh, 2004, S. 90.

46 Vgl. hierzu und im Folgenden: ebd., S. 91.

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Business Process Outsourcing im Einkauf mittelständischer Unternehmen
Untertitel
Theoretische Hintergründe und ein praxisorientierter Leitfaden
Hochschule
Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven; Standort Wilhelmshaven
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
67
Katalognummer
V151052
ISBN (eBook)
9783640630233
ISBN (Buch)
9783640630561
Dateigröße
1644 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einkauf, Outsourcing, BPO, Business Process Outsourcing, Prozessoutsourcing
Arbeit zitieren
Nico Neudmann (Autor:in), 2010, Business Process Outsourcing im Einkauf mittelständischer Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151052

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