Transfersicherung in der betrieblichen Weiterbildung

Ablauf, Faktoren, Instrumente


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Ist die Transfersicherung in der betrieblichen Weiterbildung eine Aufgabe für Personalentwicklung (PE)?
1.1 Ziel und Struktur der Arbeit
1.2 Zentrale Begriffe zur Transfersicherung

2 Prozeß der Transfersicherung

3 Faktoren, die Transfersicherung beeinflussen

4 Instrumente zur Transfersicherung
4.1 Richtigen Zeitpunkt der Maßnahme finden
4.2 Teilnehmerauswahl
4.3 Lerninhalte müssen angemessen sein
4.4 Methoden und Medien transferförderlich arrangieren
4.5 Auftragsklärung
4.6 Bedarfsanalyse
4.7 Maßnahmen des Personalmanagements
4.8 Transferbarrieren seitens der Teilnehmer, des Lernfeldes und des Funktionsfeldes erkennen
4.9 Transferförderliche Unternehmenskultur im Funktionsfeld schaffen

5 Transfersicherung ist das zentrales Anliegen von PE bei betrieblicher Weiterbildung

6 Literaturverzeichnis

1 Ist die Transfersicherung in der betrieblichen Weiterbildung eine Aufgabe für Personalentwicklung (PE)?

" […] Personalentwicklung (PE) (!) kennzeichnet die Förderung beruflich relevanter Kenntnisse, Fertigkeiten, Einstellungen etc. durch Maßnahmen der Weiterbildung, der Beratung, des systematischen Feedbacks und der Arbeitsgestaltung."[1]

Im Fokus der nachfolgenden Betrachtung steht insbesondere die betriebliche Weiterbildung. Betriebliche Weiterbildung bedeutet, dass ein Betrieb eine systematische Qualifizierung von Mitarbeitern[2] veranlasst und finanziert, damit diese die im Betrieb erforderlichen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse erhalten, erweitern und anpassen können.[3]

Becker behauptet, Personalentwicklungsmaßnahmen seien erst dann erfolgreich abgeschlossen, wenn der Transfer des Gelernten auf die Arbeitssituation dauerhaft stattgefunden hat.[4]

Betrachtet man empirische Erhebungen über das Ausmaß des Transfererfolges nach einer Weiterbildungsmaßnahme[5] so wird deutlich, dass ein 100%iger Transfer von einer Weiterbildung in den Arbeitsalltag wohl ein utopischer Gedanke ist:[6]

- 10% eines Lerninhaltes werden in Verhaltensänderungen umgesetzt.
- 40% der Teilnehmer übertragen Lerninhalte unmittelbar nach einer Weiterbildung nicht in den Arbeitsalltag.
- 70% der Teilnehmer transferieren Lerninhalte ein Jahr nach einer Weiterbildung nicht mehr.
- Nur 50% der Trainingsinvestitionen haben Auswirkung auf Verbesserung im Unternehmen bzw. individuelle Weiterentwicklung der Mitarbeiter.

Es lässt sich daher die Hypothese aufstellen, dass Transfer, d.h. die Anwendung und Generalisierung erlernten Wissens oder neu erworbener Strategien und Handlungsweisen im Arbeitsalltag, ein zentrales Anliegen für Personalentwicklung ist. Ein mögliches Konzept, mit dem PE dies versuchen kann, ist das Konzept der Transfersicherung.

1.1 Ziel und Struktur der Arbeit

Die vorliegende Arbeit soll die Transfersicherung als Aufgabe von PE verdeutlichen, indem sie

- den Prozess der Transfersicherung darstellt,
- die Faktoren, die Lerntransfer von Inhalten betrieblicher Weiterbildung auf die Arbeitspraxis beeinflussen können, aufzeigt und daraus resultierend,
- Instrumente als Interventions- und Gestaltungsmöglichkeiten vorstellt, mit denen systematische Personalentwicklung versuchen kann, einen hohen Grad an Lerntransfer von einer Weiterbildungsmaßnahme in den Arbeitsalltag zu gewährleisten.

Erläuterungen zu Prozess, Einflussfaktoren und Lösungsmöglichkeiten (Instrumente) sollen das Konstrukt Transfersicherung sowie deren Stellenwert für Verantwortliche in der PE veranschaulichen und Gestaltungs- und Interventionsmöglichkeiten aufzeigen.

1.2 Zentrale Begriffe zur Transfersicherung

Folgende Begriffe sind in dieser Arbeit von Bedeutung:

- Transfer und Transferarten
- Lernfeld und Funktionsfeld
- Transfersicherung
- Transfererfolg

Transfer im pädagogischen Sinne meint das Übertragen von etwas Gelerntem auf eine Aufgabe, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Lernerfahrung steht. Das Spannungsfeld besteht in der Differenz zwischen dem Lernen in der Weiterbildungsmaßnahme und dem Anwenden im Arbeitsalltag.[7]

Grundlegend für die weitere Arbeit ist die Definition von Gnefkow: "Transfer bezeichnet die kontinuierliche Anwendung der im Lernfeld erworbenen Inhalt im Funktionsfeld. Dabei generalisiert der Teilnehmer die erlernten Inhalte, entscheidet über deren Anwendung und führt die Anwendung im Funktionsfeld aus."[8]

Differenziert werden folgende Transferarten [9] :

Nulltransfer: Erlerntes hat keinen Einfluss auf das Funktionsfeld.

Negativer Transfer: Erlerntes hat einen erschwerenden Einfluss auf das Funktionsfeld.

Positiver Transfer: Erlerntes verbessert bzw. erleichtert das Handeln im Funktionsfeld.

Lateraler Transfer Inhaltsgleiche Aufgaben im Lernfeld und Funktionsfeld können erledigt werden.

Vertikaler Transfer: Mitarbeiter kann Mängel seiner Arbeitsweise erkennen und initiativ durch Lernen beheben.

Becker unterscheidet zusätzlich nach:[10]

Routinetransfer: Anwenden von Gelerntem auf bekannte Problemstellungen im Funktionsfeld.

Innovativer Transfer: Mitarbeiter setzt Gelerntes in bisher unbekannten Aufgaben im Funktionsfeld um.

Genannt wurden nun bereits Lern- und Funktionsfeld. Die eigentliche Weiterbildungsmaßnahme lässt sich als Lernfeld, das Arbeitsumfeld des Mitarbeiters als Funktionsfeld bezeichnen.[11]

Transfersicherung soll dafür sorgen, dass Probleme im Funktionsfeld, die vor einer Weiterbildungsmaßnahme bestanden, dauerhaft behoben werden können.[12] Transfersicherung umfasst verschiedene Maßnahmen vor und während betrieblicher Weiterbildung, damit der Lernerfolg so erreicht wird, dass Mitarbeiter das Erlernte vom Lernfeld in das Funktionsfeld transferieren kann.

Transfersicherung umfasst auch verschiedene Maßnahmen nach der Durchführung betrieblicher Weiterbildung, die einen Transfer des Lernerfolgs in neue Aufgaben am Arbeitsplatz ermöglichen. Transfersicherung soll den Transfererfolg fördern und findet sowohl im Funktions- als auch im Lernfeld statt.[13]

Synonym zu Transfersicherung sprechen Solga und Ulbrich von Lerntransfermanagement, was aber genau wie Transfersicherung die Planung und Optimierung des Lerntransfers im Zusammenhang mit betrieblicher Weiterbildung meint.[14]

Lern- und Transfererfolg

Becker behauptet: "Der Erfolg von Personalentwicklungsmaßnahmen zeigt sich im Lernerfolg [...] und im Transfererfolg [...] ."[15]

Unter Lernerfolg versteht er den Zuwachs an Wissen und Fähigkeiten nach einer Maßnahme. Transfererfolg sieht Becker als gegeben, wenn Lerninhalte auf bestehende, veränderte oder neue Aufgaben übertragen werden.[16] Insofern meint Becker als Transfererfolg die oben genannten Transferarten außer dem Nulltransfer und dem negativen Transfer.

Gnefkow hingegen nimmt Bezug auf die Lernziele einer Weiterbildung: "Der Transfererfolg bezeichnet einen Zustand, in dem die Lernziele der Weiterbildung realisiert wurden und in Form einer Verhaltensänderung des Teilnehmers im Funktionsfeld kontinuierliche Anwendung finden."[17]

Nach Arnold ist Transfererfolg eine von vier Erfolgsdimensionen von Weiterbildung. Er behauptet, der Ausmaß von Transfererfolg gebe Informationen über Einsatz des Gelernten im Funktionsfeld, Anwendungshemmnisse, notwendige Änderungen im Unternehmen, und Vorraussetzungen zur Anwendungen im Unternehmen. Die anderen drei Erfolgsarten von Weiterbildung sind seiner Meinung nach Zufriedenheitserfolg (auf Seiten der Teilnehmer), Lernerfolg (informiert über inhaltliche Qualität des Lernprozesses) und betriebswirtschaftlicher Erfolg (ergibt sich aus Kosten-Nutzen-Vergleich).[18]

2 Prozeß der Transfersicherung

Saks und Belcourt stellen fest, dass Interventionen vor, während und nach Weiterbildungsmaßnahmen Transfer signifikant fördern, viele Unternehmen sich jedoch nur auf Interventionen während Weiterbildungsmaßnahmen bzw. auf die Gestaltung des Trainingsdesign, also Gestaltung der Weiterbildungsmaßnahme an sich konzentrieren.[19]

Ein grundlegendes Prozess-Modell, auf das in der vorliegenden Literatur oft Bezug genommen wird, ist das Modell des Transferprozesses von Baldwin und Ford, das die Phasen Trainingsdurchführung, Trainingsergebnis und Transfer unterscheidet und davon ausgeht, dass verschiedene Faktoren den Transfer beeinflussen.[20]

Karg interpretiert sogar, das die Transfersicherung durch den Blick auf das Davor und Danach eines Trainings auch zur Maßnahme der Organisationsentwicklung wird, da der gesamte Kontext der involvierten Personen als auch der Organisation berücksichtigt wird.[21]

Becker differenziert den Prozess von Transfersicherung in vorlaufende (ex ante), begleitende (prozessuale) und nachfolgende (ex post) Maßnahmen.[22]

Solga, Ryschka und Mattenklott verorten Transfersicherung in ihrem Prozessmodell der PE ebenfalls prozessbegleitend, vor, während und nach Maßnahmen der Personalentwicklung.[23] Auch Becker sieht in seinem Modell von systematischer PE als Funktionszyklus die Transfersicherung eng verknüpft mit Bedarfsanalyse und Zielsetzung aber auch Erfolgskontrolle.[24]

Es wird hier deutlich, dass Transfersicherung als Prozess zu verstehen ist, der vor, während und nach betrieblicher Weiterbildung gestaltet werden kann.

Solga fordert dies besonders nachdrücklich: "Transfersicherung sollte lange Zeit vor der eigentlichen Entwicklungsmaßnahme beginnen und zeitlich weit über das Ende eines Trainings, Coachings oder Weiterbildungsseminars hinausgehen."[25]

Welche Faktoren nun vor, während und nach betrieblicher Weiterbildung Transfererfolg beeinflussen, wird nun im folgenden Kapitel dargestellt.

[...]


[1] Vgl. Solga, Ryschka, Mattenklott 2008, S. 19.

[2] Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen die männliche Form verwendet, hierbei ist die weibliche Form eingeschlossen.

[3] Vgl. Becker 2007, S. 184.

[4] Vgl. Becker 2005, S. 24.

[5] Synonym werden im Folgenden auch die Begriffe Seminar, Training oder Weiterbildung verwendet.

[6] Vgl. Burke, Hutchins 2007, S. 263 und vgl. Bergmann, Sonntag 1999, S. 287.

[7] Vgl. Becker 2007, S. 172.

[8] Gnefkow 2008, S. 33.

[9] Vgl. Bergmann, Sonntag 1999, S. 288.

[10] Vgl. Becker 2007, S. 172 f.

[11] Vgl. Solga 2008, S. 307, siehe auch Bergmann, Sonntag 1999, S. 187.

[12] Vgl. Becker 2007, S. 173 f.

[13] Vgl. Gnefkow 2008, S. 42 f.

[14] Vgl. Solga 2008, S. 306 und Ulbrich 1999, S, 39 ff.

[15] Becker 2005, S. 243.

[16] Vgl. Becker 2005, S. 243.

[17] Gnefkow 2008, S. 38.

[18] Vgl. Arnold 1996, S. 227.

[19] Vgl. Saks, Belcourt 2006, S. 643.

[20] Vgl. Baldwin, Ford 1988, S. 65.

[21] Vgl. Karg 2006, S. 101.

[22] Vgl. Becker 2005, S. 245.

[23] Vgl. Solga, Ryschka, Mattenklott 2008, S. 23.

[24] Vgl. Becker 2005, S. 247.

[25] Solga 2008, S. 306.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Transfersicherung in der betrieblichen Weiterbildung
Untertitel
Ablauf, Faktoren, Instrumente
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau  (Postgraduales Studium Master of Arts "Personalentwicklung")
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V150933
ISBN (eBook)
9783640624676
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personalentwicklung, Weiterbildung, Transfersicherung
Arbeit zitieren
Florian Böttcher (Autor:in), 2010, Transfersicherung in der betrieblichen Weiterbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150933

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