Cash Flow basierte Finanzierungen

Bankseitige Risiken bei Finanzierungsprojekten in der internationalen Handelsschifffahrt


Diplomarbeit, 2007

95 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Grundlagen der Projektfinanzierung
2.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung zur Unternehmensfinanzierung
2.2 Historische Entwicklung
2.3 Moderne Anwendungsb erei che
2.4 Charakteristische Merkmale
2.4.1 Cashflow Related Lending
2.4.2 Risk Sharing
2.4.3 Off-Balance-Sheet Finanzierung
2.5 Abgrenzung zu verwandten Finanzierungskonstruktionen
2.5.1 Exportfinanzierung
2.5.2 Venture Capital
2.6 Projektbeteiligte
2.7 Risikosituation von Fremdkapitalgebern in der Projektfinanzierung
2.7.1 Begriffsbestimmung „Risiko“
2.7.2 Projektrisiken von Fremdkapitalgebern

3 Rahmenbedingungen der Schiffsfinanzierung
3.1 Definition des Finanzierungsgegenstandes „Schiff“
3.2 Schifffahrtsmärkte
3.2.1 Schiffstypen
3.2.1.1 Containerschiffe
3.2.1.2 Tanker
3.2.1.3 Trockene Massengutfrachter/Bulk Carrier
3.2.1.4 Kombinierte Schiffstypen
3.2.1.5 Passagierschiffe
3.2.2 Marktgröße
3.3 Beteiligte an einem Schiffsprojekt
3.4 Frachtverträge im Seefrachtverkehr (Chartertypen)
3.4.1 Zeitcharter
3.4.2 Tramp-/Reise-Charter
3.4.3 Bareboat-Charter
3.4.4 Zeitreiheneigenschaften von Charterraten
3.4.5 Bestimmungsfaktoren von Charterraten
3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen
3.5.1 Internationales Seerecht
3.5.2 Ein-Schiff-Gesellschaft
3.6 Schiffsfinanzierung im internationalen Kontext

4 Einordnung der Schiffsfinanzierung in die Projektfinanzierung
4.1 Cashflow Related Lending
4.2 Risk Sharing
4.3 Off-Balance-Sheet Effekt

5 Risiken in der bankseitigen Schiffsfinanzierung
5.1 Begriffseingrenzung „bankseitige Schiffsfinanzierung“ und „Risiko“
5.2 Risiken in der bankseitigen Schiffsfinanzierung
5.2.1 Länderrisiko
5.2.2 Wechselkursrisiko
5.2.3 Inflationsrisiko
5.2.4 Zinsänderungsrisiko
5.2.5 Bonitätsrisiko
5.2.6 Gutachtenrisiko
5.2.7 Betriebs- und Funktionsrisiko
5.2.8 Fertigstellungsrisiko
5.2.9 Marktprei srisiko
5.2.10 Juristisches Durchsetzungsrisiko und rechtliches Risiko
5.2.11 Konzessions- und Genehmigungsrisiko
5.2.12 Gesamtfinanzierungsrisiko
5.2.13 Force Majeur Risiko
5.2.14 Umweltrisiko
5.2.15 Sonstige Risiken
5.2.16 Gesamtübersicht bankseitiger Risiken in der Schiffsfinanzierung

6 Zusammenfassung, Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Beteiligte an einer Projektfinanzierung

Abb. 2: Aufteilung der Weltflotte nach Anzahl der Schiffe

Abb. 3: Hamburg Index für Zeitcharterraten und der Schifffahrtszyklus

Abb. 4: Projekt- vs. Unternehmensfinanzierung in der Handelsschifffahrt

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Unternehmensfinanzierung vs. Projektfinanzierung

Tab. 2: Risiken von Fremdkapitalgebern bei projektfinanzierten Vorhaben

Tab. 3: Zusammenfassung bankseitiger Risiken in der Schiffsfinanzierung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Ungefähr 95% der Waren im interkontinentalen Handelsverkehr werden auf dem Seeweg transportiert.[1] Die Welthandelsflotte, die das weltweite Seetransportaufkommen abwickelt, umfasst rund 43.000 Schiffe.[2] Begünstigt durch die Globalisierung der Weltwirtschaft und durch den wirtschaftlichen Expansionskurs Chinas und Indiens, nimmt der globale Warenaustausch zwischen den Volkswirtschaften weiter zu, was eine massive Nachfrage nach zusätzlichen Transportkapazitäten hervorruft.[3] Im Januar 2007 hielten die Werften Bestellungen von 6.045 Schiffen in ihren Orderbüchern. Bei Investitionsvolumina zwischen 30 Mio. US-Dollar von Neubauten kleinerer Massengutfrachter[4] und 140 Mio. US-Dollar großer Containerschiffe,[5] entsteht ein gewaltiger Finanzierungsbedarf i.H.v. mehreren hundert Mrd. US-Dollar. Der Kapitalbedarf in der Seeverkehrswirtschaft geht jedoch noch darüber hinaus, da zu erwarten ist, dass die wachsende Welthandelsflotte Folgeinvestitionen in Erweiterung von Hafeninfrastrukturen hervorrufen wird.[6]

1.1 Problemstellung

Aufgrund des großen Finanzierungsbedarfes und -potentials steht die maritime Industrie und die Schiffsfinanzierung stärker im Fokus der Finanzwelt als jemals zuvor. Das weltweite Volumen bankseitiger Schiffsfinanzierungen durch Fremdkapital betrug im Jahr 2005 circa 53 Mrd. US-Dollar.[7] Auch wenn Teile der Schiffsindustrie bereits einen direkten Zugang zu den Finanzmärkten haben, stellt der Bankkredit weiterhin die mit Abstand wichtigste Kapitalquelle dar.[8] Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich deshalb mit der Bereitstellung von Fremdkapital durch Banken für den Erwerb und Betrieb von Seeschiffen.

Dabei kommt die spezielle Finanzierungstechnik der Projektfinanzierung bzw. Cashflow basierten Finanzierung zur Anwendung,[9] woraus sich Risiken für die Kredit gebende Bank ergeben, die von denen einer klassischen Unternehmensfinanzierung abweichen. Diese Arbeit wird sich zunächst mit der allgemeinen Darstellung dieser

Finanzierungstechnik beschäftigen und sie anschließend auf deren Anwendung sowie Ausprägung bei Finanzierungsvorhaben in der Handelsschifffahrt überprüfen.

Neben dem hohen Kapitalbedarf sind für die maritime Industrie vor allem zwei Merkmale charakteristisch.

Zum einen handelt es sich aufgrund der Mobilität von Schiffen und deren Einsetzbarkeit auf den Weltmeeren um einen der am stärksten internationalisierten Märkte überhaupt.[10] Die Finanzierungsbeurteilung der Kreditgeber darf sich deshalb nicht auf lokale oder regionale Aspekte beschränken, sondern muss auf einer globalen Ebene ansetzen und rechtliche sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Einsatzgebiete und relevanter Jurisdiktionen, in denen sich ein finanziertes Schiff bewegt, einbeziehen.

Bei Schiffsprojekten handelt es sich somit um besonders komplexe Finanzierungsvorhaben.

Zum anderen kann nicht von einem homogenen Schifffahrtsmarkt ausgegangen werden. „Shipping is not one industry but a number of them.“' [11] '1 Die Welthandelsflotte, besteht vielmehr aus unterschiedlichen Schiffstypen, wie Stückgutschiffen, Containerschiffen, Tankschiffen, Massengutfrachtern, Kühlschiffen, Fahrgastschiffen und Spezialschiffen (z.B. Schwimmkränen oder Eisbrechern).[12] Alle diese Schifffahrtssegmente bilden Teilmärkte, die eine eigene Dynamik aufweisen und sich in wesentlichen Eigenschaften sowie ihrem Risikoprofil unterscheiden.

Vor dem Hintergrund des hohen Kapitalbedarfs und der großen Komplexität von Schiffsprojekten erscheint eine Bestimmung und Auseinandersetzung mit Finanzierungsrisiken von Schiffsprojekten nicht nur interessant, sondern notwendig.

Ziel dieser Arbeit ist deshalb, die bankseitigen Risiken projektfinanzierter Seeschiffe herauszuarbeiten und aufzuzeigen. Trotz der Heterogenität der Teilmärkte soll versucht werden, die Risikoarten zu bestimmen, die bei Finanzierungsvorhaben in der Handelsschifffahrt im Allgemeinen relevant sind und dadurch die Vorraussetzung für die Beurteilung und Bewertung von Finanzierungsrisiken bei Schiffsprojekten in einem spezifischen Teilmarkt zu schaffen.

Im Rahmen dieser Arbeit wird immer wieder der Container- und Tankerschifffahrt besondere Beachtung geschenkt. Diese Auswahl wird damit begründet, dass der Containerschifffahrt ein besonderer Beitrag zum zunehmenden Welthandel und der

Globalisierung zugesprochen wird.[13] Die weltwirtschaftliche Relevanz des seewärtigen Öltransportes sowie weit reichende Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen des Tankerbetriebes,[14] lassen dieses Schifffahrtssegment als ebenso wichtig und interessant erscheinen.

1.2 Gang der Untersuchung

Neben den einleitenden Abschnitten 1.1 und 1.2, gliedert sich diese Arbeit in fünf Teile, die in den Kapiteln 2 bis 6 behandelt werden.

Kapitel 2 stellt die Grundlagen der klassischen Projektfinanzierung dar und schafft damit den konzeptionellen Rahmen für die nachfolgenden Kapitel. Dieses Kapitel zielt darauf ab, den Leser in die Besonderheiten und Charakteristika dieser Cashflow basierten Finanzierungsart einzuführen.

Dazu werden in 2.1 die definitorischen Grundlagen gelegt, indem der Begriff Projektfinanzierung definiert und von der Unternehmensfinanzierung abgegrenzt wird. In den darauf folgenden Abschnitten 2.2 und 2.3 werden die historischen Ursprünge der Projektfinanzierung sowie deren moderne Anwendungsbereiche beschrieben. Im Anschluss an diese einführenden Abschnitte, werden in 2.4 die drei konstitutiven Merkmale projektfinanzierter Vorhaben aufgezeigt. Dies erlaubt in 2.5 eine eindeutige Abgrenzung von scheinbar ähnlichen Finanzierungskonstruktionen. Abschnitt 2.6 stellt die beteiligten Parteien an einem projektfinanzierten Vorhaben dar.

Diese vorbereitenden Abschnitte münden schließlich in eine Darstellung der Risikosituation für das Fremdkapital bei projektfinanzierten Vorhaben in Abschnitt 2.7. Da die Kenntnis der Funktionsweise und Besonderheiten von Schifffahrtsmärkten unbedingte Voraussetzung für eine Einschätzung des Finanzierungsrisikos in dieser Industrie ist, wird sich Kapitel 3 den Rahmenbedingungen der Schifffahrt widmen. Nach der Begriffsbestimmung des Finanzierungsgegenstandes Schiff in 3.1, wird sich 3.2 mit der Darstellung der wichtigsten Schiffssegmente sowie der Marktgröße und - zusammensetzung beschäftigen. Im darauf folgenden Abschnitt 3.3 werden die an einem Schiffsprojekt beteiligten Akteure kurz dargestellt. Die verschiedenen Typen zur Anmietung von Handelsschiffen sowie deren Eigenschaften und Bestimmungsfaktoren werden in 3.4 untersucht. Das rechtliche sowie institutionelle Umfeld auf den Schifffahrtsmärkten wird in 3.5 beschrieben. Abgeschlossen wird das dritte Kapitel mit einer Einordnung der Schiffsfinanzierung in den internationalen Kontext in Abschnitt 3.6.

Auf Basis der vorangegangenen Kapitel, in denen der Leser sowohl mit der Struktur und Methodik projektfinanzierter Vorhaben, als auch mit den Rahmenbedingungen der Handelsschifffahrt vertraut gemacht wurde, werden in den Abschnitten 4.1 bis 4.3 des Kapitel 4 diese beiden Themengebiete zusammengeführt. Die zuvor vorgestellten konstitutiven Charakteristika der Projektfinanzierung werden hier auf ihre Existenz und Ausprägung bei Finanzierungsvorhaben in der Handelsschifffahrt geprüft und dadurch die Untersuchung bankseitiger Risiken aus der Projektperspektive und nicht der Unternehmensperspektive in den nachfolgenden Kapiteln gerechtfertigt.

Kapitel 5 beschäftigt sich schließlich mit der Untersuchung der Risikosituation von Fremdkapitalgebern projektfinanzierter Vorhaben in der Handelsschifffahrt. Es werden die einzelnen Risikoarten im Einzelnen dargestellt sowie deren Relevanz für Fremdkapitalgeber untersucht.

In Kapitel 6 werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst, ein Fazit gezogen und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen und Fragestellungen vorgenommen.

2 Grundlagen der Projektfinanzierung

Dieses Kapitel zielt darauf ab, den Leser mit den Grundlagen der Projektfinanzierung vertraut zu machen und ihn dadurch für Risiken dieser spezifischen Finanzierungstechnik zu sensibilisieren.

2.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung zur Unternehmensfinanzierung

Für den Fachbegriff Projektfinanzierung sind in der Literatur unterschiedliche Definitionsansätze zu finden. Es erscheint deshalb sinnvoll, den in der Projektmanagementlehre verwendeten Begriff eines Projektes als Ausgangspunkt der Begriffsdefinition zu erläutern.

Unter einem Projekt wird nach der Norm DIN 69901 ein Vorhaben verstanden, welches sich durch die Einmaligkeit ihrer Bedingungen auszeichnet. Terminierbarkeit von Anfangs- und Endzeitpunkt, spezifische Organisationsstruktur, eine eindeutige Abgrenzbarkeit gegenüber anderen Vorhaben, speziell formulierte Zielvorgaben sowie zurechenbare finanzielle, materielle und personelle Ressourcen kennzeichnen ein Projekt.[15] Die besondere Projektkomplexität, welche sich in der Größe und der Anzahl vieler heterogener Akteure widerspiegelt, stellt ein weiteres Charakteristikum dar.[16] Demnach beschreibt die Projektfinanzierung eine Finanzierungsmethode, die sich an den Spezifika des zu finanzierenden Projektes orientiert.[17]

Finnerty definiert Projektfinanzierung als „...the raising of funds to finance an economically separable capital investment project in which the providers of the funds look primarily to the cash flow from the project as the source of funds to service their loans and provide the return of and a return on their equity invested in the project.“'[18]

Nevitt und Fabozzi definieren es als: „A financing of a particular economic unit in which a lender is satisfied to look initially to the cash flows and earnings of that economic unit as the source of funds from which a loan will be repaid and to the assets of the economic unit as collateral for the loan.“[19]

Die Definition, die der Projektfinanzierung am häufigsten zugrunde gelegt wird, ist die des Financial Accounting Standard No. 47 aus dem Jahre 1981.[20] Demnach wird unter Projektfinanzierung “The financing of a major capital project in which the lender looks principally to the cash flows and earnings of the project as the source of funds for repayment and to the assets of the project as collateral for the loan. The general credit of the project entity is usually not a significant factor, either because the entity is a corporation without other assets or because the financing is without direct recourse to the owner(s) of the entity“[21] verstanden. „In dieser Gesetzesvorschrift wird die Projektfinanzierung als die Finanzierung, einer sich selbst tragenden Wirtschaftseinheit definiert, bei der sich der Kreditgeber vornehmlich auf den Cashflow und die Aktiva des Projektes als Sicherheit für die Rückzahlung des Fremdkapitals verlassen.“[22] Aus dieser Definition ergibt sich, dass die Bereitstellung von Fremdkapital dann eine Projektfinanzierung darstellt, wenn:

- Eine juristisch selbständige Projektgesellschaft gegründet wird, die im eigenen Namen Kreditverträge abschließen kann und dadurch die Kreditvergabe unmittelbar an die Projektgesellschaft und nicht an die initiierenden Unternehmen erfolgt.
- Die Kreditvergabeentscheidung auf Basis der Bewertung zukünftiger Erträge (Cashflows) aus dem Projekt getroffen wird.[23]

Aus diesen Definitionen wird deutlich, dass es sich bei der Projektfinanzierung um eine Finanzierungstechnik bzw. -methode handelt. Demnach kann grundsätzlich jedes Vorhaben (nicht nur Schiff oder Kraftwerk) als Projekt finanziert werden. Diesem Begriffsverständnis wird in dieser Arbeit gefolgt und es werden die Risken, denen sich Fremdkapitalgeber bei der Finanzierung von Handelsschiffen mit dieser spezifischen Finanzierungsmethode ausgesetzt sehen, aufgezeigt.

Anhand der vorgenannten Definitionen lässt sich nun die Projektfinanzierung von der Unternehmensfinanzierung abgrenzen.

Die Unternehmensfinanzierung unterscheidet sich von der Projektfinanzierung darin, dass die Risikobewertung in der Unternehmensfinanzierung überwiegend vergangenheitsorientiert ist und sie sich vor allem an dem verwertbaren Vermögen sowie historischen Managementqualifikationen orientiert.

Eine Projektgesellschaft hat jedoch in der Regel keine wirtschaftliche Historie. Deshalb muss die zukünftige Selbstfinanzierungskraft der Projektgesellschaft einerzukunftsorientierten Wirtschaftlichkeitsanalyse im Rahmen der Finanzierungsbeurteilung unterzogen werden.[24] Die Finanzierungsstruktur basiert also in erster Linie auf der Rentabilität und dem Gewinnpotential des Projektes und nur eingeschränkt oder gar nicht auf der Bonität von hinter dem Projekt stehenden Investoren, Anteilseignern oder Abnehmern.

Die grundlegenden Unterschiede sind in nachfolgender Tabelle nochmals zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Unternehmensfinanzierung vs. Projektfinanzierung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl. Hoeveler, H./Hundt, J. (2003), S. 608; Tytko, D. (1999a), S. 8.

2.2 Historische Entwicklung

Die Ursprünge der Projektfinanzierung sind in der Handelsschifffahrt der Antike zu finden. Um circa 500 Jahre v. Chr. gewährten griechische Händler Darlehen für den Schiffstransport von Waren aus Südrussland, Sizilien und Ägypten in den Mittelmeerraum, dessen Rückzahlung erst aus den Verkaufserlösen der transportierten Waren geleistet wurde.[25]

Im 17. Jahrhundert wurde Kapital für Handelsreisen nach Indien unter der Besonderheit bereitgestellt, dass Kreditgeber das Risiko des Misserfolges trugen und im Falle eines Verlustes des Schiffes auf die Rückführung des Kredites verzichteten. Ist das Schiff gesunken, ging die Ladung verloren oder wurde es von Piraten gekapert, dann war weder der Schiffsbetreiber, noch seine Angehörigen zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Die Übernahme dieses Transportrisikos ließen sich die Kreditgeber durch erhebliche Zinszuschläge vergüten.[26]

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden vor allem große Bauvorhaben im Eisenbahnsektor, der Erstellung von interkontinentalen Seekabelverbindungen und in der Erstellung von Seekanälen als Projekte, im Sinne der Projektfinanzierung realisiert.

Die prominentesten Beispiele aus dieser Zeit ist die erste deutsche Eisenbahnverbindung zwischen Nürnberg und Fürth, die am 7. Dezember 1835 in Betrieb genommene wurde sowie der 1869 eröffnete Suezkanal.[27]

Der Ursprung der modernen Projektfinanzierung wird in der Entwicklung des production payment financing als Finanzierungsmethode gesehen, welche in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zur Explorationsfinanzierung von Rohstoffvorkommen in den USA entstand.[28] Ölproduzenten wurden Kredite auf der Basis prognostizierter Produktionseinnahmen gewährt. Zins- und Tilgungszahlungen waren aus den laufenden Öleinnahmen zu leisten. Als Sicherheit wurde das Nutzungsrecht an dem rohstoffreichen Boden an die Kredit gewährende Bank abgetreten. Später wurde diese Finanzierungsmethode auf die Finanzierung von Schiffen ausgeweitet. Die Kreditvergabeentscheidung wurde auf Grundlage von Einnahmen aus der Vermietung der Schiffe (dem sog. Charter) getroffen. Besichert wurde der Kredit durch ein Zugriffsrecht der Banken auf das finanzierte Schiff.

Diese Finanzierungsmethode wurde schließlich zu einem Finanzierungskonzept weiterentwickelt, welches heute als Projektfinanzierung bezeichnet wird.[29]

2.3 Moderne Anwendungsbereiche

Die Technik der Projektfinanzierung findet bei kapitalintensiven Vorhaben Anwendung.[30] Dies hat zwei Gründe. Je größer das Vorhaben, desto größer sind zwar in aller Regel die unternehmerischen Chancen, umso verheerender jedoch die Konsequenzen eines Scheitern für diejenigen, die es finanziert haben. Sollte ein Projekt aus unternehmerischer Sicht Erfolg versprechend sein, seine Durchführung aber die Finanzkraft, Risiko- oder Bilanzbelastungsbereitschaft eines Unternehmens oder Staates übersteigen, liegt die Lösung darin, Risiken, Chancen sowie Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen und alleine das Projekt gegenüber den Kapitalgebern haften zu lassen.[31] Der zweite Grund ist darin zu finden, dass die fixen Transaktionskosten (selbst bei kleinen Vorhaben können die Projektierungskosten für z.B. Machbarkeitsstudien u.a. 1 Mio. US-Dollar betragen), so hoch sind, dass sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur Vorhaben mit hohen Investitionsvolumina für diese Finanzierungstechnik eignen.[32]

Die Investitionsvolumina von Projekten betragen zwischen 5 bis 10 Mio. US-Dollar und mehreren Mrd. US-Dollar bei Großprojekten, wie im Falle des Drei-Schluchten­Staudamms in China (geschätzte Projektkosten: 30 Mrd. US-Dollar).[33] Neben Flugzeugen und Schiffen,[34] sind projektfinanzierte Vorhaben typischerweise in der Rohstoffexploration, der petrochemischen Industrie, dem Anlagenbau, bei Verkehrsinfrastrukturvorhaben (z.B. dem Eurotunnel) und sonstigen öffentlichen Infrastrukturvorhaben (z.B. Klär- und Müllverbrennungsanlagen) zu finden. Darüber hinaus werden Vorhaben zur Energiegewinnung, -versorgung und -verteilung, Telekommunikationsprojekte (z.B. das Mobilfunknetz von E-Plus) oder Immobilien- und Landwirtschaftsvorhaben als Projekte finanziert.[35]

Eine weitere, an Bedeutung gewinnende Form der Projektfinanzierung sind Private- Public-Partnership Projekte, unter denen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben (z.B. im Verteidigungs-, Schul-, Gesundheits- oder im Verkehrswesen) durch private Institutionen zu verstehen ist.[36]

2.4 Charakteristische Merkmale

Für die Projektfinanzierung sind drei Merkmale konstitutiv, die in der Literatur als Cashflow Related Lending, Risk Sharing und Off-Balance-Sheet Financing bezeichnet werden.[37] In diesem Abschnitt werden diese im Einzelnen dargestellt.

2.4.1 Cashflow Related Lending

Es handelt sich bei der Projektfinanzierung um eine Finanzierung in der Weise, dass der Kapitaldienst voll aus den laufenden Projekterträgen aufgebracht werden soll. Entscheidend für die Kreditvergabe ist somit nicht die Bonität der initiierenden Unternehmen, sondern die Ertragskraft des Projektes. Die maßgebliche Abstellung des Schuldendienstes auf projektgenerierte Cashflows wird als Cashflow Related Lending bezeichnet.[38]

Wie in 2.1 dargestellt, kann eine Kreditvergabeentscheidung in der Projektfinanzierung aufgrund fehlender Daten aus der Vergangenheit nur prospektiv getroffen werden. Auch wegen der großen Individualität des Vorhabens sind Banken gezwungen, die zukünftige

Projektentwicklung in den Mittelpunkt der Kreditvergabeentscheidung zu stellen.[39] Dies setzt die Berechnung zukünftiger Einnahme- und Ausgabeströme voraus, die im Rahmen von Cashflow Analysen durchgeführt werden. Auf Basis dieser Analysen erfolgt auch die Festlegung der Finanzierungskonditionen.[40] Die starke Cashflow­Orientierung zeigt sich auch darin, dass die Kapitalrückführung durch entsprechende Strukturierung den erwarteten Projekterträgen angepasst wird. Solange keine ausreichenden Überschüsse generiert werden, werden dem Kreditnehmer z.B. tilgungsfreie Jahre eingeräumt.[41]

Der Cashflow ermittelt sich aus der Differenz von zahlungswirksamen Erträgen sowie Aufwendungen und bezeichnet den Einzahlungsüberschuss, den eine Unternehmung innerhalb einer Periode erzielt hat. Er ist der Nettozugang flüssiger Mittel aus dem Umsatzprozess einer Unternehmung und ist der Teil der Umsatzeinnahmen, dem nicht kurzfristige Ausgaben gegenüber stehen, sondern welcher für die Schuldentilgung oder für weitere Investitionen verwendet wird.[42]

Der Cashflow ist demnach ein Indikator für den Innenfinanzierungsspielraum und die Schuldentilgungsfähigkeit einer Unternehmung. Dadurch, dass es sich bei Projektfinanzierungen typischerweise um Einmalinvestitionen handelt, ist der Cashflow die zentrale Messgröße für die Schuldendienstfähigkeit eines Projektes und der Verzinsung des Eigenkapitals. Die Kreditvergabe orientiert sich deshalb im Wesentlichen an den zu erwartenden Cashflows eines Projektes.[43] Die Cashflow-Orientierung unterscheidet die Projektfinanzierung von anderen Finanzierungsformen, da nicht die Bonität der initiierenden Unternehmen, sondern die Projektbonität (abgeleitet aus dessen zukünftigem Gewinnpotential) ausschlaggebend für die Finanzierungsentscheidung ist.[44]

Die Kreditvergabeentscheidung in der Projektfinanzierung erfordert eine genaue Identifikation, Bewertung und Quantifizierung aller Faktoren, die Einfluss auf die Höhe der Projekt-Cashflows und damit Rückwirkungen auf die Schuldendienstfähigkeit haben.[45]

2.4.2 Risk Sharing

Ausgangspunkt der Risk Sharing Überlegung ist die Tatsache, dass in der Projektfinanzierung weder Gesellschaftereinlagen, noch Projektaktiva[46] die Kredite ausreichend besichern können. Eine Kreditzusage müsste deshalb abgelehnt werden oder würde nur unter hohen Risikoprämien zustande kommen.[47] Die Schaffung einer tragfähigen Finanzierungsstruktur durch Erweiterung der Haftungsbasis und Verteilung von Risiken auf Projektbeteiligte ist für die Projektfinanzierung charakteristisch und wird als Risk Sharing bezeichnet.[48]

Im Rahmen der konventionellen Unternehmensfinanzierung haben Kreditgeber umfangreiche Rückgriffsrechte auf das Unternehmensvermögen.[49] Die Anteilseigner tragen dadurch das Unternehmensrisiko, indem sie mit ihren Einlagen oder Privatvermögen (abhängig von der Rechtsform) für Verbindlichkeiten haften.

Bei projektfinanzierten Vorhaben liegt ein anderes Risikotragfähigkeitsprinzip vor.[50] Dadurch, dass das Projekt (und nicht die dahinter stehenden Initiatoren) gegenüber den Kreditgebern haftet, bilden ausschließlich Projektaktiva und Projekt-Cashflows die Haftungsmasse.[51] Die Risikoposition des Kreditgebers würde dann einer riskanten Gründungsfinanzierung gleichen, wo das bereitgestellte Kapital dem unternehmerischen Projektrisiko ausgesetzt ist und die Kreditvergabe dadurch eigenkapitalähnlichen[52] Charakter hätte.

Um das Vorhaben, aus risikopolitischen Überlegungen heraus, für die Bank finanzierbar zu machen, werden die Risiken auf die Projektträger verteilt, so dass den Kreditgebern das Finanzierungsrisiko als vertretbar erscheint.[53] Es wird versucht, eine tragfähige Finanzierungsstruktur zu schaffen, indem die Haftungsbasis erweitert wird und weitere Sicherheiten z.B. in Form von Garantien durch die Initiatoren oder Dritte eingeholt werden. In diesem Zusammenhang sind z.B. Fertigstellungsgarantien und Abnahmegarantien zu nennen. Durch erstere sichert sich der Fremdkapitalgeber gegen

[...]


[1] Vgl. Lemper, B. (2007), S. 118.

[2] Vgl. Institute of Shipping Economics and Logistics (2007), S. 31.

[3] Vgl. Scott, J. D. (2005), S. B1; Behrendt, M. (2003), S. 354.

[4] Vgl. Institute of Shipping Economics and Logistics (2007), S. 15ff.

[5] Vgl. Höpfner, K.-U. (2007), S. 13.

[6] Vgl. Behrendt, O. (2006), S. 163f.

[7] Vgl. Höpfner, K.-U. (2007), S. 18.

[8] Vgl. Scott, J. D. (2005), S. B1.

[9] Vgl. Goulielmos, A. M./Psifia, M. (2006), S. 302.

[10] Vgl. Lemper, B. (2007), S. 116.

[11] Farthing, B./Brownrigg, M. (1997), S. 17.

[12] Vgl. Holst, B. (2007a), S. 47ff.

[13] Vgl. Zachcial, M. (2002), S. 44.

[14] Vgl. Institute of Shipping Economics and Logistics (2007), S. 48; Mangone, G. J. (1997), S. 278.

[15] Vgl. Deutsches Institut für Normung e.V. (2005), S. 56.

[16] Vgl. Schmitt, W. (1989), S. 17.

[17] Vgl. Klein, M. (2004), S. 32.

[18] Finnerty, J. D. (1996), S. 2.

[19] Nevitt, P. K./Fabozzi, F. J. (2000), S. 1.

[20] Vgl. Klein, M. (2004), S. 32; Wolf, B./Hill, M./Pfaue, M. (2003), S. 59; Tytko, D. (1999a), S. 8.

[21] Financial Accounting Standards Board (1981), S. 11.

[22] Tytko, D. (1999a), S. 8.

[23] Vgl. Tytko, D. (1999a), S. 8.

[24] Vgl. Hoeveler, H./Hundt, J. (2003), S. 608.

[25] Vgl. Seidenfuss, H. S. (1998), S. 17.

[26] Vgl. Hupe, M. (1995), S. 8.

[27] Vgl. Seidenfuss, H. S. (1998), S. 18ff.

[28] Vgl. Jürgens, W. H. (1994), S. 6.

[29] Vgl. Tytko, D. (1999a), S. 3.

[30] Vgl. Buckley, A. (2004), S. 589.

[31] Vgl. Reuter, A./Wecker C. (1999), S. 1.

[32] Vgl. Thumann, A./Wainwright, F. (1997), S. 86.

[33] Vgl. Case, P. (1999), S. 147; Thumann, A./Wainwright, F. (1997), S. 86.

[34] Vgl. McKechnie, G. (1997), S. 296.

[35] Vgl. Reuter, A./Wecker, C. (1999), S. 4.

[36] Vgl. Wimmer, N. (2004), S. 92; Gray, A./Jenkins, B./Leeuw, F. (2003), S. 10.

[37] Vgl. Tytko, D. (1999a), S. 9.

[38] Vgl. Meyer-Reims, U. (1995), S. 583.

[39] Vgl. Tytko, D. (2003), S. 14.

[40] Vgl. Tytko, D. (1999b), S. 97.

[41] Vgl. Klein, M. (2004), S. 33.

[42] Vgl. Busse von Colbe, W. (1998), S. 68ff; Lutter, M./Scheffler, E./Schneider, U.-H. (1998), S. 21.

[43] Vgl. Kuttig, J./Matthes, D. (2003), S. 197; Hupe, M. (1995), S. 17.

[44] Vgl. Reuter, A./Wecker C. (1999), S. 9f.

[45] Vgl. Akbiyikli, R./Eaton, D./Turner, A. (2006), S. 67.

[46] Aufgrund der Projektspezifika und Standortbesonderheiten von Kraftwerken, Mobilfunknetzen etc. sind Projektaktiva nur bedingt verwertbar und bilden deshalb keine ausreichende Haftungsbasis für Gläubiger. (Vgl. Werthschulte, H. (2005), S. 38; Böttcher, J./Blatter, P. (2006), S. 18.)

[47] Vgl. Tytko, D. (2003), S. 16.

[48] Vgl. Tytko, D. (2003), S. 14; Hupe, M. (1995), S. 19; Uekermann, H. (1993), S. 14.

[49] Vgl. Hupe, M. (1995), S. 19.

[50] Vgl. Tytko, D. (1999a), S. 10.

[51] Vgl. Hupe, M. (1995), S. 11.

[52] Eine ausschließliche Abstellung des Kreditrisikos auf die Projekt-Cashflows würde den Anspruch auf zeitlich und betragsmäßig fixierte Zins- und Tilgungszahlung als wertlos erscheinen lassen und eine erfolgsabhängige Ausschüttung bzw. Rückzahlung bedeuten, wodurch das Darlehen eigenkapitalähnlichen Charakter hätte. (Vgl. Häger, M./Elkemann-Reusch, M. (2004), S. 21ff.)

[53] Vgl. Uekermann, H. (1993), S. 14.

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Details

Titel
Cash Flow basierte Finanzierungen
Untertitel
Bankseitige Risiken bei Finanzierungsprojekten in der internationalen Handelsschifffahrt
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
95
Katalognummer
V150776
ISBN (eBook)
9783640626441
ISBN (Buch)
9783640627035
Dateigröße
1045 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flow, Finanzierungen, Handelsschifffahrt, Schiffsfinanzierung, Ship Financing, Asset Finance, Projektfinanzierung, Strukturierte Finanzierung
Arbeit zitieren
Thomas Ankele (Autor:in), 2007, Cash Flow basierte Finanzierungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150776

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