Automatisierte Handelssysteme. Die Elektrifizierung des Wertpapierhandels und deren Risiken


Bachelorarbeit, 2010

76 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Elektrifizierung des Wertpapierhandels, Handelssysteme und methodische Ansätze
2.1 Historische Entwicklung des elektronischen Wertpapierhandels
2.2 Buy-Side versus Sell-Side Perspektive
2.3 Abgrenzung verschiedener Handelssysteme
2.3.1 Parketthandel
2.3.2 Over-the-Counter Handel
2.3.3 Computerbörsen am Beispiel XETRA
2.3.4 Alternative Trading Systems
2.3.4.1 Definitorische Abgrenzung und Systematisierung
2.3.4.2 Bulletin Boards und Proprietary Systems
2.3.4.3 Electronic Communication Networks
2.3.4.4 Crossing Networks und Dark Pools
2.4 Darstellung verschiedener Handelsansätze
2.4.1 Technische und Fundamentale Wertpapieranalyse
2.4.2.1 Definitorische Abgrenzung fundamentaler und charttechnischer Wertpapieranalyse
2.4.2.2 Effizienzdebatte und Random Walk Theorie
2.4.2 Mechanischer und Diskretionärer Handelsansatz

3 Automatisierte Handelssysteme: Funktionsweise und Anwendung
3.1 Definitorische Abgrenzung automatisierter Handelssysteme
3.2 Stand der akademischen Forschung
3.3 Anforderungen an Handelssysteme und technische Umsetzung
3.4 Darstellung ausgewählter Basissysteme
3.5 Prozessdarstellung der Handelssystementwicklung
3.5.1 Ideenfindung und Strategieentwicklung
3.5.2 Backtesting und Performanceevaluation
3.5.3 Money- und Risikomanagement
3.5.4 Benchmarking und Optimierung
3.6 Darstellung und Analyse eines beispielhaften automatisierten Handelssystems

4 Grenzen und kritische Betrachtung der Elektrifizierung des Wertpapierhandels
4.1 Einfluss auf Wettbewerb und Preissetzung
4.1.1 Markttransparenz, Informations- und Bewertungseffizienz
4.1.2 Liquidität und die Rolle des Handelsvolumens
4.1.3 Kursbeeinflussung und Kontrollverlust
4.2 Regulierungsanforderungen und Aufsicht
4.3 Grenzen und Risiken eines automatisierten Handelssystems
4.3.1 Operationelle Risiken
4.3.2 Optimierung und Curve Fitting
4.3.3 Fehlende Integration von Fundamentaldaten

5 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Webseitenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Phasenmodell der Elektrifizierung des Wertpapierhandels

Abbildung 2: Prozess des Wertpapierhandels

Abbildung 3: Struktur der Ausführungswege zwischen Buy-Side, Sell-Side und Börsen

Abbildung 4: Einführung elektronischer Handelssysteme an Terminbörsen

Abbildung 5: Effizientes Netting durch den Einsatz eines zentralen Kontrahenten

Abbildung 6: Systematisierung und Beispiele namhafter ATS

Abbildung 7: Entwicklungsprognosen für ATS

Abbildung 8: Anteil des Algotrading am durchschnittlichen monatlichen XETRA Orderbuchumsatz (in Mrd. Euro)

Abbildung 9: Entwicklungsprozess eines Handelssystems

Abbildung 10: Verlauf der Equity Kurve und des Basiswerts

Abbildung 11: Vergleich durchschnittlicher limitierter Ordergrößen im automatisierten und nicht-automatisierten Handel

Abbildung 12: Orderflow im Aktienhandel

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Entwicklungsumgebungen für automatisierte Handelssysteme

Tabelle 2: Darstellung strategischer Basismodule für Handelssysteme

Tabelle 3: Systembeschreibung des entwickelten Handelssystems

Tabelle 4: Performance Report

Tabelle 5: Handlungsbedarf nach MiFID

Tabelle 6: Operationelle Risiken

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Entwicklung und stärkere Reglementierung der globalen Finanzmärkte hat den Wertpapierhandel in den letzten Jahren komplizierter und z.T. unrentabler gemacht. Hinzu kommt die zunehmend stärkere Flut an Finanzinformationen, die jede Prognose überholen.[1] Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) verändern den Wertpapierhandel kontinuierlich. Während Handelsparkette und Telefonnetzwerke immer mehr an Bedeutung verlieren, finden Transaktionen zunehmend auf elektronischen Handelsplattformen der Börsen und alternativen Handelssystemen statt.[2] Entwicklungen in der Börsentechnologie, stetige Erhöhung der Rechnerleistungen (bei gleichzeitiger Senkung der Kosten)[3] und Ausbau der Netze in puncto Schnelligkeit und Verarbeitungskapazität treiben die Elektrifizierung voran und führen zu einer Konvergenz der Handelsmöglichkeiten von privaten und institutionellen Handelsteilnehmern.[4] Automatisierung in der Informationstechnologie im Konkurrenzkampf um Informationsvorsprünge und Senkung der Transaktionskosten stellen daher einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Geringere Latenzen (mittlerweile im Mikrosekundenbereich) und komplexe Handelssoftware ermöglichen den Marktteilnehmern präzises Handeln ihrer Strategien, und Börsenbetreiber tragen diesem Trend mit dem Ausbau immer leistungsfähigerer IT Strukturen Rechnung.[5] In einigen Bereichen haben Computer sogar komplett die Aufgaben des Händlers übernommen und führen auf Basis programmierter Algorithmen automatisch Orders durch (Algotrading). Laut Deutscher Börse AG sind bereits 43% des ausgeführten Volumens und rund 55% des XETRA Handels computergeneriert,[6] was eine bemerkenswerte Entwicklung darstellt, da das "Automated Trading Program" (ATP) der Deutschen Börse erst 2003 eingeführt wurde.[7] Die hektische Betriebsamkeit auf dem Handelsparkett scheint längst durch den Computerhandel ersetzt,[8] und der Einsatz automatisierter Handelssysteme bestimmt zunehmend weltweit die Börsenaktivitäten von professionellen und privaten Tradern.[9] Spätestens seit den Enthüllungen um den Diebstahl der streng geheimen Programmiercodes des Handelssystems von Goldman & Sachs, einer der größten Investmentbanken der Welt, stellt sich die Frage nach der Funktionsweise und Leistungsfähigkeit solcher Systeme.[10]

1.2 Gang der Untersuchung

Bei der vorliegenden Arbeit soll einführend die Elektrifizierung des Wertpapierhandels näher beleuchtet werden. Dazu werden zunächst in Kapitel zwei die historische Entwicklung vom physischen Parketthandel über elektronische Handelsplattformen hin zu automatisierten Handelssystemen skizziert und schließlich einige Handelssysteme exemplarisch dargestellt. Im dritten Kapitel folgt die eingehende Betrachtung vollautomatisierter Handelssysteme. Dabei soll zunächst allgemein auf die Anforderungen und das Vorgehen beim Design eines solchen Systems von der Idee und dem technischen Ansatz hin zum Backtesting und der Performanceevaluation eingegangen und dies anschließend an einem Beispiel dargestellt werden. Durch Anwendung chartanalytischer Instrumente auf Vergangenheitswerte werden Kauf- und Verkaufssignale generiert und der Handelsabschluss simuliert. Der Performanceevaluation folgen eine kritische Betrachtung der Elektrifizierung des Wertpapierhandels und des Einsatzes automatisierter Handelssysteme sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse und ein Ausblick.

2 Elektrifizierung des Wertpapierhandels, Handelssysteme und methodische Ansätze

2.1 Historische Entwicklung des elektronischen Wertpapierhandels

Die Elektrifizierung[11] des Wertpapierhandels blickt nunmehr auf eine fast vierzigjährige Geschichte zurück und wird getrieben durch die Globalisierung des Handels über moderne Kommunikationsmittel, die sich seit den achtziger Jahren auf den internationalen Finanzmärkten erkennen lässt.[12] Ein wesentlicher Motor hierfür ist die Verbreitung des Internets, dem im Allgemeinen vier Hebelwirkungen zur Generierung von Mehrwert im Börsenhandel zugeschrieben werden:[13]

- Kostensenkung durch Automatisierung der Prozesse
- Reduzierung des investierten Kapitals
- Info-Mediation: Preistransparenz und Angebotsvergleiche nach individuellen Präferenzen
- Neue Produkte: z.B. Real Time Trading, Direktplatzierung von individuellen Orderwünschen

Im Umfeld schneller und turbulenter Veränderungen unter gleichzeitiger Informationsüberlastung ist die Technisierung zur Handlungsorientierung und Form des effektiven Handelns daher logische Konsequenz[14] und zeigt sich an den Börsen[15] in einem typischen Entwicklungsmuster:

- Einführung elektronischen Handels im nachbörslichen Handel als kostengünstiges Medium
- Parallelisieren des elektronischen Handels zum Präsenzhandel
- Vollständige Verlagerung und Einstellung des Präsenzhandels

Auch der elektronische Handel folgt gewissen Evolutionsstufen mit unterschiedlicher Prozessautomation:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Mühlberger (2004), S.2. und Schenk (1997), S. 38–40.

Abbildung 1: Phasenmodell der Elektrifizierung des Wertpapierhandels

Konkret zeigt sich diese Entwicklung ab 1971 mit der ersten elektronischen Börse NASDAQ.[16] 1977 erreichte der technologische Entwicklungsstand ein Niveau, der der Toronto Stock Exchange (TSE) als erster bedeutender Börse erlaubte, ein vollständig elektronisches Handelssystem (CATS)[17] aufzusetzen.[18] Die europäischen Börsen gerieten Mitte der 90er Jahre damit in Zugzwang zur Aufrüstung, um das rentable Geschäft mit IPOs[19] nicht an den amerikanischen Markt zu verlieren.[20] Die London Stock Exchange (LSE) stellte 1986 mit SEAQ die erste computergestützte Aktienbörse für Europa zur Verfügung. Die schweizerische SOFFEX (1986) und die Deutsche Terminbörse (DTB, 1990) boten die ersten vollelektronischen Terminmärkte mit elektronischem Orderbuch und fusionierten 1998 zur weltgrößten Derivatehandelsplattform der Welt EUREX.[21] Im Bereich von Clearing und Settlement kamen sehr frühzeitig Computer zum Einsatz.[22] In Anlehnung an die NASDAQ wurde 1994 die EASDAQ als grenzüberschreitende Computerbörse in Brüssel verwirklicht, um dem fehlenden internationalen Wettbewerb infolge nationaler Monopolisierung der Börsen Einhalt zu gebieten. Wegen Erfolglosigkeit wurde der Handel allerdings im November 2003 eingestellt.[23] Mit dem Aufkommen elektronischer Handelssysteme wurde in vielen Ländern, wie z.B. Frankreich und Großbritannien, auf den Parketthandel vollends verzichtet, während etwa in Deutschland im Bereich des Retailhandels, im Bereich wenig liquider Papiere (insbesondere Auslandswerte) sowie im Blockhandel der Parketthandel weiterhin seine Daseinsberechtigung hat – wenn auch eine Nischenfunktion. Der Vorteil liegt dabei in der Möglichkeit, Orders durch Parketthändler interessewahrend ausführen zu lassen. Weltweit sind verschiedene Ansätze der Automatisierung zu sehen. In Kanada, Japan und Frankreich wurde zunächst der Bereich der Aktien mit geringer Liquidität und Kapitalisierung auf Computerhandelssysteme übertragen, in Deutschland hingegen begann die Einführung mit dem Segment der Bluechips.[24]

2.2 Buy-Side versus Sell-Side Perspektive

Der Trend zur Elektrifizierung ist bei Finanzinstituten (Buy-Side), Brokern und Börsen (Sell-Side) gleichermaßen zu erkennen und ermöglicht eine vielfältige Verlagerung der Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette auf Computer.[25] Diese betrifft insbesondere das Aufkommen einer Vielzahl automatischer Systeme auf Seiten der Marktteilnehmer, die speziell die Interaktion der Sell-Side und Buy-Side verändern. So wird u.a. das traditionelle Orderrouting via Telefon durch ein elektronisches ersetzt, und neue Konzepte wie Direct Market Access (DMA), Smart Order Routing (SOR) oder Algorithmic Trading (Sell-Side und Buy-Side) als Service bereitgestellt.[26]

Der Einsatz von Computersystemen umfasst vier große Teilbereiche:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung

Abbildung 2: Prozess des Wertpapierhandels

Die folgende Abbildung verdeutlicht die Beziehung zwischen Buy-Side und Sell-Side und der zum Einsatz kommenden IKT im Wertpapierhandel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gomber et al. (2008), S.14.

Abbildung 3: Struktur der Ausführungswege zwischen Buy-Side, Sell-Side und Börsen

Die Informationen in den Sell-Side Handelssystemen reichen von aktuellen Nachrichten, Pressemitteilungen der betreffenden Unternehmen über Bilanzkennzahlen bis hin zu Trendanalysen oder Prognosen und Preisinformationen. Aus der gesamten Informationsmenge am Buy-Side Trading Desk entwickelt der Wertpapierhändler eine Handelsstrategie, die wiederum den Ausgangspunkt für die Bestimmung von Kauf und Verkauf von Wertpapieren bildet. Da gleichgerichtete Computerprogramme, die zur gleichen Zeit Verkaufssignale generierten, für den Zusammenbruch der Börse im Oktober 1987 verantwortlich gemacht werden,[27] wurde lange Zeit von der Mitwirkung bei der Investmententscheidungsfindung abgesehen, soll aber im Rahmen dieser Arbeit fokussiert betrachtet werden. Im Handel kommen Computersysteme zum Einsatz, die Spreads für die gehandelten Papiere zur Verfügung stellen, Order zusammenführen und Preise feststellen. Handelssysteme leiten Handelsabschlüsse automatisch an das Clearing system weiter. Nach dem Handelsabschluss müssen Geschäfte möglichst schnell und kostengünstig verrechnet und abgewickelt werden (Settlement).[28]

2.3 Abgrenzung verschiedener Handelssysteme

2.3.1 Parketthandel

Bereits seit Mitte des 19.Jhd. stellt der Parketthandel die älteste Handelsinfrastruktur auf dem (deutschen) Wertpapiermarkt dar, indem zunächst Transaktionen mit Schuldscheinen und Anleihen regelmäßig in einem speziell dafür errichteten Gebäude stattfanden. Durch die physische Anwesenheit der Marktteilnehmer (Händler, Kursmakler und Freimakler) und die Möglichkeit der direkten Kommunikation können Aufträge auf dem Parketthandel durch Zuruf zusammengeführt und abgeschlossen werden.[29] Dadurch besteht allerdings ein Dilemma zwischen Informationsqualität und Reichweite, welches zu Informationsasymmetrien führt, da Marktteilnehmer außerhalb des Parketts faktisch vom Handel ausgeschlossen sind. Elektronische Verteilung der Information hebt dieses Dilemma auf[30] und ermöglicht eine Ausweitung des Teilnehmerkreises, was zu einem größeren Handelsvolumen beiträgt.[31] Als nächste Stufe der Automatisierung kommen elektronische Orderbuchsysteme im Parketthandel zum Einsatz, die den Makler bei der Orderbestandsführung und Preisfeststellung unterstützen.[32] Das Aufkommen neugegründeter Computerbörsen, zunehmende Kostensensitivität, der Anspruch nach mehr operativer Effizienz,[33] Transparenz und Liquiditätskonzentration der internationalen Marktteilnehmer[34] setzen traditionelle Präsenzbörsen unter Druck, elektronische Handelssysteme einzuführen, wie die folgende Abbildung am Beispiel führender Terminbörsen verdeutlicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Book (2001), S.106.

Abbildung 4: Einführung elektronischer Handelssysteme an Terminbörsen

Es wäre falsch, den Parketthandel generell mit geringer Elektrifizierung gleichzusetzen, denn auch hier spielt die Unterstützung durch IKT eine große und weiter wachsende Rolle.[35]

2.3.2 Over-the-Counter Handel

Over-the-Counter-Handel (OTC) bezeichnet den individual zwischen einzelnen Partnern vereinbarten Wertpapierhandel – im Unterschied zum Börsenhandel, wo zeitlich begrenzt standardisierte Orderarten zusammentreffen - und steht damit in Konkurrenz zu diesem.[36] Kennzeichnend waren Anfang der 90er Jahre ein geringerer Automatisierungsgrad im Vergleich zum Börsenhandel und untereinander inkompatible Systeme.[37] Die Heterogenität der OTC-Teilmärkte in Bezug auf gehandelte Produkte und Marktteilnehmer zeigt sich auch im Einsatz von IKT. Häufig wird der OTC-Handel als computergestützter Handel charakterisiert, bei dem erst in jüngerer Zeit die eigentliche Preisfeststellung von Telefon auf automatische Handelssysteme übertragen wurde.[38] Der Einsatz von Brokern erhöht die Intermediationskosten und somit auch die Transaktionskosten. Die Verlagerung des OTC Handels auf Proprietary Trading Systems (PTS) (s. 2.3.4.2) wirkt dem entgegen (Disintermediation).[39]

2.3.3 Computerbörsen am Beispiel XETRA

Eine Computerbörse im engeren Sinne liegt dann vor, wenn keine direkte menschliche Interaktion stattfindet.[40] Häufig wird dieser Begriff jedoch auch für Handelssysteme verwendet, die in irgendeiner Form automatisierte Elemente enthalten (z.B. Kursanzeigensystem). Als Minimalanforderung für Computerbörsen sieht Lückerath (2003) die automatische Preisfeststellung durch Orderzusammenführung in Abgrenzung zum Parketthandel. Aufgrund unterschiedlichen Ausmaßes der Automatisierung ist eine engere Klassifizierung kaum möglich.

Die Einführung von IBIS 1989 steht für den Beginn der Entwicklung der elektronischen Handelsplattformen auf dem deutschen Kassamarkt.[41] Mit der Einführung von IBIS II (1998 von XETRA abgelöst) wurde eine duale Börsenstruktur geschaffen, in der elektronisches Handelssystem und Parketthandel für den Handel liquider Wertpapier in direkter Konkurrenz zueinander stehen.[42] XETRA hält mit bis zu 2,1 Mio. Trades pro Tag bereits einen Marktanteil von 98% am Handel mit DAX Werten.[43] In XETRA ist nahezu der gesamte Transaktionsprozess automatisiert und hochintegriert, d.h. Bestandteil derselben Infrastruktur.[44]

Durch die Integration eines eigenen Clearinghauses (EUREX Clearing AG) bleibt die Anonymität der Marktteilnehmer auch nach Orderausführung gewahrt. Die Clearingstelle tritt dabei unmittelbar nach Geschäftsabschluss als zentraler Kontrahent (CCP) zwischen die Handelsteilnehmer und übernimmt das Kontrahentenausfallrisiko:[45]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsche Börse AG (2009), S.7.

Abbildung 5: Effizientes Netting durch den Einsatz eines zentralen Kontrahenten

2.3.4 Alternative Trading Systems

2.3.4.1 Definitorische Abgrenzung und Systematisierung

Der technologische Fortschritt trägt nicht nur zur Weiterentwicklung bestehender Börsenhandelssysteme bei, sondern auch zum Auf- und Ausbau alternativer Handelssysteme, wodurch sich der grenzüberschreitende Wettbewerb zwischen börslichen und außerbörslichen Handelsplätzen verstärkt. Gerade alternative Handelssysteme sind nicht so stark wie die börsliche Konkurrenz an regulatorische Vorgaben gebunden und können damit insbesondere institutionellen Investoren attraktivere Ausführungsstrukturen bieten.[46] Unter dem Überbegriff der Alternative Trading Systems (ATS) werden Handelssysteme verstanden, die in direkter Konkurrenz zu etablierten Börsen stehen.[47] Unterschieden werden in der Marktmikrostruktur:

[...]


[1] Vgl. Kim (2007), S.1-2.

[2] Vgl. Mühlberger (2004), S.1.

[3] Vgl. Franke et al. (1995), S.9-11.

[4] Vgl. Baader (2009), S.15.

[5] Vgl. o.V. (2009b), Geschäftsmodell, S.6. und Handelsblatt (2009).

[6] Vgl. o.V. (2009c), Banken S.4.

[7] Vgl. Deutsche Börse AG (2008b), S.3.

[8] Vgl. Mechler et al. (1991), S.1-2.

[9] Vgl. Butzlaff (2007), S.56.

[10] Vgl. heise online (2009).

[11] Unter Elektrifizierung wird der fortschreitende Einbezug von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) verstanden, vgl. hierzu Mühlberger (2004), S.2.

[12] Vgl. Mechler et al. (1991), S.2-4.

[13] Vgl. Schierenbeck (2001), S.140.

[14] Vgl. Franke et al. (2000), S.136-137.

[15] Im Gegensatz zum amerikanischen Börsenrecht wird im deutschen Börsengesetz der Begriff Börse nicht explizit definiert, sondern als bekannt vorausgesetzt und ist somit häufig Gegenstand wissenschaftlicher Diskurse. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher der Börsenbegriff in Anlehnung an Gerke, Rapp (1994), S.12 als "Gesamtheit der physischen und/oder technischen Handelsplattform, vor und nachgelagerter Infrastruktur des Börsenhandels (wie z.B. Informationssysteme, Clearingsysteme, [...]" verstanden werden. Vgl. Gerke et al. (1994), S.7-12. und Book (2001), S.23-75.

[16] Vgl. Gomber et al. (2008), S.13.

[17] Computer Assisted Trading System, vgl. hierzu ausführlicher Cohen (1986), S.51-53.

[18] Vgl. Book (2001), S.104-106.

[19] Da ein Börsengang für eine VC -Gesellschaft den attraktivsten Exitweg darstellt (im Vergleich zum Buyback, MBO, Trade Sale oder Secondary Purchase), bedingen sich Entwicklung im VC Segment, Zahl der IPOs und die Entwicklung von Wachstumsbörsen gegenseitig, vgl. hierzu Imhof (2004), S.37-38.

[20] Vgl. Imhof (2004), S.38-39.

[21] Vgl. Gomber et al. (2008), S.13-14.

[22] Vgl. Mechler et al. (1991), S.2-4.

[23] Vgl. Imhof (2004), S.38-39.

[24] Vgl. Gerke (1993), S.730.

[25] Vgl. Gomber et al. (2009), S.11.

[26] DMA bietet Investoren die kosteneffiziente Orderweiterleitung an den (gewünschten) Marktplatz und sorgt damit dafür, dass Handelsexpertise eingebracht werden kann und Nutzer ihre Order selbst gestalten und verantworten können. Das SOR Konzept der automatisierten Orderweiterleitung an den "bestmöglichen" Marktplatz gestattet Investoren, diesen mittels selbst definierter Kriterien, wie z.B. Preis, Handelskosten, Liquidität, Ausführungsgeschwindigkeit zu bestimmen, vgl. Gomber et al. (2008), S.14-15.

[27] Zahlreiche kontrovers diskutierte Studien sehen diese Ausstiege als Folge der Panikverkäufe und damit des Börsencrashs und nicht als eigentliche Ursache, vgl. Rubinstein (2000), S.2. und Kim (2007), S.10-14.

[28] Vgl. Schwab et al. (1998), S.288-290.

[29] Vgl. Lückerath (2003), S.134-135.

[30] Vgl. Sundel et al. (1991), S.758.

[31] Vgl. Theissen (1998b), S.172-173.

[32] Vgl. Lückerath (2003), S.135.

[33] Vgl. Theissen (1998b), S.172-173.

[34] Vgl. Franke et al. (2000), S.135.

[35] Vgl. Theissen (1998b), S.172-173.

[36] Vgl. Rudolph et al. (2005), S.27-28.

[37] Vgl. Schwab et al. (1998), S.286-297.

[38] Vgl. Gomber (2000), S.33-51.

[39] Vgl. Gomber (2000), S.54-71.

[40] Vgl. Lückerath (2003), S.126-129 und Theissen (1998b), S.172-173.

[41] Vgl. Lückerath (2003), S.137-138.

[42] Vgl. Lückerath (2003), S.139 und Gomber et al. (2009), S.12.

[43] Vgl. Deutsche Börse AG (2008a), S.14.

[44] Vgl. Lückerath (2003), S.145.

[45] Vgl. Deutsche Börse AG (2009), S.7.

[46] Vgl. Breuer (2006), S.10-11.

[47] Vgl. Fernholz (2005), S.28.

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Automatisierte Handelssysteme. Die Elektrifizierung des Wertpapierhandels und deren Risiken
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
76
Katalognummer
V150687
ISBN (eBook)
9783640630172
ISBN (Buch)
9783640630547
Dateigröße
5309 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Algo Trading, ATS, ECN, Automatisiert Handeln, Algorithmisches Trading, Handelssysteme, Computerhandel, Computer Handel, High Frequency Trading, Hochfrequenzhandel, Computerbörse
Arbeit zitieren
Jonathan Cordero (Autor:in), 2010, Automatisierte Handelssysteme. Die Elektrifizierung des Wertpapierhandels und deren Risiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150687

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