Gesundheitspolitik heute und morgen

Die Misere im Gesundheitssystem


Referat (Ausarbeitung), 2010

14 Seiten


Leseprobe


Gesundheitspolitik heute und morgen - die Misere unseres Gesundheitssystems

Referat von Günter Steffen/Gesundheitsexperte

Jeder Zuhörer hat aus seinem Blickwinkel seine eigenen Vorstellungen von einem funktionierenden Gesundheitswesen. Insbesondere dann, wenn Sie zu den unterschiedlichsten Leistungserbringern, direkt zu den Krankenkassen bzw. zu den Privatversicherten gehören, eine Parteirichtung vertreten oder ganz einfach gesetzlich Versicherter sind. Gemeinsam wünschen wir uns alle, dass das Gesundheitswesen vertretbare Beiträge erhebt und alle Leistungen, die von den Leistungserbringern angeboten, ausreichend finanziert werden.

Soweit es sich um Privatanbieter handelt, sollen die erbrachten Leistungen dann auch noch einen möglichst ergiebigen Gewinn abwerfen. Spätestens nach dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, von der großen Koalition beschlossen, soll der Gesundheitsmarkt blühen und Millionen Arbeitsplätze sichern helfen. Dafür soll grundsätzlich der Beitrag in der Gesetzlichen Krankenversicherung ausreichen. Ich verweise auch auf die breite Öffentlichkeitsarbeit der Medien vor geraumer Zeit mit dem Thema Gesundheitsmarkt mit den bestehenden fast 5 Millionen Arbeitsplätzen.

Fakt ist, dass immer wieder in den zurückliegenden Jahren erhebliche Defizite bei den Krankenkassen entstehen.

Unzählige Gesundheitsreformen in den 80er und 90er Jahren sowie bis in jüngster Zeit haben nicht sicher stellen können, dass die Leistungen und die dazu gehörige Qualität nach den jeweils neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen für die GKV-Versicherten gesichert, sowie die stetig steigenden Beiträge verhindert werden.

Der von den wechselnden Regierungsparteien in den vergangenen Jahren geforderte Ausbau des Gesundheitsmarktes, damit weitere Arbeitsplätze hinzu kommen - selbstverständlich mit den Finanzmitteln der Beiträge - hat mittlerweile dafür gesorgt, dass wir uns schon nicht mehr unbedingt auf eine ausreichende Absicherung von Diagnostik und Therapie im Krankheitsfall verlassen können, jedenfalls nicht, was der neueste Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse anbelangt. Auch ich bin mittlerweile der Überzeugung, die Zweiklassenmedizin ist heute bereits Realität.

Der Gesetzgeber hat in den zurückliegenden Jahrzehnten selber für ein Anspruchsdenken in unserer Gesellschaft gesorgt unter dem Motto “Wenn ich schon Beiträge bezahle, dann will ich mir auch meine Ansprüche von der Kasse wiederholen.” Niemand aus der verantwortlichen Politik oder aus der Mitte unserer Gesellschaft hat vernehmlich dagegen gestellt: Die Gesetzliche Krankenversicherung ist eine solidarische Absicherung nur für den Krankheits- und Vorsorgefall.

Gegenwärtig haben wir von folgenden Fakten in der GKV auszugehen, auf die Pflegeversicherung gehe ich dann anschließend ein:

Seit dem 1.7.2009 zahlen alle Versicherten 7,9% Beitrag vom Gehalt bzw. von der Rente. Wer als Ruheständler eine Zusatzversorgung erhält, muss den gesamten Beitrag von 14,9% gegen sich gelten lassen. Der eingeführte Gesundheitsfonds ab 1.1.2009 reichte schon nach wenigen Monaten nicht mehr aus. Da die Kassen aus diesem Fonds die Finanzmittel mit den Prioritäten Alter, Geschlecht und Schwere von Krankheiten erhalten, ist ganz viel , teilweise in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten, gemogelt worden. Einige Kassen verfügen über Gewinne und andere verzeichnen gewaltige Defizite. In kürzester Frist sind schon, über alle Kassen gerechnet, voraussichtlich 2010 über 7 Milliarden-Unterdeckungen aufgelaufen. Im März hat sich die Mehrheit des Bundestages für die Entlastung von einmalig 3,9Milliarden Euro ausgesprochen. Die verbleibende Finanzierungslücke haben zukünftig ganz sicher die Kassenmitglieder zu schließen. Seit Mitte April ist öffentlich geworden, dass sogar eine Beitragserhöhung in diesem Jahr nicht ausgeschlossen ist. Bis zum Ablauf des Jahres 2011 jedenfalls rechnen die Gesundheitsfachleute mit 12 bis 15 Milliarden nicht finanzierte Ausgaben, wenn bis dahin nicht eine umfassende Reform greifen kann. Auch die jetzt bekannten Änderungsabsichten, der Erhöhung von Zwangsrabatten von 6% auf 16% ab 1.8.d.J., für patentgeschützte Medikamente, wenn sie denn gesetzlich beschlossen werden sollten, werden nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bei der Größenordnung der aufgelaufenen Defizite sein.

Der in der vorigen Legislaturperiode beschlossene Zusatzbeitrag bis zu 1% vom Haushaltseinkommen wird als Berechnung entweder schon von einigen Krankenkassen (überwiegend erst mit 8 Euro monatlich) erhoben, oder wird in diesem, spätestens im nächsten Jahr, zur Berechnung bei weiteren Kassen anstehen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein Zusatzbeitrag von 25 bis 35 Euro monatlich ab 2011 bei vielen Krankenkassen Realität sein wird.

Sie alle fragen sich , wo bleiben die Einnahmen der Kassen von annähernd 170 Milliarden Euro jährlich?

Die zurückliegenden Kostendämpfungs- und Rationierungsmaßnahmen haben nichts daran ändern können, dass selbst die gewaltigen Einnahmen nicht ausreichen , alle Ausgaben der Krankenkassen ohne Defizite sicherzustellen. Wenn allerdings alle unwirtschaftlichen Fakten, überzogene Verordnungen und das Verhalten der Missbräuche, bei nicht zu bestreitenden Fortschritten in der Medizin, aufgelistet werden würden, hätten viele Milliarden Euro nicht ausgegeben werden müssen. Ich nenne hier einmal einige Beispiele, die in Fachkreisen selbstverständlich bekannt sind:

Die stetig steigende Inanspruchnahme der niedergelassenen Haus- und Fachärzte von den Versicherten , der Missbrauch bestimmter Personengruppen , 5 bis 8x jeden Monat im Jahr den Arzt aufzusuchen, die stetig steigenden Ärzteverordnungen und die in zehn Jahren gestiegenen Arzneiausgaben von 68% pro Mitglied, das Wegwerfen der Medikamente in den Müll im Wert von bis zu 1 Milliarden Euro jährlich, die überflüssigen 50 bis 60 Millionen Röntgenuntersuchungen im Jahr , die nach Auffassung der Deutschen Röntgengesellschaft hätten nicht verordnet werden müssen, der Anstieg der Herzkatheteruntersuchungen in den letzten Jahren mit einer Steigerungsrate von 300 %, und die zwanzig Prozent Ballon-Dilatationen (Katheters) und auch Hüftoperationen, die ohne medizinische Begründungen durchgeführt werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Gesundheitspolitik heute und morgen
Untertitel
Die Misere im Gesundheitssystem
Veranstaltung
Seminarreihe der Seniorenräte
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V150518
ISBN (eBook)
9783640787289
ISBN (Buch)
9783640787531
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vortragsausarbeitung
Schlagworte
Gesundheitspolitik, Misere, Gesundheitssystem
Arbeit zitieren
Günter Steffen (Autor:in), 2010, Gesundheitspolitik heute und morgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150518

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