Transsexualität und Sozialisation


Magisterarbeit, 2009

163 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. PhanomenTranssexualitat
1.1. Geschichtliche Entwicklung
1.2. Begriffliche Entwicklung
1.3. Begriffserklarung
1.4. BegriffserklarungausSicht von Transsexuellen
1.5. FormenvonTranssexualitat
1.6. Ursachen vonTranssexualitat
1.7. VerlaufvonTranssexualitat
1.8. Behandlung
1.8.1. Diagnostik
1.8.2. Alltagstest
1.8.3. Hormonbehandlung
1.8.4. Geschlechtsangleichende Operation
1.8.5. Nachbetreuung
1.9. Psychotherapie
1.10. DasTranssexuellengesetz und die daraus resultierenden Standards fur die Begutachtung

2. Identitat und Sozialisation
2.1. DerSozialisationsbegriff
2.2. Die Geschlechtsidentitat
2.3. Geschlechtsspezifische Sozialisation
2.3.1. Psychoanalytische Aspekte
2.3.2. DerbiologischeAnsatz
2.3.3. DerkognitiveAnsatz
2.3.4. Die Sozialkognitive Lerntheorie
2.3.5. Geschlechtsspezifische Sozialisation als Konstruktionsprozess

3. Interviewstudie
3.1. Fragestellung der Untersuchung und Forschungsansatz
3.2. Forschungsmethode
3.3. Vorgehensweise und Problematik bei derAuswertung der gewonnenen Daten
3.4. Vorstellung des Fragebogens
3.5. Darstellung und Ergebnisse
3.5.1. Kindheit
3.5.2. Adoleszenz und Erwachsenenalter

4. Schlussbemerkung

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang
I. Interview1:Luke
II. Interview2:John
III. Interview 3: Jay
IV. Interview4: Jim
V. Interview 5: Theo
VI. Interview6:Tim
VII. Interview7:Lea
VIII. Interview8:Mia
VIV. Interview 9: Anna
X. Interview 10: Lara
XI. Interview11:Ina
XII. Interview 12: Mara

0. Einleitung

Kim P. ist 14 Jahre alt, sie tragt ein bauchfreies Top, bestickte Jeans und leichten Lidschatten. Sie hat lange blonde Haare und traumt davon spater einmal als Modemacherin nach Paris zu gehen. Ihr Zimmer unter dem Dach ist ein Madchenparadies in Rosa, mit Schminktischchen, Modezeitschriften und einer eigenen Schaufensterpuppe. Doch so normal und einfach, wie sich alles anhort, ist es nicht. Kim ist vor 14 Jahren als Junge zur Welt gekommen, als Tim. Ihr ganzer Korper, Chromosomen, Hormone ist alles eindeutig mannlich. Nur Kim war von Anfang an klar, dass sie im falschen Korper gelandet ist. Schon im Alter von zwei Jahren zog Tim die Kleider seiner alteren Schwester an und spielte lieber mit Puppen. Die Eltern dachten es gehe voruber, doch mit vier Jahren rannte Tim in sein Zimmer und drohte sich „das Ding" abzu- schneiden. Fortan hieR Tim zu Hause Kim. Als die Pubertat einsetzte wurde Kim panisch. Sie hatte Angst davor eine von diesen Frauen mit mannlichen Gesichtszugen, Bartwuchs und tiefer Stimme zu werden. Die Eltern erkannten ihre Not und lieRen sich zwei unabhangige Gutachten erstellen, welche die Transsexualitat ihres Kindes bestatigten. Im Hamburger Endokrinologi- kum wird Kim heute von Dr. Achim Wustenhof behandelt. Mit Spritzen wird die mannliche Pubertat gestoppt und Hormone sorgen fur eine weibliche Veranderung des Korpers. SchlieR- lich bekommt sie auch den Namen Kim gesetzlich anerkannt. Ihr groRter Wunsch ist es die Veranderung vom Mann zur Frau perfekt zu machen. Allerdings ist eine geschlechts- angleichende Operation aus rechtlichen Grunden erst mit 18 Jahren moglich.

Das oben beschriebene Beispiel ist keine Seltenheit. Laut Weltgesundheitsorganisation nennt man das, was Kim durchlebt, Transsexualitat. Nach dem ICD-10, der „Internationalen Klassifi- zierung von Krankheiten", ist es eine Form der Geschlechtsidentitatsstorung und wird den sexuellen Storungen zugeordnet. Die Betroffenen fallen dadurch auf, dass sie Spielzeug, Aktivi- taten, Aussehen und Kleidung des jeweils anderen Geschlechts bevorzugen und in dem Zuge auch alles ablehnen, was mit ihrem biologischen Geschlecht in Verbindung steht. Kinder wie Tim fuhlen sich dem falschen Geschlecht angehorig. Ihre Seele passt nicht zu ihrem Korper. Doch was ist Transsexualitat eigentlich? Wen betrifft es und warum? Welche Behandlungs- moglichkeiten gibt es? Und welche Gesetze gelten fur Betroffene?

In dieser Arbeit soll es um Transsexualitat und Sozialisation gehen. Um in die Thematik einzu- fuhren soll im ersten Teilbereich dieser Arbeit eben genannte Fragen beantwortet werden.

So erhalt der Leser ein Oberblickswissen zum Phanomen Transsexualitat. Es soil ein Einblick in die Geschichte und die Begriffsentwicklung gegeben werden, nach Ursachen geforscht und der Verlauf der Storung beschrieben werden. AnschlieRend wird der Behandlungsverlauf analy- siert und zum Abschluss des Teilbereichs soll dasTranssexuellengesetz diskutiert werden Wie weiter oben schon erwahnt fuhlen sich Transsexuelle im falschen Korper. Sie empfinden ihr angeborenes Geschlecht als falsch und nehmen alles dafur in Kauf sich dem gewunschten Geschlecht anzugleichen. Das was bedeutet Geschlecht eigentlich und wie lernen bzw. merken wir welchem Geschlecht wir angehoren? Welche Erwartungen mussen die jeweiligen Ge- schlechter erfullen und wie gehen Jungen und Madchen bzw. Manner und Frauen mit diesen Erwartungen um?

Diese Fragen sollen im zweiten Teilbereich dieser Arbeit behandelt werden. Zuerst soll der Begriff Sozialisation im Allgemeinen definiert werden. Im Anschluss daran werden wir den Begriff Geschlechtsidentitat naher betrachten. Um dann im letzten Abschnitt beide Begriffe zusammen zu fuhren und die geschlechtsspezifische Sozialisation aus verschiedenen Blickwin- keln der Psychologie und Soziologie zu definieren.

Nachdem in den vorangegangen Teilbereichen der Arbeit die theoretischen Grundlagen zum Thema Sozialisation, Geschlechtsidentitat und Transsexualitat gelegt wurden, soll nun im drit- ten Teilbereich ein Blick in die Praxis geworfen werden. Die zentrale Frage dabei ist: Wie sozia- lisieren sich Transsexuelle?

Um Antworten auf diese Frage zu bekommen wurde ein Fragebogen entworfen und an ver- schiedene Transsexuelle verteilt. Die Antworten von den Betroffenen sollen uns einen Einblick in deren Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter geben. Durch eine Analyse der Antworten soll die Frage nach den Sozialisationsprozessen von Transsexuellen beantwortet werden.

Nach Erstellen des Fragebogens habe ich mich an verschiedenste Organisation, Selbsthilfe- gruppen und Internetforen gewandt um Freiwillige zu finden, die meinen Fragebogen beant- worten wurden. Die Reaktionen waren durchweg positiv und viele haben mir bereitwillig ihre E-Mail Adressen zukommen lassen, damit ich ihnen den Fragebogen schicken konnte. Leider sind am Ende nur zwolf Bogen beantwortet wieder an mich zuruck geschickt wurden. Vermut- lich ist es vielen schwer gefallen, so offen und detailliert uber ihr Leben und ihr Leiden zu berichten. Daher mochte ich an dieser Stelle betonen, dass alle Ergebnisse meiner Fragebo- genstudie keinen Anspruch auf Vollstandigkeit erheben. Sie beziehen sich nur auf die Antwor- ten aus zwolf Fragebogen und konnen keine endgultigen Antworten geben.

Ich danke den Freiwilligen sehrfur ihre Offenheit und Bereitwilligkeit. Ich hoffe, dass ihre Ant­worten zu mehr Verstandnis in der Gesellschaft fuhren und Interessierten einen Einblick in das Leben von Transsexuellen geben konnen.

1. PhanomenTranssexualitat

1.1. Geschichtliche Entwicklung

Das Phanomen „Transsexualitat" ist keine Erscheinung unserer modernen Gesellschaft. Im Gegenteil, sie war zu allen Zeiten und in verschiedenen Kulturen mehr oder weniger rele­vant. Schon aus der Antike sind uns Menschen, welche die Geschlechtsrolle wechselten, be- kannt. Die Geschlechtsumwandlung galt zu der Zeit als ein Mysterium, dem Respekt und Hochachtung entgegengebracht wurde. „In der griechischen Mythologie wird zum Beispiel von dem blinden Seher Teiresias erzahlt, der sich als junger Mann wie durch ein Wunder in eine Frau verwandelte und spater wieder in einen Mann. So machte er die sexuellen Erfah- rungen des Mannes und der Frau, was ihm zu hohem Ansehen verhalf."

(Haeberle, E.J.: Transsexualitat. In: B. Kamprad und W. Schiffels (Hrsg.): Im falschen Korper. Alles uber Transsexualitat. Zurich 1991. S. 12-16.)

Auch der Mythos uber die Geburt der Gottin Aphrodite weist auf einen transsexuellen Hin- tergrund hin: nach den Schriften Hesoids um 700 v. Christus wurde Uranus (Gott des Him- mels) zum Tyrann, der Gaia (Gottin der Erde) und ihre gemeinsamen Kinder umbringen wollte. Gaia schuf eine Sichel mit welcher ihr Sohn Kronos seinen Vater entmannte und die abgeschnittenen Geschlechtsteile ins Meer warf. Aus diesem Meer entstieg Aphrodite in vollkommenerWeiblichkeit. (Stalla 2006:14)

Im romischen Reich anderte sich der Umgang mit transgender Individuen. In Kunst und Phi- losophie verherrlichte man das Prinzip, dass Menschen die bei ihrer Geburt von der traditi- onellen Geschlechterteilung in Madchen und Jungen abwichen, ein fatales Omen waren. Diese so genannten „monstra" wurden daraufhin in einem Reinigungszeremoniell getotet.

In der abendlandischen Kultur galt es als oberste Prioritat die zwei traditionellen Geschlech- ter aufrecht zu erhalten. Auf der Grundlage, dass sich das Geschlecht eines Menschen aus der korperlichen Erscheinung bzw. aus den Genitalien ermitteln lieRe, wurde im 6.Jhd. ein Gesetz erlassen das im Falle einer genitalen Uneindeutigkeit bei der Geburt eine Zuordnung nach uberwiegenden Merkmalen beschloss.

Diese Vorgehensweise fuhrte allerdings auch nicht immer zu eindeutigen Entscheidungen. So wurde im Mittelalter eine weitere Losung erarbeitet: sollte ein Kind mit nicht eindeuti- gem Geschlecht geboren werden darf der Vater bei der Taufe ein vorlaufiges Geschlecht festlegen. Im heiratsfahigen Alter darf die betroffene Person sich dann selber fur ein Ge­schlecht entscheiden. In einem „promissorischen Eid" musste sich die Person zu dem ge- wahlten Geschlecht bekennen und dem anderen abschworen. Ein Bruch dieses Eides wurde bis ins 17. Jhd. als Sodomie mit dem Tode bestraft. (Stalla 2006:15) Was die Begrifflichkeit anbelangt wurde allerdings lange nicht zwischen Transvestitismus, Transsexualitat, Her- maphroditismus oder Homosexualitat unterschieden.

Diese Prozedur des „promissorischen Eides" wurde im 18. Jhd. von der Vorstellung abgelost es gabe nur ein wahres Geschlecht das herauszufinden war und das war entweder mannlich oder weiblich. Das Phanomen des Hermaphroditismus wurde nun als „Pseudo- Hermaphroditismus" in das System der zwei Geschlechter eingeteilt. Unterteilt wurde dabei in Zwitter mannlichen Geschlechts und weiblichen Geschlechts. Diese Kategorisierung brachte aber auch nicht die gewunschte Genauigkeit, worauf ein drittes Geschlecht einge- fuhrt, das der Zwitter. Durch das immer noch bestehende Problem einer genauen juristisch- medizinischen Bestimmbarkeit folgte das Burgerliche Gesetzbuch in Deutschland von 1900 der medizinischen Erkenntnis, dass es keine Hermaphroditen gabe. Das Geschlecht der Zwit­ter wurde wiederabgeschafft und das Schema der zwei Geschlechter wurde weitergefuhrt. Bis ins heutige 21. Jhd. konnte trotz Fortentwicklung in der Medizin keine Losung des Prob­lems gefunden werden.

Nicht in allen Kulturen wird von dem Bestehen von zwei naturlichen Geschlechtern ausge- gangen. Aus indianischen Oberlieferungen kann man schlieGen, dass transsexuelle Stam- mesmitglieder existiert haben. Unter anderem ist von We'wha die Rede, einem der groGten und starksten Manner eines Stammes im Sudwesten von Nordamerika, der von 1849-1896 gelebt hat. Trotz biologisch eindeutiger Merkmale zog er es vor sich als Frau zu kleiden und zu leben. Als Knabe wurde er in den religiosen Mannerbund aufgenommen, als Erwachsener trug er Frauenkleider, webte und topferte.

Berichte aus dem Jahr 1540 erzahlen von dem Stamm der Yuma in Anicanda in dem es im- mer vier so genannte Weibmanner gab. Starb einer dieser Weibmanner musste die erste Frau, die einen Jungen gebar, ihren Sohn abgeben. Er wurde daraufhin als Frau aufgezogen, trug Frauenkleider, verrichtete Frauenarbeit und durfte nur mit Mannern verkehren.

Aus Indien sind uns auch die Eunuchen bekannt. Junge Manner lassen sich ihre Genitalien entfernen, legen ihre bisherige Geschlechterrolle ab und nehmen daraufhin eine Art mythi- sches drittes Geschlecht an. Ihnen werden ubermenschliche Fahigkeiten nachgesagt wo- durch sie in weiten Teilen Indiens verehrt und gefurchtet werden.

Aus den verschiedenen Oberlieferungen lassen sich ganz unterschiedliche Formen des Ge- schlechtswechsels erkennen. Die wesentlichen Veranderungen umfassen eine Obernahme der gesellschaftlichen Rolle des jeweils anderen Geschlechts, z.B. das Tragen der gegenge- schlechtlichen Kleidung, die Veranderung der Stimmhohe und Gangart und die Obernahme traditionell gegengeschlechtlicher Arbeiten.

1.2. Begriffliche Entwicklung

Bis ins 20. Jahrhundert wurden Geschlechtsidentitatsstorungen nicht naher differenziert. Es wurde nicht zwischen Transvestiten, Intersexuellen, Homosexuellen oder Transsexuellen unterschieden.

Erst im Jahr 1910 pragte der deutsche Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld die Be- zeichnung „Transvestitismus" fur Menschen, die sich gelegentlich bzw. regelmaRig als An- gehorige des anderen Geschlechts verkleiden. Er unterschied dabei nicht zwischen sexueller Orientierung und Geschlechtsidentitat.

In seinem sexualwissenschaftlichen Resumee „Geschlechtskunde" beschreibt Hirschfeld den Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung als eine extreme Form von Transvestitismus. Er pragte dafur den Begriff „seelischer Transsexualismus" und beschrieb damit Menschen, die sich nicht nur durch Kleidung sondern auch korperlich versuchen dem jeweils anderen Geschlecht anzupassen. Er verwendete die Begriffe Transvestitismus und Transsexualismus allerdings synonym.

(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transsexualitat)

Erst 1949 wird der Begriff „psychopathia transsexualis" von Cauldwell gepragt. Durch Hirschfelds umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Sexualforschung lockerte sich die streng pathologisierte Definition erstmals. Eine daraus folgende Neuerung war der Trans- vestitenschein, der auf Grund arztlicher Gutachten behordlich ausgestellt wurde und dem Betroffenen das Tragen der Kleidung des jeweils anderen Geschlechts erlaubte. 1920 wurde es Transvestiten erlaubt ihren Namen auf Antrag in einen geschlechtsneutraleren Namen umzuwandeln, zum Beispiel wurden aus Anton oder Antonia der Name Toni.

Nachdem Anfangs der 60er Jahre Betroffene den Wunsch nach operativer Veranderung des eigenen Korpers geauRert hatten, war fur Harry Benjamin klar, dass es Unterschiede in der Definition geben musste. Im Jahr 1953 trennte er in seinem Artikel „ Transvestitism and Transsexualism" die beiden Bezeichnungen voneinander und etablierte sie 1966 mit seinem Buch „The Transsexual Phenomenon" als eigenstandige Phanomene in der Sexualwissen- schaft. Er definierte Transidentitat in verschiedenen Stufen und beschrieb Transsexualitat als hochsten Grad des Transvestitismus. Mitte der 60er Jahre konnte sich die Definition so- weit festigen, dass der Begriff „transsexuell" als subjektives Geschlechtsempfinden verstan- den wurde, Transvestitismus in der Praxis des Kleidertauschs allerdings eher als fetischisti- sches Sexualverhalten.

In den 1950er Jahren konnten Transsexuelle erstmals eine gegengeschlechtliche Hormon- therapie erhalten. Viele der Betroffenen wurden in dieser Zeit von Harry Benjamin betreut, der im Gegensatz zu seinen Kollegen Transsexualismus nicht als eine psychische Erkrankung ansah. Fur ihn stand vielmehr fest, dass das korperliche Geschlecht der Betroffenen wirklich von ihrer Geschlechtsidentitat abweicht. Schon 1954 schrieb er, dass psychotherapeutische Ansatze in der Behandlung von Transsexualitat wirkungslos sind und eine Behandlung eher eine Selbstverwirklichung als eine Unterdruckung des Wesens darstellt.

1952 erreichte die Amerikanerin Christine Jorgensen hohen Bekanntheitsgrad, als erste Transsexuelle, die eine geschlechtsangleichende Operation erfolgreich erhalten hatte (Mann-Frau). Der Penis war entfernt sowie eine Vulva aus Skrotum geformt worden und in New Jersey konnte erstmals eine Neovagina geformt werden. Die Publikation des Falles zog eine Briefflut von Betroffenen nach sich, die ebenso eine Geschlechtsanpassung wunschten. Da religiose Gruppen solche Operationen verabscheuten und Druck auf die Krankenhauser ausubten, mussten Transsexuelle zur chirurgischen Geschlechtsanpassung zunachst ins Aus- land reisen. So wurde auch Christine Jorgensen in Danemark behandelt. Der Ansturm in Da- nemark war so groR, dass staatlich verfugt wurde, dass nur noch danische Staatsburger die- se Operation erhalten durfen. 1966 wurde dann im amerikanischen Baltimore die erste Gender Identity Clinic im John Hopkins Medical Center eingerichtet, in der seitdem auch ge­schlechtsangleichende MaRnahmen durchgefuhrt werden durften.

In der fruhen Bundesrepublik Deutschland war dies schwieriger. Arzte, die hier Geschlechts- umwandlungen durchfuhrten, konnten noch wegen „sittenwidriger Korperverletzung" be- straft werden. So wurden 1967 sieben Berliner Gynakologen angeklagt, weil sie Transsexuel- len Hormone verschrieben hatten. 1971 stellte dann aber der Bundesgerichtshof fest, dass es sich nicht um eine sittenwidrige Korperverletzung handeln kann wenn die Einwilligung des Betroffenen vorliegt und die Operation dazu dient, das korperliche und seelische Befin- den des Patienten wiederherzustellen.

(BGH vom 21. September 1971, JZ 1972, S. 281)

1978 erlaubte dann das Bundesverfassungsgericht auch die von vielen Betroffenen lang er- sehnte Personenstandsanderung, mit der Begrundung: „Menschenwurde und Grundrecht auf freie Entfaltung der Personlichkeit gebieten es, die Eintragung des mannlichen Ge- schlechts eines Transsexuellen im Geburtenbuch jedenfalls dann zu berucksichtigen, wenn es sich nach medizinischen Erkenntnissen um einen irreversiblen Fall von Transsexualismus handelt und eine geschlechtstranponierende Operation durchgefuhrt wurde."

(BVerfG vom 11.Oktober 1978. NJW 1979. S. 595)

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wurde das Transsexuellengesetz durch den Gesetzgeber erlassen, welches dann am 1. Januar 1981 in Kraft trat. Auf dieses Gesetz soil spater in der Arbeit noch einmal eingegangen werden. Nach Erlass des Transsexuellen- gesetzes wurden auch in Deutschland geschlechtsangleichende Operationen zur Regel.

Das Konzept der Transsexualitat wurde 1990 endgultig als eigenstandiger wissenschaftlicher Fachbereich anerkannt, nachdem an der Freien Universitat Amsterdam der erste Lehrstuhl furTranssexologie unter der Fuhrung des Endokrinologen Louis Gooren errichtet wurde.

1.3. Begriffserklarung

Auch uber 50 Jahre nach der ersten geschlechtsangleichenden Operation wird Transsexuali­tat heute von Fachleuten immer noch als Krankheit betrachtet. Daher findet man den Beg- riff nach wie vor unter den psychischen Storungen in den modernen Diagnosekatalogen der ICD-10 („International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems") und des DSM-IV (die vierte Auflage des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disor­ders" der „American Psychiatric Association" von 1994). In beiden Systemen werden die kli- nischen Kennzeichen des Transsexualismus anhand diagnostischer Merkmale definiert, zur Abgrenzung von anderen psychischen Storungen (u.a. Schizophrenie,...).

Laut Einteilung der ICD-10 gehort Transsexualismus in die Kategorie F6 „Personlichkeits- und Verhaltensstorungen". Aufgefuhrt wird der Begriff dabei im Abschnitt F64 „Storungen der Geschlechtsidentitat" unter der Nummer F64.0. Der Definition nach ist Transsexualismus „der Wunsch, als Angehoriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu wer­den. Dieser geht meist mit Unbehagen oder dem Gefuhl der Nichtzugehorigkeit zum eige- nen anatomischen Geschlecht einher. Es besteht der Wunsch nach chirurgischer und hor- moneller Behandlung, um den eigenen Korper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie moglich anzugleichen." Hinzu kommt als diagnostische Leitlinie, dass die transsexuelle Iden- titat mindestens zwei Jahre durchgehend bestanden haben muss und nicht Symptom einer anderen psychischen Storung sein darf. AuRerdem muss ein Zusammenhang mit intersexu- ellen, genetischen oder geschlechtschromosomalen Anomalien ausgeschlossen werden.

(vgl. WHO (1993): Internationale Klassifikation psychischer Storungen: ICD-10, Kapitel V)

Im Gegensatz zu den ICD-10 Einteilungen ersetzte 1994 das DSM-IV-Komitee die Diagnose Transsexualismus durch den Begriff Geschlechtsidentitatsstorung (GID- Gender Identity Disorder) und ordnete ihn in die Kategorie „Sexuelle und Geschlechtsidentitatsstorungen" ein. Man wollte somit die enge Gebundenheit an die Operationsindikation der ICD-10 ver- meiden. Zu finden ist die Diagnose im DSM-IV unter der Nummer 302.85 (bei Adoleszenten und Erwachsenen) und 302.6 (bei Kindern) und wird folgendermaGen definiert:

„In Abhangigkeit vom Alter wurden jene mit einer starken und andauernden gegenge- schlechtlichen Identifikation und andauernden Unzufriedenheit mit ihrem Geschlecht oder einem Gefuhl von Unstimmigkeit in der Geschlechterrolle als kindliche, jugendliche oder erwachsene Geschlechtsidentitatsstorung diagnostiziert."

(DSM-IV-TR; APA 2000; 302.85)

Im Einzelnen fordert das DSM-IV:

A. Eine stark anhaltende gegengeschlechtliche Identifikation. Bei Kindern gilt die Storung als manifestiert wenn vier oder mehr der folgenden Kriterien zutreffen:

1. Wiederholt geauGerter Wunsch oder Beharren darauf, dem anderen Geschlecht anzugehoren.
2. Bei Jungen die Vorliebe fur weibliche Kleidung und das Nachahmen weiblicher Korpersprache; bei Madchen das Verlangen eher stereotypische mannliche Kleidung zu tragen.
3. Starke und anhaltende Neigung fur gegengeschlechtliche Rollen bei Phantasie spielen oder anhaltende Phantasien dem anderen Geschlecht anzugehoren.
4. Starker Wunsch an Spielen und Freizeitvergnugen des anderen Geschlechts teilzunehmen.
5. Starke Vorliebe fur Spielkameraden des anderen Geschlechts.

Bei Heranwachsenden und Erwachsenen zeigt sich die Storung durch den intensiven Wunsch dem anderen Geschlecht anzugehoren, im anderen Geschlecht zu leben, so behan- delt zu werden und /oder die Oberzeugung die typischen Gefuhle und Reaktionen des ande­ren Geschlechts zu haben.

B. Permanentes Unwohlsein mit dem eigenen angeborenen Geschlecht oder das Gefuhl von Unstimmigkeit in der zugeschriebenen Geschlechterrolle. Folgende Symptome treten bei Kindern auf:

1. Jungen erklaren, dass Penis und Hoden abstoRend sind oder es besser ware keinen zu haben. Ruppiges Spielen und jungentypische Aktivitaten oder Spiele werden abgelehnt.
2. Madchen lehnen es ab im Sitzen zu urinieren oder erklaren, dass sie sich einen Penis wunschen oder wenn sie betonen keine Menstruation oder weibliche Figur haben zu wollen oder wenn dauerhaft das Tragen von Frauenkleidung abgelehnt wird.

Bei Jugendlichen und Erwachsenen manifestiert sich die Storung wenn folgende Kriterien er- fullt sind: die dauerhafte Beschaftigung mit dem Wunsch die primaren und sekundaren Ge- schlechtsmerkmale loszuwerden oder der Glaube im falschen Korper geboren zu sein.

A. Die Storung kommt nicht mit einer korperlichen Intersexualitat zusammen.
B. Die Storung fuhrt zu klinisch signifikantem Distress oder zu Funktions- beeintrachtigungen im sozialen, beruflichen oderanderen Gebieten des Lebens.

Im Zentrum der diagnostischen Leitlinien der ICD und des DSM IV steht die nicht korrigierba- re, uber lange Zeit hin bestehende Oberzeugung dem anderen Geschlecht anzugehoren und das Drangen auf hormonelle und chirurgische MaRnahmen um eine Angleichung an das an- dere Geschlecht zu erreichen. In der Regel setzt das Empfinden „im falschen Korper gelan- det zu sein" schon in der Kindheit ein und manifestiert sich meistens in der Pubertat.

Die im ICD 10 und DSM IV aufgefuhrten Kriterien sind als Orientierungshilfe fur die Diagnos- tik durchaus geeignet, allerdings sollte eine Anwendung immer kritisch geschehen. Die Ge- fahr ist groR anzunehmen transsexuelle Menschen stellten einen einheitlichen Personlich- keitstyp dar mit einem einzigen „typischen" Verlauf. (vgl. Rauchfleisch 2006:16)

Heute muss allerdings jedem bewusst sein, dass die Vielfalt an Personlichkeitstypen und Verlaufen sehr groR ist.

1.4. Begrifflichkeit aus Sicht von Transsexuellen

Im Laufe meiner Recherchen ist mir immer wieder aufgefallen, dass von verschiedenen Au- toren und Betroffenen unterschiedliche Begriffe fur Transsexualitat bevorzugt werden. Im Rahmen der Fragebogenstudie habe ich die Betroffenen nach ihrem praferierten Begriff und den Grunden dafur befragt. Herausgekommen sind dabei ganz unterschiedliche Ansichten:

Vier von dreizehn Befragten halten den Begriff „Transidentitat" fur eher passend, da der Begriff „Transsexualitat" zu stark auf das sexuelle reduziert wird. Transidentitat zeigt ganz klar, dass es um Identitat geht und nicht um Sex. Transsexuelle Menschen haben genauso unterschiedliche sexuelle Orientierungen wie „normale" biologische Frauen und Manner. Sie sind einfach nur im falschen Korper geboren.

Zwei von den Befragten gaben an den Begriff „Transgender" zu bevorzugen. Eine Erklarung dafur ist, dass es bei transsexuellen Menschen nicht nur um korperliche Veranderungen geht, sondern vor allem auch um soziale. Ein Begriff darf nicht nur auf das korperliche oder sexuelle reduzieren, sondern muss alle Komponenten mit einbeziehen um ein Phanomen genau zu beschreiben.

Die Mehrheit der Befragten, funf von dreizehn, entschied sich fur den Begriff „Transsexuali- tat". Die haufigste Begrundung dafur war, dass er bei Nicht-Betroffenen bzw. Unbeteiligten am bekanntesten ist und am ehesten verstanden wird. Zwei von ihnen gaben aber trotzdem an, den Begriff „Transidentitat" schoner zu finden. Da er aber von den Wenigsten richtig verstanden wird, haben sie sich mit „Transsexualitat" abgefunden.

Zwei der Interviewpartner schlugen zwei ganz neue Begriffe vor, zum einen das „Harry Ben­jamin Syndrom" und zum anderen das „Brain Sex Body Disorder Syndrom". Harry Benjamin war, wie im Kapitel 1.2 schon erwahnt, der erste, der die Begriffe Transvestitismus und Transsexualitat voneinander trennte und letzteren in der Wissenschaft etablierte. Dieser Begriff ist fur die Befragten am neutralsten und enthalt nicht das Wort „sex".

Das „Brain Sex Body Disorder Syndrome" ist in Deutschland noch weitestgehend unbekannt, druckt aber am besten aus, dass sich der Betroffene im falschen Korper fuhlt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass jeder der vorgeschlagenen Begriffe seine Vor- und Nachteile hat. Die beiden letzten Begriffe mogen das Problem treffend beschreiben, ohne falsche Assoziationen hervorzurufen, allerdings sind sie in unserer Gesellschaft zu unbe- kannt und wurden zum GroRteil nur Verwirrung auslosen. Am haufigsten verwendet wer- den die Begriffe „Transsexualitat" und „ Transidentitat".

Ich schlieRe mich der Mehrheit an und bevorzuge ebenso den Begriff „Transsexualitat", da dieser im Gegensatz zum Begriff „Transidentitat" einen hoheren Bekanntheitsgrad hat. Nur wer sich mit Fachliteratur beschaftigt wird mit diesem Begriff in Kontakt kommen und Erlau- terungen dazu finden. In den Medien wird aber doch eher der Begriff „Transsexualitat" be- nutzt und ist den Menschen am ehesten bekannt.

1.5. Formen derTranssexualitat

Transsexuelle Entwicklungen bzw. Empfindungen konnen schon sehr fruhzeitig auftreten, wie zum Beispiel bei Kim. Das DSM IV spricht daher auch schon im Kindesalter von Ge- schlechtsidentitatsstorungen die eine groRe Ahnlichkeit mit der ICD 10- Diagnose „Transse- xualitat" aufweist. In der Psychologie werden daher zwei verschiedene Verlaufsformen der Entwicklung einer Geschlechtsidentitatsstorung unterschieden. Zum einen die primare Transsexualitat und zum anderen die Sekundare, wobei ersterer oft falschlicherweise als der „echte"Transsexualitat angesehen wird.

Die primare Transsexualitat betrifft biologische Frauen und Manner. Eine Storung der Ge- schlechtsidentitat tritt schon in der Kindheit oder der fruhen Adoleszenz zu Tage und ge- schieht ohne sexuellen Hintergrund, wie z.B. die sexuelle Erregung durch das Tragen der Kleidung des jeweils anderen Geschlechts.

Die sekundare Transsexualitat betrifft fast nur biologische Manner. Die Entwicklung eines Zugehorigkeitsgefuhls zum anderen Geschlecht geschieht postpubertar, meist im mittleren Erwachsenenalter, oftmals auch ausgehend von der effeminierten Homosexualitat und des Transvestitismus. (vgl. Soder 1998: 7)

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich erste Anzeichen eines Unbehagens mit dem eigenen Geschlecht schon in der Kindheit auftun. Den Betroffenen gelingt es aber zunachst dieses Gefuhl zu unterbinden und sich mit ihrem biologischen Geschlecht und der damit verbun- denen sozialen Rolle zu arrangieren. (vgl. hierzu: http://transray.com/db.php?i=2.1829)

Rauchfleisch betont in seinem Buch „Transsexualitat- Transidentitat", dass die sekundare Transsexualitat nicht weniger „echt" ist als die primare. Eine Unterscheidung der zwei Ver- laufsformen ist nicht notwendig, da es sich lediglich um ein Fruher oder Spater in der Orga­nisation der Merkmale derTranssexualitat handelt. (Rauchfleisch 2006:16)

1.6. Ursachen derTranssexualitat

Wahrend bei der Intersexualitat eine somatische Variation vorliegt lassen sich Transsexuelle genetisch, anatomisch und hormonell eindeutig einem Geschlecht zuordnen. Allerdings ist es nicht das Geschlecht mit dem sie leben wollen. Ober die Ursachen von Transsexualitat findet man heute verschiedene biologische und psychologische Denkmodelle, von denen al­lerdings nicht eins bestatigt werden konnte.

Anhanger der primar somatischen Theorien gehen zum Beispiel davon aus, dass Storungen der Geschlechtsidentitat auf Storungen des pra- und postnatalen Hormonmillieus zuruck zu fuhren sind. Die Hypothesen selbst konnen im Diskurs als interessant, kontrovers, nicht qua- lifiziert genug, als unbewiesen geblieben oder von der Allgemeinheit nicht akzeptiert ange- sehen werden. Die Theorie des Gendefekts ist zum Beispiel eine der meist diskutierten The­orien. Demnach soll ein unbekanntes Gen, welches verantwortlich fur die Obereinstimmung von physischem und psychischem Geschlecht ist, defekt sein. Auch die Theorie des vorge- burtlichen Stresses ist weit verbreitet. Sie besagt, dass wenn zum Zeitpunkt der Entwicklung des Geschlechts eines Embryos, die Mutter enormen Stress ausgesetzt ist, z.B. Misshand- lung, Angst, Konsum von Drogen und Alkohol etc., so kann es passieren, dass ein wichtiger Entwicklungsschritt bei der eindeutigen Festlegung des Geschlechts ausgelassen wird. Wei- tere Hypothesen drehen sich um eine Virusinfektion als Ursache oder uber eine hormonelle Abweichung oder einer Variation des Hypothalamus.

Es gibt auch Theorien aus dem Bereich der Psychologie. So konnen zum Beispiel Erziehungs- effekte Ursache fur Transsexualitat sein. Ein Beispiel dafur ware ein Vater, der sich lieber ei- nen Sohn gewunscht hatte und seine Tochter jetzt mannlich erzieht. Umgekehrt konnten Sohne in Abwesenheit eines Vaters von ihren besitzergreifenden Muttern uberbehutet werden und so eine weibliche Identitat ausbilden. Auffallig in den Anamnesen der Transse- xuellen ist tatsachlich eine zerbrochene oder zerruttete Familienstruktur.

(vgl.http://209.85.135.104/search?q=cache:ViLEZuwUPIIJ:www.psychosomatik.at/lex/pdf/tr anssexualismus.pdf+ursachen+transsexualismus&hl=de&ct=clnk&cd=4&gl=de).

Hartmut Bosinski von der Universitat Kiel testete verschiedene Theorien an ein und dersel- ben Stichprobe von weiblichen und mannlichen Transsexuellen, die sich bisher keiner Ge- schlechtsumwandlung unterzogen hatten. Dabei entdeckte er als haufigstes Auftreten eine Kopplung von Stress und Erziehungseffekten. Soll heiRen, treffen Kinder mit uneindeutiger Geschlechtsidentitat auf Umstande, die einen Wechsel des Geschlechts fordern (z.B. oben genannter Vater, der seine Tochter lieber als Sohn sehen mochte), so steigt die Wahrschein- lichkeit, dass sichTranssexualitat entwickelt.

Allerdings haben viele Faktoren nur statistische Effekte, die nichts uber den Einzelfall aussa- gen. Zum Beispiel fand Bosinski in 83 Prozent der Falle der Frau-zu-Mann- Transsexuellen einen erhohten mannlichen Hormonspiegel. Das ist ein hoher Wert, aber warum wurden die anderen 17 Prozent dann transsexuell? (vgl. Bosinski 2006: 808)

Bosinski untersuchte mit einer Arbeitsgruppe das korperliche Erscheinungsbild von Frau-zu- Mann- Transsexuellen und erhob Daten uber den Zusammenhang von Korperbau und Hor- monstatus. In seiner Untersuchung fand er heraus, dass die Frau-zu-Mann- Transsexuellen einen mannlicheren Korperbau aufweisen als normale weibliche Kontrollpersonen. Beson- ders die Fettverteilung und bestimmte geschlechtstypische Korperproportionen fielen auf. AuRerdem war der Androgynspiegel signifikant hoher als bei den Kontrollpersonen. So konnte der maskulinere Korperbau das Resultat eines hormonellen Ungleichgewichts sein. Dieses konnte die Geschlechtsidentitatstransposition bedingt haben.

Eine neue Studie von Prof. Stalla vom Max-Planck-Institut fur Psychiatrie will jetzt eine bio- logische Erklarung fur Transsexualitat liefern. Hormonstorungen wahrend der Schwanger- schaft sollen der Grund sein und seiner Meinung nach liegt des Ratsels Losung in der Hand. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Laut wissenschaftlichen Studien unterscheiden sich Frauen und Manner in der Lange ihrer Finger. Sind bei Frauen die Langen ihrer Zeige- und Ringfinger identisch, so haben Manner einen groReren Ringfinger im Verhaltnis zum Zeige- finger. Diesen Unterschied hat man versucht bei Transsexuellen zu uberprufen. Dafur unter- suchte er die Finger von 200 transsexuellen und heterosexuellen Personen, mit uberra- schendem Ergebnis: Die Fingerlangen von Transfrauen, also Frauen, die fruher einmal Man­ner waren, entsprachen den Fingerlangen von Frauen. Da dass Fingerverhaltnis bereits vor der Geburt unter dem Einfluss von mannlichen Sexualhormonen angelegt wird, ist davon auszugehen, dass es eine biologische Ursache fur Transsexualitat geben muss. Fur die Be- troffenen wurde das bedeuten, dass es letztendlich doch keine psychologische Ursache fur ihr Problem gibt und sie zum Beispiel durch eine Fehlpragung in ihrer Kindheit transsexuell geworden sind.

(vgl. http://www.planetopia.de/archiv/2008/planetopia/02_24/21_text.html)

Ob die zuletzt genannte Theorie nun wirklich die Ursache fur Transsexualitat ist, wird wohl noch eingehender untersucht werden mussen. Klar ist, dass die Ursachenforschung weiter- gehen muss, um besser auf die Bedurfnisse der Betroffenen eingehen zu konnen bzw. um die therapeutische Behandlung optimieren zu konnen.

1.7. Verlauf von Transsexualitat

Transsexuelle Entwicklungen konnen sehr unterschiedlich verlaufen. Oftmals entwickelt sich schon in fruhester Kindheit ein Gefuhl „anders" zu sein. Viele konnen es in dieser fruhen Phase noch gar nicht zuordnen, andere berichten, dass sie bereits in diesem Alter schon wussten, entgegen ihrem angeborenen Geschlecht eigentlich ein Junge bzw. ein Madchen zu sein. In anderen Fallen trat dieses Bewusstsein erst in der Pubertat oder im Erwachse- nenalter auf. (vgl. Clement 1996:1)

Es stellt sich vor allem in den letzteren Fallen die Frage, ob etwaige Kindheitserinnerungen nicht verdrangt worden sein konnten. Der GroRteil der Betroffenen versucht uber Jahre ihre Gefuhle zu unterdrucken und ein, dem genetischen Geschlecht, angepasstes Leben zu fuh- ren.

Der von transsexuellen Menschen empfundene psychische Druck nimmt im Laufe des Le- bens immer mehr zu. Verdrangte Gefuhle fuhren vor allem in der Pubertat zu groRen Kon- flikten. Wenn sich das auRere Erscheinungsbild dem biologischen Geschlecht immer mehr anpasst wird der Leidensdruck groRer. Durch den empfundenen Hass und Ekel den eigenen geschlechtsspezifischen Merkmalen gegenuber versuchen die Betroffenen ihre mannlichen bzw. weiblichen Korpermerkmale zu verstecken. In der Literatur wird sogar von Selbstkast- rationsversuchen von jungen Mannern berichtet oder vom Wegbinden der Geschlechtsteile. Als eine wesentliche Verhaltensweise wird auch das so genannte „Cross-Dressing" in der Pubertat beobachtet, das Anlegen der Kleidung des jeweils anderen Geschlechts. Wobei Frauen damit wohl eher geringere Probleme haben, da Hosen und T-Shirts in unserer heuti- gen Gesellschaft nicht mehr nur mannliche Kleidungsstucke sind.

Haufig kann es auch zu Konflikten mit der Familie und Freunden kommen, die das geschlechtsuntypische Verhalten nicht akzeptieren. So sind viele jugendliche transsexuelle mit ihren Problemen allein.

Im Erwachsenenalter kommt es irgendwann zu einer Kumulation der ganzen Probleme. Der empfundene Druck und das Gefuhl des Unwohlseins nimmt immer mehr zu. Es kann zu psy- chosomatischen Krankheiten und psychischen Problemen kommen. Drogenmissbrauch und Depressionen werden oft zusammenhangend beschrieben. Fruher oder spater entscheiden sich die meisten Transsexuellen fur ein „Coming-Out" um ihre Umwelt zu informieren und um das Geschlecht offiziell und permanent zu wechseln. Der Zeitpunkt, an dem Betroffene sich zu einem Outing entscheiden, ist individuell vollig unterschiedlich, obwohl der Durch- schnittsalter seit Jahren sinkt.

Die Entwicklung von Transfrauen und Transmannern verlauft unterschiedlich, da mannliche Transsexuelle einem groReren Druck ausgesetzt sind als weibliche Betroffene.

Transmanner entscheiden sich meist fur geschlechtsneutrale oder typisch mannliche Berufe, sie heiraten etwas seltener und bekommen auch seltener Kinder. Ihr Unwohlsein versuchen sie durch mannliche Verhaltensweisen zu kompensieren, was von der Umwelt eher akzep- tiert wird ais weibliche Verhaltensweisen von Mannern. So werden sie durch ihr burschiko- ses Auftreten oft fur lesbisch gehalten, auch wenn sie Manner als Partner bevorzugen. Transfrauen bemuhen sich anfangs eher darum dem typischen Bild eines Mannes zu ent- sprechen. Da eine weibliche Berufswahl schwieriger zu realisieren ist, entscheiden sich viele der Betroffenen fur typische mannliche Berufe. Genauso kommt es haufig vor, dass sie erst einmal heiraten und Vater werden. Durch ein Wechselspiel von transvestitischen Phasen und Phasen der Oberkompensation, in denen sie versuchen besonders mannlich zu wirken, kann sich ihr Unbehagen in der mannlichen Rolle auRern.

(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transsexuell#Verlauf)

Fruher oder spater wird dann auch der Drang nach einer Geschlechtsumwandlung uber- machtig. Es ist charakteristisch fur Transsexuelle, das sie trotz aller Schwierigkeiten und Schmerzen eine Geschlechtsangleichung und Personenstandsanderung mit allen Mitteln an- streben. Es ist ihr groRtes Verlangen in die gewunschte Rolle zu schlupfen und das auch nach AuRen tragen zu durfen. Der Geschlechtsrollenwechsel kann aber auch Nachwirkun- gen haben. Nicht selten kommt es vor, dass Partnerschaften zerbrechen oder dass Arbeit- geber zur Kundigung des Arbeitsverhaltnisses raten. Wobei letzteres immer seltener wird, nicht zuletzt durch die Entscheidung des Europaischen Gerichtshofes, dass eine Kundigung in diesem Fall eine verbotene Diskriminierung darstellt.

Weiterhin ist es unerlasslich, dass sich Betroffene in psychologische Behandlung begeben, denn ohne Nachweise professioneller Begleitung ist es fast unmoglich die erforderlichen Gutachten fur medizinische und juristische BegleitmaRnahmen zu erhalten.

(vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transsexuell#Verlauf)

1.8. Behandlung

Transsexualitat ist die extremste Form der Geschlechtsidentitatsstorungen und ist gekenn- zeichnet durch die Konstanz des Wunsches dem anderen Geschlecht anzugehoren. Die gy- nakologische bzw. urologische Sprechstunde ist haufig der erste Anlaufpunkt, wo Unbeha- gen mit dem eigenen Geschlecht ausgedruckt wird. Dies sollte Anlass sein den Patienten an einen mit der Problematik vertrauten Psychiater weiter zu verweisen.

Seit den 70iger Jahren ist die somatherapeutische Behandlung Transsexueller Standard. Sie bezieht sich auf die „Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen" der Deutschen Gesellschaft fur Sexualforschung, der Akademie fur Sexualmedizin und der Ge- sellschaft fur Sexualwissenschaft von 1997. Die medizinische Behandlung erfolgt phasen- weise uber einen Zeitraum von mehreren Jahren und schlieRt Chirurgen, Urologen, Gynako- logen, Endokrinologen und Psychologen mit ein.

Um lange Wartezeiten fur den Patienten zwischen den einzelnen Phasen zu vermeiden ist es wichtig, dass alle beteiligten Fachpersonen vernetzt zusammen arbeiten. So konnen alle MaRnahmen zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Rauchfleisch empfiehlt dafur eine Arbeitsgruppe zu bilden. Das gibt den Fachleuten die Moglichkeit effizient zusammen zu ar­beiten und einzelne Schritte gemeinsam zu besprechen. AuRerdem vermeidet man „...Doppelspurigkeiten, ein Aneinander-vorbei-Arbeiten, die Gefahr, von den Klientinnen und Klienten gegeneinander ausgespielt zu werden und unzureichende oder widerspruchli- che Informationen von den Klienten." zu erhalten. (Rauchfleisch 2006: 25)

Weiterhin halt er es fur sehr nutzlich, dass jedem Transidenten ein Mitglied dieser Arbeits­gruppe als Bezugsperson zugeordnet wird. Bestenfalls konnte dies jemand aus dem Bereich der Psychologie oder Psychiatrie sein, der mit dem Klienten dann in regelmaRigen Kontakt stehen sollte.

Unabhangig davon, ob die jeweiligen Fachpersonen in Arbeitsgruppen arbeiten oder indivi- duell, mussen die funf Phasen des Gesamtbehandlungsprogramms eingehalten werden. Auf die einzelnen Behandlungsstufen mochte ich nun im Folgenden nahereingehen.

1.8.1. Diagnostik

Die Diagnose von Transsexualitat ist sehr kompliziert, da die Symptome sehr vielfaltig sein konnen. Gooren stellte dazu fest: „Man kann Transsexualitat nicht wirklich diag- nostizieren. Es gibt keine Laboruntersuchungen. Man kann dem Patienten nur glauben. Das ist eine schwierige Sache in der Medizin. ... Man muss einfach glauben, dass der Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung sehr groR ist. Und diese Glaubwurdigkeit ... muss sich mit der Zeit herausstellen. Deswegen mussen Transsexuelle (bereits vor ih- rer hormonellen und operativen Behandlung) die Rolle des anderen Geschlechts an- nehmen, in dieser Rolle leben und zeigen, dass sie das wollen und konnen."

(Gooren LJG 1991: 55)

Aus diesem Zitat lasst sich herauslesen, dass es vor allem darauf ankommt wie stabil der Wunsch des transsexuellen Betroffenen ist. Bevor es uberhaupt zu einer Ge- schlechtsangleichung kommen kann muss sichergestellt werden, dass es sich wirklich um Transsexualitat handelt und nicht um vereinzelte transsexuelle Symptome bzw. an- dere Geschlechtsidentitatsstorungen. Da die Behandlung mit tief greifenden und irre- versiblen Veranderungen verbunden ist, ist eine sorgfaltige Abklarung der Diagnose Transsexualitat unerlasslich.

Diese erste Phase kann in Abhangigkeit von der Sicherheit der Diagnose „Transsexuali- tat" mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern. In dieser Zeit geht es vor allem um die fundierte differentialdiagnostische Abklarung der spezifischen Geschlechtsidentitats- storung. Sexuelle Storungen wie Homosexualitat oder Transvestitismus weisen oft ahn- liche Symptome wie die Transsexualitat auf. Somit ist im Vorfeld eine differentialdia­gnostische Abgrenzung von anderen Storungen dringend erforderlich. Nur weil ein Mann gerne Frauenkleider tragt bedeutet das nicht gleich, dass er transsexuell ist.

Solche Neigungen sind auch bei Homosexuellen oderTransvestiten zu beobachten. Die Differentialdiagnose zum Transvestitismus und zur Homosexualitat gestaltet sich aller- dings als schwierig, da Obergange flieRend sein konnen. Homosexuelle fuhlen sich nicht als Frau wie Transmanner. Sie wollen gleichgeschlechtliche Liebe und empfinden keinen Ekel vor den eigenen Geschlechtsmerkmalen. Sie verkleiden sich nur voruberge- hend und wollen trotzdem als Mann angesehen werden.

Transvestiten fuhlen sich nicht dem anderen Geschlecht zugehorig und streben auch keine vollige Rollenubernahme des anderen Geschlechts an. Sie tragen nur gelegentlich gegengeschlechtliche Kleidung, wodurch sie sexuelle Befriedigung erlangen. Ein Ekel vor den eigenen Geschlechtsmerkmalen besteht auch bei ihnen nicht. Es gibt Transves­titen die aus Streben nach Perfektion gegengeschlechtliche Hormone einnehmen oder einen Geschlechtswechsel anstreben um sozial besser integriert zu werden.

Es gibt aber auch Patienten mit Psychosen, die transsexuelle Neigungen aufweisen konnen. Sie leiden haufig unter Wahnvorstellungen und glauben, dass sich der eigene Korper in den des anderen Geschlechts verwandelt. Solche Vorstellungen treten meis- tens mit anderen psychotischen Storungen auf.

Weitere Kontraindikationen fur eine medizinische Geschlechtsumwandlung konnen auch Anfallsleiden, hirnorganische Beeintrachtigungen wie Demenzkrankheiten oder geistige Behinderungen, manifeste Alkohol- und Drogenabhangigkeit, Psychopathien oder schwere Personlichkeitsstorungen sein. Die Differentialdiagnose muss genau- estens abklaren inwieweit ein Patient nicht von oben genannten Kontraindikationen betroffen ist.

Kogler verweist auf drei entscheidende Kriterien fur die Diagnose von Transsexualitat: Die eigenen Geschlechtsmerkmale erzeugen Ekel und Hass, auch Kleidung, Gewohnhei- ten und Art der Sexualitat. Die sexuellen Phantasien sind bei Transfrauen die Penetra­tion eines anderen in einen selbst und bei Transmannern die Penetration in eine Part- nerin. Die Festlegung auf das gewunschte Geschlecht ist absolut und verlauft suchtar- tig.

(vgl.http://209.85.135.104/search?q=cache:ViLEZuwUPIIJ:www.psychosomatik.at/lex/ pdf/transsexualimus.pdf+liselotte+m%C3%A4ni+kogler+transsexualismus&hl=de&ct=cl nk&cd=3&gl=de)

Weiter muss in diesem Kontext auch eine ausfuhrliche korperliche Untersuchung statt- finden. Diese beinhaltet den Genitalbefund, eine endokrinologische Abklarung und ei­ne Chromosomenanalyse um chromosomale UnregelmaRigkeiten auszuschlieRen.

(vgl. Beier 2001: 301)

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist die psychotherapeutische Beglei- tung des Patienten. Es erfolgt zunachst eine biographische Anamneseerhebung, mit Schwerpunkt auf der Geschlechtsidentitats- und psychosexuellen Entwicklung und der gegenwartigen Lebenssituation. (Beier(2001): S. 299)

In dieser mehrere Monate dauernden Phase ist es wichtig, dass der Therapeut den Klienten regelmaRig sieht und so die Moglichkeit hat sich ein genaues Bild seiner psy- chischen und sozialen Situation zu machen. In erster Linie muss festgestellt werden ob es sich um Transsexualitat im Sinne der ICD 10 oder DSM IV handelt. Weiterhin gilt es die Konstanz des Bedurfnisses nach einem Leben in der Rolle des anderen Geschlechts zu uberprufen. Dem Patienten soll geholfen werden eine realistische Einschatzung ih- res Wunschziels zu erlangen und die Moglichkeiten und Grenzen der Hormonbehand- lung und dergeschlechtsangleichenden Operation erfassen zu konnen.

Es ist wichtig, dass der Patient ein fur sich erreichbares Ziel definiert hat und sich uber eventuelle Folgen und Probleme, zum Beispiel im privaten und beruflichen Bereich, bewusst ist.

1.8.2. Der Alltagstest

Eine wichtige und zumeist auch entscheidende Phase im Gesamtbehandlungskonzept ist der Alltagstest. In einem Zeitraum von 1-2 Jahren mussen die Betroffenen die von ihnen angestrebte Geschlechterrolle und das damit verbundene Leben offentlich und im Beruf testen. Sie werden dabei auf die ersten Konflikte in Familie, Freundeskreis und am Arbeitsplatz treffen. Der Therapeut stellt dem Patienten dafur ein Attest aus um den Umgang mit Behorden zu erleichtern und Diskriminierungen zu vermeiden.

Der Alltagstest ist eine der schwierigsten Phasen der Behandlung, ermoglicht den Be- troffenen allerdings die Erprobung der neuen und fremden Geschlechterrolle. Der Transsexuelle kann fur sich selbst testen ob ihm der Wechsel in die neue Geschlechts- rolle moglich ist und inwieweit sein Umfeld in der Lage ist den Wechsel mit zu vollzie- hen. AuRerdem wird somit auch die Stabilitat des Wunsches nach einer Geschlechtsan- gleichung uberpruft, was den langen Zeitraum des Tests erklart.

Erst wenn die komplette Diagnostik zu der Erkenntnis fuhrt, dass es sich wirklich um Transsexualitat handelt, sind die gewunschten endokrinologischen und chirurgischen MaRnahmen zulassig.

1.8.3. Hormonbehandlung

Konnte eine vorliegende Transsexualitat endgultig bestatigt werden, beginnt zunachst die hormonelle Behandlung.

(vgl. Eicher, W.: Hormonbehandlung beiTranssexuellen. In: Clement 1996. S. 54 ff.)

Folgende vier Voraussetzungen mussen dafur erfullt sein:

1. Die Diagnose „Transsexualismus" muss gesichert sein.
2. Der „Transsexualismus muss eine innere Gewissheit erreicht haben und konstant bestehen.
3. Der Patient muss in der Lage sein die Moglichkeiten, Grenzen und Risiken realistisch beurteilen zu konnen. Diesgeschieht mitentsprechender fachlicher Beratung.
4. Der Alltagstest muss erfolgreich erprobt wurden sein.

(vgl. Rauchfleisch 2006: 28)

Die Hormonbehandlung stellt den ersten Schritt dar, den Korper an das ersehnte Ge- schlecht anzupassen. Die Behandlung erstreckt sich uber mehrere Monate und dient dabei gleichzeitig zur Oberprufung, ob die Patienten eine lebenslange hormonelle Sub­stitution verkraften konnen. Eine Hormonbehandlung sollte moglichst nicht vor dem 18. Lebensjahr begonnen werden.

Bei Frau-zu-Mann- Transsexuellen fuhrt die Gabe von Testosteron nach einigen Wo- chen zum Stimmbruch und zu einer irreversiblen mannlichen Behaarung. AuRerdem werden die Eierstocke ruhig gestellt, wodurch die monatliche Blutung ausbleibt. Zudem nimmt die Muskelmasse zu und eine VergroRerung der Klitoris wird oft beobachtet. Ei­ne Brustverkleinerungtritt nurselten auf.

Bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen fuhren Ostrogeninjektionen teilweise kombiniert mit Gestagenen zu einer Reduzierung der Korperbehaarung. Es bewirkt weiterhin, dass sich Bruste bilden, das Unterhautfettgewebe aufgelockert wird und die Fettpolster an den Huften zunehmen. Auch die Stimmer wird durch die Hormongabe weicher beschrie- ben, obwohl eine Veranderung der Stimme an sich nicht zu erreichen ist, da der Kehl- kopf bereits mannlich ausgewachsen ist. Vermutlich wird die Stimme als weicher wahr- genommen, da die Patienten sich zunehmend bemuhen, weiblicher zu sprechen.

Normalerweise zeigt sich durch die Hormonbehandlung eine enorme Verbesserung der allgemeinen Befindlichkeit der Patienten und eine gesteigerte Stabilitat der Psyche. Das ist darauf zuruck zu fuhren, dass die Patienten nun mit Gewissheit spuren, dass sie sich dem ersehnten Zustand nahern.

1.8.4. Geschlechtsangleichende Operation

Um sich der Geschlechtsangleichenden Operation unterziehen zu durfen, muss der Be- troffene seit mindestens 18-24 Monaten in psychiatrisch-psychotherapeutischer Be- handlung sein, er muss die Alltagserprobung erfolgreich bestanden haben und seit mindestens 6 Monaten die gegengeschlechtliche Hormontherapie erhalten haben.

(vgl. http://transray.com/db.php?i=2.1828).

Das heiRt, die Stufen 1-3 mussen erfolgreich durchlaufen wurden sein. Vor allem die Hormontherapie muss komplikationsfrei verlaufen sein, da der Patient sein Leben lang auf Hormonapplikationen angewiesen sein wird. Im Normalfall fordert der Chirurg zwei befurwortende und unabhangige Gutachten an. Auch die Krankenkassen fordern meis- tens zwei Gutachten fur die Obernahme der Kosten. Der Chirurg wird sich in Gespra- chen auch ein eigenes Bild vom Patienten machen und ihn uber Risiken und Grenzen der geschlechtsangleichenden Operation aufklaren. Er wird ihm die Operationstechnik und die zu erwartenden Erfolge erklaren und eine Aussicht daruber geben, wie die O­peration zu dem Sich-Einfugen in die neue Rolle beitragen kann.

Bei Mann-zu-Frau- Transsexuellen stehen folgende operative MaRnahmen zur Aus- wahl:

Erstens die Epilation der Barthaare. Sie kann schon wahrend der Hormonbehandlung durchgefuhrt werden und kann nur durch Nadelelektro-Epilation eine dauerhafte Ent- fernung des Bartwuchses erreichen. Die Laser-Epilation ist weniger zeitintensiv, dafur aber meist nicht dauerhaft. Als zweites gibt es die Moglichkeit der operativen Brustver- groRerung. Da die Hormonbehandlung oftmals zu einer ausreichenden Brustentwick- lung fuhrt, ist eine operative VergroRerung selten notwendig. Der umfangreichste Ein- griff ist die Geschlechtsangleichung vom Mann zur Frau. Hierbei werden der Peniss- chaft und der Hoden amputiert und eine Neovulva, Neoklitoris und Neovagina gebildet. Weitere operative Eingriffe waren die Stimmbandverkurzung oder eine Kehlkopfplas- tik. Diese sind nicht Standard, werden aber haufig gewunscht.

Bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen bieten sich folgende operative MaRnahmen an:

Zum einen die Brustamputation unter Erhalt der Brustwarzen, wenn die Kleidung die Brust auf Grund ihrer GroRe nicht kaschieren kann. Ein weit groRerer Eingriff ist die an- gleichende Genitaloperation. Sie beinhaltet die Entfernung der Gebarmutter und Eier- stocke sowie einen operativen Penoidaufbau mit einer Implantation von Surrogatho- den. Der Aufbau der auReren Genitalien ist allerdings bis heute noch mit einer hohen Komplikationsrate behaftet und fordert meist Korrekturoperationen. Dazu kommt, dass die Ergebnisse funktionell meist unbefriedigend sind. Auf Grund derganzen Prob- lematik bietet sich eine individuelle Losung eher an.

1.8.5. Nachbetreuung

Diese Phase sollte zum einen aus der korperlichen und einer psychotherapeutischen Nachbetreuung bestehen. Nach der chirurgischen Geschlechtsangleichung ist es wich- tig die Wundheilung zu kontrollieren und eventuelle Korrekturen durchzufuhren. Eben- so wichtig ist aber auch eine Nachbetreuung der psychischen Entwicklungen. Es kann haufig vorkommen, dass nach der Intervention Fragen oder Probleme, zum Beispiel bei der Integration in die neue Rolle oder Enttauschungen uber die erreichten Ergebnisse, auftreten.

Damit ein Patient eine erfolgreiche Entwicklung durchlaufen kann mussen solche Prob­leme psychotherapeutisch aufgearbeitet werden. Dies geschieht allerdings freiwillig, wobei die Stundenfrequenz vom Transidenten selberfestgelegt werden kann.

1.9. Psychotherapie

Transsexualitat bedeutet fur alle Betroffenen viele Probleme und groRe Konflikte, mit sich selbst und mit ihrer Umwelt. Sie fuhlen sich nicht wohl in ihrer Haut, empfinden ihren Kor- per als abstoRend und sind oft einsam, weil sie keinen Anschluss finden oder es ihnen schwer fallt sich jemandem anzuvertrauen.

Transsexuelle spuren fast taglich, dass sie den Rollenerwartungen der Gesellschaft und der Familie nicht gerecht werden konnen. Oft verzweifeln sie an der Frage, warum sie anders sind und fuhlen sich von der Welt unverstanden und abgelehnt. Diese Verzweiflung kann bis zum Suizid fuhren.

Wahrend des Erwachsenwerdens versuchen viele Transsexuelle sich anzupassen und den Anspruchen der Gesellschaft doch gerecht zu werden. Sie wahlen einen entsprechenden Be- ruf, gehen eine Partnerschaft ein und grunden eine Familie, in der Hoffnung das gegenge- schlechtliche Empfinden unterdrucken zu konnen. Nicht selten scheitern sie an diesen Ver­suchen und rutschen in Depressionen, Alkohol- oder Drogensucht oder suizidalem Verhalten.

In solchen Situationen einen geeigneten Ansprechpartner zu finden fallt wohl jedem Trans- sexuellen schwer. Im Idealfall sind dies die Eltern oder Geschwister. Doch oft sind es vor al- lem die Eltern, die mit einer solchen Situation uberfordert sind. Viele Eltern wollen den Problemen aus dem Weg gehen, sie haben Angst vor dem was kommt und wunschen sich lieber ein „normales" Kind. Viele furchten auch den Vorwurf, dass sie mit ihrem Kind etwas falsch gemacht haben und die Schuld bei ihnen liegt.

Psychotherapie kann dabei helfen Konfliktsituationen zu losen und das Leiden zu lindern. Sie bietet einen neutralen Gesprachspartner, der zuhort, versteht und Alternativen erarbeitet. Rauchfleisch weist darauf hin „[...] das es den internationalen Gepflogenheiten entspricht und sich auch als wichtig erwiesen hat, dass die transidenten Klientinnen und Klienten wah- rend mindestens eines Jahres vor der Indikationsstellung fur die Einleitung der hormonellen und chirurgischen MaRnahmen und wahrend des ganzen weiteren Prozesses des Hinein- wachsens in die neue Rolle eine intensive psychotherapeutische Begleitung haben." (Rauchfleisch 2006: 55)

Doch viele Transsexuelle befurchten, dass die verpflichtende Psychotherapie nur darauf aus ist, sie von ihrer Oberzeugung, dem Gegengeschlecht anzugehoren, abzubringen und die Plane einer geschlechtsangleichenden Behandlung zu verwerfen. Rauchfleisch betont ganz deutlich, dass es nicht Ziel einer Psychotherapie ist Zweifel aufzudecken und eine Oberzeu­gung auszureden. Die begleitende Psychotherapie sucht nicht nach dem „Warum" und den Ursachen sondern nach Losungen und fragt nach Zielen. Rauchfleisch unterteilt vier ver- schiedene Hauptthemenbereiche:

1. Die Klarung der sozialen und psychischen Situation:

Im Normalfall hat der transsexuelle Patient vor der ersten Therapiesitzung schon einen Arzt konsultiert und sich uber das bevorstehende „Programm" informiert. Dabei haben sie erfahren, dass sie eine mindestens einjahrige Psychotherapie absolvieren mussen bevor weitere Schritte eingeleitet werden konnen. Unter Umstanden konnen Patienten diese Therapie als auferlegt empfinden und die Zeit pflichtgemaR nur absitzen, doch heute sind viele Transsexuelle der Therapie gegenuber sehr offen. In Foren und Selbst- hilfegruppen hat sich herumgesprochen wie hilfreich eine begleitende Therapie sein kann, da viele operierte Transsexuelle sie selbst aus auRerordentlich wichtig und sinn- voll beurteilen.

In der Anfangsphase geht es vor allem darum, den Klienten kennen zu lernen und sich ein Bild von der Personlichkeit und des sozialen Umfeldes des Klienten zu machen. Da- zu gehort eine detaillierte auch biographische Anamnese. Es ist wichtig ein moglichst genaues Bild vom Klienten zu zeichnen um zwischen einem psychisch gesunden Trans- sexuellen und einem mit psychischen Storungen zu differenzieren. Deuten bei einem Klienten Zeichen auf eine psychische Storung hin muss sich die therapeutische Arbeit erst einmal auf die Lebensumstande und die Symptome richten. Es muss geklart wer- den, ob es sich um eine reaktive Storung, wie eine Depression oder Angst, handelt oder doch eine tiefere primare psychische Erkrankung, wie eine Personlichkeitsstorung, vor- liegt. (vgl. Rauschfleisch 2006: 58)

Bei reaktiven Storungen, wie Depressionen, die auf Grund von Problemen und Konflik- ten in der Familie entstanden sind, ist es hilfreich die Familienangehorigen zu einer Sit- zung hinzuzuziehen und uber Gefuhle verbunden mit der Transsexualitat zu reden und uber Transsexualitat generell aufzuklaren. So kann die familiare Situation verbessert werden und mehr Verstandnis fur den Klienten erreicht werden.

Viele Klienten klagen auch uber Angstzustande, da sie vermuten am Arbeitsplatz oder im naheren Umfeld verspottet oder gar attackiert zu werden. In der Psychotherapie muss geklart werden ob es um berechtigte oder rein subjektiv begrundete Angste geht. Danach werden Strategien erarbeitet wie man mit solchen Situationen umgehen kann und Angste bekampft werden konnen.

Stellt sich heraus, dass es sich um eine primare psychische Storung handelt muss zuerst geklart werden, um welche Erkrankung es sich genau handelt. Danach steht im Vorder- grund, die vorhandene Storung zu behandeln und die Auswirkungen auf den transiden- ten Wunsch zu klaren.

Neben der Klarung der psychischen Situation des Klienten muss auch die soziale Situa­tion eingeschatzt werden. Rauchfleisch hat in einer Studie festgestellt, „...dass die so­ziale Dimension eines der wichtigsten Kriterien fur eine gut verlaufende Entwicklung ist. Je stabiler die Situation im beziehungs- und Berufsbereich ist, desto besser gelingt die Integration in die angestrebte Rolle." (Rauchfleisch 2006: 64) Das gilt vor allem fur den familiaren Bereich und den Freundeskreis. Je offener die Umgebung mit der Trans- sexualitat des Klienten umgeht, desto sicherer kann der Betroffene sich in der neuen Situation fuhlen. Akzeptanz und Unterstutzung heben die Lebensqualitat und den Mut mit Anfeindungen umzugehen. AuRerdem kann ein tragfahiges und unterstutzendes soziales Netz in Konfliktsituation eine schutzende Rolle ubernehmen. Enttauschungen, Diskriminierungen und Krankungen im Leben der Transsexuellen mussen verarbeitet werden und Strategien zum Schutz vor solchen Verletzungen erarbeitet werden.

Das oberste Ziel in dieser Phase ist es „moglichst groRe emotionale und soziale Stabili- tat zu erreichen, damit die betreffende transidente Person den Belastungen, mit denen sie zwangslaufig im Alltag konfrontiert wird, standhalten und mit ihnen konstruktiv umgehen kann." (Rauchfleisch 2006: 66)

2. Planung und Begleitung im Coming-Out Prozess

Das Coming-Out eines Transsexuellen Menschen spielt eine wichtige Rolle im Prozess der sozialen Integration. Jedoch ist dieser Schritt im seltensten Fall einfach. Coming- Out bedeutet, sich der eigenen Identitat bewusst zu werden und mit dieser an die Of- fentlichkeit zu treten. Der Schritt in die Offentlichkeit ist fur jeden Betroffenen ein gro- Res Wagnis. „Je konservativer das Umfeld ist, desto mehr mussen sie mit Zuruckwei- sungen und Ausgrenzungen rechnen." (Rauchfleisch 2006: 67)

Beginnt der Betroffene mit dem Cross-Dressing, zeigt er der Umwelt sehr deutlich, dass er in einer vom biologischen Geschlecht abweichenden Geschlechterrolle lebt. Eine an- dere Stimmlage, geschlechtstypische Verhaltensweisen und auch eine Veranderung des Aussehens konnen darauf hindeuten. Im Umfeld kann dies verschiedenste emotio­nale Reaktionen hervorrufen, von Ablehnung, Beschimpfungen bis hin zu Tatlichkeiten ist alles moglich. Allerdings sind auch positive Reaktionen naturlich nicht ausgeschlos- sen. Oft sind es Menschen aus dem Freundeskreis, die antworten, dass sie das schon lange gespurt haben und den Schritt begruRen.

In der Psychotherapie muss der Betroffene auf alle moglichen Reaktionen, die auftre- ten konnen, vorbereitet werden. Zusammen mit dem Therapeuten mussen Strategien erarbeitet werden, wie man mit solchen Situationen bzw. Reaktionen umgehen kann. Es ist auch wichtig zu reflektieren welche Gefuhle hinter den Verhaltensweisen der Mitmenschen stehen, damit der Betroffene auch ein Verstandnis fur die Gegenseite er­langen kann.

Vor dem Coming-Out muss vor allem die Frage nach dem „Wie" geklart werden. Je nach Personlichkeit und familiaren bzw. engerem Umfeld kann dies ganz unterschied- lich geschehen. Das Spektrum an Moglichkeiten reicht von einem Brief, uber Mitteilun- gen im Internet bis hin zu personlichen Aussprachen. Auch bei der Klarung des „Wem" und „Wann" kann die Psychotherapie beratend zu Seite stehen. In spateren Phasen der Geschlechtsrollenanpassung ist oftmals gar nicht mehr notwendig jeden daruber zu in- formieren, sondern nur noch dann wenn Irritationen im Umfeld wahrgenommen wer­den. Ein Therapeut kann insofern wichtig sein, dass er schon Erfahrungen mit anderen Betroffenen gesammelt hat und so aktiv Vorschlage einbringen kann. Verbindlich sind diese Vorschlage aber zu keinem Zeitpunkt. Der Therapeut steht nur beratend und un- terstutzend zur Seite.

3. Klarung derfamiliaren Beziehungen

Im Coming-Out Prozess nehmen Familienangehorige, wie Eltern, GroReltern und Ge- schwister eine zentrale Rolle ein. Nicht selten ist eine solche Mitteilung fur die Angeho- rigen ein Schock und die sozialen Bindungen bzw. Beziehungen mussen neu definiert werden. Hierfur bieten sich gemeinsame Gesprache unter Leitung des Therapeuten als sehr sinnvolle Losung an. In den Sitzungen haben die Angehorigen die Moglichkeit In- formationslucken zu fullen und die Gefuhle ihres Verwandten besser zu verstehen. Konflikte innerhalb der Familie konnen aufgearbeitet werden, bei tiefer liegenden Kon- flikten kann auch eine Familientherapie angeregt werden. Eine Verbesserung der fami­liaren Beziehungen ist fur beide Seiten sehr wichtig. Die Familie lernt besser mit den Veranderungen umzugehen und der Klient gewinnt wichtige Unterstutzung auf dem Weg der Geschlechtsangleichung.

Der Coming-Out Prozess betrifft nicht nur den Klienten, auch seine Angehorigen sind in diesen Prozess mit eingebunden und mussen ihn mehr oder weniger freiwillig mit durchlaufen. Auch sie werden mit Fragen und eventuell auch Vorwurfen aus dem Um- feld umgehen mussen und werden sich in Zukunft mit ihrem transidenten Familien- mitglied in der Offentlichkeit zeigen. Fur viele Familienmitglieder ist das kein einfaches Unterfangen. So tragen Informationsgesprache uber das Phanomen „Transsexualitat", uber chirurgische und hormonelle Interventionen und uber die rechtliche Situation zu einem gemeinsamen, konstruktiven Coming-Out Prozess bei.

(vgl. Rauchfleisch 2006: 73)

Sprechen wir hier uber familiare Beziehungen so durfen auch Ehepartner bzw. Lebens- partner und auch eventuell vorhandene Kinder nicht vergessen werden. Die Lebens- partner/innen mussen sich genauso wie die Herkunftsfamilie mit dem Phanomen „Transsexualitat" auseinandersetzen, es verstehen und den Coming-Out Prozess mit durchlaufen. Fur viele stellt sich allerdings dann die Frage, ob sie nach der geschlechts- angleichenden Operation in der Lage sind die Beziehung weiter zu fuhren. Kommt es zu einer Scheidung muss der Klient auch noch die Trennung von einer engen Bezugsper- son verkraften. Die Psychotherapie kann helfen die Trennung zu verarbeiten und den Klienten in der neuen Lebenssituation unterstutzen.

Vor allem fur Kinder kann die Geschlechtsumwandlung eines Elternteils problematisch sein. Je nach Alter und Beziehung zu dem jeweiligen Elternteil konnen die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfallen. Daher ist es wichtig in den familientherapeutischen Sit- zungen unbedingt auch die Kinder mit einzubeziehen und gemeinsam die anstehenden Veranderungen zu besprechen. Es muss geklart werden, wie das Kind mit Freundinnen und Freunden bzw. den Eltern dieser mit dem Geschlechtsrollenwechsel des Elternteils umgehen soll und kann. In derTherapie konnen gemeinsam Handlungsstrategien aus- gearbeitet und Angste abgebaut werden.

Rauchfleisch empfiehlt das Umfeld des Kindes uber die Transidentitat des Vaters oder der Mutter zu informieren, damit das Kind nicht auch noch mit dem Verheimlichen der Transidentitat belastet wird. (Rauchfleisch 2006: 77) Separat kann das Kind auch noch von einem Kinderpsychologen betreut werden.

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Ende der Leseprobe aus 163 Seiten

Details

Titel
Transsexualität und Sozialisation
Hochschule
Universität Leipzig
Autor
Jahr
2009
Seiten
163
Katalognummer
V150375
ISBN (eBook)
9783640621156
ISBN (Buch)
9783640621743
Dateigröße
908 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Transsexualität, Sozialisation
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Franziska Hofmann (Autor:in), 2009, Transsexualität und Sozialisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150375

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Titel: Transsexualität und Sozialisation



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