Einstellungen und Erwartungen der Hotellerie an einen Naturparktourismus

Am Beispiel des Naturparks Tiroler Lech


Diplomarbeit, 2009

131 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Tabellenverzeichnis

IV. Abkurzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Naturparks und Tourismus
2.1 Definition, Ziele und Aufgaben eines Naturparks
2.2 Naturparktourismus - Definition eines Begriffes
2.3 Aktuelle Trends und Zielgruppen im Naturparktourismus
2.4 Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung im Naturparktourismus
2.5 Regionalokonomischer Nutzen von Naturparks
2.6 Einfuhrung in die Einstellungs- und Erwartungsthematik

3 Der Naturpark Tiroler Lech
3.1 Lage und Historie des Naturparks Tiroler Lech
3.2 Tourismusentwicklung in Tirol und in der Naturparkregion
3.2.1 Tourismusentwicklung in Tirol
3.2.2 Tourismusentwicklung in der Naturparkregion Tiroler Lech

4 Methodik der Befragung

5 Befragungsergebnisse der Hotellerie im Naturpark Tiroler Lech
5.1 Gaste der Hotellerie im Naturpark Tiroler Lech
5.1.1 Gasteschichten im Naturpark Tiroler Lech
5.1.2 Urlaubsaktivitaten und Urlaubsmotive der Gaste im Naturpark
5.1.3 Fazit: Hotelgaste im Naturpark Tiroler Lech
5.2 Touristische Angebote des Naturparks Tiroler Lech
5.2.1 Infrastruktur des Naturparks Tiroler Lech
5.2.2 Freizeitangebote des Naturparks Tiroler Lech
5.2.3 Fazit Angebote und Einrichtungen des Naturparks Tiroler Lech
5.3 Einstellung der Hotellerie zum Naturparktourismus und zum Naturpark ...
5.3.1 Einstellung der Hotellerie zum Naturparktourismus allgemein
5.3.2 Einstellung der Hotellerie zum Naturpark Tiroler Lech
5.3.3 Fazit
5.4 Erwartungen an den Naturparktourismus und den Naturpark
5.4.1 Okonomische Erwartungen der Hotellerie
5.4.2 Auswirkungen des Naturparks und Entwicklung der touristischen Region
5.4.3 Fazit Erwartungen an einen Naturpark Tiroler Lech
5.5 Fazit der Befragung

6 Handlungsempfehlungen fur die Naturparkregion Tiroler Lech
6.1 Allgemeine Handlungsempfehlung fur die Naturparkregion
6.2 Das touristische Angebot im Naturpark Tiroler Lech
6.3 Marketing des Naturparks Tiroler Lech
6.3.1 Innenmarketing
6.3.2 AuBenmarketing und Destinationsmarkenbildung
6.4 Ausblick

V. Anlagen

VI. Literaturverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildungen im Text:

Abbildung 2-1: Naturparke von Osterreich, Darstellung VNO

(Quelle: VNO Verband der Naturparke Osterreich)

Abbildung 2-2: Naturparkaufgaben und Ziele, eigene Darstellung,

(Quelle: Verband der Naturparke Osterreich, Wer macht’s, 2001, S. 1)

Abbildung 2-3: Urlaubsformen der Zukunft, eigene Darstellung,

(Quelle: Opaschowski H., 2030, 2008, S. 357.)

Abbildung 2-4: Umweltauswirkungen des Bedurfnisfeldes Tourismus, eigene

Darstellung (Quelle: Moller A., Gastgewerbe, 2001, S. 239),

Abbildung 2-5: Nachhaltigkeit im Tourismus, eigene Darstellung,

(Quelle: Muller, H.R., Okologie und Tourismus, 2007, S. 13)

Abbildung 2-6: Wirtschaftliche Effekte von Naturparks, eigene Darstellung

(Quelle: KUpfer I., wirtschaftliche Effekte Grafik, 2000, S. 36)

Abbildung 2-7: GAP-Modell fur Naturpark, modifizierte Darstellung

(Quelle: Bruhn M., Dienstleistung, 2006, S. 176)

Abbildung 3-1: Gebiet Naturpark Tiroler Lech, (Quelle: Naturpark Tiroler

Lech, Gebiet Naturpark Tiroler Lech)

Abbildung 3-2: Ubernachtung nach Hotelkategorien in Tirol 2008, eigene Darstellung, (Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung fUr Statistik und Raumordnung, Sommer 2008)

Abbildung 3-3: Ubernachtungen nach Saison in der Naturparkregion 2008, eigene Darstellung, (Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung fUr Statistik und Raumordnung, Tourismusstatistik Sommer 2008 und Tourismusstatistik Winter 2007/2008)

Abbildung 3-4: Entwicklung der Ubernachtungszahlen und der Ankunfte in der Naturparkregion 2004-2008, eigene Darstellung, (Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung fUr Statistik und Raumordnung)

Abbildung 3-5: Entwicklung der Auslastung in der Naturparkregion 2004-2008, eigene Darstellung, (Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung fur Statistik und Raumordnung)

Abbildung 5-1: Haufigkeit von Gastegruppen, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-2: Herkunft der Gaste im Naturpark, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-3: Wie wurden Sie die Urlaubsreise der Mehrzahl ihrer Gaste am

ehesten bezeichnen?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12

Abbildung 5-4: Welches sind die wichtigsten Urlaubsmotive Ihrer Gaste?,

eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-5: Wie viele Gaste kommen vor allem wegen der einzigartigen

Wildfluss-landschaft im Tiroler Lech zu Ihnen?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-6: Welche Einrichtungen des Naturparks Tiroler Lech kennen die

Hoteliers? eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-7: Welchen Eindruck haben Sie von der Einrichtung gewonnen?,

eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-8: Welche Angebote des Naturparks Tiroler Lech kennen Sie?

eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-9: Welchen Eindruck haben Sie von dem Angebot gewonnen?,

eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-10: Glauben Sie, dass es genugend Angebote oder Einrichtungen im Naturpark Tiroler Lech fur den Urlauber gibt und welche wurden Sie sich noch wunschen?, eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12) .

Abbildung 5-11: Was verbinden Sie mit dem Begriff „Naturparktourismus“?

(Bitte geben Sie drei Ihnen spontan einfallende Stichworter an!), eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-12: Welche Elemente oder Kriterien waren/sind bei der

Entscheidung fur einen Naturparkurlaub fur Sie „sehr wichtig“, „wichtig“, „weniger wichtig“, oder „unwichtig“?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-13: Sehen Sie durch eine Marke Naturpark Tiroler Lech und dem

Naturparktourismus eher Einschrankungen fur sich oder Ihr Hotel?, eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-14: Befurworten Sie die erfolgte Ausweisung der Region Lechtal/

Reutte zu einer Naturparkregion?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-15: Warum befurworten Sie die Ausweisung als Naturparkregion?,

eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-16: Glauben Sie, dass Sie uber den Naturpark Tiroler Lech

ausreichend informiert wurden?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-17: Wollen Sie in Planung und Ausarbeitung der zukunftigen

touristischen Entwicklung der Region zu einer Naturparkregion mit einbezogen werden?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-18: Haben Sie von der Angebotsgruppe „Partnerbetriebe

Naturpark Tiroler Lech“ gehort?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung)

Abbildung 5-19: Was erwarten Sie sich von der Kooperation „Partnerbetriebe

Tiroler Lech“?, eigene Darstellung, (Quelle eigene Erhebung)

Abbildung 5-20: Glauben Sie, dass der Naturpark Tiroler Lech ausreichend

beworben wird?, eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12) .

Abbildung 5-21: Sehen Sie durch den Naturparktourismus in Zukunft eher

wirtschaftliche Vor- oder Nachteile fur ihr Hotel?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-22: Wurde sich aus Ihrer Sicht eine konsequente Ausrichtung Ihres

Hotels auf einen Naturparktourismus eher positiv als negativ auswirken?, eigene Darstellung, (Quelle eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-23: Besteht Ihrer Meinung nach fur die Region Lechtal/Reutte ein

ausreichendes touristisches Potential fur einen wertschopfenden Naturparktourismus?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-24: Der Aussage „Durch den Naturparktourismus in der Region

besteht fur mein Hotel eine Chance um neue Gastegruppen anzusprechen“, kann ich?, eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-25: Wie wirkt sich aus Ihrer Sicht die Ausweisung als

Naturparkregion auf die Bekanntheit der Region aus?, eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-26: Wenn Sie an die Entwicklung des Tourismus in der Region

Lechtal/Reutte in den nachsten 15 Jahren denken, was sind fur sie wichtige Herausforderungen fur die Region?, eigene Darstellung,

(Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

Abbildung 5-27: Was konnte Ihrer Meinung nach in der Region Naturpark

Tiroler Lech getan werden, um die Situation des Tourismus allgemein zu verbessern?, eigene Darstellung, (Quelle: eigene Erhebung, Anlage 12)

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-1: IUCN Categories for Protected Areas, eigene Darstellung

(Quelle: Nigel D., IUCN, 2008)

Tabelle 3-1: Auslastung der Hotellerie in Tirol und in der Naturparkregion im

Vergleich 2008, eigene Darstellung, (Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung fur Statistik und Raumordnung, Tourismusstatistik Sommer 2008 und Tourismusstatistik Winter 2007/2008)

Tabelle 3-2: Entwicklung des Tourismus in Tirol im Vergleich zur

Naturparkregion 2004-2008, eigene Darstellung, (Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung fur Statistik und Raumordnung, Tourismusstatistik Sommer 2004/2008 und Tourismusstatistik Winter 2004/2008)

Tabelle 4-1: Ausgewahlte Hotels fur die Befragung, eigene Darstellung

(Quelle: Anlage 11)

IV. Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Im Zuge der Natura 2000 Initiative der Europaischen Union wurden in den angrenzenden Alpenlandern wahrend der letzten Jahre vermehrt Naturparks oder Naturschutzgebiete ausgewiesen. Diese Schutzgebiete verfolgen neben dem originaren Natur- und Umweltschutz auch explizit regionalokonomische und damit auch touristische Interessen.[1] Besonders in den landlichen Alpenregionen, in denen der Tourismus einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor darstellt, eroffnen diese Naturparks der Bevolkerung die Moglichkeit, mit der einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft und einem nachhaltigem Tourismus ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Entwicklung tragt gleichzeitig dazu bei, die Abwanderung der Bevolkerung aus den landlichen Gebieten zu stoppen und starkt die Region nachhaltig.[2]

Durch das Ausweisen und Etablieren neuer Naturparks durch die Landesregierungen in Osterreich, Deutschland und in der Europaischen Union (EU) entwickeln sich verschiedenste Erwartungen aller Beteiligten an einen Naturpark. Diese Erwartungen und Einstellungen der Stakeholder eines Naturparks, die auf den unterschiedlichen Aufgaben und oft konfliktionaren Zielen eines Naturparks basieren, fuhren oftmals zu Differenzen in der Naturparkregion. Besonders die Entwicklung eines Naturparks mit den sehr differenten Aufgaben, die vom Naturschutz uber die touristische Nutzung bis zur Regionalentwicklung reichen, stellt hohe Anforderungen an die Zusammenarbeit des Park- und Tourismusmanagements und an die regionale Politik. Der Entwicklung eines wertschopfenden nachhaltigen Naturparktourismus muss der Prozess eines ganzheitlichen nachhaltigen Entwicklungsansatzes vorausgehen. In mehreren wissenschaftlichen Arbeiten wurden aus diesem Grund die Sichtweisen, Standpunkte und Erwartungen der Nachfrageseite untersucht. In diesen Arbeiten ging es primar darum, wie sich die Einstellungen der Gaste zu einem Naturpark entwickeln und was diese Gruppe von einem Aufenthalt in einer Naturparkregion erwartet. Gleichzeitig wurden in anderen wissenschaftlichen Arbeiten auch die Einstellungen und die Akzeptanz der einheimischen Bevolkerung zum Thema Naturpark und Schutzgebiete behandelt.[3] Wie steht es aber um die touristischen Leistungstrager, und die Hoteliers, die die Idee des Naturparktourismus vor allem gegenuber dem Gast in der touristischen Dienstleistungskette umsetzen und leben mussen?

Das Ziel dieser Diplomarbeit soll es sein, anhand von Befragungen der Hoteliers aus der 3 bis 4 Sterne-Kategorie in der Naturparkregion Tiroler Lech, die Einstellung und die Erwartungen der Hotellerie zum Thema regionaler Naturpark Tiroler Lech und Naturparktourismus herauszuarbeiten. Die Hotellerie als eine der wichtigsten Glieder in der touristischen Dienstleistungskette hat groBen Einfluss darauf, in welcher Weise der Gast die Region und deren Bewohner wahrnimmt und wie zufrieden der Gast mit seinem Urlaubsaufenthalt ist. Ein nachhaltiger, wertschopfender Naturparktourismus ist in besonderer Weise davon abhangig, dass die touristischen Anbieter die Vision, fur die ein Naturpark steht, aufgreifen, mit passenden Angeboten und der richtigen Einstellung unterstutzen und fordern und - im Zuge der Glaubwurdigkeit und Authentizitat des Angebotes - auch leben.[4] Die Diplomarbeit soll dabei helfen, auf einige zentrale Fragen der Naturparkregion eine Antwort zu finden:

- Tragt die Hotellerie die Entwicklung der Region zu einer Naturparkregion und zum nachhaltigen Naturparktourismus mit oder nicht?
- Welche Einstellung hat die Hotellerie gegenuber einem Naturparktourismus im Allgemeinen und dem Naturpark Tiroler Lech im Besonderen?
- Welche Erwartungen verknupft die Hotellerie mit dem Begriff Naturparktourismus und dem Naturpark Tiroler Lech?
- Welche Gasteschichten verbringen in den Hotels der Naturparkregion ihren Urlaub und welche Motive sind fur Gaste ausschlaggebend bei der Wahl ihres Urlaubsziels?
- Ist die Hotellerie im Naturpark uber die Angebote und Einrichtungen des Naturparks ausreichend informiert und wie werden diese bewertet?
- Welche besonderen Herausforderungen sieht die Hotellerie fur die Naturparkregion in der Zukunft?

2 Naturparks und Tourismus

2.1 Definition, Ziele und Aufgaben eines Naturparks

Um eine allgemein gultige Einteilung der verschiedenen Schutzgebietstypen zu erreichen, den Begriff des Schutzgebietes international zu definieren und zugleich fur das jeweilige Schutzgebiet die beste Art des Managements zu bestimmen, fuhrte die IUCN (International Union for Conservation of Nature) im Jahr 1974 ein System zur Kategorisierung der verschiedenen Schutzgebietstypen ein. Der Begriff des Schutz­gebietes lasst sich auf der Basis dieses Kataloges folgendermaBen definieren:

„Ein Land- oder Meeresgebiet, das vor allem dem Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt gewidmet ist, sowie natUrlicher und damit verbundener kultureller Ressourcen, und das durch gesetzliche oder andere effektive Mafinahmen verwaltet wird“[5]

Das erste grobe Einteilungssystem, bestehend aus zehn Kategorien, wurde im Jahr 1994 auf einer Generalversammlung in Buenos Aires uberarbeitet und bot ab diesem Zeitpunkt die Moglichkeit, alle Schutzgebiete uber Landesgrenzen hinweg in nur mehr sechs Schutzgebietskategorien einzuteilen. Die Erarbeitung verschiedener Management- ziele fur die unterschiedlichen Schutzgebietstypen lasst eine eindeutige Abgrenzung der Schutzgebietsklassen untereinander zu.

Die verschiedenen Klassen geben dabei den unterschiedlichen Grad der menschlichen Eingriffe in das Gebiet an. So dienen die Kategorien I - III hauptsachlich der Einteilung fur Schutzgebiete, in denen der Mensch nur sehr begrenzt Einfluss hat. Die Kategorien IV - VI sind fur Schutzgebiete vorgesehen, in denen der Mensch wesentlich an der Entstehung beteiligt ist. Ein Gebiet in Tirol mit der Bezeichnung „Naturpark“ kann demzufolge am besten in die Schutzgebietskategorie V ,,Protected Landscape/Seascape“ zugeordnet werden.[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-1: IUCN Categories for Protected Areas, eigene Darstellung (Quelle: Nigel D., IUCN, 2008)

Trotz dieser internationalen Einteilung in eine IUCN Kategorie, variieren die Zustandigkeiten, die Aufgaben und Schwerpunkte sowie die Definitionen eines Naturparks in den drei deutschsprachigen Alpenlandern. In Deutschland basieren die gesetzlichen Regelungen der Naturparks auf § 23 des Bundesamtes fur Naturschutz und somit sind die Vorschriften fur alle Bundeslander einheitlich geregelt. In der Schweiz basiert die gesetzliche Grundlage der Naturparks auf dem Bundesgesetz uber den Natur- und Heimatschutz § 23e ff. Die Schweiz unterscheidet Nationalparke, regionale Naturparke sowie Natur-Erlebnisparke. Diese drei Schutzkategorien unterscheiden sich primar nur durch den Naturschutzgrad voneinander. [7]

In der vom Umweltbundesamt fur Osterreich in Wien herausgegebenen Monographie mit dem Titel „Naturschutz fur Osterreich“, spiegeln sich die grundlegenden Aufgaben eines Naturparks in Osterreich wieder. Dort wird ein Naturpark definiert als:

,,Ein Naturpark ist ein allgemein zuganglicher Landschaftsraum, der fur die Erholung oder fur die Vermittlung von Wissen Uber die Natur besonders geeignet ist, dessen Erholungs- oderBildungswert durch entsprechende Pflege- und Gestaltungsmafinahmen um der Menschenwillen gesteigert und der durch einen Verwaltungsakt geschutzt worden ist. "Naturpark" ist eine zusatzliche Pradikatisierung bestehender Schutzgebiete und keine eigene Kategorie. “[8]

In Osterreich obliegen die Aufgaben des Naturschutzes und der Ausweisung von Naturparks, ebenso die Erarbeitung von Kriterien nicht dem Bund, sondern jedem einzelnen Bundesland. Vergleicht man die einzelnen Bestimmungen der verschiedenen Bundeslander, so erkennt man, dass die Basis zur Schaffung von Naturparks, Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten fast gleich ist, die Vorschriften dazu aber sehr unterschiedlich ausfallen. So muss zum Beispiel - laut niederosterreichischem Landesgesetz - vor Errichtung eines Naturparks das Einverstandnis der Grundeigentumer eingeholt werden; in Tirol ist das nicht vorgesehen.[9] Auch die Aufgaben der Naturparks fallen in den Bundeslandern unterschiedlich aus. Das Aufgabengebiet der Forschung wird fur einen Naturpark nur in Tirol vorgeschrieben. Im Bundesland Tirol sind gegenwartig vier Naturparks offiziell pradikatisiert: der Kaunergrat im Jahr 2003 (Kaunertal - Pitztal), das Otztal im Jahr 2006, die Zillertaler Alpen und das Gebiet des Tiroler Lechs im Jahr 2005. Der Begriff Naturpark ist aber auch in Tirol, im Gegensatz zu einem Nationalpark, nur eine Auszeichnung und bezeichnet per se noch keine Schutzkategorie.[10]

In Osterreich existieren aktuell 45 Gebiete, mit einer Flache von circa 400.000 Hektar die mit dem Pradikat Naturpark ausgezeichnet sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1: Naturparke von Osterreich, Darstellung VNO

(Quelle: VNO Verband der Naturparke Osterreich)

Im Tiroler Naturschutzgesetz § 12 aus dem Jahr 2005, in der Fassung 57/2007, wird der Begriff Naturpark wie folgt definiert:

„Die Landesregierung kann allgemein zugangliche, fur die Erholung in der freien Natur oder fur die Vermittlung von Wissen Uber die Natur besonders geeignete und zu diesem Zweck entsprechend ausgestaltete und gepflegte Landschaftsschutz-, Ruhe-, Naturschutz- und Sonderschutzgebiete oder Teile davon durch Verordnung zum Naturpark erklaren,U1

Die vier Aufgabensaulen eines Naturparks werden in Tirol noch durch eine funfte Saule erganzt, die Forschung. Wobei die einzelnen Aufgaben schon allein durch den Antagonismus der Zielsetzungen schon Konflikte in sich bergen.[11] [12] Trotzdem soll in Tirol ein moglichst gleichrangiges Nebeneinader der funf Ziele des Naturparks erreicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-2: Naturparkaufgaben und Ziele, eigene Darstellung,

(Quelle: Verband der Naturparke Osterreich, Wer macht’s, 2001, S. 1)

Die Herausforderung fur die Naturparke in Osterreich wird in Zukunft darin liegen, den Spagat zwischen den ihnen zugewiesenen, oft in Konkurrenz stehenden Aufgaben und Zielen schaffen. Dabei hilft ihnen - als sogenannte Leitlinie - das Prinzip der Nachhaltigkeit und der Partizipation der Bevolkerung, die alle funf Aufgaben untereinander verbindet.

2.2 Naturparktourismus - Definition eines Begriffes

Der Begriff Naturparktourismus vereint aufgrund der Komplexitat der Aufgaben und Ziele eines Naturparks mehrere Tourismusarten in sich. Zusatzlich ist die begriffliche Abgrenzung von anderen gebrauchlichen Tourismusarten wegen der unterschiedlichen Ziele des Naturparks nur sehr schwer moglich. Die Schwerpunkte der Tourismusarten wie nachhaltiger Tourismus, sanfter Tourismus, Okotourismus, Biotourismus, naturnaher Tourismus, Naturtourismus, Gesundheitstourismus, Wellnesstourismus oder des Sporttourismus konnen sich alle mit mehr oder weniger groBer Ubereinstimmung im Naturparktourismus wiederfinden.[13] Basierend auf den funf Hauptaufgaben Naturschutz, Bildung, Forschung, Regionalentwicklung, Erholung und der Definition eines Naturparks in Tirol, kann der Begriff fur das Land Tirol, aus Sicht des Autors, wie folgt definiert werden:

,, Naturparktourismus in Tirol ist der umsichtige Aufenthalt und Besuch in einem nachhaltig geschUtzten Gebiet, mit dem Ziel, die einmalige Flora, Fauna und Kulturlandschaft zu erleben, zu verstehen und zu ihrem Erhalt beizutragen. Naturparktourismus bedeutet zudem, dass die regionale Bevolkerung am Tourismus partizipiert und die Region in ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung nachhaltig gestarkt und gefordert wird. “[14]

Die zukunftige Entwicklung und das Potenzial eines nachhaltigen wertschopfenden Naturparktourismus hangen unter anderem auch maBgeblich von den zukunftigen Trends in der Gesellschaft und im Tourismus ab.

2.3 Aktuelle Trends und Zielgruppen im Naturparktourismus

Die Veranderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wahrend der letzten Jahre, wie etwa der einsetzende demografische Wandel, der Wandel der Gesellschaftswerte, die Veranderung traditioneller Familien- und Haushaltsstrukturen und nicht zuletzt die Klimaveranderung, wirken sich alle direkt auf das Reiseverhalten von Menschen und auf die zukunftige Entwicklung des Tourismus aus. Dies zwingt die Tourismusbranche fur die Zukunft langfristig und nachhaltig zu planen. Dabei ist besonders auf die Entwicklungen auch auBerhalb des Tourismus zu achten, die sich meist schon als Trends in der Gegenwart abzeichnen. Jedoch mussen hier zuerst die touristischen Trends und die relevanten Zielgruppen analysiert werden, um deren Bedurfnisse und Praferenzen zu kennen.[15]

Um aber Trends und ihre Relevanz fur den Naturparktourismus korrekt einzuschatzen bzw. Zielgruppen bestimmen zu konnen, ist es von Vorteil, Visionen, Fakten und Zahlen zu bundeln und zu analysieren, damit sich zukunftige Urlaubsformen schon vorab erkennen lassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-3: Urlaubsformen der Zukunft, eigene Darstellung,

(Quelle: Opaschowski H., 2030, 2008, S. 357.)

Welche Richtung die zukunftige Entwicklung wirklich nehmen wird ist schwer vorauszusagen, da die Zukunft des Tourismus von mehreren Variablen abhangt.[16]

Die anschlieBend aufgefuhrten Trends zeigen nur einen Bruchteil der moglichen Entwicklungen. Deshalb werden vorrangig nur Trends mit besonderer Relevanz fur den Naturparktourismus beschrieben.

Natur und Wellness sind im Kommen

Naturnahes Erleben in unberuhrter Landschaft ist - nach einer Umfrage des B.A.T. Freizeit Forschungsinstitutes - der bedeutendste aller Urlaubswunsche der Zukunft. Knapp 27 % der Befragten wunschen sich ein intensives Naturerleben in unberuhrter Landschaft. Mit zunehmendem Alter des Gasteklientels, gewinnt dieser Wunsch sogar noch an Bedeutung (14 bis 24 Jahrige: 16 % und 50 - 64 Jahrige 35 %) und korrespondiert damit mit der Altersstruktur der Gaste eines Naturparks.[17] In einer weiteren Umfrage des B.A.T. gaben 37 % der befragten Personen an, in Zukunft bei Urlaubsreisen Feriengebiete mit kontrollierter Umweltqualitat, intakter Natur und sauberer Landschaft zu bevorzugen. Dieser Trend zur Natur wird auch als „Natur Pur“ bezeichnet. Dabei lebt der alte Traum von Wildnis und unberuhrter Naturlandschaft wieder auf. Intensives naturnahes Erleben mit allen Sinnen, die Ursprunglichkeit der Landschaft und Authentizitat faszinieren den zukunftigen Gast und stehen im Mittelpunkt der Interessen.[18] Der Wunsch nach Natur-Erleben ist - laut einer Studie zu Umwelt und Tourismus - fur 54 % der Umfrageteilnehmer wichtig fur ihre Reisezielentscheidung.[19] Dieser starke Trend Richtung Umwelt und Natur bedarf einer besonderen Inszenierung der Natur durch verlockende Erlebnisangebote. Das Verlangen nach unberuhrter Natur ist eng mit dem Bedurfnis nach Erholung- und Wellness verbunden. Schon heute ist das Urlaubsmotiv der psychischen und physischen Entspannung und Erholung, laut Reiseanalyse 2008, fur mehr als 60 % der Urlauber das Hauptreisemotiv. Allein das Interesse an Wellnessurlaub stieg von 1995 bis 2005 um 158 %.[20] Dabei wandelt sich der Erholungs- und Wellnessurlaub immer mehr zu einem Wohlfuhlurlaub. Dies spiegelt sich vorrangig in der Entwicklung des Wellnessurlaubs der letzten Jahre wieder. Der Urlauber mochte in die Atmosphare des Ortes eintauchen und legt dabei Wert auf ein ganzheitliches Wohlbefinden von Korper und Geist.

Dafur muss auch die Urlaubsqualitat neu definiert werden. Aus Reiseveranstaltern, Hoteliers und Vermietern mussen Dienstleister fur das Wohlbefinden werden. Dabei spielen immaterielle Qualitatsmerkmale wie gemutliche Atmosphare und Gast- freundschaft noch vor der naturlichen Qualitat (z.B. schone Landschaft) und der materiellen Qualitat (z.B. Preis- Leistungsverhaltnis) eine herausragende Rolle.[21]

Fur die eher regional gepragte Beherbergungsbranche in Naturparks bedeutet diese Entwicklung eine besonders groBe Chance. Durch die kleine, meist familiare Struktur der Hotellerie in Naturparkregionen kann optimal auf diese Gastebedurfnisse eingegangen werden. Gefuhrte Wanderungen mit Guides oder direkt mit dem Hotelier, also der personliche Kontakt und die unmittelbare Betreuung durch die Gastwirte - ist und bleibt ein wichtiger Schlussel fur den wirtschaftlichen Erfolg der Beherbergungs- unternehmen in der Naturparkregion.

Globalisierung, Authentizitat und Regionalisierung

Durch die fortschreitende Globalisierung und die wachsende Konkurrenz auf dem touristischen Markt wird die Konzentration auf ein paar marktbeherrschende Unternehmen weiter zunehmen. Als Folge treten regionale und nationale Besonderheiten immer mehr in den Hintergrund. Produkte, Dienstleistungen und Erlebnisse werden immer austauschbarer und identischer. Eine Reaktion darauf ist das steigende Bedurfnis nach mehr Regionalitat, die Sehnsucht nach Authentizitat und dem Erleben des Besonderen, des Einzigartigen. Bereits heute wunschen sich 59 % aller Urlauber Abstand vom Alltag zu gewinnen, 32 % wollen neue Eindrucke gewinnen, weg vom Alltaglichen. 29 % wollen im Urlaub moglichst viel erleben.[22] Dieses Erleben soll dabei nicht nur auf das korperliche reduziert werden, das geistige Erlebnis spielt eine immer wichtigere Rolle. Besonders gefragt werden deshalb kunftig Angebote sein, die das Entdecken und authentische Erfahren der Wesensmerkmale von Natur und Kultur ermoglichen.[23]

Mehr und kurzere Reisen

Mehr Mobilitat, flexiblere Arbeitszeiten und ein allgemein hoherer Lebenstakt der Gesellschaft in allen Lebensbereichen, fuhren zu immer kurzeren, dafur aber auch zu mehr Urlaubsreisen. Dies belegt die Entwicklung der Kurzreiseintensitat, die durch die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (F.U.R.) jahrlich ermittelt wird und im Jahr 2007 einen Wert von 37 % erreichte. Trotz heftiger Schwankungen der Intensitat wahrend einzelner Jahre, die maBgeblich (unter anderem) auch davon abhangen, wie weit gunstige Feiertage und Wochenenden zusammenfallen oder wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt hat, geht der Trend langfristig zu mehr Kurzreisen, von denen 29 % unter dem Aspekt der Aktivreise (Wandern und Radfahren) und der Wellnessreise unternommen werden. Dabei benutzen 69 % der Urlauber das Auto zur Anreise und 55 % bevorzugen bei ihrer Reise das Hotel als Unterkunftsart.[24] Die zukunftigen Kurzreisen werden vornehmlich in Destinationen unternommen, die schnell und einfach vom Wohnort aus zu erreichen sind. Die steigende Zahl von Kurzurlauben und die erhohte Zahl an Urlaubsreisen pro Person sowie die demographische Entwicklung werden dabei zu einer Entzerrung der Nachfrageverteilung uber das Jahr fuhren und die alte Einteilung nach Haupt- und Nebensaisons immer mehr aufweichen. Spitzenurlaubszeiten wie die im Monat August werden reduziert und die Nebensaisons gleichzeitig aufgewertet.[25]

Die Zielgruppen der „LOHAS“ und „BEST AGER“

Der Individualisierungstrend in der Gesellschaft fuhrt zu einer immer groBeren Zahl verschiedener touristischer Zielgruppen, die immer unterschiedlichere Bedurfnisse und Interessen entwickeln. Die Einteilung der Zielgruppen nach soziodemographischen Merkmalen allein, wird in Zukunft nicht mehr ausreichen. Dafur gewinnen Verhaltens- und Lebensstilmerkmale immer mehr Einfluss bei der Zielgruppenbestimmung. Deswegen ist eine genaue Kenntnis der Bedurfnisse und Vorlieben der Gaste und die angemessene Reaktion darauf nicht nur durch Angebots- und Einrichtungsanpassungen, sondern ebenfalls durch ein authentisches, beispielhaftes „Vor“-leben der Idee seitens des Hotels unabdingbar fur den geschaftlichen Erfolg in der touristischen Dienstleistungsgesellschaft und besonders im Naturparktourismus.

Der Zielgruppe der sogenannten „Best Ager“ wird in naher Zukunft eine immense Wichtigkeit im Zusammenhang mit dem Naturtourismus prognostiziert. Diese Gastegruppe zeichnet sich dabei nicht alleine durch die Zugehorigkeit zu einer festgesetzten Altersgruppe aus, sondern eben auch durch bestimmte Charakteristika, bei denen das Alter zwar eine Rolle spielt, aber sowohl auf Menschen mit 40 als auch auf uber 60-jahrige zutreffen kann. Fakt ist jedenfalls, dass aufgrund der demographischen Entwicklung die Gruppe der Urlauber aus der zweiten Lebenshalfte im Tourismus stetig groBer wird. Die finanzielle Kaufkraft der "Best Ager” ist heute schon enorm hoch; innerhalb der nachsten Jahrzehnte wird das wirtschaftliche Potenzial dieser Zielgruppe weiter wachsen. Sie ist aktiv, konsum- und experimentierfreudig, flexibel, und innovationsbereit, aber - sie hat hohere Anspruche. Diese richten sich an die Qualitat des Produkts, an Service und Komfort und letztlich auch an den Leistungsanbieter selbst. Diese Zielgruppe ist fur den nachhaltigen Naturparktourismus und die Beherbergungsindustrie besonders interessant, da fur die ,,Best Ager“ Natur und schone Landschaft in besonders hohem MaB wichtig sind.[26]

Die sogenannte Zielgruppe der „LOHAS“ konnte kunftig ebenfalls eine wichtige Rolle fur den Naturparktourismus spielen. Menschen, die dieser Zielgruppe zugeordnet werden, kommen haufig aus einem urbanen Umfeld und mochten die Natur hautnah erleben. Der Ausdruck „LOHAS” ist ein Akronym und steht fur Lifestyle of Health and Sustainability. Eine Bezeichnung fur Individualisten, die bewusst nachhaltig leben und konsumieren, aber weder als Generation noch als soziales Milieu fassbar sind. Sie gehoren nicht zur SpaBgesellschaft, sondern genieBen nachhaltig. Sie interessieren sich fur Gesundheit, Spiritualitat, Nachhaltigkeit und Okologie, mit dem Ziel, ein bewusstes Leben zu fuhren, um auch den Generationen von morgen noch eine lebenswerte, intakte Umwelt zu erhalten.[27] Laut einer Studie von Touchpoint, die im Jahr 2008 durchgefuhrt wurde, auf zwei Onlinebefragungen von jeweils uber 1.000 Internetnutzern beruht, sind in Deutschland rund 19,3 % der Bevolkerung uber 14 Jahre (12,5 Millionen) potentiell
den „LOHAS“ zuzurechnen.[28] Hier konnen sich Hotellerie und Naturparks mit einem abwechslungsreichen und nachhaltigen, touristischen Angebot sowie mit einer umweltgerechten Betriebsfuhrung von anderen Urlaubsdestinationen unterscheiden.

Alle genannten Zielgruppen legen bei der Auswahl ihres Urlaubsziels gesteigerten Wert auf „schone“ unberuhrte Natur und Landschaft. Beide sind aber fur kunftige Generationen nur durch den nachhaltigen Umgang mit allen Naturressourcen in der Region zu erhalten.

Welche Bedeutung hat das vielbemuhte Wort der Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung wirklich?

2.4 Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung im Naturparktourismus.

Der Anspruch der Nachhaltigkeit und nachhaltigen Entwicklung ist fur eine Naturparkregion von immenser Bedeutung. Er soll die funf Aufgaben eines Naturparks erfullen, verbinden und eine langfristige Sichtweise garantieren soll. AuBerdem ist die Nachhaltigkeit im Naturparktourismus ohne Hilfe der Beherbergungsindustrie nicht zu verwirklichen, da sich Umweltauswirkungen im regionalen Naturparktourismus besonders auf diesen Teil der touristischen Dienstleistungskette konzentrieren.[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-4: Umweltauswirkungen des Bedurfnisfeldes Tourismus, eigene Darstellung (Quelle: Moller A., Gastgewerbe, 2001, S. 239),

Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprunglich aus dem Bereich der Forstwirtschaft. Er kennzeichnet ein System der Waldbewirtschaftung, bei der die Produktionskraft des Waldes und die jeweilige Holzernte so in Ubereinstimmung gebracht werden, dass ein moglichst hoher Ertrag gewahrleistet ist, dabei aber Boden und Standort nicht belastet werden. Im Jahr 1987 wurde diese Idee der Nachhaltigkeit von der UN-Kommission aufgegriffen und unter dem englischen Begriff des „sustainable development^ weiterentwickelt. Im Sinne der Agenda 21, einem Programm fur Umwelt und Entwicklung, das 1992 in Rio de Janeiro beschlossen wurde, bezeichnet der Begriff eine wirtschaftliche Entwicklung, die zusatzlich auch die sozialen und naturlichen Lebensgrundlagen des Menschen sichern und erhalten soll.[30] Diese Bezeichnung lasst einen groBen Spielraum. Das liegt daran, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ einen sehr vielschichtigen Sachverhalt beschreibt, in dem wirtschaftliche, naturliche und gesellschaftliche Systeme ineinander greifen. Bei einer einseitigen Wirtschafts- und Umweltpolitik oder der einseitigen Entwicklung eines Wirtschaftssektors, kann deshalb, per se, nicht von einer Nachhaltigkeit gesprochen werden.

Die Diskussion um den Einfluss des Tourismus auf die Natur begann in den 70er Jahren mit der Erkenntnis, dass seine Auswirkungen doch nicht so harmlos und „sauber“ sind, wie sie propagiert wurden. Massentourismus, Umweltzerstorung und der Bau sogenannter Bettenburgen waren die Folgen dieses ungezugelten Wachstums des Tourismus. In diesem Kontext entwickelte sich 1980 die Debatte um eine sanfte Art des Tourismus, als Gegenpol zum „Harten Tourismus“, dem Massentourismus der 70er Jahre. Der Begriff „Sanfter Tourismus“ stellte eine wichtige Vorstufe in der Diskussion um Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung dar und formte sich im Laufe der 80er bis Mitte der 90er Jahre weiter zum Schlagwort des „nachhaltigen Tourismus“.[31]

Die Zielsetzungen eines nachhaltigen Tourismus konnen wie folgt dargestellt werden:[32]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus diesen Zielen lassen sich sieben Pramissen fur einen nachhaltigen Tourismus in einer Naturparkregion entwickeln.

1. Die okologische Dimension
2. Die okonomische Dimension
3. Die kulturelle Dimension
4. Die soziale Dimension
5. Berucksichtigung der Bedurfnisse spezieller Gastegruppen
6. Die intergenerative Dimension
7. Die institutionelle Dimension[33]

Die okonomische Dimension

In erster Linie zahlen intakte Lebensraume und Natur zu den Zielen eines nachhaltigen Tourismus im Naturpark. Nur durch den Schutz der gewachsenen Kultur- und Naturlandschaft werden die Grundlagen fur den Tourismus der Zukunft geschutzt und bewahrt. Die Voraussetzung dafur entsteht durch die Umorientierung in den Betrieben - hin zum Umweltbewusstsein, zur Umweltorientierung und zu einem effektiven Umweltmanagement-System, das auch soziale Faktoren berucksichtigt. Umwelt­orientierung bedeutet aber in diesem Kontext nicht zwangslaufig nur betriebliche Mehrausgaben, sondern auch betriebswirtschaftliche Ersparnisse auf lange Sicht. Laut einer Studie der DEHOGA liegt das Reduktionspotenzial (Wasserverbrauch, Stromverbrauch, Abfallvermeidung) bei 3- und 4-Sterne Hotels bei ca. 50 % des Ressourcenverbrauchs. Die meisten Investitionen in diesen Bereichen amortisieren sich nach wenigen Jahren und werden oftmals zusatzlich vom Staat oder der EU gefordert.[34] Um dieses Potenzial effektiv zu nutzen, sind vorrangig gesetzliche bzw. freiwillige MaBnahmen in der Naturparkregion erforderlich, ebenso Aufklarung und effektive Unterstutzung seitens der Verbande und der offentlichen Hand bei der Einfuhrung von Umweltmanagement-Systemen in den kleinen und mittleren touristischen Betrieben.[35]

Die okologische Dimension

Nachhaltiger Tourismus ist untrennbar mit regionaler Entwicklung verbunden. Land- und Forstwirtschaft, Handwerk, Dienstleistung, Tourismus und Handel mussen dabei regional untereinander vernetzt werden, um die Wechselwirkungen effektiv nutzen zu konnen und eine nachhaltige Regionalentwicklung zu garantieren. Diese Zusammenarbeit zwischen den Branchen kann nur dann nachhaltig und erfolgreich gestaltet werden, wenn Synergien mit anderen Bereichen berucksichtigt und Uber- schneidungen gezielt entwickelt werden. Durch eine regionale Vernetzung der Sektoren konnen neue touristische Angebote entwickelt und bereits bestehende qualitativ verbessert werden, was gleichzeitig zu verstarkter Krisensicherheit fuhrt. Ein bereits erfolgreiches Modell ist dabei zum Beispiel die Zusammenarbeit der Naturpark- Hotellerie mit der regionalen Landwirtschaft beim Vertrieb von heimischen Produkten und auch die Kooperation von Hotellerie, offentlichem Nahverkehr, Verbanden und Gemeinden - bei der Forderung alternativer Anreisemoglichkeiten fur die Gaste.

Die kulturelle Dimension

Gaste schatzen an ihrer Urlaubsregion den intensiven Kontakt zu Land, Leuten und Kultur der besuchten Region. Deshalb ist die kulturelle Dimension ein wichtiger Baustein im nachhaltigen Naturparktourismus. In einer Studie der B.A.T. gaben 32 % der Urlauber an, innerhalb der letzten drei Jahre haufig oder sehr haufig kulturelle und historische Sehenswurdigkeiten wahrend ihrer Urlaubsreise besucht zu haben.[36] Da sich das abgeleitete Angebot in vielen Urlaubsdestinationen angeglichen hat, wird der einmalige Charakter und die Authentizitat, kurz gesagt die Atmosphare des Urlaubsortes oder der Destination, immer wichtiger. Die Naturparks bieten nicht nur eine groBartige Landschaft, sondern oftmals eine einmalige Kulturlandschaft, dank der Jahrhunderte wahrenden Auseinandersetzung der Bevolkerung mit der Umwelt. Die Bereiche Kunst, Architektur, Mentalitat, Sitten und Gebrauche uben dabei einen besonderen Reiz auf die Urlauber aus, tragen wesentlich zur Urlaubszufriedenheit des Gastes bei und starken zusatzlich das Identitatsgefuhl der einheimischen Bevolkerung. Die Kultur in Naturparks sollte daher immer authentisch bleiben und auf Klischees verzichten. Was zahlt ist auch hier das Besondere und Unverwechselbare, wie zum Beispiel in der Region des Naturpark Tiroler Lechs die Freilichtbuhne der Geierwally.[37]

Die soziale Dimension

Ohne qualifiziertes und motiviertes Personal ist die Entwicklung eines nachhaltigen Naturparktourismus nicht realisierbar. Qualitat im Tourismus ist laut Opaschowski einer der Megatrends im 21. Jahrhundert und muss im Zuge des Wandels von der Wohlstands- zur Wohlfuhlgesellschaft neu definiert werden. Stattdessen steigt die Bedeutung der Wohlfuhlfaktoren, wie Gastfreundschaft, Freundlichkeit und personliche Betreuung. Deswegen wird die Qualitat des Aufenthaltes im nachhaltigen Naturparktourismus wesentlich durch die der Dienstleistung mitbestimmt.[38] Das erfordert - neben der Bereitstellung von Fortbildungsmoglichkeiten fur die Beschaftigten, die wirtschaftssektorenubergreifend sein sollte - auch die Schaffung guter Arbeitsbedingungen und sozialer Zufriedenheit in der Region.

Die Bedurfnis Dimension

Spezielle Gastegruppen mit besonderen Bedurfnissen werden in Zukunft fur die Naturparks und ihre Partner immer wichtiger. Wie schon in Kapitel 2.3 beschrieben, werden spezielle Zielgruppen, wie die ,,Best Ager“ oder die „LOHAS“, einen immer groBeren Anteil an den touristischen Zielgruppen einnehmen. Um auf dem touristischen Markt erfolgreich zu sein, bedarf es einerseits individuell zugeschnittener Angebote und andererseits eines speziellen Marketings fur die in Frage kommenden Zielgruppen.

Die integrative Dimension

Ein erfolgreiches touristisches Angebot basiert - neben der touristischen Basisleistung ,,Unterkunft und Verpflegung“ - auf zahlreichen weiteren Nebenleistungen der erganzenden Tourismuswirtschaft und der touristischen Randindustrie. Die enge Verzahnung unterschiedlichster Wirtschaftsbranchen, gepaart mit externem Know-how, fordert ganz betrachtlich die Innovationsfahigkeit. Zusatzlich steigert eine groBtmogliche Offenheit bezuglich erzielter Beschlusse und Arbeitsergebnisse im Zusammenhang mit dem Naturpark die Akzeptanz bei der Bevolkerung und den AuBenstehenden.[39]

Die institutionelle Dimension

Das politisch-administrative System setzt unter anderem Rahmenbedingen fur die Nachhaltigkeit und die nachhaltige Entwicklung in einer Naturparkregion. Daraus erwachsen besondere Aufgaben und Pflichten. Die Schaffung der politischen und legislativen Rahmenbedingungen und die Regionalforderung zahlen ebenso dazu, wie die Verbesserung des Wohn- und Arbeitsumfeldes der Bevolkerung, immer unter allumfassender, ausschlaggebender Berucksichtigung der besonderen regionalen Gegebenheiten. Diese Aufgaben konnen deswegen nicht von auBenstehenden Organisationen ubernommen, sondern nur von regionalen politisch-administrativen Systemen vor Ort gelost werden. Ferner sollten sich die Strukturen des politisch- administrativen Bereichs an die neu zu schaffenden der Naturparkregion anpassen und diese auch gezielt fordern.[40]

Aufgrund der skizzierten Pramissen konnen Naturparks und die Hotellerie - als ihr wichtigster Partner im Tourismus - zu Vorreitern des nachhaltigen Tourismus in Osterreich werden. Ihre Aufgabenstellung pradestiniert die regionalen Naturparks, Prozesse zur nachhaltigen Entwicklung des Tourismus zu initiieren und zu koordinieren um damit zur nachhaltigen, okonomischen Entwicklung der Region beizutragen. Hierzu bedarf es erheblicher Anstrengungen, intensiver regionaler Kooperationen und Netzwerke mit den verschiedensten Akteuren.

Eine genaue Messung der nachhaltigen Entwicklung kann sich als sehr kompliziert und schwierig erweisen, ist aber in einer Naturparkregion unerlasslich, um eine gezielte nachhaltige Entwicklung der gesamten Region zu fordern, zu dokumentieren und zu koordinieren. Die Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung konnen groBtenteils nicht mittels einer starren Liste quantitativer oder Tangible Indikatoren abgefragt und bewertet werden. Bei der Messung nachhaltiger Entwicklung gilt es zudem wichtige Faktoren zu berucksichtigen:[41]

- Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung sind kein statischer Zustand, sondern ein dynamisches System, das auf einer kontinuierlichen Weiter- entwicklung soziookonomischer Strukturen und dem Erhalt der Lebensgrundlage basiert. Grundlage dafur ist eine kontinuierliche Interaktion dieser beiden Systeme.
- Nachhaltigkeit kann nicht fur einzelne Sektoren getrennt erreicht werden. Es ist deswegen nicht sinnvoll, von okologsicherer, okonomischer oder kultureller Nachhaltigkeit zu sprechen, denn - Nachhaltigkeit kann nur uber alle Bereiche hinweg erreicht werden.
- Da einige Faktoren soziale Kontexte und Intangible Indikatoren beinhalten, muss eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklung immer im Zusammenhang mit der Region und ihren Gegebenheiten gesehen werden. Jede Region verfugt uber unterschiedliche touristische Potenziale und - unabhangig vom touristischen Sektor - auch uber regionsspezifische Probleme und Moglichkeiten in anderen Branchen. Nur wenn eine gemeinsame regionsspezifische Nachhaltigkeitspolitik ausgearbeitet und umgesetzt wird, kann auch eine echte nachhaltige Entwicklung erreicht werden.
- Bei der Bewertung von Nachhaltigkeit genugt es nicht, nur die statischen Eigenschaften des Systems zu bewerten; hier werden Indikatoren benotigt, die auch die laufenden Wechselwirkungen zwischen den Systemen darstellen.

Um das Ziel eines nachhaltigen, wertschopfenden Naturparktourismus zu erreichen und zum besseren Verstandnis der okonomischen Auswirkungen und der wirtschaftlichen Chancen und Risiken von GroBschutzgebieten, werden nachfolgend verschiedene theoretische Grundlagen zu den regionalokonomischen Nutzen von Naturparks erlautert.

2.5 Regionalokonomischer Nutzen von Naturparks

Ein Naturpark ist ein offentliches Gut. Daher besteht auf dem freien Markt keine Nutzenrivalitat, dementsprechend erfolgt auch keine Preisbildung. Demzufolge ist eine exakte Bestimmung der Werte von Naturparks, respektive von offentlichen Gutern, nur bedingt moglich. Ferner ist die vom Schutzgebiet betroffene Region meist groBer als das unmittelbare Schutzgebiet selbst. Gleiches gilt auch fur den Naturpark Tiroler Lech, bei dem die Auswirkungen nicht nur auf die originare NATURA 2000-Region und die Naturparkgrenzen beschrankt bleiben, sondern ebenfalls auf die ganze Region. Aufgrund dessen muss bei einer wirtschaftlichen Analyse der Naturpark immer regionsspezifisch abgegrenzt werden.

Die wirtschaftlichen Wertkomponenten eines Naturparks lassen sich grundlegend in Gebrauchswerte und Nicht-Gebrauchswerte unterteilen.[42]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-6: Wirtschaftliche Effekte von Naturparks, eigene Darstellung (Quelle: Küpfer I., wirtschaftliche Effekte Grafik, 2000, S. 36)

Der tatsachliche Wert der Nicht-Gebrauchswerte hangt nicht direkt von der Nutzung und dem Gebrauch des Schutzgebietes ab. Der Existenzwert beziffert den Wert des Gebietes allein aus dem Wissen heraus, dass dieses Gebiet ein Schutzgebiet ist. Dieser Wert ist unabhangig davon, ob das Gebiet jemals von einem Gast besucht oder auf andere Weise genutzt wird. Es bezeichnet den allgemeinen Wert der Natur fur die Menschen. So unterstutzen zum Beispiel viele das Existenzrecht und den Kampf gegen den Walfang, obwohl die meisten in ihrem Leben niemals selbst einen Wal sehen werden. Das Gleiche gilt auch fur die Vermachtniswerte. Viele Menschen wollen die Gewissheit haben, dass geschutzte Landschaften, seltene Arten oder eben auch die Naturparks, ihren Kindern und zukunftigen Generationen erhalten bleiben. Der Optionswert basiert auf den Uberlegungen fur die zukunftige Nutzung des Schutzgebietes und seiner Ressourcen - als Gebrauchswert oder Nicht-Gebrauchswert. Darunter fallt auch die mogliche Nutzung seltener Pflanzen als medizinisches Heilmittel sowie die Erhaltung des Gendatenpools. [43]

Die Gebrauchswerte werden in direkte und indirekte Werte unterteilt. Zu den indirekten zahlen alle okologischen Werte die den Menschen betreffen. Dazu zahlt der Lawinenschutz vor Ort ebenso wie der Hochwasserschutz. Von besonderem Interesse fur die regionale Okonomie sind die direkten Werte. Diese unterteilen sich wiederum - in Tangible und in Intangible Effekte.[44]

Zu den Tangible-Werten zahlen alle Auswirkungen, die sich mit verschiedenen Methoden messen lassen - wie die regionalwirtschaftliche Modellrechnung, in der anhand eines Modells alle finanziellen regionalen Ab- bzw. Zuflusse abgeschatzt werden, oder die Gastebefragung, die das Ausgabeverhalten der Gaste im Schutzgebiet untersucht. Zu den messbaren regionalwirtschaftlichen Auswirkungen eines Naturparks zahlen auch die Einrichtung, der Unterhalt und der Betrieb der speziellen Infrastruktureinrichtungen des Schutzgebietes, die fur die Nutzung des Naturparks im Sinne des Tourismus oder fur Forschungszwecke notwendig sind. Weitere zusatzliche Wertschopfungspotenziale ergeben sich aus der land- und forstwirtschaftlichen Leistung, dem Einzelhandel, der Jagd- und Fischereiwirtschaft sowie aus der Nutzung verschiedener Rohstoffe des Schutzgebietes. Dessen Komponenten und die jeweilige Hohe des erwirtschafteten Wertes sind von den unterschiedlichen Managementzielen. abhangig. Bei einem in IUCN-Kategorie V eingeteilten Naturpark, konnen diese Komponenten einen wesentlichen Teil der okonomischen Wirkungen auf die Region ausmachen. Bei einem Nationalpark, der in IUCN-Kategorie III eingeteilt wird, sind viele wirtschaftliche oder touristische Aktivitaten von vorne herein eingeschrankt oder verboten.[45]

Der wesentliche Teil der regionalwirtschaftlichen Effekte eines Naturparks wird durch die touristische Nutzung erzeugt. Wahrend in den Nationalparks oftmals strenge Auflagen fur die touristische Nutzung bestehen, wird diese in Naturparks wesentlich flexibler gehandhabt. So ist eine Rafting-Tour im Naturpark Tiroler Lech durchaus moglich - im Gegensatz zu einigen Nationalparks. Hier ist sie entweder verboten oder mit strengen Auflagen verbunden. Die Naturparks tragen wesentlich zu einer Saison- verlangerung und zur Entzerrung der Hochsaisons der touristischen Region bei, sie unterstutzen die Bildung neuer innovativer Angebote und fordern damit die Differenzierung des touristischen Angebotes. So konnen neue Zielgruppen angesprochen werden.[46] Ein Beispiel fur die Entwicklung innovativer Angebote und das Erreichen neuer Zielgruppen, ist die ,,Nature Watch“ Marke in Tirol. Durch dieses Angebot wird eine vollig neue touristische Zielgruppe, die der „Birdwatcher“, angesprochen.

Die touristische Wertschopfung der Naturparks erfolgt uber dessen regionale Wertschopfungsgeneratoren:[47]

- Traditionell sind Hotellerie und Gastronomie die wichtigsten Faktoren, obwohl der wachsende Tagestourismus der Branche schwer zusetzt.
- Die Bergbahnen als wichtiger Wertschopfungsfaktor in der Region, sowie der offentliche Nahverkehr (Bus und Bahn).
- Die Landwirtschaft und dem Handel wird durch das Naturparklabel eine zusatzliche Moglichkeit der regionalen Vermarktung geboten, was zusatzliche touristische Wertschopfung generiert.
- Die speziellen Angebote des Naturparks, dazu zahlen Exkursionen, Vortrage, Weiterbildungen und Naturerlebnissen, tragen mit steigenden wirtschaftlicher Bedeutung ebenfalls zur Wertschopfung bei.
- Die Subventionen der verschiedenen Forderprojekte der EU und der Lander bilden noch zusatzlich einen groBen und sehr wichtigen Teil der direkten Gebrauchswerte. Durch die Forderleistungen wird es in der Anfangsphase von Projekten oftmals erst moglich, die landlichen, strukturschwachen Regionen zu unterstutzen und zu entwickeln oder Leitprojekte erstmals anzustoBen.[48]

Zu den raumlich und zeitlich viel weitreichender wirkenden Intangible Effekten gehoren unter anderem die positiven Auswirkungen auf regionale Entscheidungsstrukturen, die kontinuierliche Betreuung und das Management der Region, ebenso die interregional Vernetzung sowie Aufbau und Transfer interregionalen Know-Hows. In gleicher Weise addieren sich die positiven Effekte fur das Image der Region und den steigenden Identifikationswert. Diese Effekte sollten nicht unterschatzt werden, auch wenn sie sich nicht direkt in Euro-Werten messen lassen.[49]

Das Image reprasentiert ein Bild mit vielen Facetten und kann zusammenfassend als das Fremdbild der AuBenwelt verstanden werden. Dieses AuBenbild hangt von der Wahrnehmung der Region ab und ist daher gepragt von negativen oder positiven personlichen Assoziationen. Diese konnen auch nur auf dem Horensagen oder auf sehr vagen Informationen beruhen, weil das Gehirn versucht, die groBe Informationsmenge, der wir tagtaglich ausgesetzt sind, zu komprimieren und zu essentialisieren.[50] Das Image ist fur die Region - im Tourismus wie auch im Wettkampf der Standorte um Arbeitskrafte und Unternehmen - ein besonders wichtiger Faktor. Allein die Assoziationen in Verbindung mit der Region und dem Begriff Naturpark konnen das Image schon positiv beeinflussen und der Region helfen, sich auf dem Markt dementsprechend zu positionieren. Die mittlerweile in der Bevolkerung positiv besetzten Assoziationen der Begriffe Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung, parallel dazu das fest verankerte Umweltbewusstsein - speziell der deutschen Bevolkerung - unterstutzt diese Behauptung. Laut einer Studie des Bundesamtes fur Umweltschutz ist das Interesse an Umweltthemen stark gestiegen. Mehr als 90 % der Bevolkerung erachten Generationsgerechtigkeit, fairen Handel, schonenden Umgang mit Ressourcen sowie den Erhalt der heimischen Landschaft, fur sehr wichtig.[51] Ein Beleg dafur, dass eine landliche Region, die sich im Bereich Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung positiv darstellen kann, mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft Erfolg auf dem touristischen Markt haben wird.

Der Identifikationswert hat im Gegensatz zum Image nichts mit der Sicht von auBen auf die Region zu tun, sondern bezeichnet die Sicht der Einheimischen auf ihren Lebensraum. Dieser Wert wirkt sich massiv auf die regionale und die kulturelle Identitat und nicht zuletzt auf die Zufriedenheit der Bevolkerung aus. Regionale Identitat beruht auf gemeinsamen Gesprachen und regionalen Netzwerken, die sich mit dem Lebensraum beschaftigen. Dazu tragen traditionelle oder heimische Feste genauso bei, wie Themen, die diese Region und ihre Menschen verbinden, zum Beispiel die Entwicklung einer Region zu einem Naturpark. Besonders im Tourismus ist die regionale Identitat ein wichtiger Faktor fur die positive Einschatzung des Gastes bezuglich seines Aufenthaltes in der Region. Regionale Identitat ist aber nicht „einfach vorhanden“, sie bedarf einer kontinuierlichen Forderung und Pflege durch regionale Akteure, zum Beispiel durch einen Regionalentwicklungsverein oder durch spezielles Innenmarketing. Die regionale Identitat kann also bestenfalls zu einem wichtigen Standortfaktor werden, die AuBendarstellung der Region starken und ihre Chancen im Wettbewerb verbessern.[52] Um diese Vorteile nutzen zu konnen, ist im sehr schwierigen Umfeld des Destinationsmanagements ein ganzheitliches Tourismus-Marketing fur die Region erforderlich, dazu ein professionelles Innenmarketing, um schon im Vorfeld einer falschen Erwartungshaltung der Beteiligten vorzubeugen.[53]

Da die regionalen okonomischen Effekte von Naturparks nur schwer zu erfassen und kaum genau beziffert werden konnen, gibt es uber die wirtschaftlichen Auswirkungen der Naturparks in Osterreich bis jetzt nur wenige Untersuchungen. Eine aktuelle Studie, die im Auftrag des Verbandes der Naturparke Osterreichs in Bezug auf die okonomischen Effekte fur ganz Osterreich durchgefuhrt wurde, kam zu interessanten Ergebnissen. Im Jahr 2007 belief sich die Zahl der Gasteankunfte auf 1.166.918, die der Ubernachtungen auf 5.935.725 Besucher. Geschatzte 1.535.138 Tagesgaste besuchten die Naturparks in Tirol. Die Gesamtflache der vier Naturparks belauft sich auf 91.616 Hektar, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug im Jahr 2007 5,3 Tage.[54] Die Zahl der Tagesgaste schwankt stark. Das liegt daran, dass Naturparks offentliches Gut sind, keinen Eintritt fur ihre Benutzung verlangen und meist keinen zentralen Eingang besitzen. Wenn die ermittelten Besucherzahlen mit den durchschnittlichen Tagesausgaben der Gaste (aus einer Studie uber die Naturparks im Burgenland) multipliziert werden, errechnen sich folgende okonomische Auswirkungen der Naturparks in Tirol.[55] Die Ubernachtungsgaste gaben demzufolge - bei ihren Auf- enthalten im Jahr 2007 in den Naturparkregionen Osterreichs - circa 1.230.576.700 Euro aus, wahrend sich die Ausgaben der Tagesgaste auf circa 25.253.020 Euro summierten.

[...]


[1] Vgl. Land Tirol, Tiroler Naturschutzgesetz, 2005, S. 91 f., Anlage 1.

[2] Vgl. Verband der Naturparke Osterreich, Kaseglocke, S. 4 ff.

[3] Vgl. dazu Frohlich H., Zillertaler-Naturpark, 2008, und Gruber, H., LIFE, 2006.

[4] Vgl. Luft, H., Innenmarketing, 2007, S. 228

[5] Vgl. Nigel D., IUCN, 2008, S. 4.

[6] Vgl. World Wildlife Fund, WWF, 2008, http://www.wwf.de/fileadmin/fm- wwf/pdf neu/IuCN Schutzgebietskriterien.pdf (17.05.09), Anlage 2.

[7] Vgl. Bundesamt fur Naturschutz in der Schweiz, BAFU, 2008, http://www.bafu.admin.ch/paerke/03294/index.html?lang=de. (23.05.09), Anlage 4.

[8] M. Tiefenbach, Naturschutz, 1998, S. 50.

[9] Vgl. Land Niederosterreich, Niederosterreichisches Naturschutzgesetz, §8 Abs. 1 und 2 NO Naturschutzgesetz 2000 (NO NSchG 2000), 5500-0 Stammgesetz 87/00 2000-08-31, Blatt 1-24

[10] Vgl. Verband der Naturparke Osterreichs, Kaseglocke, 2001, S. 11f.

[11] Land Tirol, Tiroler Naturschutzgesetz, § 10 - § 14 Tiroler Naturschutzgesetz i.d.F. 57/2007 im Landesgesetzblatt fur Tirol.

[12] Vgl. Verband der Naturparke Osterreich, Ausgst(r)eckt is', 2004, S. 7.

[13] Vgl. Verband der Naturparke Osterreich, Wermacht’s, 2001, S. 18 If.

[14] Eigene Definition

[15] Vgl. Luger K., Tourismus und Trend, 2008, S. 127-140.

[16] Vgl. Opaschowski H, 2030, 2008, S. 373 ff.

[17] Vgl. Verband der Naturparke Osterreich, Wer macht’s, 2001, S. 21 ff.

[18] Vgl. Opaschowski H., 21 Jahrhundert, 2001, S. 171.

[19] Vgl. Studienkreis fur Tourismus und Entwicklung e.V., Umwelt und Urlaub, 2005, S. 43.

[20] Vgl. F.U.R., RA 2006, S. 86.

[21] Vgl. Opaschowski H., 2030, 2008, S. 356 ff.

[22] Vgl. F.U.R., RA 2008, S. 87.

[23] Vgl. Waltritsch K., Selektive ausZeiten, 2008, S. 40 ff.

[24] Vgl. F.U.R., RA 2008, S. 26-27.

[25] Vgl. F.U.R., RA 2008, S. 114.

[26] Vgl. Baumbach I., Gaste von morgen, 2007, S. 143.

[27] Vgl. Baumbach I., Gaste von morgen, 2007, S. 123- 127.

[28] Vgl. Touchpoint, Studie LOHAS, 2008, http://www.touchpoint- communications.com/new/20080508 Pressemeldung.html (Eingesehen 20.05.2009) Anlage 6.

[29] Vgl. Moller A., Gastgewerbe, 2001, S. 239.

[30] Vgl. Gurtner R., Nachhaltigkeit, 2006, S. 7-9.

[31] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 10 ff.

[32] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 22 f.

[33] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 31 - 34.

[34] Vgl. Eckhardt Sven; Dahringer Bernd, Umweltbroschure DEHOGA, 2008, S. 1-21.

[35] Vgl. Kapitel 6.3.1 Innenmarketing, Weiterbildung.

[36] Vgl. F.U.R., RA 2008, S. 111.

[37] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 33.

[38] Vgl. Opaschowski H., 2030, 2008, S. 355.

[39] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 33.

[40] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 34.

[41] Vgl. Baumgartner C., Nachhaltigkeit im Tourismus, 2008, S. 60ff.

[42] Vgl. Job H. & Metzler D., regionalokonomische Effekte, 2005, S. 465.

[43] Vgl. Job H., & Vogt L., Inwertsetzung, 2003, S. 153.

[44] Vgl. Job H. & Metzler D., regionalokonomische Effekte, 2005, S. 466.

[45] Vgl. Job H., & Vogt L., Inwertsetzung, 2003, S. 153.

[46] Vgl. Job H., & Vogt L., Inwertsetzung, 2003, S. 153.

[47] Vgl. Siegrist D. & Lintzmeyer F., Wertschopfungspotenzial, 2006, S. 130.

[48] Vgl. Jungmeier M, Effekte von Naturparken, 2003, S. 69f.

[49] Vgl. Job H. & Metzler D., Naturpark + Tourismus, 2006, S. 355.

[50] Vgl. Kotler P. & Haider D. & Rein I., Image, 1994, S. 178ff.

[51] Vgl. Sinus-Institut, BMU, 2008, S. 15.

[52] Vgl. Hammer T, Intern, 2003, S. 28ff.

[53] Vgl. Kapitel 6.2 Marketing des Naturparks Tiroler Lech.

[54] Vgl. Siegrist, D., VNO-Studie, 2009.

[55] Vgl. Gampe, C., Burgenland, 2007, S. 43ff.

Ende der Leseprobe aus 131 Seiten

Details

Titel
Einstellungen und Erwartungen der Hotellerie an einen Naturparktourismus
Untertitel
Am Beispiel des Naturparks Tiroler Lech
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
131
Katalognummer
V150325
ISBN (eBook)
9783640622078
ISBN (Buch)
9783640621910
Dateigröße
4550 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Ziel dieser Diplomarbeit soll es sein, anhand von Befragungen der Hoteliers aus der 3 bis 4 Sterne-Kategorie in der Naturparkregion Tiroler Lech, die Einstellung und die Erwartungen der Hotellerie zum Thema regionaler Naturpark und Naturparktourismus herauszuarbeiten. Ein nachhaltiger, wertschöpfender Naturparktourismus ist in besonderer Weise davon abhängig, dass die touristischen Anbieter die Vision, für die ein Naturpark steht, aufgreifen, mit passenden Angeboten unterstützen und fördern und - im Zuge der Glaubwürdigkeit und Authentizität des Angebotes - auch leben
Schlagworte
Naturpark, Hotellerie, Naturparktourismus, Tiroler Lech, nachhaltiger Tourismus, Naturtourismus, Tourismus und Ökologie, Ökologie, Nachhaltigkeit, Ökotourismus
Arbeit zitieren
Florian Hoffrohne (Autor:in), 2009, Einstellungen und Erwartungen der Hotellerie an einen Naturparktourismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150325

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