Konzept und Vorschlag für ein japanisches idiomatisches Lernerwörterbuch


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

26 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Forschungsstand

3. Vorstellung und Konzept eines japanischen idiomatischen Wörterbuches
3.1 Wörterbuchaußentexte
3.2 Analyse eines Wörterbuchartikels am Beispiel „Schuppen fallen von den Augen“
3.2.1 Makrostruktur
3.2.1.1 Lemmaselektion
3.2.1.2 Lemmatisierung
3.2.1.3 Lemmaanordnung
3.3.1 Mikrostruktur
3.3.1.1 Aufbau des Wörterbuchartikels
3.3.1.2 Textsegmente – Beschreibung des semantischen Kommentars und Formkommentars
3.3.1.2.1 Lemmazeichengestaltangabe
3.3.1.2.2 phonetisch-phonologische und orthographische Angaben
3.3.1.2.3 semantische Angaben
3.3.1.2.4 syntaktisch-semantische Angaben
3.3.1.2.5 pragmatische Angaben
3.3.1.2.6 sonstige Angaben
3.4 Themenseiten

4. Zusammenfassung

5. Vorschlag für einen Wörterbuchartikel

6. Fazit

7. Literaturangaben

Anhang

Konzept und Vorschlag für ein idiomatisches Lernerwörterbuch

1. Einleitung

Schlägt man in dem im DaF-Bereich zum Standardwerk avancierten Lernerwörterbuch „Deutsche Redewendungen. Ein Wörter- und Übungsbuch.“ (Hessky/Ettinger 1997) die idiomatische Redewendung (genauer: Geflügeltes Wort) „jmdm. fällt es wie Schuppen von den Augen“ nach, so findet man unter der Oberkategorie „F Einschätzung einer Lage, eines Sachverhalts“ innerhalb der Untergruppe „F.1 Gewissheit – Gewohnheit – Vertrautheit – Routine“ folgenden Artikel vor:

jmdm. fällt es wie Schuppen von den Augen

jmdm. wird etwas plötzlich klar; jmd. erkennt plötzlich, wie jmd., etwas wirklich ist.

In diesem Moment fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Man hatte ihm die ganze Zeit eine Komödie vorgespielt. Als ich mich … zur Ruhe gelegt hatte, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Ich hatte mich den ganzen Tag über in Hinsicht auf das Datum getäuscht (Niekisch, Leben 292).

Diese Wendung stammt aus der Bibel. In der Apostelgeschichte (9, 18) heißt es von dem blinden Saulus: >>Und alsobald fiel es von seinen Augen wie Schuppen, und er ward wieder sehend.<< Möglicherweise bezieht sich die Wendung darauf, dass die getrübten Sehlinsen eines Blinden den Eindruck erwecken können, er habe Schalen oder Schuppen vor den Augen. (Hessky/Ettinger 1997)

Dieser Artikel ist ein schönes Beispiel, das zeigt, wie sich die Forschung in der Phraseographie und Phraseodidaktik entwickelt hat. Die Zugriffsstrukturen/Indices liegen in zweifacher Form vor. Einmal gibt es einen ideographischen Teil, der das Lemma einer Gruppe zuordnet und andererseits gibt es noch einen alphabetischen Teil, der die Lemmata nach dem Initialbuchstaben des Suchwortes verzeichnet. Weiterhin ist zu ersehen, dass auch von der Typologie her sich einiges getan hat. Der Artikel ist in mehrere Teile gegliedert, die auch visuell differenziert sind. So ist das Suchwort im Lemma durch Fettdruck hervorgehoben und auch durch einen Zeilensprung von den anderen Textsegmenten abgesetzt. Darauf folgt eine Polyparaphrasierung der Redewendung als Bedeutungserklärung, die dann im Folgenden durch Textbeispiele in einen Kontext gerückt wird. Ergänzt wird das Interpretament durch eine von einem Gedankenstrich eingeleitete etymologische Erklärung, die auf die Herkunft der Redewendung, hier das Neue Testament, verweist.

Im Folgenden werde ich den Forschungstand der Phraseographie im Kontext der Phraseodidaktik skizzieren und die Ergebnisse bzw. Forderungen herausarbeiten. Darauf aufbauend wird es Ziel dieser Arbeit sein, ein japanisches idiomatisches Lernerwörterbuch zu beschreiben und dessen Konzept darzustellen. Mit diesem Konzept wird zum Schluss der Arbeit versucht, unter Berücksichtung der Forderungen seitens der Forschung, einen erweiterten Wörterbuchartikel zum anfangs zitierten Lemma „jmdm. fällt es wie Schuppen von den Augen“ zu erstellen.

2. Forschungsstand

Seit die Phraseodidaktik aus dem Dornröschenschlaf (Kühn 1987) erwacht ist, hat sich in der Forschung viel getan. Weite Bereiche der Linguistik trugen ihren Teil dazu bei, besonders die Ergebnisse in der Pragmatik, der Lexikographie, der Phraseographie und nicht zuletzt der Phraseologie, die den Weg für viele phraseodidaktische Konzepte eröffneten. Zwar gab es schon vor den 80er Jahren erste phraseodidaktische Ansätze, doch erst als die Phraseodidaktik 1979 sich als linguistische Disziplin etablierte, begann man sich stärker für die Vermittlung von Phrasemen im deutschen Kontext einzusetzen. Kühn war es, der in den 80ern das Thema vorantrieb und mit dem später eingeführten phraseodidaktischen Dreischritt (Kühn 1994) eine didaktische Basis schuf. Diese wurde in den späten 90ern dann von Lüger wie folgt erweitert.

Das Grundkonzept basiert wie der Name schon sagt auf einem Dreischritt, der aus den Phasen Erkennen, Verstehen und Verwenden besteht. Dadurch war ein Gerüst gegeben, um rezeptive sowie produktive Unterrichtssequenzen zu entwickeln. Lüger (1997) erweiterte dieses Konzept durch eine Festigungsphase, die zwischen der Verstehens- und der Verwendungsphase stehen sollte. Wiederum war es Kühn (1985), der den semantischen Mehrwert betonte und darauf verwies, dass man diesen nicht in systematisierten vom Kontext losgelösten Übungen vermitteln, sondern ausgehend von authentischen Texten und Textsorten behandeln sollte, genau dann, wenn Phraseme auftauchen und nicht in gesonderten Unterrichtseinheiten (Kühn 1996). Lüger (1997) komplimentierte mit dem von ihm geprägten Begriff des pragmatischen Mehrwerts das Konzept Kühns. Diese Ergebnisse fanden dann schließlich Niederschlag im Lernerwörterbuch „Deutsche Redewendungen. Ein Wörter- und Übungsbuch für Fortgeschrittene.“ (Hessky/Ettinger 1997) bei dem neben Hessky, die besonders in der Phraseographie sich einen Namen machte, auch Ettinger beteiligt war.

In ihrem Buch verwirklichten sie viele Forderungen der Forschung und setzten mit einer ideographischen Zugriffstruktur nebst alphabetischem Index neue Maßstäbe. Auch der Aufbau der Wörterbuchartikel, die nun aus Polyparaphrasierungen, authentischen Beispielsätzen und Angaben zur Stilschicht sowie etymologischen Erklärungen bestehen, ist im Vergleich mit anderen phraseologischen Angaben in allgemeinen Wörterbüchern sowie Lernerwörterbüchern für den DaF-Bereich nicht zu vergleichen. Besonders die Angaben zu pragmatischen bzw. syntaktischen Restriktionen sind ein nicht zu verachtender Fortschritt in der Phraseographie. Abgerundet wird dieses Buch von einem ausführlichen Einführungsteil und einem Übungsteil, der dem phraseodidaktischen Dreischritt folgt und sogar ein Arbeitsblatt bereit hält, damit der Lerner sich eine eigene Lernsammlung zusammenstellen kann.

Zwei Probleme scheinen sich in den letzten Jahren herauskristallisiert zu haben. Einerseits besteht die Frage nach der Lemmaselektion nach Frequenzangaben und andererseits nach der Verwendung von Illustrationen. Für ersteres gibt Ettinger (2007) einige Lösungsvorschläge an, die sich auf elektronische Korpora ausgerichtete Untersuchungen stützen. Als brauchbarer Phrasem-Pool (Hartmann 2005) gilt auch das oben genannte Buch von Hessky und Ettinger, da dieses schon nach speziellen Filterprinzipien zusammengestellt wurde. In der Forschung ist man sich einig, dass Phraseme „in erster Linie passiv beherrscht und nur mit starken Einschränkungen auch aktiv beherrscht werden“ (z.B. Ettinger 2007) sollten. Diese Auffassung korreliert mit der Forderung nach mehr Lernerautonomie. Obwohl das Lernerwörterbuch von Hessky und Ettinger schon zum Standardwerk im DaF-Bereich avanciert ist, hat es doch noch einige Schwächen die es zu beseitigen gilt. Nicht umsonst spricht man in der Lexikographie von einer Spicksituation besonders die Bedeutungserklärungen betreffend. Weiterhin wäre die monotone immer noch unübersichtliche Gliederung und Visualisierung der Wörterbuchartikel anzuprangern. Für eine genauere Untersuchung müsste man Kühns Phraseographie-Check, den Wiegand durch zwei Punkte erweiterte, heranziehen.

Manchmal scheint es sinnvoll zu sein, über den amerikanisch-europäischen Tellerrand hinaus zu schauen, damit man Distanz gewinnen kann und empfänglich wird für Neues.

3. Vorstellung und Konzept eines japanischen idiomatischen Wörterbuches

Das Buch „Chibi-Maruko-chan no Kanyōkukyōshitsu“[1] zu Deutsch „Klein Marukos Klassezimmer der idiomatischen Redewendungen“ (Kawashima 2001) ist erschienen im Shūeisha-Verlag, einem der größten Verlage Japans. Autor des Buches ist der eremitierte Professor Yutaka Kawashima (dt. Schreibung), der sich mit dem Bereich „Sprache und Kommunikation“ befasst. Die „Kleine Maruko“, die mir ihrem Namen und Gesicht das Buch ziert, gehört zu einer Reihe von Comic-Figuren, die in Japan bei Jung und Alt äußerst beliebt sind. Dieser Comic bzw. diese Zeichentrickserie greift den (Schul-/Familien-) Alltag der kleinen Maruko auf, von dem ausgehend sich allerlei Geschichten entwickeln. Gerade der Bezug zum realen Leben und die Darstellung einer fast noch als traditionell zu bezeichnenden Familie gelten als ausschlaggebend für dessen Erfolg. Das vorliegende Buch ist in der 9. Auflage erschienen, die Erstveröffentlichung erfolgte 2002 und gehört zu einer Reihe von Büchern, die der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für die Mittelschule sowie als Ergänzung zum Unterrichtsmaterial dient. Markenzeichen ist die Verwendung von Comicfiguren, die leicht verständlich und verstärkt visualisiert sprachwissenschaftliche wie naturwissenschaftliche Themenbereiche beleuchten.

3.1 Wörterbuchaußentexte – Vorwort, Erklärungen, Sonderseiten

Das eigentliche Wörterverzeichnis ist umgeben von erklärenden bzw. einführenden Texten – den Wörterbuchaußentexten. Im vorliegenden Buch sind es acht Texte, die dem Benutzer zusätzliche Informationen geben. Vor dem Wörterverzeichnis findet man eine Übersichtstafel (siehe Abb. 1) zu den Comicfiguren, die in diesem Buch auftauchen. Diese Übersicht selbst erinnert an ein Comicheft, indem die Hauptfiguren abgebildet und kurz beschrieben sind. Zum Beispiel wird die Hauptfigur Maruko mit den Worten „schusselig“ und „faul“ charakterisiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Einführung der Figuren

Dem folgt ein Vorwort, das nicht vom Autor des Buches, sondern von einem Rakugoka namens Shinosuke Tachikawa verfasst wurde. Rakugo ist die Bezeichnung für eine traditionelle japanische Erzählkunst, bei der ein Erzähler mit seinem komischen Monolog versucht sein Publikum zu erheitern. Außerdem ist er beim öffentlichen Fernsehen tätig, wo er seine eigene Show moderiert. Im Vorwort spricht er über Rakugo und den Ausdruck „gatten chōchinosuke“, was auf Deutsch soviel heißt wie „Klar/Gerne“. Mit Wortwitz versucht er den Kindern den Spaß an der Sprache näher zubringen. Abgerundet wird diese Seite durch einen Informationskasten, indem die nach Ansicht des Komikers Tachikawa brauchbarsten Redewendungen stehen.

Auf den ersten zwei Seiten des Wörterverzeichnisses befindet sich eine weitere Angabe, die zu den Außentexten zählt. Hierbei handelt es sich um eine Legende zu einer Wichtigkeitsangabe der idiomatischen Redewendungen. Diese sieht wie folgt aus:

[...]


[1] Im Folgenden verwendetes Bildmaterial ist aus diesem Buch entnommen und dient ausschließlich der wissenschaftlichen Analyse.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Konzept und Vorschlag für ein japanisches idiomatisches Lernerwörterbuch
Hochschule
Universität Trier
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
26
Katalognummer
V150003
ISBN (eBook)
9783640641475
Dateigröße
13399 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Phrasem, Wörterbuch, Japan, Deutschland, Wörterbucharbeit, Kinder
Arbeit zitieren
MA Marc Hansen (Autor:in), 2007, Konzept und Vorschlag für ein japanisches idiomatisches Lernerwörterbuch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150003

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