Die Entwicklungsdynamik des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert


Seminararbeit, 2009

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung:

1 Einleitung

2 Versuch einer Definition

3 Die Entwicklungsdynamik des Liberalismus
3.1 Die soziale Zusammensetzung und politische Organisation
3.1.1 Die Wortfuhrer
3.1.2 Die Wahlerschaft
3.2 Die Ziele undMitteldes Liberalismus
3.2.1 DerLiberalismuszwischenFreiheit, VerfassungundNation
3.2.2 Derliberale Umgangmit der soziale Frage Seitell
3.3 Die Beeinflussung des Liberalismus
3.3.1 DerEinflussdes Nationalismus
3.3.2 DerEinflussder Sozialdemokratie

4 Schlussbetrachtung

Anhang:

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die wissenschaftliche Literatur urteilt uber den deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert in unterschiedlicher Weise: Die einen vertreten die Ansicht, dass die liberale Stromung die erfolgreichste politische und soziale Bewegung des Jahrhunderts gewesen sei[1]. Andere kommen zu dem Schluss, der Liberalismus sei in dieser Zeit weitgehend machtlos geblieben[2]. Weshalb es zu einer solch kontraren Beurteilung des Liberalismus kommt, hangt mit der Entwicklungsdynamik zusammen, durch die der Liberalismus gekennzeichnet war. Denn im 19. Jahrhundert wandelte sich neben dem politischen Einfluss der Liberalen, sowohl die Form der Organisation als auch die politischen Zielsetzungen und die notigen Mittel um diese durchzusetzen.

Diese Arbeit verfolgt die Aufgabe die genannte Entwicklungsdynamik des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert anhand wichtiger Kriterien darzustellen.

Zu Beginn wird erlautert, wie der Begriff des Liberalismus definiert wird und welche Schwierigkeiten sich bei diesem Versuch ergeben. Die Entwicklungsdynamik des Liberalismus wird einleitend mithilfe der sozialen Zusammensetzung und der politischen Organisation veranschaulicht. Die Darstellung der liberalen Wortfuhrer und der Wahlerschaft leitet zu den politischen Zielen uber. Eine Analyse der Zielsetzungen verdeutlicht, dass die Entwicklung des Liberalismus von inneren und auberen Faktoren abhing. Ebenso wird erkennbar, dass die Liberalen Schwierigkeiten hatten, sich auf eine feste Linie ihrer politischen Absichten zu einigen. Im Fokus dieser Untersuchung stehen die Freiheit, die Verfassung, sowie die Bildung einer Nation. Wie die Liberalen mit der sozialen Frage umgegangen sind, wird gesondert betrachtet. Dies ist aufgrund von verschiedenen Gesichtspunkten notwendig: Zum einen durchdrang die soziale Frage vehement politische Debatten und das alltagliche Leben im 19. Jahrhundert, zum anderen beeinflusste diese Problematik die liberale Zielausrichtung. Die Veranderungen die in diesem Jahrhundert beim Liberalismus zu erkennen sind, wurden auch durch die Beeinflussung von anderen Stromungen hervorgerufen. Als geeignete Beispiele dienen der Nationalismus und die Sozialdemokratie. Denn das Aufkommen und die Durchsetzungskraft dieser beiden politischen Richtungen tragen eine besondere Verantwortung fur den Wandel des deutschen Liberalismus. In der Schlussbetrachtung wird die Eigendynamik des Liberalismus bewertet und analysiert, welche Kriterien ausschlaggebend fur die Entwicklung waren.

2. Versuch einer Definition

Die Wissenschaft ist sich einig, dass eine einfache Bestimmung des Begriffs Liberalismus nicht moglich ist. Dies liegt einerseits daran, dass verschiedene Menschen unter dem Liberalismus ,,immer etwas Verschiedenes [...] verstanden haben“[3] und andererseits „es den Liberalen sehr schwer fiel, sich selbst zu definieren“[4].

Die Entstehung des politischen Liberalismus begann zu dem Zeitpunkt, als die feudale Gesellschaft zerfiel und von der Moderne abgelost wurde[5]. Lange Zeit fuhlten sich die Menschen dem Liberalismus zugehorig, sobald sie die Werte dieser Stromung teilten. Liberal zu sein, bedeutete demnach eine bestimmte Geisteshaltung einzunehmen. Erst in den 1820er Jahren wurde der Begriff des Liberalismus mit einer bestimmten politischen Haltung in Zusammenhang gebracht[6].

Nach dem Prinzip des gemeinsamen Nenners lassen sich fur den politischen Liberalismus drei Grundprinzipien feststellen: Erstens vertreten die Liberalen die Ansicht, dass jedem Menschen das Recht auf Selbstverantwortlichkeit zusteht. Die Basis fur eine freie Entfaltung der Personlichkeit bilden die Vernunft und Einsicht. Zusatzlich bildet der Staat den Rahmen fur eine autonome Lebensform. Jedoch darf dieser nicht den Menschen in seinen Freiheitsrechten einschranken und somit muss seine Macht begrenzt werden. Daraus abzuleiten ist der dritte Grundsatz des politischen Liberalismus, der die Freiheit des Menschen gegenuber dem Staat fordert[7] (bspw. Meinungs-, Religions-, V ersammlungsfreiheit).

Auch fur den okonomischen Liberalismus steht die Freiheit im Vordergrund (bspw. Privateigentum, freier Wettbewerb, Freihandel). Dieser vertritt die Ansicht, dass staatliche Eingriffe in die Wirtschaft auf das Notwendigste beschrankt sein mussen. Kommt es zu einem wirtschaftlichen Abschwung greift die sogenannte „unsichtbare Hand“, welche die Wirtschaft in ein optimales Mafi an Produktivitat zuruckfuhren soll[8].

Aus diesen Grundprinzipien lasst sich schliefien, dass beide Formen des Liberalismusjegliche Form des Zwangs ablehnen und dem Aspekt der Freiheit einen hohen Stellenwert beimessen.

Zu betonen ist jedoch, dass die Entwicklungsdynamik des Liberalismus sich auch auf die genannten Grundsatze auswirkte. So sind im Verlauf des 19. Jahrhunderts verschiedene Ausnahmen und Abweichungen zu beobachten, welche im Verlauf der Arbeit hervorgehoben betrachtet werden.

3. Die Entwicklungsdynamik des Liberalismus

Der deutsche Liberalismus sah sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Problemen konfrontiert, auf die er keinen Einfluss hatte. Betrachtet man die liberale Bewegung, muss stets auf die regionalen Unterschiede hingewiesen werden. Auch wahrend der Zeit des Deutschen Bundes (1815 - 1866) existierten erhebliche Verschiedenheiten zwischen den Landern. Dies gilt far die wirtschaftliche Entwicklung, wie auch fur das herrschende soziale Klima. Hinzu kam die staatliche Repressionspolitik, die mittels Zensuren, polizeilicher Uberwachung und gesetzlichen Auflagen die Liberalen im Zaum hielt. Kontaktaufnahmen zwischen den einzelnen liberalen Bewegungen uber die regionalen Grenzen hinweg wurden zusatzlich durch ein unterentwickeltes Kommunikationsnetz erschwert. Diese Schwierigkeiten beeinflussten ebenfalls die Entwicklung des Liberalismus[9].

3.1 Die soziale Zusammensetzung und politische Organisation

Weshalb der deutsche Liberalismus im europaischen Vergleich erst relativ spat begann sich zu einer politischen Bewegung zu formieren, liegt daran, dass sich erst am Ende des 18. Jahrhunderts eine heranwachsende ,,politische[n] Offentlichkeit“[10] bildete, in der die Politik innerhalb der Gesellschaft diskutiert wurde. Allerdings herrschte unter der breiten Bevolkerung weiterhin eine starre politische Passivitat. Nach jahrelanger Vorherrschaft der Fursten verharrten die Deutschen in ihrer Rolle als unbeteiligte Untertanen, anstatt ihre neue Rolle als Staatsburger aktiv zu gestalten. Erschwerend kam hinzu, dass der Begriff der Partei negativ belegt war. Die Liberalen selbst argumentierten, eine Parteizugehorigkeit beschneide die Entscheidungsfreiheit des Menschen, indem sie Ubereinstimmungen und Disziplin erzwinge[11]. Diejenigen, welche den Liberalismus als parteiliche Wortfuhrer oder Wahlerschaf unterstutzten werden zum liberalen Burgertum gezahlt und im Folgenden beschrieben.

3.1.1 Die Wortfuhrer

Es kann vorweg genommen werden, dass die soziale Zusammensetzung der liberalen Fuhrerschaft uber das Jahrhundert hinweg konstant blieb. Wie die Tabellen eins und zwei zeigen, waren die Wortfuhrer mannlich, geschaftserfahren und besafien Kenntnis und stammten aus der sogenannten Bildungselite. Warum gerade diese das politische Geschehen beeinflusste, hing nicht nur von ihrem hohen Bildungsgrad ab. Prestige, erworben durch die Zugehorigkeit zum Staatsdienst, sorgte fur Anerkennung bei der Bevolkerung, wahrend die so genannte[12],, Abkommlichkeit“ den Mannern erlaubte ihren Hauptberuf fur eine langere Dauer hintenanzustellen. Selbststandige konnten es sich nicht leisten mit einer unentgeltlichen Tatigkeit zu verbringen und nahmen daher keine politische Laufbahn in Angriff.

Tab. 1: Frankfurter Parlament (1948 - 49) Erfahrung im offentlichen Leben . Die Anfuhrer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammensetzung der Delegierten zweier Parteitage 1911 - 1912

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Interessant ist, dass im Frankfurter Parlament % aller Abgeordneten dem liberalen Flugel zuzurechnen waren [13] - ein Zeichen dafur, wie stark der Liberalismus in dieser Zeit war. 1861 grundeten die Liberalen die erste deutsche Programmpartei namens Deutsche Fortschrittspartei[14]. Trotz vieler Abspaltungen blieben die Fortschrittspartei und die Nationalliberale Partei (seit 1967) die dominantesten des liberalen Flugels. EinVergleich der sozialen

[...]


[1] Vgl.: Gohler, Gerhard (2002): Liberalismus im 19 Jahrhundert- eine Einfuhrung. S. 221 - 228 in: Heidenreich, Bernd von (Hg.): Politische Theorien des 19. Jahrhunderts. Berlin: Akademie-Verlag, S. 211.

[2] Vgl.: Bundeszentrale fur politische Bildung (28.07.09): http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=6ACI8N.

[3] Sheehan, James (1983): Der deutsche Liberalismus. Von den Anfangen im 18. Jahrhundert bis zum ersten Weltkrieg; 1770 - 1914. Munchen: C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, S. 11.

[4] Ebd.

[5] Vgl.: Schapiro, J. Salwyn (1996): Was ist Liberalismus? S. 20 - 36 in : Gall, Lothar (Hg.): Liberalismus. Konigstein / Ts.: Verlag Anton Hain Meisenheim GmbH S. 21.

[6] Vgl.: Sheehan (1983), S. 11.

[7] Vgl.: http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=6ACI8N.

[8] Vgl.: Bohlender, Matthias (2002): Herrschen, Regieren, Regulieren. Zur liberalen politischen Rationalitat von Adam Smith. S. 59 - 78. in: Faber, Richard: Liberalismus in Geschichte und Gegenwart, Wurzburg: Konigshausen & Neumann, S. 59f.

[9] Vgl.: Sheehan (1983), S. 19ff.

[10] Ebd., S. 13.

[11] Vgl.: ebd., S. 17ff.

[12] Vgl.: Vierhaus, Rudolf (2003):Vergangenheit als Geschichte. Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 178.

[13] Sheehan (1983), S. 28.

[14] Vgl.: Kappel, Heiner / Stahl, Alexander von (1996): Fur die Freiheit Pladoyer fur eine liberale Erneuerung, Berlin: Ullstein, S. 113.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklungsdynamik des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Institut für Politikwissenschaft und Sozialforschung)
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V149985
ISBN (eBook)
9783640611591
ISBN (Buch)
9783640611300
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklungsdynamik, Liberalismus, Jahrhundert
Arbeit zitieren
Johanna Nitsche (Autor:in), 2009, Die Entwicklungsdynamik des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149985

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