Zum Begriff der Sozialpädagogik


Hausarbeit, 2010

15 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Begriff Sozialpadagogik
1.1 Wortbedeutung durch Analyse der Wortzusammensetzung
1.2 Wortbedeutung unter geschichtlichem Aspekt von Sozialpadagogik
1.3 Begriff Sozialpadagogik heute
1.4 Fazit

2 Sozialpadagogik und eine Abgrenzung zu anderen Wissenschaften
2.1 Sozialpadagogik und Allgemeine Padagogik
2.2 Sozialpadagogik und Soziale Arbeit
2.3 Fazit

3 Schlussbetrachtung

4 Quellenverzeichnis

Einleitung

In der Padagogik sind viele Begriffe nicht eindeutig definiert. Es gibt verschiedene Auffas- sungen zu ihnen. Zudem werden sie teilweise wissenschaftlich und alltagssprachlich verwen- det. Auch Sozialpadagogik ist ein unklarer und unterschiedlich verwendeter Begriff.[1] Sozial­padagogik existiert als Disziplin, so wie als Berufsfeld. Viele Bucher beschaftigen sich mit dem Wort Sozialpadagogik. Es gibt viele unterschiedliche Theorien und Erklarungsversuche. Dadurch hat die Sozialpadagogik noch nicht ihre disziplinare Identitat gefunden.[2] Wenn die Schwierigkeiten der Sozialpadagogik mit dem Begriff beginnen, ist es wichtig die Entwick- lung des Begriffs genauer zu untersuchen.[3] Und genau dies soll u. a. mit dieser Arbeit getan werden. Mein Thema lautet daher: zum Begriff der Sozialpadagogik.

Im ersten Teil meiner Arbeit werde ich genauer auf den Begriff Sozialpadagogik eingehen. Dabei werde ich erstens auf die Wortbedeutung von Sozialpadagogik anhand einer Analyse der Wortzusammensetzung von sozial und Padagogik eingehen. Zweitens werde ich die Wortbedeutung von Sozialpadagogik unter geschichtlichem Aspekt betrachten. Drittens wird der Begriff Sozialpadagogik in der Gegenwart betrachtet. Viertens soll ein Fazit zum Begriff Sozialpadagogik gezogen werden.

Im zweiten Teil werde ich dann auf Sozialpadagogik und ihre Abgrenzung zu anderen Wis- senschaften eingehen. Erstens soll das Verhaltnis von Sozialpadagogik und Allgemeiner Pa- dagogik betrachtet werden und zweitens das Verhaltnis von Sozialpadagogik und Sozialer Arbeit. Drittens soll ein Fazit zur Abgrenzung von Sozialpadagogik zu anderen Wissenschaf- ten gezogen werden.

Und im dritten und letzten Teil folgt meine Schlussbetrachtung zum Begriff Sozialpadagogik.

1 Begriff Sozialpadagogik

Begriffliche Schwierigkeiten werden schon bei der Wortanalyse deutlich, worauf im ersten Punkt eingegangen wird.[4] Der Begriff Sozialpadagogik wurde in der Geschichte der Padago- gik unterschiedlich verwendet. Um zu einem Verstandnis von Sozialpadagogik zu gelangen, ist es daher notwendig sich mit der Geschichte des Begriffs auseinanderzusetzen. Dies ge- schieht im zweiten Punkt.[5] Drittens wird das Verstandnis von Sozialpadagogik heute darge- stellt.

1.1 Wortbedeutung durch Analyse der Wortzusammensetzung

Die Geschichte der Padagogik weist einige Bedeutungsvarianten auf, worauf nicht naher ein­gegangen wird.[6] Nach dem Worterbuch der Padagogik ist Padagogik im Deutschen auch heu­te noch ein mehrdeutiger Begriff. Er bedeutet demnach erzieherisches Handeln aber auch die Theorie der Erziehung. An der Ungenauigkeit wird deutlich, dass „in der Padagogik als prak- tische Wissenschaft Theorie und Praxis unlosbar verbunden sind“.[7] [8] Im Brockhaus ist Padago­gik, aus dem Griechischen stammend, die „Kunst und Lehre von der Erziehung“. Es ist ein Verweis auf die Erziehungswissenschaft vorhanden. Padagogik wurde seit dem 17. Jahrhun dert zu einer eigenen Wissenschaft mit vielen Zweigen. Padagogik wird im Worterbuch der Sozialarbeit und Sozialpadagogik aus dem Griechischen hergeleitet und bedeutet demnach „Knabenfuhrung“. Padagogik wird allgemein als „die Wissenschaft von der Erziehungskunst und Erziehungslehre“ verstanden.[9] Im Lexikon der Sozialpadagogik und Sozialarbeit sucht man vergeblich nach einem Eintrag zur Padagogik. Es ist lediglich ein Verweis auf Erzie- hungswissenschaft ersichtlich. Erziehungswissenschaft wird als ein „Projekt der Aufklarung“ dargestellt. Das Programm der fruhen Erziehungswissenschaft war damit die „Kontrolle der Lernprozesse im Lichte moralischer Zielsetzungen“.[10] Das Padagogik-Lexikon spricht von Allgemeiner Padagogik und meint, dass diese mit Allgemeiner Erziehungswissenschaft „kon- kurriert“. Damit wird das Spannungsverhaltnis zwischen Padagogik und Erziehungswissen- schaft deutlich.[11] Die Disziplin Padagogik ist heute gekennzeichnet mit „ihrer pluralen Ges- talt“. Es ist somit bereits problematisch den Begriff Padagogik genau zu fassen.[12] Es wird im Worterbuch der Sozialarbeit und Sozialpadagogik erwahnt, dass Padagogik in Lehre und Forschung haufig mit anderen Begriffen in Verbindung gebracht wird, wie z. B. mit dem Sozialen als Sozialpadagogik. Die Begriffszusammensetzung macht dabei deutlich, dass es sich bei Sozialpadagogik um eine Teildisziplin der Allgemeinen Padagogik handeln muss.[13]

Auch Mollenhauer verweist auf die Analyse der Bedeutung beider Wortteile: sozial und Pa­dagogik. Die Schwierigkeit sieht er bei dem Wort sozial. Der Wortbestandteil sozial ist nach Mollenhauer nur geschichtlich motiviert und bezieht sich auf die „soziale Frage“ des 19. Jahrhunderts. Er bezeichnet Sozialpadagogik als „Verlegenheitslosung“, die sich einreiht in eine Reihe anderer Bezeichnungen, wie z. B. Familienpadagogik oder Schulpadagogik.[14] „Der Wortteil „sozial“ geht zuruck auf lat. socialis - die Gesellschaft betreffend, gemeinschaftlich, gesellig -, das von socius - gemeinsam - abgeleitet ist.“[15] Im deutschsprachigen Raum wird der Begriff sozial seit Anfang des 19. Jahrhunderts verwendet. Es soll die Differenz von poli- tisch und sozial deutlich gemacht werden. Der Begriff sozial wird heute unterschiedlich ver­wendet. Eine empirische Nutzung von sozial bezieht sich auf mehrere Menschen. Sozial meint empirisch auch zwischenmenschlich. Zudem meint sozial die Stellung einer Person im Zusammenleben mit anderen Menschen betreffend. Analytisch steht sozial in der Differenz zu individuell. Sozial hat aufierdem eine ethische Bedeutung als Neigung zu anderen Men­schen.[16] Was bedeutet nun sozial im Zusammenhang mit Padagogik? Versteht man unter Pa­dagogik die Einfuhrung von jungen Menschen in einen historisch gegebenen Kulturzusam- menhang, ist dies ein sozialer Vorgang. Das Beiwort sozial bei Sozialpadagogik beansprucht nach Mollenhauer etwas Differenzielles.[17]

Eine wortliche Ubersetzung von Sozialpadagogik scheint nicht moglich zu sein.

1.2 Wortbedeutung unter geschichtlichem Aspekt von Sozialpadagogik

Sozialpadagogik wird namentlich erstmals 1844 von Mager erwahnt und 1850 von Diester- weg. Mager verstand unter Sozialpadagogik „die gesamte Theorie einer in konkreten Gesell- schaften vorkommenden Erziehung mitsamt ihrer sich vollziehenden Praxis“. Fur Diesterweg war Sozialpadagogik „eine Reaktion auf das Entstehen sozialer Missstande, erzieherischer Notsituationen und gesellschaftspolitischer Spannungen (soziale Frage) zu Beginn des Indust- riezeitalters“ und der „Versuch ihrer Uberwindung durch spezifische padagogische MaBnah- men und Institutionen“.

Natorp entwickelte dann um die Jahrhundertwende ein Konzept von Sozialpadagogik „im Sinne von Sozialerziehung als Antwort auf die soziale Frage“. Sozialpadagogik stand damit im Gegensatz zur Individualpadagogik und war fur Natorp die „Erziehung und Bildung durch Gemeinschaft zur Gemeinschaft“. Seine Auffassung war, dass der Mensch ohne Gemein- schaft „zum Tier herabsinken“ wurde. Er sah den Menschen als sehr soziales und politisches Wesen an. Er sah MaBnahmen von auBen nur als Nothilfe an. Natorp stand dem Ausbau sozi- alstaatlicher Sicherungen und sozialer Institutionen kritisch gegenuber. Die Aufgaben waren fur ihn von den primaren Gemeinschaften zu losen. Willmann sah 1903 Sozialpadagogik in Verbindung mit der sozialen Frage als allgemeines Leitmotiv an.[18] [19]

In den 20er Jahren entwickelten Nohl und Baumer einen geisteswissenschaftlichen Ansatz von Sozialpadagogik „als eigenen, subsidiar zu verstehenden Erziehungsbereich neben Fami- lie und Schule“.[20] Es folgte die Zeit der „Weimarer Sozialpadagogik“. Nach Nohl bezeichnet 1929 Sozialpadagogik „alles was Erziehung, aber nicht Schule und nicht Familie ist“. Sozial­padagogik stellt somit einen Ausschnitt von Erziehung dar.[21] Sozialpadagogik bedeutet nach Nohl alle Anstrengungen innerhalb eines bestimmten Bereiches, vor allem in der Jugendhil- fe.[22] Diese Auffassung wurde kritisiert. Stahl sah sie z. B. als verengten Sprachgebrauch an, der sich nur auf bestimmte Erziehungsaufgaben beschrankt, die von Staat und Gesellschaft getragen werden und verweist auf Natorp.[23]

Mollenhauer verstand Sozialpadagogik ebenfalls als auBerfamiliare und -schulische Erzie­hung und als den „Bereich der Erziehungswirklichkeit, der im Zusammenhang der industriel- len Entwicklung als ein System gesellschaftlicher Eingliederungshilfen notwendig geworden ist“.[24] Sozialpadagogik nach 1945 ist eine Theorie der Jugendhilfe. Die neue Definition von Sozialpadagogik trat Ende der 50er bzw. 60er Jahre mit Mollenhauer und Thiersch als „En- kel“ der Nohl/Weniger-Schule auf.

[...]


[1] vgl. Schermaier 2009, Internetquelle

[2] vgl. Niemeyer 1999, S. 244

[3] vgl. Niemeyer 1999, S. 257

[4] vgl. Winkler, S. 905

[5] vgl. Schermaier 2009, Internetquelle

[6] vgl. Winkler, S. 905

[7] vgl. Bohm 1994, S. 519

[8] vgl. Der Brockhaus in einem Band 1990, S. 645

[9] vgl. Schwendtke 1991, S. 226

[10] vgl. Stimmer 2000, S. 200

[11] vgl. Reinhold/Pollak/Heim 1999, S. 392

[12] vgl. Stimmer 2000, S. 202

[13] vgl. Schwendtke 1991, S. 227

[14] vgl. Mollenhauer 1998b, S. 431-432

[15] Winkler 2004, S. 905

[16] vgl. Winkler 2004, S. 905-906

[17] vgl. Mollenhauer 1998a, S. 2-3

[18] vgl. Bohm 1994, S. 645-646

[19] vgl. Niemeyer 1999, S. 248-250

[20] vgl. Bohm 1994, S. 646

[21] vgl. Niemeyer 1999, S. 249

[22] vgl. Niemeyer 1999, S. 13

[23] vgl. Niemeyer 1999, S. 249

[24] vgl. Bohm 1994, S. 646

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Details

Titel
Zum Begriff der Sozialpädagogik
Hochschule
Hochschule Neubrandenburg
Veranstaltung
Soziale Arbeit zwischen Sozialpädagogik und Sozialarbeitswissenschaft
Autor
Jahr
2010
Seiten
15
Katalognummer
V149975
ISBN (eBook)
9783640614660
ISBN (Buch)
9783640614523
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialpädagogik, Begriff Sozialpädagogik, Wortbedeutung Sozialpädagogik, Allgemeine Pädagogik, Soziale Arbeit, Sozialarbeitswissenschaft, Wortzusammensetzung, geschichtlicher Aspekt, heute, Mager, Natorp, Nohl, Bäumer, Mollenhauer, Thiersch
Arbeit zitieren
Ivonne Schröder (Autor:in), 2010, Zum Begriff der Sozialpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149975

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