Johann Peter Hebel "Unverhofftes Wiedersehen" - eine Analyse


Seminararbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Vorwort

2. Die historische Entwicklung des Kalenders

3. Unverhofftes Wiedersehen

4. Literaturverzeichnis

1.Vorwort

Die vorliegende wissenschaftliche Ausarbeitung beschäftigt sich mit den Kalendergeschichten Johann Peter Hebels, dessen Werke wohl den bekanntesten Vertretern jener Gattung angehören. Die kurzen, sprachlich recht einfach gehaltenen Prosaerzählungen, deren Inhalte auf Ereignisse des einfachen Volkes basieren, gelten heutzutage immer noch als aktuell und zeigen beispielsweise im deutschen Schulunterricht regelmäßige Präsenz. Zudem enthält das Genre, durch den geringen Umfang der einzelnen Geschichten, der relativ leichten Zugänglichkeit und dem Unterhaltungswert, die bevorzugten Eigenschaften der meisten Leser, welche der abstrakten und umfangreicheren Literatur eher aus dem Weg gehen. ( Knopf 1983, S.11) Die Betrachtung von Hebels Geschichte des „Unverhofften Wiedersehens“ soll hierbei im Vordergrund stehen.

Sie kann als eine Art Prototyp der Gattung „Kalendergeschichten“ betrachtet werden und stellt zudem den meistgelesenen und bekanntesten Text dar. ( Knopf 1983, S. 136) Der Text beruht auf einer realen Begebenheit, welche sich 1670 in Falun ereignete. Zu jener Zeit, wurde ein mit Eisenvitriol konservierter und somit jugendlich erhaltener Leichnam, von Bergarbeitern geborgen. Dieser wundersame Fund wurde in der Zeitschrift „Jason“ 1809 veröffentlicht.

Darin wurde zur literarischen Bearbeitung des Stoffes aufgefordert, wobei es somit anzunehmen ist, dass Hebel auf diesem Weg erstmals Kontakt mit der Handlung aufnahm. Die Vorlage enthielt bereits den Zusatz „Wiedersehen“, aus dem Hebel wohl das „Unverhoffte Wiedersehen“ konstruierte. (Steiger 1998, S. 170)

Besondere Aufmerksamkeit und Bewunderung erhält die Geschichte aufgrund ihres raffinierten Erzählstils, mit der Hebel die fünfzig Jahre zwischen Verschwinden und Wiederkehr des Bergmanns, überaus geschickt überbrückt. Innerhalb der folgenden Arbeit wird darauf noch genauer eingegangen. Zunächst steht allerdings ein kurzer Überblick bezüglich der historischen Entwicklung der Kalendergeschichten im Blickpunkt.

2. Die historische Entwicklung des Kalenders

Der im Vorwort verwendete Begriff der Gattung bezüglich der Kalendergeschichte ist mit großer Vorsicht zu genießen, da jene Frage nach einem definierten Genre bisher nicht vollständig beantwortet ist, beziehungsweise es sich als unmöglich darstellt. (Knopf 1983, S.17 ) Der Problematik soll innerhalb dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen werden, jedoch ist es wichtig auf die historische Entwicklung des Mediums einzugehen, um einen detaillierteren Einblick und einen einfacheren Zugang zum Begriff „Kalender“ zu erhalten.

Innerhalb des deutschsprachigen Raums, treten „Jahreskalender in Form von kleinen Heften“ ( Rohner 1978, S.15), erstmalig um 1500 auf und dienen als begleitende Lebenshilfe für den Zeitraum eines Jahres. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, veröffentlichen sie beispielsweise Daten zu Feiertagen, Fastenzeiten oder auch zu Namenstagen von Heiligen.

Dem als Kalendarium bezeichneter Abschnitt, folgt die Practica, ein zweiter Teil , der entweder angehängt oder eigenständig veröffentlicht wurde. Innerhalb der Practica werden sowohl Stellungen von Planeten und Sternen gedeutet, als auch Voraussagen in bezug auf zukünftige Ereignisse getätigt. Es wurde sich hierbei nicht auf astrologische Erkenntnisse berufen, sondern Bauernbeobachtungen und langjährige Erfahrungswerte lieferten die Grundlage.( Knopf 1983, S.45) Die Practica könnte als wissenschaftlicher Teil des Jahreskalenders bezeichnet werden, umfasst sie offensichtlich verschiedene Disziplinen wie beispielsweise Medizin, Astrologie oder Meteorologie.

Allerdings steht gerade jener Teil schon immer in der Kritik und muss sich den Vorwurf gefallen lassen unseriös und abergläubig zu sein. ( Knopf 1973, S.62) Ab Mitte des 16. Jahrhunderts treten innerhalb des Kalenders erstmals erzählerische Inhalte auf. ( Knopf 1983, S.47f.)

Als erster namhafter Vertreter der Kalendergeschichten wird Grimmelshausen bezeichnet, der während des 17. Jahrhunderts seine Kalender veröffentlicht. ( Driehorst, 1995, S.11) Grimmelshausen baut den Anteil an Erzählungen innerhalb des Gesamtwerkes aus und kreiert letztendlich den Charakter des Simplicissimus Teusch, dessen Leben und seine damit verbundenen Ereignisse in Textform verarbeitet werden. Im Laufe des 18. Jahrhunderts flüchten die realen Autoren, aus der Welt des Kalenders, in die Anonymität und überlassen nun das Feld fiktiven Figuren wie dem „Hinkenden Boten“, der sich stellvertretend an den Leser wendet, mitteilt und kommentiert. Die astrologischen Inhalte treten zur Zeit der Aufklärung immer mehr zurück, während die Erzählungen enorm an Bedeutung gewinnen, oftmals in separater Form, als eigenständiger Teil dargestellt werden.

Einerseits dienen die Handlungen innerhalb der Texte, die positiven Eigenschaften und Verhaltensweisen der Protagonisten bewusst als Vorbild für die Leserschaft, während andererseits negative Aspekte identifiziert und dementsprechend durch die fiktive Erzählperson auch als schlecht und falsch dargestellt werden. Das Gedankengut der Aufklärung wird recht direkt formuliert, mit dem Ziel der Verinnerlichung von Seiten des Lesers. (Scheffel 2002, S. 114ff.) Zur Vermittlung des Vorbildhaften eignete sich der Kalender mehr als gut, stellte er neben der Bibel und dem kirchlichen Liederbuch zumeist die einzig verfügbare Lektüre der einfachen Landbevölkerung dar. (Driehorst 1995, S.11) 1802 wird Hebel beauftragt Beiträge für den „Badischen Landkalender“ zu schreiben.

Es wird ihm die alleinige Verantwortung übertragen, den Kalender zu gestalten und gleichzeitig die Auflage wieder zu steigern. 1808 wird der nun umfangreichere Kalender erstmals unter dem Namen des „Rheinländischen Hausfreundes“ veröffentlicht. ( Theiß 1983, S.408) Hebels Texte unterliegen zwar ebenfalls dem Anspruch der Unterhaltung als auch der Belehrung, jedoch erfüllen sie letztere Vorgabe lange nicht so direkt wie es die Vorgänger während der Aufklärung versuchten, sondern auf eine diskretere, indirekte Weise, wobei der Leser die Wertungen zwischen den Zeilen vorzufinden hat.

( Scheffel 2002, S.118) Walz beschreibt Hebels eigenen Stil folgendermaßen: „Die Beschreibung oder gar das schriftstellerische Ausweiden von tiefen Emotionen ist seine Sache nicht. Vielmehr stellt er Sachverhalte und Lebensmuster gleichsam in ihrer Oberflächenstruktur dar. Dabei ist er klar und präzise, die Tiefenstruktur zu deuten aber überlässt er dem Leser. Gekonnt umschifft er so die Skylla der Versuchung einer sentimentalen oder voyeuristischen Trivialliteratur.“ (Walz 2000, S.115) Zusätzlich finden sich an einigen Stellen auch direkte Kommentare des Hausfreundes, die Geschichten enthalten jeweils eine für sie typische Moral. 1811 veröffentlicht Hebel parallel zum Kalender sein „ Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes“, welches 127 Geschichten beinhaltet, darunter vier neu entworfene Texte. (Driehorst 1995, S.16ff.) Mit der fiktiven Figur des Hausfreundes, der zweifelsohne Sichtweisen, Gedankengut und Eigenschaften der Person Hebel enthält, jedoch in keinster Weise mit ihm gleichzustellen ist, hat Hebel die vorhin erwähnte Tradition innerhalb der Kalendergeschichten fortgesetzt, in dem er ebenfalls einen nicht realen Charakter entwirft, der sich an den Leser richtet. ( Knopf 1983, S.123) Auch im 20. Jahrhundert erlangen Kalendergeschichten bewusst im Stil Hebels gehalten, noch Aufmerksamkeit.

So veröffentlicht Oskar Maria Graf 1929 einen Erzählband, welcher den Titel „Kalendergeschichten“ trägt. Brecht bedient sich selbigem Namen als er 1948 eine Sammlung an „Kalendergeschichten“ präsentiert. (Driehorst 1995, S. 11)

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Details

Titel
Johann Peter Hebel "Unverhofftes Wiedersehen" - eine Analyse
Hochschule
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V149564
ISBN (eBook)
9783640601738
ISBN (Buch)
9783640601394
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Johann Peter Hebel, Hebel, Unverhofftes Wiedersehen, Kalendergeschichten
Arbeit zitieren
Julian Hofmann (Autor:in), 2008, Johann Peter Hebel "Unverhofftes Wiedersehen" - eine Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149564

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