Öffentlich-rechtliches Lehrbuch für Referendare zur zweiten juristischen Staatsprüfung

Band 4 der Skriptenreihe zum Assessorexamen


Fachbuch, 2010

98 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Teil: Behördliches Verfahren
1. Abschnitt: Der Ausgangsbescheid
2. Abschnitt: Der Abhilfebescheid
3. Abschnitt: Die Rücknahme
4. Abschnitt: Aufsichtsbeschwerden
5. Abschnitt: Petitionsbescheid

2. Teil: Das Widerspruchsverfahren
1. Abschnitt: Das Gutachten
A. Auslegung des Begehrens
B. Zuständigkeit der Widerspruchsbehörde
C. Zulässigkeit des Widerspruch
D. Begründetheit
2. Abschnitt: Die Abfassung des Widerspruchsbescheids
3. Abschnitt: Die Verfügung
I. Begleitverfügung zu einem Widerspruchsbescheid
II. Schreiben an die Ausgangsbehörde

3. Teil: Gerichtliches Verfahren
1. Abschnitt: Das Gutachten
A. Zulässigkeit (Prozessstation)
B. Zwischenprüfung
C. Begründetheit
D. Beweisstation
E. Tenorierung
2. Abschnitt: Das Urteil
3. Abschnitt: Der Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO
4. Abschnitt: Der Beschluss
5. Abschnitt: Der PKH-Beschluss
6. Abschnitt: Der Beschluss bei § 80 V VwGO
7. Abschnitt: Der Beschluss nach § 80a VwGO
8. Abschnitt: Der Beschluss nach § 123 VwGO
9. Abschnitt: Annex zum einstweiligen Rechtsschutz

4. Teil: Die Rechtsmittel
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
C. Entscheidung

5. Teil: Die Anwaltsklausur
1. Abschnitt: Das Gutachten
2. Abschnitt: Die Klageerhebung
3. Abschnitt: Die Klageerwiderung
4. Abschnitt: Der Widerspruch
5. Abschnitt: Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
6. Abschnitt: Die Berufungszulassung
7. Abschnitt: Das Schreiben an den Mandanten

6. Teil: Sonstiges
1. Abschnitt: Die Klagerücknahme nach § 92 VwGO
2. Abschnitt: Der Prozessvergleich § 106 VwGO
3. Abschnitt: Die Erledigung
4. Abschnitt: Die Aufrechnungserklärung
5. Abschnitt: Das Beamtenrecht
6. Abschnitt: Kommunalrecht
7. Abschnitt: Rechtskraft
7. Abschnitt: Rechtsnachfolge
8. Abschnitt: Gerichtsaufbau
9. Abschnitt: Verfahren ohne mündliche Verhandlung

7. Teil: Der Aktenvortrag
I. Einführung
II. Sachbericht
III. Pauschalvorschlag
IV. Rechtliche Würdigung
V. Tenor

1. Teil: Behördliches Verfahren

1. Abschnitt: Der Ausgangsbescheid

Dem Ausgangsbescheid kommt in der Klausur nur eine untergeordnete Rolle zu. Allerdings sollte der Ausgangsbescheid zumindest in seinen Grundzügen verstanden sein. Der Bescheid beinhaltet zudem keine wesentlichen Schwierigkeiten und ähnelt im Aufbau dem Widerspruch bzw. dem Urteil.[1] Der Ausarbeitung des Bescheids hat ein Gutachten mit der Prüfung der rechtlichen Probleme voranzugehen, welches mit dem Gutachten, das im ersten Examen zu fertigen ist, identisch ist. Wichtig ist allerdings daran zu denken, dass die Behörde bereits mit dem Ausgangsbescheid zusätzliche Anordnungen treffen kann und sollte, wie z.B. die Androhung von Zwangsmaßnahmen oder der Anordnung der sofortigen Vollziehung.

Bezirksregierung …/Bürgermeister der Stadt …/Der Landrat des Kreises …

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aktenzeichen: …

Mit Postzustellungsurkunde/Einschreiben/Gegen Empfangsbekenntnis

(grds. genügt ein einfacher Brief, sofern nicht eine besondere Zustellungsart vorgeschrieben ist, wie z.B. bei der Androhung; ggf. ist es aber besser aufgrund der Beweissicherung mittels Postzustellungsurkunde zuzustellen)

Herrn

… (Name)

… (Adresse; verfügt der Bürger über einen Bevollmächtigten nach § 14 VwVfG, ist diesem nach Vorlage einer Vollmacht gem. § 7 VwZG zuzustellen)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ordnungsverfügung / Kostenoder Bewilligungsbescheid / …

Sehr geehrter Herr …,

Hiermit gebe ich Ihnen auf, binnen … nach Zugang dieses Bescheides …

Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, werde ich gegen Sie … (Zwangsmittel sollten schon mit dem Ausgangsbescheid angedroht werden, da der Bürger sonst einen Verstoß „frei“ hat)

Die sofortige Vollziehung dieses Bescheides nach § 80 II Nr. 4 VwGO wird angeordnet.

Ihren Antrag auf … weise ich zurück.

Ihrem Antrag auf … gebe ich statt.

Auf Ihren Antrag hin bewillige ich Ihnen …

Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von … erhoben. Der Betrag ist innerhalb von … unter Angabe des oben stehenden Aktenzeichens an die … zu zahlen.

(in seltenen Fällen, ggf. nach GebG, KostG, KAG)

Begründung:

Sie sind … Sie machten …

Mit Schreiben vom … beantragten Sie …

Zur Begründung trugen Sie vor, …

Meine Ermittlungen hierzu haben ergeben, dass …

Demgemäß habe ich …

(Reihenfolge der Sachverhaltsdarstellung:

zuerst unstreitiger Sachverhalt im Präsens bzw. im Imperfekt

Antrag des Bürgers im Imperfekt

Vorbringen des Bürgers mit Tatsachen (sofern streitiger Sachverhalt bestehen sollte; dies kommt im öffentlichen Recht jedoch eher selten vor) und Rechtsansichten im Imperfekt

Vorbringen der Behörde im Perfekt

bisheriger Verfahrensgang)

Gem. … bin ich verpflichtet, …. (bei einer gebundenen Entscheidung)

Gem. … kann …, wenn … (bei einer Ermessensentscheidung)

Diese Voraussetzungen liegen (nicht) vor, da …

Unter Abwägung aller maßgeblichen Umstände … (bei Ermessensentscheidungen sind alle Aspekte zu erwähnen)

Um die Durchführung der vorgenannten Maßnahmen sicherzustellen, ist es erforderlich, gem. … anzuordnen, dass … (bei Androhung von Zwangsmitteln)

Die sofortige Vollziehung der Maßnahme ist geboten, da … (das besondere öffentliche Interesse ist darzulegen)

Die Gebührenerhebung beruht auf … Die Feststellung des Betrages von … rechtfertigt sich mit Rücksicht darauf, dass …

(Rechtliche Begründung:

diese erfolgt im Urteilsstil

Zwangsmittel und die Anordnung der sofortigen Vollziehung sind bereits im Ausgangsbescheid anzuordnen, sofern diese im konkreten Fall Sinn machen und deren Voraussetzungen vorliegen, um bereits mit diesem Bescheid die Voraussetzungen für ggf. weitere Schritte zu setzen)[2]

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid können Sie nunmehr innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist bei …, … (Adresse der eigenen Behörde nennen) einzulegen. Falls die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet werden.

Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann gem. § 80 V VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt werden. Der Antrag ist beim VG in … zu stellen.

Die Vollziehung kann auf Antrag gem. § 80 IV VwGO auch von der Widerspruchsbehörde ausgesetzt werden.

(ggf. ist nach dem Bearbeitervermerk statt einer ausformulierten Rechtsbehelfsbelehrung nur die Angabe der jeweiligen einschlägigen Normen notwendig)

Hochachtungsvoll

Unterschrift

2. Abschnitt: Der Abhilfebescheid

für den Abhilfebescheid ergeben sich einige Unterschiede zum (später dargestellten) Widerspruchsbescheid

ist die Ausgangsbehörde auch zugleich die Widerspruchsbehörde ergeht nie ein Abhilfebescheid;[3] Abhilfe kann immer nur durch die Ausgangsbehörde erfolgen, die nicht auch Widerspruchsbehörde ist; die Widerspruchsbehörde kann nur mittels eines Widerspruchsbescheides entscheiden und daher auch nur auf diese Weise abhelfen

die Ausgangsbehörde kann auch zum Teil abhelfen; aber trotzdem wird das gesamte Verfahren bei der Widerspruchsbehörde anhängig;[4] diese könnte daher sogar Teilabhilfe aufheben und den Ausgangs-VA wieder herstellen; daher sollte die Ausgangsbehörde am Besten gleich den ganzen Widerspruch weiterleiten und nicht zum Teil abhelfen, da dem Bürger durch eine spätere Aufhebung auch nicht geholfen ist

eine Kostenerstattung gem. § 80 VwVfG für den Bürger erfolgt, sofern eine Sachentscheidung ergeht (vgl. Widerspruchsbescheid)

es erfolgt aber keine Begründung der Entscheidung, da der Bürger zu seinem Recht kommt und die Entscheidung ihn nur begünstigt und daher auch keine rechtliche Überprüfung mangels Klagebefugnis erfolgen kann; anders ist dies, wenn ein Dritter erstmals belastet wird oder es ein nachteilige Kostenentscheidung gibt (z.B. wurden Kosten selbst verschuldet oder die Beauftragung eines Rechtsanwaltes war nicht notwendig)

auch nur in diesem Fällen ist eine Rechtsbehelfsbelehrung notwendig; ansonsten ist diese nur für den Widerspruch vorgeschrieben (vgl. § 73 III VwGO)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abhilfebescheid

Sehr geehrter Herr …

Auf Ihren Widerspruch vom … hebe ich meine … vom … auf.

Die Ihnen im Widerspruchsverfahren entstanden notwendigen Aufwendungen werde ich erstatten.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

3. Abschnitt: Die Rücknahme

eine Rücknahme kann nach spezieller Norm oder subsidiär nach § 48 VwVfG erfolgen, falls ein VA rechtswidrig ist, aber keine subjektiven Rechte verletzt werden; ein Widerspruchsbescheid ergeht aber trotzdem, sofern ein Widerspruch eingelegt worden ist[5]

grds. kann nur die Ausgangsbehörde einen Rücknahmebescheid erlassen; die Widerspruchsbehörde darf nur zurücknehmen, falls sie selbst Ausgangsbehörde ist oder sofern ein Selbsteintrittsrecht besteht (z.B. bei der Kommunalaufsicht nach § 123 II GO NW oder im Ordnungsrecht nach § 10 OBG NW); ansonsten darf die Widerspruchsbehörde nur eine Anweisung geben, da sie nicht selbst zuständig ist ein Anweisungsbescheid ist mangels Außenwirkung grds. kein VA (sofern es sich nicht um Angelegenheiten der Selbstverwaltung oder um Pflichtaufgaben nach Weisung handelt) und kann daher auch von der Ausgangsbehörde nicht angefochten werden

ein rechtswidriger Abhilfebescheid kann nicht in eine Rücknahme nach § 48 VwVfG umgedeutet werden, da ein ganz anderes Ermessen zu berücksichtigen und auszuüben ist

eine Rücknahme darf allerdings nicht erfolgen, wenn der Bürger einen zulässigen und begründeten Widerspruch eingelegt hat, da sonst sich der Widerspruch durch die Rücknahme erledigt und die Kostentragung der Behörde unterlaufen wird; eine Rücknahme darf nur dann erfolgen, wenn dies nicht aus widerspruchsbezogenen Gründen erfolgt, d.h. wenn die Rücknahme auf Umstände gestützt wird, die nicht auch gleichzeitig zu einer Aufhebung des Bescheids im Widerspruchsverfahrens führen würden[6]

eine Aufhebung des VA durch die Ausgangsbehörde ist auch nach Erlass des Widerspruchsbescheides noch möglich; allerdings nicht, falls die Widerspruchsbehörde den Ausgangsbescheid geändert hat, da der Bescheid dann nicht mehr zur Disposition der Ausgangsbehörde steht

die Widerspruchsbehörde kann den Widerspruchsbescheid nach Erlass des Widerspruchsbescheides dagegen nicht mehr aufheben, da die Zuständigkeit an die Ausgangsbehörde zurückfällt und nur diese noch nach §§ 48, 49 VwVfG entscheiden kann

4. Abschnitt: Aufsichtsbeschwerden

(die Einleitung des Schreibens gleicht dem Ausgangsbescheid)[7]

Sehr geehrter Herr …,

Auf Ihre Eingabe vom … habe ich den Sachverhalt geprüft, jedoch keinen Grund für eine Beanstandung gefunden. Nach meinen Ermittlungen hat sich Folgendes herausgestellt:

Sie haben behauptet, dass … Dieser Vorwurf ist nicht berechtigt. Nach den Aussagen des … Bei dieser Sachlage gibt es für ein dienstliches Einschreiten gegen die Behörde …/den Beamten … keinen Grund.

(Hinweise:

Sachverhaltsdarstellung und rechtliche Würdigung werden nicht scharf getrennt

bei einer Abhilfe kann auf die Sachverhaltsdarstellung verzichtet werden und es genügt die Angabe, dass die Mängel behoben werden und das Erforderliche veranlasst wird

es kommt mehr darauf an, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, insb. bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde erfolgen ggf. Disziplinarmaßnahmen gegen den Betroffenen; diese Folgemaßnahmen sind dann in der Klausur als verwaltungsbehördlicher Erstbescheid gegen den Betroffenen zu verfassen

er erfolgt keine Rechtsbehelfsbelehrung)

5. Abschnitt: Petitionsbescheid

eine Petition ist an die Volksvertretung gerichtet, also den Bundestag oder den jeweiligen Landtag

bei der Petition bedarf es keiner Beschwer, jeder Bürger kann eine Petition einreichen

nach Art. 17 GG besteht allerdings nur ein Anspruch auf Entgegennahme durch die Stelle, eine sachliche Prüfung und auf Erlass eines Bescheids

eine Begründung muss der Petitionsbescheid dagegen nicht enthalten; es wird nur angegeben, wie die Petition erledigt werden soll

gegen den Petitionsbescheid (dieser ist mangels Regelung kein VA) ist dann der Verwaltungsrechtsweg eröffnet nach § 40 I VwGO mittels Leistungsklage; allerdings sind diese Klagen grds. unbegründet, da kein Anspruch auf sachliche Auseinandersetzung mit dem Verlangen besteht

2. Teil: Das Widerspruchsverfahren

In einigen Bundesländern kommt der Widerspruchsklausur neben der Urteilsklausur eine bedeutende Rolle zu. In Nordrhein-Westfalen wurde der Widerspruch nun Übergangsweise ebenfalls im Wesentlichen abgeschafft. Allerdings gibt es auch hier einige Konstellationen, in denen ein Widerspruchsverfahren durchlaufen werden muss. Das Gutachten stellt keine vollständige Darstellung aller Probleme dar, die bereits Teil des ersten Staatsexamens sind. Bei der Darstellung wird vielmehr auf die Probleme hingewiesen, die sich insbesondere in der Widerspruchsklausur stellen können. Ansonsten werden nur die wichtigsten Aspekte aufgezeigt.

1. Abschnitt: Das Gutachten

ein Gutachten ist der Ausformulierung des Widerspruchsbescheides voranzustellen, soweit dies nach der Aufgabenstellung gefordert ist

es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz[8] gem. § 24 VwVfG, § 86 VwGO

A. Auslegung des Begehrens

der Widerspruch ist ein förmlicher Rechtsbehelf; alle anderen Rechtsbehelfe, wie z.B. die Dienstoder Fachaufsichtsbeschwerde, sind formlos, fristlos und kostenlos aber meist auch erfolglos (§ 80 VwVfG gilt nur für den Widerspruch)

die Abgrenzung zum Widerspruch erfolgt analog § 69 VwGO i.V.m. §§ 133, 157 BGB; insb. bei § 54 I BeamtStG ist die Auslegung des Willens kein Problem

im Zweifel will der Bürger den Rechtsbehelf wählen, der ihn am Besten schützt und mit dem er in der Sache Erfolg haben wird,[9] also grds. den Widerspruch

Fachaufsichtsbeschwerde ist gerichtet gegen den sachlichen Inhalt einer Maßnahme, insb. sofern Widerspruch nicht mögl. ist, da kein VA vorliegt, die Widerspruchsbefugnis fehlt oder ein Widerspruch unstatthaft oder verfristet ist

die Dienstaufsichtsbeschwerde richtet sich gegen das persönliche Verhalten des Beamten und ist gerichtet an den Dienstvorgesetzten

die Gegenvorstellung stellt sich dar als Anregung zur Aufhebung/Änderung einer Maßnahme, insb. falls Bürger eine Maßnahme selbst für rechtmäßig hält oder ein VA bestandskräftig ist, und die Eingabe des Bürgers daher als bloße Anregung zu verstehen ist

ein gemischter Rechtsbehelf ist auch möglich, z.B. gleichzeitige Dienstund Fachaufsichtsbeschwerde oder daneben ein Widerspruch

grds. ergeben sich hier keine Probleme; daher muss nur kurz festgestellt werden, dass der Widerspruch den Bürger am besten schützt, insb. wenn der Bürger seine Eingabe selbst als Widerspruch bezeichnet, da dies auch auf den Widerspruch hinweist, auch wenn eine falsche Bezeichnung nicht schadet (falsa demonstratio)

B. Zuständigkeit der Widerspruchsbehörde

die Widerspruchsbehörde ist zuständig, sofern das Abhilfeverfahren bereits durchgeführt wurde; ohne Verfahren ist der Widerspruchsbescheid rechtswidrig;[10] das Verfahren vor der Ausgangsbehörde ist aber nicht nötig, falls Ausgangsund Widerspruchsbehörde zusammenfallen, in diesen Fällen ergeht immer ein Widerspruchsbescheid selbst wenn dem Widerspruch abgeholfen wird

ein Spezialgesetz geht immer vor: so z.B. § 54 III BeamtStG oder § 99 I, II SGB XII

sonst gilt die Zuständigkeitsregelung des § 73 I 2 Nr. 1-3 VwGO:

nach Nr. 2 und 3 ist die Ausgangsbehörde zuständig, sofern die nächsthöhere Behörde eine oberster Behörde ist oder es sich um Angelegenheiten der Selbstverwaltung handelt; ansonsten ist nach Nr. 1 die nächsthöhere Behörde zuständig

die Ausgangsbehörde entscheidet gem. § 73 I 3 VwGO, sofern dies durch das Gesetz zugelassen ist

ggf. hat bei erstmaliger Beschwer durch den Widerspruchsbescheid muss vor der Entscheidung eine Anhörung erfolgen

C. Zulässigkeit des Widerspruch

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges analog § 40 I 1 VwGO

grds. bereits gegeben, da ein VA vorliegen wird, gegen den sich der Widerspruchsführer wendet

ggf. gelten Sonderzuweisungen z.B. gem. § 54 I BeamtStG

II. Statthaftigkeit des Widerspruch nach § 68 I bzw. II VwGO

sofern sich eine Anfechtungsoder Verpflichtungsklage anschließen kann, d.h. sofern ein VA beanstandet wird

es dürfen keine Gründe nach § 68 I 2 VwGO vorliegen, die zur Unstatthaftigkeit führen; dies gilt allerdings nicht bei Beamten, hier ist auch in den Fällen des § 68 I 2 VwGO ein Widerspruchsverfahren durchzuführen

darüber hinaus kann eine spezielle Norm, für Beamte folgt dies wieder aus § 54 II BeamtStG, vorschreiben, dass selbst in Fällen einer Feststellungsoder Leistungsklage erst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist; dies gilt dann selbst für den ansonsten nicht zulässigen Fortsetzungsfestellungswiderspruch, als Vorverfahren zur Fortsetzungsfeststellungsklage

ein Widerspruch ist auch statthaft gegen einen feststellenden VA oder einen Zweitbescheid (dieser enthält einen neuen Inhalt oder eine neue Regelung)

dieser ist auch statthaft gegen einen VA der eine Erlaubnis (nicht) gewährt, mit der Begründung, dass die beabsichtigte Tätigkeit erlaubnisfrei sei; obwohl für die Feststellung der Erlaubnisfreiheit eine Feststellungsklage nötig wäre, da der Widerspruch gegen den ganzen VA gerichtet ist und die Behörde bei einem stattgebenden Urteil an die Auffassung des Gerichts auch bzgl. der Erlaubnisfreiheit wegen der Rechtskraft nach § 121 VwGO gebunden ist

dagegen ist ein Widerspruch nicht statthaft gegen die bloße Wiederholung eines VA (dieser enthält meist nur einen Verweis auf den ersten Bescheid), eine öffentlich-rechtliche Aufrechnungserklärung oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (da dies zivilrechtlich und nicht hoheitlich ist), sowie gegen nicht eigenständige Regelungen nach § 44a VwGO oder vorbeugend gegen einen noch nicht erlassenen VA

III. Widerspruchsbefugnis analog § 42 I VwGO

im Widerspruchsverfahren wird sowohl die Rechtsverletzung als auch die Beeinträchtigung seiner Interessen durch Zweckwidrigkeit geprüft[11]

dies erfolgt auch hier nach der Adressatenformel bei einem Anfechtungswiderspruch, der Möglichkeitstheorie bei einem Verpflichtungswiderspruch bzw. nach der Schutznormtheorie bei Drittbetroffenheit

die Befugnis liegt auch vor, auch falls ein begünstigenden VA eine Erlaubnis erhält, wenn der Widerspruchsführer der Meinung ist, dass das Verhalten erlaubnisfrei ist (s.o.) oder durch eine gewährte Sondernutzungsgenehmigung zusätzliche Kosten entstehen

IV. Form § 70 I 1 VwGO

grds. ist der Widerspruch zu unterschreiben, außer es ist eindeutig erkennbar, dass ein Entäußerungswille vorliegt und wer der Urheber ist, dies gilt insb. wenn ein vertiefte Kenntnis des Sachverhalts zu erkennen, aus der auf die Urheberschaft des Widerspruchsführers zu schließen ist, z.B. bei Tatsachen die nur der Adressat des Ausgangsbescheids kennen kann

bei einem Fax muss zumindest Original unterschrieben sein

bei einem Computerfax ist der Widerspruch sogar ohne eine Unterschrift gültig; wegen §§ 79 VwGO i.V.m. § 3a II VwVfG genügt eine elektronische Signatur, sofern die Behörde nach § 3a I VwVfG eine Möglichkeit anbietet, auf diesem Wege elektronische Dokumente einzurechen

bei einer E-Mail ist ebenfalls eine elektronische Signatur erforderlich

V. Frist § 70 I 1 VwGO

Ablauf der Fristprüfung: wurde eine Frist in Gang gesetzt, wann ist der Fristbeginn, wann ist die abgelaufen, kommt ggf. eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand in Betracht

1. Frist in Gang gesetzt:

es gilt keine Frist für einen beamtenrechtlichen Widerspruch, wenn dieser nicht gegen VA gerichtet ist, da die Frist nach dem Wortlaut des § 70 VwGO nur bei einem VA gilt; daher greift ggf. nur Verwirkung ein; für eine Klage gilt dann allerdings wiederum die Klagefrist, da diese immer ab Zustellung des Widerspruchsbescheid läuft gem. § 74 VwGO

ohne eine Bekanntgabe bzw. Zustellung läuft überhaupt keine Frist; dann gilt nicht mal nach die Jahresfrist nach § 58 II VwGO, sondern wieder nur die Verwirkung

a) Bekanntgabe nach § 43 VwVfG:[12]

formlos und grds. mit der Fiktion des Zugangs nach § 41 II VwVfG ab Abgabe zur Post; für die Fiktion ist es aber unerheblich, ob der Fristbeginn auf einen Sonnoder Feiertag fällt, da dies nur für das Fristende gilt; ist der Bescheid tatsächlich erst später zugegangen gilt dies gem. § 41 II 3 VwVfG nicht und es gilt der tatsächliche Zugang

bei einer formlosen Bekanntgabe kann der Bescheid zulässigerweise auch an den Bürger gesendet werden, auch wenn Bevollmächtigter seine Vollmacht schriftlich vorgelegt hat

ist formloser Bekanntgabe möglich und wird trotzdem förmlich zugestellt muss Behörde dann auch die gesetzlichen Vorschriften des VwZG einhalten

b) Zustellung:[13]

dies ist im Gegensatz zur bloßen Bekanntgabe die gewollte, in gesetzlicher Form vorgenommene, beurkundetet Übergabe des Originalschriftstücks (bei Übergabe einer Kopie erfolgt daher gar keine Zustellung); bei Fehlern läuft daher keine Frist, dies hat jedoch keine Auswirkung auf die rechtliche Wirksamkeit der Anordnung da eine Bekanntgabe trotzdem vorliegt und der Bürger die Anordnung trotzdem befolgen muss, außer der Fehler wiegt so schwer, dass auch die Bekanntgabe nicht wirksam ist, wie z.B. bei einer Bekanntgabe gegenüber einem Minderjährigen

enthält der AusgangsVA bereits eine Androhung von Zwangsmitteln, so ist bereits für diesen eine förmliche Zustellung nötig nach § 63 VI VwZG

auch der Widerspruchsbescheid wird immer nach § 73 III 2 i.V.m. VwZG förmlich zugestellt

§ 41 VwVfG gilt nicht bei förmlicher Zustellung, und daher auch nicht die Fiktion nach § 41 II VwVfG sondern nur die nach dem VwZG

die Zustellung kann per Zustellungsurkunde erfolgen an Person oder Ersatzzustellungsempfänger oder sonst durch Einlegen in den Briefkasten nach § 2 II VwZG gelten die §§ 177 ff. ZPO; die Zustellungsurkunde ist eine Urkunde i.S.d. § 418 ZPO, daher gibt die Urkunde den vollen Beweis über die Zustellung (für das Einschreiben gilt dies hingegen nicht); die Beweislast obliegt auch hier weiterhin der Behörde, diese hat hier aber bessere Chancen des Nachweises, da § 418 ZPO gilt und der Bürger dann den Beweis des Gegenteils führen muss

die Zustellung kann auch per Einschreiben nach § 4 VwZG erfolgen; hierbei darf es sich aber nur um das Übergabe-Einschrieben oder das Einschreiben mit Rückschein handeln, ein einfaches Einwurf-Einschreiben genügt dagegen; § 4 VwZG verweist anders als § 3 VwZG auch nicht auf die Ersatzzustellung nach den §§ 178 ff. ZPO

bei dem Empfangsbekenntnis nach § 5 VwZG erfolgt die Zustellung sobald die Person, meist ein Rechtsanwalt, unterschreibt und nicht schon vorher bei Eingang des Empfangsbekenntnisses beim Anwalt; das Empfangsbekenntnis kann auch als einfacher Brief, Fax oder als E-Mail zugesendet werden

wenn ein Bevollmächtigte seine Vollmacht schriftlich vorgelegt hat, muss an diesen zugestellt werden gem. § 7 I 2 VwZG, und zwar solange bis zu einer Anzeige des Erlöschens der Vollmacht gem. § 173 VwGO i.V.m. § 87 ZPO

bei der Zustellung an mehrere Adressaten muss auch mehrfach zugestellt werden und nicht nur an einen, selbst wenn es sich um Eheleute handelt, da jeder Alleinbesitz an dem Schreiben erlangen muss; bei einem Fehler ist an keine ordnungsgemäß zugestellt worden und für keinen der Beteiligten laufen daher Fristen; dies gilt gem. § 7 I 3 VwZG nur dann nicht, wenn alle über einen gemeinsamen Bevollmächtigten verfügen; ggf. kann auch eine Heilung des Fehlers gem. § 8 VwZG vorliegen, falls die betreffende Person anderweitig Kenntnis erhält

Heilung: Fehler bei reinen Ordnungsvorschriften (z.B. bzgl. der Zahl der nötigen Abschriften, etc.) sind ohnehin unbeachtlich, eine Heilung ist nur bei zwingenden Vorschriften nötig, da die Zustellung nur bei diesen aufgrund des Fehlers grds. unwirksam ist, daher ist immer erst festzustellen, ob gegen zwingende Vorschrift verstoßen wurde

geheilt werden kann nach § 8 VwZG zudem nur ein Zustellungsfehler aber nicht das komplette Fehlen einer Zustellung

bei der Heilung wird diese meist zeitgleich mit der fehlerhaften Zustellung eintreten, da der Bürger mit der Zustellung auch die Möglichkeit erhält von dem Bescheid Kenntnis zu nehmen[14]

c) Fristdauer:

entweder ein Monat oder ein Jahr nach § 58 II VwGO

die Monatsfrist gilt, sofern die Belehrung korrekt ist, d.h. alle nötigen Angaben nach § 58 I erwähnt werden

die Jahresfrist gilt dagegen nach § 58 II VwGO, falls eine unrichtige Belehrung vorliegt oder unrichtige Zusätze eingefügt werden und dies abstrakt geeignet die Klageerhebung zu erschweren

Beispiele: zumindest ist immer die Ausgangsbehörde als Widerspruchsempfängerin nennen, nur die Widerspruchsbehörde allein ist dagegen falsch, da ein falscher Eindruck entsteht; Angaben über die Form des Widerspruchs sind nicht nötig, sofern aber darüber belehrt wird, müssen die Angaben allerdings korrekt sein; die Behauptung, der Widerspruch sei zu begründen (anders bei einer reinen Empfehlung) ist ein Fehler; auch eine zu lange Widerspruchsfrist stellt eine Fehler dar (dann läuft zumindest die längere Frist; nach einer anderen Ansicht soll dann die Jahresfrist gelten; zumindest kann die Behörde den Fehler korrigieren[15] und dann läuft wieder die Monatsfrist); die Angabe über die Anschrift der Behörde ist nicht nötig; etc.

Fristberechnung:

für die Berechnung ist strittig, ob dies nach § 57 II VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB oder nach 79 VwVfG i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB zu erfolgen hat; dies ist im Endergebnis aber unerheblich, da nach beiden Ansichten eine Berechnung nach dem BGB erfolgt[16]

das Fristende ist nach § 188 BGB ist immer der gleiche Tag des Folgemonats des Ereignisses, also der Tag der Zustellung, nicht der Tag des Fristbeginns: Eingang am 5.1 (Fristbeginn ist dann der 6.1) und Ablauf dann am 5.2[17]

der Zugang des Widerspruchs Eingang: bis um 24 h, und zwar vollständig (insb. Fax)

Beweislast:

es geht um den Zustellungsvermerk nach § 4 II 4 VwZG

fehlt ein Zustellungsvermerk in der Akte, genügt ein einfaches Bestreiten des Bürgers, er habe den VA nicht erhalten (für den Vermerk reicht bereits das Wort „ab als Angabe in der Akte vor dem Datum der Zustellung); ist Vermerk dagegen enthalten, muss der Bürger die Verspätung der Zustellung er qualifiziert bestreiten, z.B. durch die Angabe der Postbote ist oft langsam oder in der Gegend kommt es oft zu Zustellungsproblemen, etc., da der Vermerk einen prima-facie-Beweis darstellt; wendet der Bürger allerdings ein, er habe VA gar nicht erhalten, genügt auch bei einem Zustellungsvermerk wieder das einfache Bestreiten, da dem Bürger mehr nicht möglich ist

d) Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand:

über § 70 II VwGO i.V.m. § 60 VwGO gilt dies auch für die Widerspruchsbehörde

Vorliegen eines Verschuldens: bei einem Urlaub oder sonstiger Abwesenheit nur, falls diese länger als 6 Wochen dauert oder mit einem Bescheid gerechnet werden musste; die falsche Adressierung des Widerspruch genügt dann nicht, sofern trotzdem die Post trotzdem noch hätte rechtzeitig zustellen können; eine Zurechnung des Verschuldens Dritter kann nur erfolgen, falls diese schlecht ausgewählt wurden oder bei einer Bevollmächtigten nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 ZPO, eine Zurechnung kann nicht mehr nach dem Erlöschen der Bevollmächtigung erfolgen, auf eine Anzeige gegenüber der Behörde kommt es dabei nicht an auch liegt kein Verschulden nach § 45 III VwVfG vor, bei einer fehlenden Begründung nach § 39 VwVfG oder Anhörung § 28 VwVfG

der Antrag auf Wiedereinsetzung kann auch konkludent durch die Einlegung des Widerspruch erfolgen

e) Verwirkung:

Fristen laufen bei der Verwirkung nicht, aber es kann auch analog § 242 BGB dazu kommen das das Recht zum Widerspruch verwirkt ist, sofern der Bürger Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können und trotzdem untätig geblieben ist

insb. im Baurecht ist nach einem Jahr ab Kenntnis, dass das Vorhaben potentiell Belastungen mit sich bringt, d.h. meist ab Bauarbeiten, von einer Verwirkung auszugehen[18]

f) Verfristung:

der Widerspruchsbehörde steht ein Ermessen zu und kann trotzdem über einen verfristeten Widerspruch entscheiden, da sie die Herrin des Verfahrens ist, dadurch ist der Fehler dann geheilt; dies gilt nicht bei einem drittbegünstigenden VA, da der Dritte durch die eingetretene Bestandskraft bereits eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat, die ihm nicht wieder genommen werden darf; eine Rückausnahme gilt jedoch wiederum, wenn der Dritte selbst einen Widerspruch erhoben hat, da er dann ohnehin mit einer Verschlechterung aufgrund einer möglichen reformatio in peius rechnen muss

grds. sollte die Widerspruchsbehörde trotzdem entscheiden, sofern die materielle Gerechtigkeit der Rechtssicherheit vorgeht

VI. Rechtsschutzbedürfnis[19]

dies fehlt bei einer Erledigung, einer Rücknahme (anders als bei einem Verzicht ist jedoch ein neuer Widerspruch zulässig) oder einem Verzicht (dieser ist nur wirksam, wenn er nach Erlass des VA erklärt wird, da sich der Bürger nicht in Unkenntnis des VA seiner Rechte entledigen kann)

VII. ggf. Handlungsund Beteiligtenfähigkeit §§ 79, 11, 12 VwVfG

hier bestehen meist keine weiteren Probleme

D. Begründetheit

Obersatz: der Widerspruch ist begründet, soweit der VA rechtswidrig oder unzweckmäßig (anders als bei der Klage gehört dies auch in den Obersatz) ist und der Widerspruchsführer in seinen Rechten verletzt ist gem. § 68 I 1 VwGO i.V.m. § 113 I, IV VwGO analog.[20]

I. Ermächtigungsgrundlage

eine Ermächtigungsgrundlage ist bei allen belastenden VA und bei wesentlichen Maßnahmen (vgl. die Wesentlichkeitstheorie) notwendiges gilt der Vorbehalt des Gesetzes, und zwar nur in Bezug auf ein wirksames, verfassungsgemäßes Gesetz; ggf. stellt sich das Problem, ob die Behörde rechtswidrige Gesetze verwerfen darf oder diese immer ausführen muss; ein eigenständiges Absehen von der Anwendung eines Gesetzes steht der Exekutive aber nur in wenigen Ausnahmefällen zu, grds. ist Verfahren aussetzen und ggf. über das Parlament eine Normenkontrolle durchführen zu lassen

II. Formelle Rechtmäßigkeit

1. Zuständigkeit

sachlich Zuständigkeit als Verbandskompetenz, d.h. welcher Verwaltungsträger ist zuständig, und Organkompetenz, d.h. welches Organ oder Behörde des Verwaltungsträgers ist zuständig die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den jeweiligen Normen des besonderen Verwaltungsrechts oder ansonsten allgemein nach § 3 VwVfG

2. Verfahren nach §§ 20 ff. VwVfG

Antragserfordernis sofern ein Antrag des Bürgers nötig ist

Anhörung: nach der Rechtsprechung[21] ist dies nur bei einem belastenden VA nötig, nicht bei der Ablehnung einer Begünstigung

Befangenheit, sofern es in Betracht kommt

3. Form

entweder nach einer speziellen Norm oder sonst nach § 37 II VwVfG ggf. auch mündlich und ggf. nach § 39 VwVfG zu begründen

4. Heilung[22]

ggf. tritt Nichtigkeit nach § 44 VwVfG ein, ein solcher Fehler kann ggf. nach § 45 VwVfG geheilt werden: bei der Begründung ist dies fast immer der Fall; bei einer Anhörung, sofern der Bürger die Möglichkeit zur Stellungnahme hatte und die Behörde dies bei der Entscheidung beachtet hat

eine Heilung kann auch durch eine Nachholung durch die Widerspruchsbehörde eintreten; nach einer anderen Ansicht gilt dies nicht bei Ermessensnorm, da das Ermessen der Ausgangsbehörde dem Bürger genommen wird, wenn nur die Widerspruchsbehörde ihr Ermessen anwendet

sofern eine Heilung eintritt, muss beachtet werden, dass der Widerspruchsführer keine Kosten des Widerspruchsverfahrens trägt gem. § 80 I 2 VwVfG

III. Materielle Rechtmäßigkeit

Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen inkl. der Störerauswahl, des Ermessens, der Verhältnismäßigkeit sowie der Bestimmtheit des VA, z.B. bei Angaben von Grenzwerten der TA-Lärm, die einzuhalten sind

entscheidender Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des VA ist der Erlass des Widerspruchsbescheides; der Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides ist nur bei einem Drittwiderspruch im Baurecht (nicht dagegen im Immissionsschutzrecht) entscheidend, da der Bauherr sonst durch den Drittwiderspruch eine bereits erlangte Rechtsposition verlieren könnte, wenn sich die Rechtslage seit der Entscheidung zuungunsten des Bauherrn entwickelt hat und er nun keine Genehmigung mehr bekommen kann; sofern sich die Rechtslage allerdings zugunsten des Bauherrn entwickelt hat, wird die Änderung berücksichtigt

IV. Rechtsverletzung des Widerspruchsführers

bei Verletzung subjektiven Rechte

aber ggf. ist die Rechtswidrigkeit unbeachtlich nach § 46 VwVfG; Unbeachtlichkeit betrifft jedoch nicht die sachliche Zuständigkeit (vgl. Wortlaut § 46 VwVfG)

V. Zweckmäßigkeit

die Widerspruchsbehörde muss auch dies überprüfen, sofern sie nicht auf eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt ist, so aber z.B. bei Angelegenheiten der Selbstverwaltung[23]

ein rechtmäßiger VA kann von der Widerspruchsbehörde auch allein aufgrund der Zweckwidrigkeit zurückgenommen werden; daher ist im Gutachten auch dann weiterzuprüfen, wenn feststeht, dass der beanstandete VA rechtmäßig ist

das Nachschieben von Gründen ist für Widerspruchsbehörde, anders als im gerichtlichen Verfahren, uneingeschränkt zulässig

VI. Verwaltungsvollstreckung

im Zweifel erstreckt sich der Widerspruch auch Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, daher ist im Widerspruchsverfahren auch grds. eine Androhung von Maßnahmen durch die Ausgangsbehörde zu überprüfen

eine Androhung ist nach § 63 I 3 VwVG nur rechtmäßig, wenn die Frist zum Vollzug der gebotenen Handlung so lange angesetzt ist, dass der Betroffene vor Ende der Frist noch Widerspruch einlegen kann, d.h. die Frist muss über die Widerspruchsfrist hinaus gehen, da der Betroffene keinen VA vollziehen muss, der ggf. rechtswidrig ist und noch überprüft werden kann

VII. Nebenentscheidung

es ist immer an weitere Nebenentscheidungen zu denken, d.h. bei der Anordnung der sofortige Vollziehung muss diese ebenfalls überprüft werden

[...]


[1] Siehe zum Gutachten auch die Prüfung beim Widerspruch S. 16 ff.

[2] Zu den Nebenentscheidungen im Ausgangsbescheid siehe auch Diebold in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 2 Rn. 12 ff.

[3] Vgl. Rosenauer in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 3 Rn. 7.

[4] Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 26 Rn. 8; Ramsauer, Die Assessorprüfung im öffentlichen Recht, 7. Aufl., Rn. 12.43.

[5] Zur Rücknahme im Allgemeinen Diebold in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 2 Rn. 22 ff.

[6] Vgl. auch Rosenauer in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 3 Rn. 7.

[7] Zur Fachund Dienstaufsicht im Allgemeinen siehe auch Leuze-Mohr in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 1 Rn. 26.

[8] Zum Amtsermittlungsgrundsatz eingehend Jacob in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 4 Rn. 1 ff.

[9] Rosenauer in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 3 Rn. 5.

[10] Vgl. Ramsauer, Die Assessorprüfung im öffentlichen Recht, 7. Aufl., Rn. 12.19.

[11] Rosenauer in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 3 Rn. 9.

[12] Zur Bekanntgabe vgl. Diebold in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 2 Rn. 20.

[13] Zu den Zustellungsformen eingehend Ramsauer, Die Assessorprüfung im öffentlichen Recht, 7. Aufl., Rn. 9.0 ff.

[14] Siehe auch Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 33 Rn. 9.

[15] Kopp/Schenke, VwGO, 16.Aufl., § 58 Rn. 8.

[16] Vgl. zu diesem Streit auch Jäde, Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren, Verwaltungsprozess, 5. Aufl., Rn. 136.

[17] Siehe dazu auch Jäde, Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren, Verwaltungsprozess, 5. Aufl., Rn. 136.

[18] Vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 33 Rn. 11 ff.

[19] Siehe dazu auch Ramsauer, Die Assessorprüfung im öffentlichen Recht, 7. Aufl., Rn. 12.30.

[20] Vgl. zum Obersatz Rosenauer in Leuze-Mohr, Öffentliches Recht für Referendare, Kap. 3 Rn. 15.

[21] BverwGE 66, 184, 186.

[22] Zur Heilung siehe auch eingehend Jäde, Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren, Verwaltungsprozess, 5. Aufl., Rn. 1 ff.

[23] Vgl. Ramsauer, Die Assessorprüfung im öffentlichen Recht, 7. Aufl., Rn. 12.41.

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Öffentlich-rechtliches Lehrbuch für Referendare zur zweiten juristischen Staatsprüfung
Untertitel
Band 4 der Skriptenreihe zum Assessorexamen
Autor
Jahr
2010
Seiten
98
Katalognummer
V149307
ISBN (eBook)
9783640598441
ISBN (Buch)
9783640598267
Dateigröße
955 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Öffentliches Recht, Assessorexamen, Verwaltungsprozessrecht, Jura, Widerspruch, Ausgangsbescheid, Beschluss, Urteil, Aktenvortrag, Examensvorbereitung, Urteilsaufbau
Arbeit zitieren
Sebastian Homeier (Autor:in), 2010, Öffentlich-rechtliches Lehrbuch für Referendare zur zweiten juristischen Staatsprüfung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149307

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