Die feministische Sprachkritik und ihre Auswirkungen auf die deutsche Gegenwartssprache


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

1. Feministische Sprachkritik
1.1. Verhältnis Sprache-Gesellschaft
1.2. Diskriminierung von Frauen durch die Sprache
1.2.1 Sexistischer Sprachgebrauch: Das generische Maskulinum
1.2.2. Andere Ausformungen sexistischen Sprachgebrauchs

2. Feministische Sprachpolitik: Vorschläge für einen nichtsexistischen Sprachgebrauch
2.1. Personenbezeichnungen
2.2. Pronomina

3. Auswirkungen der feministischen Sprachpolitik: Der Sprachwandel ?
3.1. Kritik an Themen der feministischen Linguistik
3.2. Für und gegen die feministische Sprachkritik aufgrund der Analyse von Zeitungsmaterial: Diachronischer Vergleich (Westfälische Nachrichten, Ausgaben 1981, 2007)

4. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Vorbemerkung

Die feministische Linguistik, auch feministische Sprachkritik genannt, ist ein Forschungsgebiet innerhalb der Sprachwissenschaft, der das in Sprache zum Ausdruck kommende Geschlechterverhältnis unter feministischen Gesichtspunkten untersucht und kritisiert. Im deutschen Sprachraum ist diese Disziplin relativ jung: Erst Ende der 1970er Jahren erschienen in der Bundesrepublik die bahnbrechenden Publikationen zu der aufgeworfenen Fragestellung. Diese wissenschaftliche Initiative ist der Pionierinnen der deutschen feministischen Linguistik, Professorinnen der Sprachwissenschaft Senta Trömel- Plötz und Luise F. Pusch, zu verdanken.

Im Laufe der Zeit haben sich zwei Themenschwerpunkte der Disziplin herausgebildet: Einerseits die feministische Kritik an Sprachsystem und Sprachgebrauch, andererseits die feministische Analyse des weiblichen und männlichen Sprachverhaltens.

In der vorliegenden Arbeit verfolge ich das Ziel, mich mit den Themen der feministischen Sprachsystem- bzw. Sprachgebrauchskritik auseinanderzusetzen und auf der Basis von Zeitungsmaterial zu untersuchen, inwiefern und auf welcher Weise die Thesen der feministischen Sprachkritik die deutsche Gegenwartssprache beeinflusst haben. An dieser Stelle ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Untersuchung dabei begrenzt und lückenhaft bleiben darf, da diese Arbeit in Art und Umfang einer kompletten Beleuchtung des Gegenstands nicht gerecht werden kann.

Die Hausarbeit besteht aus drei Kapiteln. Das erste Kapitel verleiht einen Überblick über den Untersuchungsgegenstand und die Zielsetzung der feministischen Sprachkritik. Hier werden die wichtigsten Problemfälle der deutschen Sprache aus der feministischen Sicht erörtert, darunter: die Merkmale sexistischen Sprachgebrauchs und Probleme, die er mit sich bringt, und was unter dem Begriff ‚generisches Maskulinum‛ zu verstehen ist. Im zweiten Kapitel werden die Vorschläge verschiedener Linguistinnen[1] 1 aufgezeigt, die die oben genannten Problemfälle der deutschen Sprache zu lösen versuchen. Das dritte Kapitel widmet sich der Kritik an die feministische Linguistik. Die wichtigsten Gegenpositionen werden hier präsentiert. Dabei wird die Frage beantwortet, inwiefern die feministische Sprachpolitik den Wandel in der Sprache provoziert hat, - und zwar mittels der Analyse von Zeitungsartikeln aus zwei verschiedenen Jahrgängen.

1. Feministische Sprachkritik

Die These der feministischen Sprachkritik lautet, dass die deutsche Sprache frauenfeindlich sei, d. h. Frauen werden in der Sprache mangelhaft berücksichtigt und immer in Abhängigkeit vom Mann dargestellt. Dadurch würde auch die Stellung der Frau in der Gesellschaft beeinträchtigt. Die Feministinnen gehen davon aus, dass die Veränderungen im Sprachsystem zugunsten der Frau auch ihren sozialen Stand verbessern können.2

Welchen Zusammenhang es zwischen diesen beiden Größen, Sprache und Gesellschaft, gibt, wird im nachstehenden Abschnitt geklärt.

1.1. Verhältnis Sprache-Gesellschaft

Der Sprachkritik voraus- und mit ihr zusammen geht die Sprachreflexion, die sich mit dem Verhältnis von Sprache, Bewusstsein und Wirklichkeit beschäftigt. Sprache sei sehr eng mit dem Bewusstsein verknüpft und dabei immer in gesellschaftliche Prozesse eingebunden. Sie spiegle die soziale Gegenwart, Wert- und Normvorstellungen der jeweiligen Gesellschaft wider.3

Wir reflektieren über unser Leben nur mittels der Sprache. Die feministisch motivierten Linguistinnen vertreten die Auffassung, dass Sprache nicht nur Realität spiegle, sondern auch sie schaffe. Sprache sei ein Instrument, um die Wirklichkeit zu konstruieren und ihr die notwendigen Konturen zu geben, also wirklichkeitsdeterminierend.4 Aus dieser Überlegung, plädieren die Linguistinnen dafür, dass die Sprachveränderungen den Wandel in Bewusstseinsstrukturen und mithin in der Gesellschaft bewirken sollen und befürworten damit die Umgestaltung des Sprachsystems.5

Warum bedarf nun unsere Realität der Veränderungen? Die feministische Sprachbetrachtung, die im Folgenden behandelt wird, kann die Antwort geben.

1.2. Diskriminierung von Frauen durch die Sprache

Im Mittelpunkt der feministischen Untersuchungen steht das Verhältnis der Geschlechter zur Sprache. Sind Frauen und Männer in der Sprache gleich behandelt? Wie kommen Frauen in der deutschen Sprache vor? Diesen Fragen sind Linguistinnen gründlich nachgegangen und zu den aufschlussreichen Ergebnissen gekommen: Frauen in ihrer gesamten Identität werden durch die Sprache falsch dargestellt.6

Die herrschende feministische Kritik an der deutschen Sprache sieht eine verschleierte Diskriminierung von Frauen innerhalb des Sprachsystems: Frauen werden entweder unsichtbar gemacht, oder systematisch abgewertet.7 S. Trömel-Plötz war eine der ersten Linguistinnen, die sich mit diesem Problem befasst hat. Sie ist davon überzeugt, dass unsere Sprache eine 'Männerwelt' darstelle: es werde immer von dem Politiker, dem Postmann, dem Studenten usw. gesprochen. Obwohl die weiblichen Bezeichnungen in der Sprache vorhanden sind, werden im Alltag nur die maskulinen Wortformen als Oberbegriffe für beide Geschlechter verwendet. Was wir aber ständig sagen, hören oder lesen beeinflusst unser Denken und Empfinden. Männliche Berufsbezeichnungen reden uns ein, dass diese Berufe nur für Männer geschaffen wären.8 Wenn z. B. in einem Text immer nur von Schülern, Studenten oder Arbeitern gesprochen wird, wird eine Welt konstruiert, in der nur Männer in die Schule gehen, studieren oder arbeiten, die Welt, in der Frauen nicht existieren.

Das größte Problem sehen die Linguistinnen demnach darin, dass Frau das Gefühl habe, in der Sprache werde ihre Identität nicht erkennbar. Den gleichen Standpunkt bezieht

L. F. Pusch indem sie betont, dass der Sprachgebrauch, bei dem Frauen nicht explizit genannt werden, für viele Sprecherinnen und Sprecher nicht mehr akzeptabel sei, weil er „[...] aufgrund seiner semantischen Struktur für Männer mehr Chancen des Gemeintseins und damit des Identifiziertwerdens als für Frauen“ enthalte.9

Dies ist nur ein der vielen Bezugspunkten in der Sprache, die in der feministischen Linguistik kritisiert werden. Diese und andere Ausformungen der Diskriminierung von Frauen lassen sich unter dem Begriff „Sexismus“ zusammenfassen.

1.2.1 Sexistischer Sprachgebrauch: Das generische Maskulinum

Im Grunde genommen bedeutet Sexismus Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts.10 Der feministischen These zufolge, davon sei in unserer Gesellschaft die weibliche Gruppe betroffen. Für einige Linguistinnen bedeutet Sexismus viel mehr, als bloß Benachteiligung von Frauen. So nimmt M. Janssen-Jurreit eine radikale Position an: Sexismus bedeute „[...] die Verneinung des weiblichen Körpers, die Gewalt gegenüber dem Ich der Frau, die Enteignung ihrer Gedanken, [...] den Entzug der eigenen Sprache [...], die Unterschlagung ihres Beitrags zur Geschichte der menschlichen Gattung“11. Sexismus könne sogar zu den tödlichen Konsequenzen führen. Dies sei in den Gesellschaften Pakistans, Bangladeschs, Indien, Algerien zu beobachten, in denen Frauen einen minderwertigen sozialen Status haben und daher oft misshandelt werden.12

[...]


[1] Da der beträchtliche Teil von Beiträgen im Bereich der feministischen Sprachkritik von Frauen geleistet wurde, wird hier und auch im späteren Arbeitsverlauf die Form Linguistinnen (Sprachwissenschaftlerinnen, Feministinnen o. a). gebraucht, wenn damit die feministischen Wissenschaftlerinnen gemeint sind.

2 Samel, Einführung in die feministische Sprachwissenschaft, S. 20 f., S. 83

3 Breiner, Die Frau im deutschen Lexikon, S. 5

4 Trömel- Plötz, Frauensprache- Sprache der Veränderung, S. 202

5 Guentherodt u. a., Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs, S. 16

6 Pusch, Das Deutsche als Männersprache, S. 23 ff.

7 Diese These ist allen Vertreterinnen der feministischen Sprachkritik gemeinsam

8 Trömel- Plötz: Frauensprache- Sprache der Veränderung, S. 15 ff.

9 Pusch, Das Deutsche als Männersprache, S.26 f.

10 Janssen-Jurreit, Sexismus, S. 702 f.

11 Ebd.

12 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die feministische Sprachkritik und ihre Auswirkungen auf die deutsche Gegenwartssprache
Hochschule
Universität Münster
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V149300
ISBN (eBook)
9783640604760
ISBN (Buch)
9783640605002
Dateigröße
589 KB
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Alex Klass (Autor:in), 2007, Die feministische Sprachkritik und ihre Auswirkungen auf die deutsche Gegenwartssprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149300

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