Unterstützung kooperativen Lernens in Videokonferenzen unter verschiedenartigen Lernbedingungen

Der Zusammenhang von Motivation und kooperativem Lernerfolg


Forschungsarbeit, 2006

39 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Theorieteil
1. Kooperatives Lernen in Videokonferenzen
1.1 Voraussetzungen kooperativen Lernens
1.2 Individuelle und partizipatorische Wissenskonstruktion
1.3 Kooperatives Lernen in Videokonferenzen
1.4 Strukturangebote für kooperatives Lernen in Videokonferenzen
1.5 Messinstrumente des Lernerfolgs (u.V.)
2. Motivation (u. V.) und Unterstützungsmaßnahmen
2.1 Wasist Motivation?
2.2 Leistungsmotivation
2.2.1 Das Leistungsmotiv / Leistungsmotivation
2.2.2 Einflüsse auf die Leistungsmotivation
2.3 Lernerfolg und Motivation
2.4 Messinstrument der Motivation
3. Fragestellung der empirischen Untersuchung

III. Methodenteil
1. Lernszenario
2. Stichprobe und Design
3. Lernumgebung
3.1 Umsetzung der Videokonferenz
3.2 Versuchsablauf
4. Unabhängige Variablen
4.1 Wissensschema
4.2 Kooperationsskript
4.3 Experimentelle Variation der unabhängigen Variablen
5. Instrumente
5.1 Erhobene Variablen während der Untersuchung
5.2 Erhobene Variablen nach der Untersuchung

IV. Ergebnisse
1. Gruppenunterschiede hinsichtlich des kooperativen Lernerfolgs
2. Gruppenunterschiede hinsichtlich der Motivation
3. Zusammenhangsanalyse derUntersuchungsgegenstände
3.1 Zusammenhangsanalyse unter der Bedingung (1) Wissensschema
3.2 Zusammenhangsanalyse unter der Bedingung (2) Kooperationsskript
3.3 Zusammenhangsanalyse unter der Bedingung (3) Kombination von Wissensschema und Kooperationsskript
3.4 Zusammenhangsanalyse unter der Kontrollbedingung (4)

V. Diskussion
1. Unterschiedsanalyse
2. Zusammenhangsanalyse
3. Untersuchungsmethode

VI. Fazit

VII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

In der Gesellschaft war und ist die Arbeitsteilung ein wichtiger Faktor für den Fortschritt. Für einen zunehmend globalen und technikorientierten Markt bedarf es deshalb auch eines hoch innovativen Mediums, um diese Arbeitsteilung zu verwirklichen und heutigen Anforderungen gerecht zu werden (Kopp, Ertl, Mandl, 2004).

Auf dem Gebiet des kooperativen Lernens nehmen Videokonferenzen einen immer wichtiger werdenden Stellenwert ein und rücken daher ins Interesse heutiger Forschung (Kopp, Ertl, Mandl, 2004).

Schwerpunkte der Forschung liegen dabei auf folgenden Fragestellungen: Wie benutzen Lernende die Lernumgebung? Welche Prozesse finden während der gemeinsamen Wissenskonstruktion statt? Und vor allem: Wie kann man kooperatives Lernen unterstützen? (Ertl, Kopp& Mandl, 2004)

Meist wird die Motivation der Versuchspersonen bei solchen Fragestellungen als Störvariable betrachtet, die für einen erfolgreichen Versuchsablauf kontrolliert werden muss (Ertl, Kopp& Mandl, 2004; Ertl, 2003). Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass sich Unterstützungsmaßnahmen auch auf die Motivation und damit auf die Akzeptanz der Lernumgebung sowohl positiv, als auch negativ auswirken können. Dies könnte im schlimmsten Fall zu einem suboptimalen Lernprozess führen, was wiederum den Lernerfolg negativ beeinflusst (Ertl, 2003).

Ziel dieser Arbeit ist es, zwei, auf unterschiedliche Aspekte der gemeinsamen Wissenskonstruktion abzielende Unterstützungsmaßnahmen einer computervermittelten Videokonferenz, in Hinblick auf motivationale Faktoren empirisch zu untersuchen.

Dazu werden zunächst im theoretischen Teil der Arbeit wichtige Begriffe, wie „kooperatives Lernen“, „individuelle und partizipatorische Wissenskonstruktion“, „Kooperationsskript“, „Wissensschema“ und „Motivation“ geklärt und die zugrunde liegenden theoretischen Annahmen erörtert. Dieser Teil dient dem besseren Verständnis der im Weiteren geschilderten konkreten Lernumgebung und der aus ihr gewonnenen Ergebnisse. Im Diskussionsteil werden die erlangten Erkenntnisse schließlich erörtert und mögliche Ursachen für ihr Zustandekommen gesucht.

II. Theorieteil

1. Kooperatives Lernen in Videokonferenzen

Allgemein gibt es bei Prozessen kooperativen Lernens zwei Brennpunkte, die das Interesse der Forscher wecken: der Fokus auf den einzelnen Lernenden und der auf den soziokulturellen Prozess der Wissenskonstruktion. Dies ist auch bei kooperativem Lernen in Videokonferenzen der Fall. Daher sollte man diesen Lernprozess auch aus zwei Perspektiven betrachten, der individuellen und der partizipatorischen (Ertl, 2003).

Darüber hinaus sind für das Lernen in Videokonferenzen Informationsaustausch und Kooperation die entscheidenden Faktoren, die es zu untersuchen gilt, um den Lernprozess zu optimieren (Ertl, 2003).

1.1 Voraussetzungen kooperativen Lernens

Beim kooperativen Lernen gibt es bestimmte Voraussetzungen, die eingehalten werden müssen, um ein optimales Niveau zu erreichen. Diese betreffen den Lernenden, die Aufgabe, die Strukturierung der Interaktion, die Anreizstruktur und den organisatorischen Rahmen (Ertl, 2003).

Für den Lernenden gilt, kognitive, emotionale, motivationale und soziale Fähigkeiten in die Kooperation mit einzubringen, wobei uns in dieser Arbeit lediglich die motivationalen Eigenschaften interessieren. Hier gilt, dass sich die Lernumgebung im schlimmsten Fall negativ auf die Leistungsmotivation auswirken kann; doch Leistungsmotivation wird nicht nur durch äußere, sondern auch durch selbstbestimmte Strukturen der Verhaltensregulation erzeugt (Ertl, 2003). Im weiteren Verlauf wird näher auf die Motivation eingegangen.

Bei der Wahl der Aufgabe ist darauf zu achten, dass eine geeignete Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Lernenden hergestellt wird, was z.B. durch Ressourcenverteilung erreicht werden kann (Ertl, 2003).

Die Interaktion ist in hohem Maße von der Gruppengröße abhängig und kann durch pädagogische Maßnahmen reguliert werden. Dabei ist aber zu kontrollieren, ob sich zu starke Eingriffe nicht negativ auf den Diskurs auswirken (Ertl, 2003).

Bei der Anreizstruktur wird auf die intrinsische Motivation eingewirkt. Dies kann in Form von Belohnungen geschehen. Jedoch können das Lösen der Aufgabe und der Kooperationsprozess selbst bereits Anreiz genug sein und weitere äußere Anreize überflüssig machen (Ertl, 2003).

Schließlich gibt der organisatorische Rahmen an, ob kooperatives Lernen in einer Institution überhaupt möglich ist, und wie man es gegebenenfalls umsetzen kann (Ertl, 2003).

1.2 Individuelle und partizipatorische Wissenskonstruktion

Wie bereits erwähnt finden beim kooperativen Lernen zwei Prozesse statt, die letztendlich für den Lernerfolg ausschlaggebend sind.

Dies ist zum einen die individuelle Wissensentwicklung, die vor allem dann einsetzt, wenn der Lernende in der Lage ist, das neu erworbene Wissen und sein individuelles Vorwissen zu verknüpfen, um dann für sich das Lernmaterial neu zu formulieren (Ertl, 2003).

Die gemeinschaftliche Wissensentwicklung ist der zweite wichtige Prozess, bei dem der individuelle Wissenserwerb nur von sekundärer Bedeutung ist. Ausschlaggebend ist hier die gemeinsame Wissenskonstruktion der Lernenden sowie ihre Teilnahme am Lernprozess, wobei jeder sein individuelles Vorwissen mit einbringt (Fischer, Bruhn, Gräsel, & Mandl, 2003).

Während dieser gemeinschaftlichen Informationsverarbeitung spielen kognitive, sowie partizipatorische und soziale Fähigkeiten des Einzelnen eine wichtige Rolle (Ertl, 2003). Ebenso wie zwischen den verschiedenen Prozessen unterschieden wird, teilt man auch das Ergebnis der Kooperation in den individuellen und den kooperativen Lernerfolg auf (Ertl, 2003).

Als Nachweis für den individuellen Lernerfolg dienen meist Tests, die den einzelnen Lernteilnehmern nach der Lernsitzung zur individuellen Bearbeitung vorgelegt werden (Ertl, 2003).

Beim kooperativen Lernerfolg hingegen ist ein Nachweis schwieriger. Falls man, wie manche Forscher, den kooperativen Lernerfolg als Mittelwert der individuellen Lernerfolge versteht, eignen sich Nachtests, die in Kooperation bearbeitet werden. Anderenfalls werden gemeinsam erstellte Gruppenarbeiten zur Messung herangezogen (Ertl, 2003).

1.3 Kooperatives Lernen in Videokonferenzen

In dieser Arbeit werden wir uns auf Kleingruppen-Szenarien beschränken, die sich von Szenarien mit großem Teilnehmerkreis durch die erhöhte Interaktion der Teilnehmer und die verfügbaren Werkzeuge unterscheiden.

Storck und Sproule (1995) stellten in ihrer Studie fest, dass Vorlesungen und Seminare, die über Videokonferenz gehalten wurden, aufgrund der geringen Interaktion und der benötigten Aufmerksamkeit, weniger Akzeptanz bei den Versuchspersonen fanden, als die entsprechenden Präsenzveranstaltungen und sich dies negativ auf die Motivation der Teilnehmer auswirkte.

Es bleibt jedoch zu klären, ob diese Tatsache auch für Kleingruppen-Szenarien gilt (Ertl, 2003).

Diese bestehen meist aus zwei bis zehn Teilnehmern und sind dadurch sehr interaktiv. Eine Studie von Pächter (2003) ergab, dass Kleingruppen-Videokonferenzen eine ähnliche Akzeptanz unter den Teilnehmern fanden, wie Face-to-face Verhältnisse (Ertl, 2003). Allerdings gibt es Faktoren, die die Akzeptanz und mit ihr die Motivation auch bei Kleingruppen beeinträchtigen können. Diese kommen durch die technischen Prozesse zustande, die bei Verzögerungen und Störungen den Kommunikationsverlauf negativ beeinflussen können (Ertl, 2003).

Die technischen Komponenten von Videokonferenzen bestehen aus Kameras und Monitoren, um die Bilder der Teilnehmer darzustellen sowie aus Mikrofonen und Lautsprechern, um die gesprochene Kommunikation zwischen den Teilnehmern zu ermöglichen. Außerdem besteht die Möglichkeit, den Teilnehmern eine gemeinsame Applikation zur Verfügung zu stellen, womit jeder Einzelne Zugriff auf ein Computerprogramm hat, welches gemeinsam bearbeitet werden kann (Ertl, 2003).

Daraus ergeben sich drei Prozesse: die Aufnahme der Daten, ihre Übertragung per Netzwerk und schließlich ihre Wiedergabe. Jeder dieser Prozesse kann durch eine geringe Leistungsfähigkeit des Netzwerkes oder durch eine mangelhafte Aufbereitung der Daten durch die Hardware und Software beeinträchtigt werden (Ertl, 2003).

Aber „grundsätzlich sind beim Lernen in Videokonferenzen keine anderen Lernprozesse zu erwarten, als beim Lernen in Face-to-face Bedingungen. Jedoch können durch die audiovisuelle Vermittlung der Kommunikation wichtige Hinweisreize für den Kommunikationsablauf verloren gehen“ (Ertl, 2003, S. 32). Dies sind bei der nonverbalen Kommunikation Gesichtswahrnehmung, Blickkontakt und Situationswahrnehmung. Um diesen Mangel an nonverbalen Signalen zu kompensieren, muss sich die verbale Kommunikation in Stil und Inhalt verändern (Ertl, 2003).

1.4 Strukturangebote für kooperatives Lernen in Videokonferenzen

Aufgrund der erschwerten Kommunikation und der Tatsache, dass zwischen den Lernenden außerhalb der Videokonferenz oft kein Kontakt besteht, müssen die inhaltlichen wie sozialen Prozesse gefördert werden (Kopp, Ertl, Mandl, 2004).

Um kooperatives Lernen in Videokonferenzen positiv zu beeinflussen, bedarf es externaler Repräsentationen, die den Lernprozess unterstützen und strukturieren. Unter externalen Repräsentationen versteht man die Darstellung von Informationen bzw. Wissen, die unabhängig vom kognitiven System des Individuums besteht und den Lernprozess fördert, indem sie als Informationsspeicher fungiert, Informationen veranschaulicht und als Problemlösewerkzeug eingesetzt werden kann (Ertl, 2003).

In dieser Arbeit werden wir uns auf die Untersuchung der Strukturangebote Kooperationsskript und Wissensschema beschränken. Sie werden Kernstück der späteren Auswertung in Hinblick auf die Motivation sein.

Das Kooperationsskript fällt in die Kategorie der inhaltsunspezifischen Strukturierungen. Es soll der Interaktion der Lernenden eine Ordnung geben, indem es jedem einzelnen eine bestimmte Rolle zuweist und deren Interaktion vorgibt. Somit kann ungeeigneten Kooperationsmustern und der Wahl der falschen Lernstrategie vorgebeugt werden (Ertl, 2003).

Die jeweilige Rolle soll beim Lernenden eine bestimmte kognitive Aktivität auslösen, die Lernprozesse fördert und speziell auf anwendungsorientiertes Wissen abzielt (Ertl, 2003 & Weinberger, Fischer & Mandl, 2002).

Es gibt verschiedene Umsetzungsformen des Kooperationsskripts:

In der so genannten „Scripted Cooperation“ lesen die Lernenden zunächst individuell einen Text, wonach einer in die Rolle des Wiedergebenden und einer in die des Zuhörers, mit anschließender Rückmeldung, schlüpft (Ertl, 2003).

Das „Reciprocal Teaching“ besteht aus einer Zusammenfassung des Textes mit anschließendem Nachfragen und Klären von Verständnisfragen. Zuletzt werden Vorhersagen über den weiteren Verlauf des Textes getroffen (Ertl, 2003).

Das Kooperationsskript, welches im vorliegenden Experiment verwendet wurde, ist eine Form des so genannten “Peer-teachings“. Grundlage hierbei ist Ressourceninterdependenz, was bedeutet, dass Lernmaterial auf die Teilnehmer verteilt wird. Für die gegenseitige Vermittlung schlüpfen die Lernenden in die Rollen von Lehrer und Lernender (Ertl, 2003). In Punkt 3.2 des Methodenteils wird genauer auf die Rollenverteilung dieser Untersuchung eingegangen.

Von dieser Rollenverteilung profitieren beide Seiten, da die gemeinsame Wissenskonstruktion hierdurch gefördert wird. Vor allem derjenige in der Lehrerrolle wird angeregt, das erworbene Wissen zu externalisieren bzw. neu zu formulieren. Dieser Prozess der Wissensentwicklung stellt, wie bereits in Punkt 1.2 des Theorieteils erwähnt, einen wesentlichen Teil des Lernerfolgs dar (Ertl, 2003).

Für die inhaltliche Strukturierung des Wissens werden Wissensschemata verwendet. Bei dieser externalen Repräsentation werden Strukturangebote bereitgestellt, die sich direkt auf die Kerngedanken des Lerngegenstands beziehen. So wird angeregt, dass Lernende eine Unterscheidung von speziellen Inhaltsbereichen des vorgegebenen Materials vornehmen (Ertl, 2003).

Wissensschemata können anhand einer Grafik oder auch textuell umgesetzt werden. Ein Beispiel für grafische Umsetzungen sind Maps, deren Ziel es ist, Zusammenhänge von Denkmodellen aufzudecken und darzustellen (Ertl, 2003).

Textuelle Wissensschemata dienen dagegen eher der Einordnung und externalen Darstellung kognitiver Entwürfe. Durch das Abarbeiten von Schemakategorien wird verhindert, dass wichtige Inhaltsbereiche übersehen werden. Da sie den Maps gerade für Anfänger wegen ihrer Einfachheit vorzuziehen sind, hat man sich im vorliegenden Experiment für die Verwirklichung des Wissensschemas in Textform entschieden (Ertl, 2003).

1.5 Messinstrumente des Lernerfolgs (a.V.)

In der vorliegenden Studie wurde sowohl der individuelle als auch der kooperative Lernerfolg unabhängig voneinander erhoben. Da man, wie bereits erwähnt, beim kooperativen Lernen zwischen den zwei essenziellen Prozessen, der individuellen und der gemeinschaftlichen Wissensentwicklung unterscheidet, müssen die beiden Prozesse auch gesondert untersucht und ihre Ergebnisse unabhängig voneinander ausgewertet werden.

Der individuelle Lernerfolg wurde in einem Nachtest erhoben, in dem die Versuchspersonen die wichtigsten Inhalte des Theorietextes schriftlich wiedergeben sollten.

Da es bei der Erforschung des Nutzens und der Verbesserung von computerbasierten Lernumgebungen hauptsächlich um den kooperativen Lernerfolg geht, wird sich diese Studie auf eben diesen konzentrieren. Hier ist anhand der aktuellen Forschung zu erwarten, dass sich das Kooperationsskript negativ auf die Motivation auswirkt, was wiederum den Lernerfolg beeinträchtigen könnte. Von Seiten des Wissensschemas sind allerdings keine Einflüsse auf motivationale Faktoren zu erwarten (Ertl, 2003).

Der kooperative Lernerfolg wird in der folgenden experimentellen Untersuchung mittels eines Kodierschemas erfasst, welches alle Bedeutungseinheiten des Theorietextes ohne Überlappungen auflistet und präzise identifiziert. Für jeden dieser Bedeutungsinhalte bekamen die Lernenden einen Punkt, falls er in dem gemeinsam erstellten Dokument ersichtlich wurde. Die genauere Vorgehensweise der Messung wird unter dem Punkt Instrumente erläutert.

2. Motivation (u. V.) und Unterstützungsmaßnahmen

Die Motivation des Lernenden, genauer seine Leistungsmotivation, ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Frage geht, warum eine bestimmte Lernumgebung nicht erfolgreich ist (Ertl, 2003). Um diesen Zusammenhang zu verstehen, muss zuerst der Begriff (Leistungs-) Motivation geklärt werden. Erst dann kann man die Verbindung zwischen Motivation und Lernerfolg nachvollziehen.

2.1 Was ist Motivation?

Motivation bezeichnet in der Psychologie einen Zustand des Organismus, der die Richtung (Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel), Initiierung (durch psychische oder physische Kräfte) und Aufrechterhaltung bzw. Aufgabe des aktuellen Verhaltens beeinflusst (Zimbardo & Gerrig, 2004).

Motive werden dabei von menschlichen Bedürfnissen initiiert, die physiologischer Art, z.B. Durst und Hunger oder psychologischer Art, z.B. persönliches Leistungstreben, sind (Zimbardo & Gerrig, 2004).

Physiologische, angeborene Motive werden durch Mangelzustände des Körpers ausgelöst. Sie motivieren das Individuum zu einer Reaktion auf diesen inneren Zustand der Deprivation, wodurch das Gleichgewicht des Körpers wiederhergestellt werden soll. Solche Motive werden auch als primär bezeichnet (Zimbardo & Gerrig, 2004). Psychologische bzw. sekundäre Motive, werden als relativ stabile, erworbene Persönlich­keitseigenschaften bzw. personengebundene Eigenarten betrachtet, die durch eine Vorliebe für bestimmte Arten von Zielen und abweichende Wertungsdispositionen zum Ausdruck kommen (Zimbardo & Gerrig, 2004; Heckhausen, 1989).

2.2 Leistungsmotivation

Motivationale Faktoren führen bei unterschiedlichen Individuen zu unterschiedlichem Verhalten. Auch bei der Festlegung des persönlichen Leistungsniveaus spielen sie eine große Rolle. Das so genannte Leistungsmotiv ist bei einzelnen Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt und beeinflusst somit ihre Neigung, Erfolg anzustreben und gibt die Richtung ihrer eigenen Leistungsbewertung an (Zimbardo & Gerrig, 2004).

2.2.1 Das Leistungsmotiv/ die Leistungsmotivation

Neben anderen Bedürfnissen postuliert Henry Murray 1938 auch das Bedürfnis nach Leistung. Er bezeichnet dies als Leistungsmotiv (Zimbardo & Gerrig, 2004). Es ist, wie alle psychologischen Motive, nicht biologisch verankert, sondern soziokulturell vermittelt (Heckhausen, 1989).

Die Leistungsmotivation wird dann angeregt, wenn eine Person die Aussicht hat, sich mit einem Gütemaßstab messen zu können. Je nachdem, welcher Ausgang vermutet wird, führt dies zu der Motivation, den Anreiz aufzusuchen (bei der Aussicht auf einen positiven Ausgang) oder ihn zu meiden (bei der Aussicht auf einen negativen Ausgang) (Fröhlich, 2002).

Die Handlungsziele des Leistungsmotivs können nach McClelland, Atkinson, Clark & Lowell (1953 zitiert nach Heckhausen, 1989, S. 231) als „Auseinandersetzung mit einem Tüchtigkeitsmaßstab“ zusammengefasst werden.

Gemessen wird die Leistungsmotivation vorwiegend mit Fragebögen, welche mittels vorgegebenen Aussagen den Grad der Zustimmung oder Ablehnung einer Versuchsperson ermitteln (Heckhausen, 1989). Auch projektive Verfahren wie der TAT (Thematischer

Apperceptions Test, entwickelt von H. Murray und von McCelland und seinen Mitarbeitern Anfang der fünfziger Jahre zum Motivmessinstrument weiterentwickelt) gelten als häufig verwendete Prozeduren zur Ermittlung der Motivation (Fröhlich, 2002).

2.2.2 Einflüsse auf die Leistungsmotivation

Die Leistungsmotivation ist ein interessensbestimmter Antrieb, d.h., das aus ihr hervorgehende Verhalten ist selbstbestimmt und deckt sich mit der allgemeinen Auffassung des Individuums. Treten jedoch extrinsische Impulse hinzu, in Form von, Belohnung, Bestrafung oder Ähnlichem, kann die intrinsische Motivation zumindest teilweise verdrängt werden. Bei der Aufgabenbearbeitung kann ein extrinsischer Impuls auch eine Hilfsmaßnahme, wie z.B. das Kooperationsskript oder das Wissensschema sein, die entweder als hilfreich, also positiv oder als einschränkend und negativ aufgenommen wird. (o. A., 2005) „...es wird immer wieder davon berichtet, dass sich zu starke Strukturierungen negativ auf die Motivation der Lernenden auswirken kann“ (Ertl, 2003, S. 74).

Diese Theorie deckt sich auch mit der von Deci und Ryan entwickelten Selbstbestimmungstheorie der Motivation, die eine der anerkanntesten Motivationstheorien ist. Entscheidend für die Leistungsmotivation ist hiernach der Grad der Selbstbestimmung, den der Lernende erlebt. Wenn das Erreichen des Ziels als eigenes Anliegen erscheint und ohne merkliche Fremdintervention geschieht, wird dies als hoher Selbstbestimmungsgrad empfunden (Schiefele & Köller, 2001).

Die Leistungsmotivation kann demnach sowohl durch äußere Einflüsse kontrolliert, als auch durch selbstbestimmte Strukturen der Verhaltensregulation erzeugt werden (Ertl, 2003).

2.3 Lernerfolg und Motivation

Motivationsforscher sind sich heute einig, dass Fragen der Motivation für das Verständnis menschlichen Lernens grundlegend sind (Lefrancois, 1994).

Lange Zeit standjedoch das Lernen im Mittelpunkt der Forschung, „während der Lernende als eine zu vernachlässigende oder zu neutralisierende Fehlerquelle für die Gültigkeit der auf den mittleren Menschen bezogenen Gesetzmäßigkeiten angesehen wurde“ (Weinert, 1983, S.10).

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Details

Titel
Unterstützung kooperativen Lernens in Videokonferenzen unter verschiedenartigen Lernbedingungen
Untertitel
Der Zusammenhang von Motivation und kooperativem Lernerfolg
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Empirische Forschungsmethoden
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
39
Katalognummer
V149214
ISBN (eBook)
9783640603756
ISBN (Buch)
9783640603619
Dateigröße
669 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterstützung, Lernens, Videokonferenzen, Lernbedingungen, Zusammenhang, Motivation, Lernerfolg
Arbeit zitieren
MA Jasmin Rödig (Autor:in), 2006, Unterstützung kooperativen Lernens in Videokonferenzen unter verschiedenartigen Lernbedingungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149214

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