Die griechische Kolonisation am Beispiel Italiens


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung
a. Darstellung des Themas
b. Forschungsstand
c. Definition – Kolonie

II. Besiedelung italischen Raumes vor den Griechen

III. Voraussetzungen und Bedingungen für die Kolonisierung
a. Auswahl des Platzes
b. Ablauf
c. Kolonisten
d. Gründe zur Kolonisierung

IV. Kolonien werden zu neuen Stadtstaaten- Kolonien in Italien

V. Ausblick

VI. Abbildungsverzeichnis

VII. Quellenverzeichnis

VIII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

a. Darstellung des Themas

Unter Historikern ist es üblich die Zeit zwischen 750 und 550 v. Chr., als das Zeitalter der „Großen-“ oder „Zweiten griechischen Kolonisation“ zu bezeichnen. Chronologisch folgte diese der „Ersten Kolonisation“, in der Griechen vom Mutterland auf die vorgelagerten Inseln und an die kleinasiatische Küste zogen.[1]

In Folge dieser „Großen Kolonisation“ kam es zu einer Ausweitung des griechischen Siedlungsgebietes im Mittel- und Schwarzmeerraum.[2] Griechenland wird in dieser Phase, zusammen mit den Kolonien, insbesondere der süditalienischen Städte, von Geschichtsschreibern, auch als „Großgriechenland“ (Magna Graecia) bezeichnet .[3]

Der „Großen Kolonisation“ ging eine „Vorkolonisation“ voraus, welche das Resultat von Warentausch und Verkehr im Mittelmeerraum durch griechische Händler war.[4] Gelegentliche und nicht beständige Aufenthalte dieser Händler hatten zur Folge, dass griechische Waren Sizilien, Italien und Frankreich schon einige Zeit vor den ersten griechischen Siedlern erreichten. Den Griechen waren überseeische Ländereien deshalb durchaus bekannt.[5] Es existierten ausführliche Berichte von Kaufleuten über die Küsten des gesamten Mittelmeerraumes[6], sodass die Griechen gezielt strategisch wichtige und für den Handel günstige Positionen im Mittelmeerraum besetzen und beziehen konnten. Beispielgebend dafür sind hier die ältesten Gründungen, Pithekussai und Kyme, welche sich an der Route zum metallreichen Etrurien und Sardinien etablierten.[7]

Eine Konkurrenz stellten für die Griechen im Raum Sizilien und Italien zunächst lediglich die Phöniker dar, die ebenso versuchten exterritoriale Besitzungen zu erlangen. Diese siedelten sich beispielsweise rings um ganz Sizilien an, besetzten die Höhen dicht am Meeresufer, nahmen vorgelagerte Inseln in Besitz und trieben Handel mit den Sikelern.[8] Die griechische Monopolstellung konnten die Phöniker jedoch niemals ernsthaft gefährden.

Platon beschreibt die vorangeschrittene griechische Expansion im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. wie folgt: „Die Griechen sitzen um das Mittelmeer wie die Frösche und Ameisen um einen Teich.“[9]

In der hier vorliegenden Arbeit mit dem Thema: „Die griechische Kolonisation am Beispiel Italiens“, soll auf die Voraussetzungen eingegangen werden, die eine „Große Kolonisation“ des Mittelmeerraumes, hier im Speziellen Italiens, ermöglichten und begünstigten. Waren die von Griechen in Besitz genommen Gebiete bewohnt, wenn ja, von wem? Wie setzten sich die Griechen gegen diese eingeborenen Völker und Stämme durch? Auch werden in dieser Arbeit die Bedingungen dargestellt, die für eine Platzauswahl einer neuen Kolonie entscheidend waren. Auf den Ablauf während einer Landnahme wird ebenso eingegangen. Wer waren die Kolonisten und welche Beweggründe hatten diese, ihre Mutterstädte zu verlassen? Weiter wird exemplarisch, an einigen ausgewählten Neugründungen dargestellt, durch wen sie sich, wann und wo etablierten und welche Rolle sie dort einnahmen. Abschließend markiert dann ein Ausblick das Ende dieser Arbeit. Welche Auswirkungen die griechische Präsenz auf die in Italien ansässigen Völker hatte, kann nur angeschnitten werden.

b. Forschungsstand

Die „Große Kolonisation“ des Mittelmeerraums durch die Griechen, stellt einen sehr wichtigen Wegepunkt für die Zivilisationsbildung in Europa dar.[10] Erst sie ermöglichte, durch die Weitergabe der griechischen Staatsform[11] und Kultur, den darauf folgenden Aufstieg des römischen Reiches, welches letztendlich Europa, bis zum Rhein, der Donau und stellenweise darüber hinaus, maßgeblich, sogar bis heute beeinflusste und leitete.

Die wohl aktuellste und auch ergiebigste Gesamtdarstellung zu diesem Themenkomplex, die für diese Arbeit unverzichtbar war, ist das Werk von Luca Cerchiai, „ Die Griechen in Süditalien: auf Spurensuche zwischen Neapel und Syrakus “[12], aus dem Jahre 2004. Cerchiai bezieht sich in seinem Werk lediglich auf Sizilien und Italien, dem Kerngebiet der griechischen Kolonisation. Er erläutert die Entwicklung der griechischen Städte Italiens von ihrer Entstehung bis zur Eingliederung ins Römische Reich. Cerchia vermittelt einen sehr guten Überblick über die historische, gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt griechischen Lebens zwischen Neapel und Sizilien. Weiter liefert er dem Leser mit diesem Werk viele Abbildungen, um unter anderem Ruinen antiker Stätten, Grundrisse und Standpläne von Ortschaften, Kunstobjekte, Keramiken oder Münzen anschaulich zu machen.

Ebenso erwähnenswert ist das Werk „ A history of Greece to 322 B.C. “, von Nicholas Geoffrey Lemprière Hammond, aus dem Jahre 2003. Hammonds Werk ist für diese Arbeit unentbehrlich, da es mit dem Anspruch auf Vollständigkeit versucht die griechische Geschichte darzustellen. Auch widmet er mehrere Kapitel seines Buches ausschließlich der griechischen Expansion, dem Handel und der wirtschaftlichen Entwicklung der griechischen Staaten. Auch Probleme, die zum Niedergang führten werden angesprochen.

Eine weitere umfassende und grundlegende Darstellung der griechischen Kolonisation findet sich bei John Boardman, in seinem Werk „Kolonien und Handel der Griechen“[13], aus dem Jahre 1981. Dieses Werk erschien bereits 1964 in erster Auflage, wurde aber überarbeitet und 1980 in das deutsche übersetzt. Boardman beschreibt sehr detailliert die Kolonisationsbestrebungen Griechenlands im gesamten Mittelmeer-, aber auch im Schwarzmeerraum. Neben der Küste des Schwarzen-Meeres, der persischen-, nordafrikanischen-, spanischen- und französischen-, ließen sich die Griechen hauptsächlich auf Sizilien und in Italien nieder. Boardman stellt dar, welche Bewegründe die Griechen dazu veranlasste Kolonien zu gründen. Strategische Aspekte sowie Handelsbeziehungen zu den Phöniziern und Etrusker werden somit in Boardmans Werk Gegenstand. Auch verdeutlicht er welche Eingeborene die Ländereien vor den Griechen besiedelten. Er beschreibt außerdem anhand der wichtigsten griechischen Niederlassungen, den Verlauf und Ablauf des Kolonisationsprozesses.

Die Werke „La colonisation grecque de l'Italie méridionale et de la Sicile dans l'antiquité“[14] sowie „L 'expansion et la colonisation grecques jusqu'aux guerres médiques “[15] von Jean Bérard bilden nützliche und auch weiterhin gültige Zusammenfassungen der Thematik. Der Begriff „Kolonie“ wird sehr gründlich von Bérard definiert und seine Bedeutung in der heutigen Zeit sowie dem der römischen und griechischen Antike gegenüber gestellt. Bérard stellt dem interessierten Leser außerdem eine Auswahl der anschaulichsten Zeugnisse der griechischen Epik, Lyrik und Mythologie die Bezug auf die Kolonisation nehmen zur Verfügung. Unter Anderem entstammen diese Überlieferungen griechischen Geschichtsschreibern und Dichtern wie beispielsweise Homer, Strabon und Thukydides.

Die Überlieferung der genauen Gründungsdaten von „Apoikia“ wird durch diese literarischen Quellen belegt. Dem Historiker Thukydides ist die Chronologie der sizilischen Kolonisation zu verdanken.[16] Hierbei handelt es sich in erster Linie um das Werk „Der Peloponnesische Krieg“[17], einer Beschreibung des Peloponnesischen Krieges in acht Büchern, welches nach objektiver Betrachtungsweise zum Gesamtbild der griechischen Kolonisation beiträgt. Diesem Werk sind unter anderem Informationen über die ursprüngliche Bevölkerung Siziliens, Machtverhältnisse im Mittelmeerraum oder Stadtgründungen samt Daten, wie beispielsweise die von Naxos, Katane, Syrakus, Leontini, Zankle oder Kyme, zu entnehmen. Der aus Athen stammende Stratege und Historiker Thukydides, der zwischen dem 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. lebte, setzte mit diesem Werk Maßstäbe und er gilt in der heutigen Zeit als „Vater der politischen Geschichtsschreibung.“ Neben ihm gibt es leider nur wenige schriftliche Zeugnisse aus der Antike.

Als weitere ergiebige Quellen epigraphischer Natur sind Schriften von Homer und Strabon zu nennen. Homer, welcher zur Zeit der „Großen Kolonisation“ lebte, beschreibt als Zeitzeuge in seiner „Odyssee“[18], wie beispielsweise der Ablauf einer Landnahme durch die Griechen von statten ging und welche Prozesse diese beinhaltete. Strabon beschreibt in seiner „Geôgraphiká“(Erdbeschreibung)[19] sehr gründlich, welche Völker und Stämme Sizilien und Italien vor der Ankunft der Griechen bevölkerten. Auch geht er detailliert auf die Gründung neuer Stadtstaaten ein. Er beschreibt ihre Lage, ihre Bedeutung für die Region sowie ihr Fortbestehen oder ihren Untergang (z.B. Kroton und Sybaris).

Auf weitere Literatur, die von Bedeutung für diese Arbeit war, wird in den Referenzangaben verwiesen. Insgesamt ermöglicht bereits die genannte Literatur einen detaillierten Einblick in die Problematik.

Bedingt durch die geringe Anzahl literarischer Quellen muss die Aufmerksamkeit der Archäologie gewidmet werden, um weitere Informationen zu erlangen. Aus ihr lassen sich beispielsweise Schlüsse ziehen, von wann an Vasen des euböischen oder korinthischen Typus in einer Stadt auftauchten. Jedoch sind diese Datenerhebungen zumeist gröber als die der schriftlichen Überlieferungen.[20]

Archäologische Quellen und Zeugnisse für die griechischen Kolonisationsbestrebungen sind neben Keramiken beispielsweise auch Mauerreste, Gräberfunde, Straßenfragmente, Münzen oder Kunst- und Gebrauchsgegenstände des alltäglichen Lebens der Kolonisten. Auch die noch relativ junge Luftbildarchäologie, welche leider noch in ihren Anfängen steckt, trägt dazu bei, Erkenntnisse über den Verlauf antiker Mauern und Straßen zu gewinnen. Bodenwiderstandsmessungen, Geomagnetische Messungen sowie Bodenprobe-Verfahren sind weitere angewandte Methoden zur Vervollständigung der Informationen über im Boden verborgene Überreste und Zeugnisse der Kolonisierung.

c. Definition – Kolonie

In der Terminologie der aktuellen Politik wird mit dem Begriff „Kolonie“ ein Territorium bezeichnet, welches sich außerhalb des Staatsgebietes befindet, aber nach seiner Eroberung in der Abhängigkeit und unter dem Schutz des Eroberer-Staates steht.[21]

Der heutige Koloniebegriff als solcher unterscheidet sich erheblich vom antiken und ist aus diesem Grunde nur mit Vorsicht auf antike Zustände anzuwenden.[22]

Der Althistoriker Moses Finley hat sich im Zusammenhang mit der griechischen Besiedlung Siziliens kritisch über die Anwendung des heutigen Koloniebegriffs auf antike Zustände geäußert und dazu ausgeführt: „Das Wort ‚Kolonisation‘, das die Historiker üblicherweise zur Beschreibung dieses Prozesses verwenden, führt eigentlich in die Irre, da es an die Etablierung abhängiger Gemeinden in Übersee denken lässt. Die nach Westen gerichtete Auswanderung von Griechenland aus war zweifellos eine organisierte Bewegung, die von verschiedenen ‚Mutterstädten‘ ausgerüstet, bewaffnet und geplant wurde, doch war von vornherein die Auswirkung, ja - nach allem was wir sagen können - auch die Absicht dieser Bewegung nicht die Kolonisierung des Landes; vielmehr sollten Männer der Mutterstädte dazu aufgefordert, ja mitunter gezwungen werden, in neue, eigenständige und unabhängige Gemeinden zu ziehen.“[23]

Unser heute allgemein gültiger Koloniebegriff ist auf das Römische Reich besser anwendbar, als auf die griechischen Verhältnisse. Die Einwohner einer römischen „ colonia “ behielten im Gegensatz zu den Griechen ihr Bürgerrecht, bzw. den Anspruch auf dieses. Vor allem in der Frühzeit der römischen Expansion wurden „coloniae“ gegründet um neu erobertes Land dauerhaft zu sichern. Wird beim modernen Koloniebegriff unter einer Kolonie ein Territorium verstanden, war im römischen Kontext, wie bei den Griechen, jedoch eine Stadt gemeint.

[...]


[1] Rosen, Klaus: Griechische Geschichte erzählt:von den Anfängen bis 338 v. Chr., Darmstadt 2000, S. 81

[2] Lotze, Detlef: Griechische Geschichte: von den Anfängen bis zum Hellenismus, München 2007, S. 26

[3] Bérard, Jean: La colonisation grecque de l'Italie méridionale et de la Sicile dans l'antiquité, Paris 1957, S. 5; siehe auch: Cerchiai, Luca: Die Griechen in Süditalien: auf Spurensuche zwischen Neapel und Syrakus, Stuttgart 2004, S. 7; Boardman, John: Kolonien und Handel der Griechen, München 1981, S. 195

[4] Cerchiai, Luca: Die Griechen in Süditalien, S. 10

[5] Hammond, Nicholas Geoffrey Lemprière: A history of Greece to 322 B.C., Oxford 2003, S. 121

[6] Boardman, John: Kolonien und Handel der Griechen, S. 192

[7] Cerchiai, Luca: Die Griechen in Süditalien, S. 10

[8] Thukydides: Der Peloponnesische Krieg; Übertr. von August Horneffer, durchges. von Gisela Strasburger; Bremen 1957, S. 470

[9] Rosen, Klaus: Griechische Geschichte erzählt, S. 80

[10] Hammond, N. G. L.: A history of Greece to 322 B.C., S. 109

[11] Rosen, Klaus: Griechische Geschichte erzählt, S. 82

[12] Cerchiai, Luca: Die Griechen in Süditalien : auf Spurensuche zwischen Neapel und Syrakus, Stuttgart 2004

[13] Boardman, John: Kolonien und Handel der Griechen, München 1981.

[14] Bérard, Jean: La colonisation grecque de l'Italie méridionale et de la Sicile dans l'antiquité, Paris 1957.

[15] Bérard, Jean: L'expansion et La Colonisation Grecques Jusqu'aux Guerres Médiques, Paris 1960.

[16] Rosen, Klaus: Griechische Geschichte erzählt, S. 83

[17] Thukydides: Der Peloponnesische Krieg; Übertr. von August Horneffer, durchges. von Gisela Strasburger; Bremen 1957.

[18] Homer: Odyssee; Übersetzung, Nachwort und Register von Roland Hampe; Stuttgart 2007.

[19] Strabo: Erdbeschreibung in siebzehn Büchern; verdeutscht von Christoph Gottlieb Groskurd, Teil 1: Buch I - VII , Nachdr. d. Ausg. Berlin u. Stettin 1831; Hildesheim 1988.

[20] Rosen, Klaus: Griechische Geschichte erzählt, S. 83

[21] Bérard, Jean: L'expansion et La Colonisation Grecques,…, S. 12

[22] Bérard, Jean: L'expansion et La Colonisation Grecques,…, S. 13

[23] Finley, Moses; Mack Smith, Denis; Duggan, Christopher; (Brodersen, Kai;Übersetzer): Geschichte Siziliens und der Sizilianer, München 1989, S. 14

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die griechische Kolonisation am Beispiel Italiens
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Veranstaltung
Die Ausbreitung der Griechen in der Mittelmeerwelt und die Entwicklung des geographischen Weltbildes im antiken Griechenland
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
27
Katalognummer
V148842
ISBN (eBook)
9783640593132
ISBN (Buch)
9783640593187
Dateigröße
1195 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Griechenland, Kolonisation, Italien, Mittelmeer, Schwarzes Meer
Arbeit zitieren
Benjamin Faust (Autor:in), 2009, Die griechische Kolonisation am Beispiel Italiens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148842

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