Routen zur Industriekultur im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen


Seminararbeit, 2009

23 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. „Industriekultur“: Erlauterung des historischen Hintergrundes und ein Definitionsversuch
2.1 Der historische Hintergrund des Begriffes
2.2 Ein Definitionsversuch

3. Die „Route der Industriekultur“
3.1 Der thematische Schwerpunkt und die geographische Lage der Route
3.2 Der Aufbau der Route
3.2.1 Ankerpunkte und Besucherzentren
3.2.2 Themenrouten
3.2.3 Arbeitersiedlungen und Panoramen der Industrielandschaft
3.3 Das Informationssystem der Route

4. Die Entstehung der „Route der Industriekultur“

5. Die Bedeutung der „Route der Industriekultur“ als kulturelles Erbe

6. Die Art des Umgangs mit der Vergangenheit - Die Interpretationsansatze und Deutungsmuster der „Route der Industriekultur“
6.1 Der metaphorische Charakter der Route
6.2 Die metonymische Ordnung der Route
6.3 Die synekdochische Ordnung der Route
6.4 Die Verwendung von Ironie bei der Presentation der Objekte der Route
6.5 Die allgemeine Interpretationsansatz der „Route der Industriekultur“

7. Die Bedeutung der „Route der Industriekultur“ als Touristenattraktion
7.1 Strukturelle und marketing-orientierte Besonderheiten der Route
7.2 Der touristische Erfolg der Route und Ausbaumoglichkeiten

8. Weitere Routen der Industriekultur im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen
8.1 EnergieErlebnis Rheinland
8.2 Netzwerk Industriekultur Bergisches Land e.V
8.3 Bergischer Ring e.V
8.4 Museumsinitiative in OWL e.V
8.5 Markische StraBe Technischer Kulturdenkmaler
8.6 Arbeitsgemeinschaft technikhistorischer Museen in Sudwestfalen (AR.TE.M.I.S.)
8.7 Euregio Maas-Rhein
8.8 ERIH - The European Route of Industrial Heritage

9. Fazit

10. Bibliographie

1. Einleitung

„Hochofen, Gasometer oder Forderturme pragen bis heute das Gesicht des Ruhrgebiets. Sie sind wichtige Zeugen der 150-jahrigen industriellen Vergangenheit des Reviers, aber auch des sich vollziehenden Strukturwandels. Denn die ehemaligen Produktionsstatten - nicht wenige davon stehen unter Denkmalschutz - sind keine Orte wehmutiger Erinnerung, sondern haben sich langst zu "lebendigen" industriekulturellen Raumen und attraktiven Veranstaltungsorten mit touristischer Anziehungskraft entwickeltd...]"1

Dieses Zitat von der Internetseite der „Route der Industriekultur“ erlautert, was die Route prasentieren will, und umfasst ebenso, worum es in dieser schriftlichen Ausarbeitung gehen wird. So soll hier vor allem die „Route der Industriekultur“ vorgestellt und beschrieben werden. Zu Beginn wird allerdings erst der Begriff „Industriekultur“ naher beleuchtet und in seinen historischen Hintergrund eingebettet, woran sich ein Definitionsversuch dieses weit gefassten Begriffes anschlieBt. Danach werden das Themenspektrum und der Aufbau der „Route der Industriekultur“ ausfuhrlich dargestellt. AuBerdem soll die Entstehung der Route kurz skizziert und dann die Bedeutung der Route als kulturelles Erbe in den Blick genommen werden. Des Weiteren soll die Prasentationsweise der Route analysiert und ihre Interpretationsansatze und Deutungsmuster herausgearbeitet werden. Im Anschluss soll noch auf die Bedeutung der Route der als Touristenattraktion eingegangen werden. AbschlieBend werden stichpunktartig weitere Routen der Industriekultur im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen dargestellt.

2. „Industriekultur“: Erlauterung des historischen Hintergrundes und ein Definitionsversuch

Als im Jahr 2000 die Besucher der „Route der Industriekultur“ befragt wurden, was sie mit dem Begriff „Industriekultur“ verbinden, assoziierten ihn 59 % der Befragten mit „SpaB“ und 53 % mit Erlebnis; 48 % der Besucher hatten ein „spezielles Interessen an Einrichtungen“ und 44 % verbanden „Industriekultur“ mit „allgemeine[m] Freizeitinteresse“. 2 Der Besuch der „Route der Industriekultur“ wurde nicht nur als „reine Informationsvermittlung“ bewertet, sondern auch als „sinnliches Erlebnis und Moglichkeit zur sinnvollen Freizeitgestaltung“.3 Vier Jahre zuvor, und somit drei Jahre vor Eroffnung der Route, brachten 27% der Befragten den Begriff mit „Bergbau“ und 23 % mit Industriegeschichte in Verbindung; weiterhin assoziierten je 5 % den Begriff mit „Strukturwandel“ und „Erlebbarkeit“.4 Dies zeigt zum einen, dass „Industriekultur“ einen groBen Bedeutungsbereich umfasst, und zum anderen, dass sich die Wertung des Begriffes offenbar in der Wahrnehmung der Menschen innerhalb dieses Zeitraumes gewandelt hat.

2.1 Der historische Hintergrund des Begriffes

Tatsachlich hat sich die Bezeichnung „Industriekultur“ erst in den 90er Jahren entwickelt, in einer Zeit, in der im verstarkten MaBe Industrieanlagen vor dem Verfall gerettet, musealisiert oder anderweitig genutzt wurden.5 Die industrielle Vergangenheit ist seitdem positiv „als Wurzel und Motor fur neue Innovationskraft im Strukturwandel“6 gesehen worden. In diesem Zusammenhang entwickelten sich Konzepte und Ideen, die sich im Begriff „Industriekultur“ niederschlugen. Grutter argumentiert, dass man die „Industriekultur“ „heute geradezu als ,Leitkultur’ des Ruhrgebietes bezeichnen kann“7.

Der historische Hintergrund der Entwicklung der „Industriekultur“ ist mit der Kohle- und Stahlkrise in den 1960er und 70er Jahren verbunden, seit der viele Industrieareale ihre Produktion aufgaben und abgerissen wurden.8 Diese Entwicklung sturzte das Ruhrgebiet in eine tiefe Identitatskrise, da sich die Region „als Zentrum industrieller Massenproduktion“ verstand und die ehemalige groBe okonomische Leistungskraft dieses Wirtschaftsraumes im Zuge der Krise versiegte und die Region einen Strukturwandel zur Dienstleistungsgesellschaft durchmachte.9 Diese Erschutterung des Selbstverstandnisses fuhrte „zu einer kulturellen Mobilisierung der Vergangenheit und einer volligen Neubewertung ihrer materiellen Hinterlassenschaft“10. So wurden stillgelegte Industrieanlagen seit den 80er Jahren erhalten und entwickelten sich „innerhalb weniger Jahre zu Symbolen der Industrialisierung“.11 Bis Ende der 90er Jahre wurden die „im gesamten Ruhrgebiet zerstreuten Anlagen zusammengefasst und durch die ,Route der Industriekultur’ miteinander verbunden“12 ; neben dieser Route gibt es auch weitere Institutionen und Routen, die „Industriekultur“ betreiben.13

2.2 Ein Definitionsversuch

Der Begriff „Industriekultur“ bezeichnet einerseits die Beschaftigung mit der Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters, mit der Technikgeschichte, der Sozialgeschichte der Arbeit, der Architekturgeschichte der Fabriken und der Entwicklung des geographischen Raumes, also des Industriereviers bzw. der Industriestadt.14 Andererseits steht er auch fur die Nutzung der alten Standorte als „Ressourcen fur die Zukunft“.15 So bieten diese Raum fur „museale Erinnerungen, Kreativitat, Kunst und Kultur“16. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Denkmalpflege, die Betrachtung der Anlagen als kulturelles Erbe:

„So wie die Kathedralen der Gotik Menschen und Stadt Lebensraum und Identitat vermittelten, so gaben Zechen und Hutten dies dem Industrierevier.“17

Neben der musealen Erinnerung erfullen die Orte zudem eine weitere Funktion durch die Umnutzung der Anlagen in okonomischer Hinsicht als Standorte fur Dienstleistungen und neue Produkte.18 Hier ist auch der Industrietourismus ein bedeutender Faktor und bildet einen „Bestandteil zukunftsorientierter regionaler Strukturkonzepte“.19 Eine zentrale Rolle in der „Industriekultur“ spielt im Allgemeinen also die Einbettung der alten industriellen Anlagen in die moderne Dienstleistungsgesellschaft, in der sie aktuelle, sinnvolle Funktionen erfullen und gleichzeitig an Vergangenes erinnern.

In Verbindung mit dem „Industrietourismus“ bekommt der Begriff „Industriekultur“ schlieBlich weitere Bedeutungsfelder, wie zum Beispiel „Erlebbarkeit“, „SpaB“ und „Freizeitgestaltung“, wie sie die Besucher der „Route der Industriekultur“ laut der Befragung wahrgenommen haben. Der Wandel der vorrangigen Assoziationen in den Befragungen von 1996 und 2000 lasst sich auch damit erklaren, dass sich der Industrietourismus erst mit der Eroffnung der Route in groBerem MaBe entwickelt hat. Die Internetseite der „Route der Industriekultur“ wirbt mit dem Slogan: „Das industrielle Erbe der Region erleben“20. Auch hieraus wird deutlich, dass „Industriekultur“ nun in groBem MaBe mit „Erlebbarkeit“ assoziiert wird. Da immer noch Potentiale zum Ausbau des Tourismus bestehen21, ist es auch denkbar, dass sich hier weitere Bedeutungen hinzutreten konnen.

Historisch betrachtet beschreibt „Industriekultur“ zudem auch keine abgeschlossene Epoche, sondern stellt eine „sich wandelnde und immer wieder neu zu fassende Interpretation der Vergangenheit“22 dar, da sich „Industrie“, „Kultur“, und auch die Inszenierung der „Industriekultur“ fortlaufend entwickeln.

3. Die „Route der Industriekultur“

3.1 Der thematische Schwerpunkt und die geographische Lage der Route

Die Route berichtet visuell von der Geschichte des Ruhrgebietes im Industriezeitalter und prasentiert dessen Entstehung, Entwicklung und Wandel:23

„In ihrer Gesamtheit erzahlt die Route der Industriekultur die groBe Geschichte der Entstehung, des Aufstiegs und des Wandels einer Industrieregion, mit ihren Anfangen im fruhen Bergbau und der Metallverarbeitung in den Ruhrbergen, ihrem Hohepunkt in der Hochphase der Montanindustrie mit den Tiefbauzechen, Kokereien, Hochofen und der Schwerindustrie und ihrem (vorlaufigen) Abschluss in der Bergbau- und Stahlkrise, im Strukturwandel zur Dienstleistungsgesellschaft und in der Umwandlung von Industrieanlagen zu Denkmalern.“24

Dabei werden die Bereiche und Phasen der Industrialisierung an verschiedenen Originalschauplatzen demonstriert und interpretiert.25 So werden zum Beispiel neben anderen Standorten und Themen das vorindustrielle Handwerk und die Fruhindustrialisierung im Freilicht-Museum Hagen gezeigt, die Anfange des Bergbaus in der Zeche Nachtigall in Witten, und Hochphase des Ruhrbergbaus in der Zeche Zollern in Dortmund. Die DASA (Deutsche Arbeitsschutzausstellung) zeigt schlieBlich die Veranderung der Arbeitswelt.26

Die Route bezieht sich in ihrer Darstellung nicht nur Dauerausstellungen und -prasentationen mit ein, sondern auch zeitlich begrenzte kulturelle Attraktionen in der Region, „die in steigender Zahl eben auch in Raumlichkeiten der Standorte entlang der Route stattfinden“27. Auf der Internetseite der Route gibt es hierfur unter Rubrik „Route aktuell“ einen Veranstaltungskalender, der uber Ausstellungen, Fuhrungen, Touren und Feiern an den Standorten informiert.28

Die „Route der Industriekultur“ umfasst eine Strecke von 400 km.29 Geographisch betrachtet, lasst sich der Kern der „Route der Industriekultur“ allgemein im Raum zwischen den Flussen Emscher bzw. dem Rhein-Herne Kanal im Norden und der Ruhr im Suden festmachen; die westliche Grenze bildet der Rhein, und im Osten endet die Route in Hamm.30 Von den Ankerpunkten her gesehen wird dieser geographische Rahmen allerdings teilweise etwas uberschritten, wie z.B. im Suden durch die Standorte in Hagen (Hohenhof und Freichlichtmuseum).31

[...]


1 URL: http//:www.route-industriekultur.de, 18.07.09.

2 Vgl. Heinrich Theodor Grutter: Bausteine der Geschichte - Die Route der Industriekultur. Industriegeschichte als kulturelles Erbe, in: Forum Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, 1/04, Essen 2004, S. 18.

3 Vgl. ebd.

4 Vgl. ebd.

5 Vgl. ebd. S. 13

6 Ebd.

7 Ebd.

8 Vgl. Grütter, S. 12

9 Vgl. ebd.

10 Ebd.

11 Vgl. ebd.

12 Ebd.

13 Anm.d. Verf.: siehe dazu Kapitel 8.

14 Vgl. Heupel, Karl. URL: http://www.karl-heupel.de/kh/architektur/was_ist.htm, 18.07.09.

15 Ebd.

16 URL: http://www.industriekultur.de, 18.07.09.

17 Heupel, URL: http://www.karl-heupel.de/kh/architektur/was_ist.htm, 18.07.09.

18 Vgl. URL: http://www.industriekultur.de, 18.07.09.

19 Vgl. Heupel.

20 URL: http://www.route-industriekultur.de/, 18.07.09

21 Anm. d. Verf.: siehe hierzu Kapitel 7.

22 Grutter, S. 16.

23 Vgl. Grutter, S. 16.

24 Ebd. S. 15.

25 Vgl. ebd.

26 Vgl. ebd.

27 Gunnar Sandkuhler, Beate Olmer: Routen zur Industriekultur in Nordrhein-Westfalen, in: Franz-Josef Jelich (Hg.): Wegweiser zu industrie- und sozialgeschichtlichen Museen und Dauerausstellungen in Nordrhein- Westfalen, Essen 2005, S. 499.

28 Vgl. URL:http://www.route-industriekultur.de/kalender/, 18.07.09.

29 Vgl. Sandkuhler/Olmer, S. 498.

30 Vgl. ebd. S. 495.

31 Vgl. ebd. S. 498.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Routen zur Industriekultur im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Neuere und Neueste Geschichte)
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
23
Katalognummer
V148713
ISBN (eBook)
9783640665976
ISBN (Buch)
9783640666188
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
23 Seiten.
Schlagworte
Routen, Industriekultur, Ruhrgebiet, Nordrhein-Westfalen
Arbeit zitieren
Christina Gieseler (Autor:in), 2009, Routen zur Industriekultur im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148713

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