Das Wirken der Schönheit im Erec Hatmanns von Aue


Seminararbeit, 2009

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Fragestellung und Zielsetzung

2 Die Schönheit und ihre Geschichte
2.1 Zwischen antiker und biblischer Tradition
2.2 Die Schönheit in der höfischen Epik

3 Das Wirken der Schönheit im „Erec“
3.1 Die Kongruenz von Schönheit und Kraft
3.2. Schönheit und Luxuria
3.2.1 Das Verligen in Karnant
3.2.2 Die erste Grafenaventiure
3.2.3 Joie de la court
3.3 Gültigkeit des Ausgangsschemas

4 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Fragestellung und Zielsetzung

„Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ heißt es, wenn zwei oder mehr Menschen eine unterschiedliche Auffassung von dem haben, was denn schön sei. Und auch wenn viele Wissenschaftler des 21. Jahrhunderts der Überzeugung sind, dass es eine prototypische Vorstellung von dem gibt, was wir als ästhetisch empfinden, so ist dies allenfalls eine synchrone, jedoch keine diachrone Perspektive.

Von der Venus von Willendorf über antike Statuen bis hin zu den Modezeitschriften von heute haben sich Menschen immer daran versucht, Schönheit zu definieren und auch wenn die genannten Beispiele diesen Eindruck erwecken, geht es dabei nicht immer nur um reine Äußerlichkeiten.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der mittelalterlichen Vorstellung von Schönheit, ihrer Rezeption aus der Antike und ihrer Funktion und Wirkung in der mittelalterlich höfischen Kultur und Literatur am Beispiel des „Erec“ von Hartmann von Aue. Dabei soll im Vorfeld ein Schönheitsbegriff entwickelt werden, der als Grundlage für die Analyse des Textes dient und letztlich auf seine Gültigkeit hin überprüft werden soll.

Zentrale Frage ist also die, nach der Wirkung der mittelalterlich ästhetischen Betrachtungsweise auf die höfische Epik. Um diese Frage beantworten zu können, gilt es herauszufinden, welche Bedeutung die Schönheit im Mittelalter hatte, was die Frage der Herkunft impliziert. Beides ist Inhalt des folgenden Kapitels.

2 Die Schönheit und ihre Geschichte

2.1 Zwischen antiker und biblischer Tradition

Bei der Betrachtung von Katalogen und Hochglanzmagazinen wird sich manch einer an antike Vorbilder wie die - Venus von Milo - im Louvre oder die - Augustusstatue - im Vatikan erinnert fühlen. Dabei ist hier aber nicht der Vergleich von Äußerlichkeiten gemeint, sondern die Tendenz ein idealisiertes Menschenbild zu schaffen. Was heute vermutlich eher der Auflagenstei-gerung von Zeitschriften dient, war im Altertum eine philosophische Dis- ziplin, die in der Architektur, Malerei und Bildhauerei rege Anwendung fand. Polyklet, ein griechischer Bildhauer, schuf im 4. Jahrhundert v. Chr. eine Figur, in der er die idealen Maße des menschlichen Körpers realisierte. Die prozentualen Proportionen zwischen den Teilen des Körpers zum Ganzen wurden drei Jahrhunderte später durch Vitruv festgelegt. (vgl. Eco 2007, 23)

Diese Auffassung hatte damals bereits sehr prominente Vorväter. Bringt man den Namen Pythagoras mit dem Begriff congruentia in Verbindung, so wird das Mathematische dieser Vorstellung schnell deutlich. (vgl. Eco 1991, 49) Aber was bedeutet die Haltung antiker Philosophen für das Mittelalter? Antike Traditionen sind immer wieder Teil der Überlegungen der Menschen im Mittelalter sowie in der Neuzeit. Ganze Literaturepochen orientieren sich an den Vorbildern des Altertums und sogar unser Bildungssystem ist verwandt mit den antiken - septum artes liberales -. Da verwundert es nicht, dass die Schönheitsvorstellung im Zeitalter der Mitte keine Neuschöpfung war. Wenn gesagt wird, dass die mittelalterliche Kultur „(…) in gewisser Hinsicht (…) eher ein Kommentar zur kulturellen Tradition (…)“ ist (Eco 1991, 16), so trifft dies auch auf deren ästhetische Probleme zu. (vgl. Eco 1991, 16)

Besonders der spätantike Autor Pseudo-Dyonisus Areopagita hatte großen Einfluss auf das Mittelalter. (vgl. Eco 2007, 43) In seinem Werk Die Namen Gottes ist Schönheit göttliche Natur, die sich auf alles in der Welt ausbreitet. (vgl. Die Namen Gottes, IV, 7, 135) Das Mittelalter baut auf dieser Vorstellung auf und versucht von der sinnlich wahrnehmbaren Schönheit zur übersinnlichen, also der Schönheit Gottes zu gelangen. Dieses Model verarbei-teten alle mittelalterlichen Autoren in ihren Werken. (vgl. Eco 2007, 44) So betrachtet auch die Scholastik Schönheit als ein Attribut Gottes. Die Defi-nition dessen, was schön ist, wird hier also durch den Begriff der intelligiblen Schönheit erweitert, einer geistigen und psychologischen Betrachtung des nicht sinnlich Wahrnehmbaren. (vgl. Eco 1991, 17)

Im Gegensatz zur Antike ist das Mittelalter christlich geprägt. Deshalb spielen auch biblische Traditionen neben den antiken eine große Rolle. „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ (Deutsche Bibelgesellschaft 1999, Genesis V. 31) Wenn nun die gesamte Schöpfung schön ist und Gott alles, was er geschaffen hat, für gut befindet, dann besteht ein Zusammenhang zwischen dem Schönen und dem Guten. (vgl. Eco1991, 34) Diesen Zusammenhang erkennt, wenn auch etwas dif-ferenzierter, Augustinus, einer der ersten christlichen Philosophen, in „De natura boni“. Er kombiniert hier die Vorstellung von Schönheit als - congruentia - mit der Schöpfung Gottes und die damit verbundene Auffassung, dass alles gut ist, was der Herr geschaffen hat. Für ihn ist Schönheit kein überhöhtes Ideal, sondern die Angemessenheit der Dinge, also ihr Maß. Augustinus vergleicht den Affen mit dem Menschen und kommt zu dem Schluss, dass ebenso der Affe schön ist, weil seine Glieder gleichmäßig sind und miteinander harmonieren. (vgl. Eco 2007, 44f, 48), (vgl. Sachs, Badstübner, Neumann 2004, 50f) Augustinus hat damit eine der bedeutendsten Definitionen der Schönheit für das Mittelalter geschaffen. Hier wird sehr deutlich, wie die antike Vorstellung von der Angemessenheit der Proportion mit der christlichen Weltdeutung Hand in Hand geht. Der Einfluss Augustinus er-streckt sich noch weit bis in die Neuzeit. (vgl. Sachs, Badstübner, Neumann 2004, S. 50f) Es gilt nun herauszufinden, welche Bedeutung die Schönheit für die mittelalterlich höfische Literatur hat. Dies soll Problem des folgenden Kapitels sein.

2.2 Die Schönheit in der höfischen Epik

Im 12. Jahrhundert trat eine Wandlung in der mittelalterlichen Dichtung ein. Das Rittertum hatte sich zu einer Kulturgesinnung entwickelt und suchte nach literarischen Ausdrucksformen. Das Zentrum dieser Literatur war das Epos. In ihm wurden Liebesgeschichten sowie religiöse Motive neben Helden-themen verarbeitet. Autoren dieser Epoche waren abhängig von der Gunst von Mäzenen, demnach richtete sich auch die Literatur nach deren Bedürfnissen. Und während das Rittertum an Kraft und Glanz gewinnt, werden auch die Werke der damals lebenden Schriftsteller immer prunkvoller und die Figuren in den höfischen Epen erhöhen das Menschenbild, wobei hier kein allgemeines, sondern ein adliges Bild geschaffen wird. Neben Prunk und Glanz fehlt es allerdings noch an einem, einer Ahnenschaft auf die sich die Ritter beziehen konnten. Eine blaue Blutlinie, die sich von antiken Helden bis zu den Adligen dieser Zeit erstreckt. Diese Genealogie in der mittelalterlichen Auftragskunst soll einen Beweis für den Anspruch der Adligen auf Wohlstand und Macht erbringen. Dabei wird sich sowohl auf, wie bereits erwähnt, antike Helden bezogen, dies findet sich auch im „Erec“ Hartmanns von Aue, wie zum Beispiel „ das lange Lied von Troja“ (Aue 2007, V. 7545ff),, ,was auf dem Sattel Enites Pferd verewigt ist, als auch französische und keltische Vorbilder, wie auch Erec ein Held der keltischen Artusrunde ist und aus dem Französischen ins Deutsche tradiert wurde. Der Bezug zur Antike ist also auch hier wieder gegeben. (vgl. Martini 1991,37ff)

Wie im vorigen Kapitel erwähnt wurde, haben sich alle mittelalterlichen Autoren mit dem Konzept des Pseudo-Dionysius Areopagita auseinandergesetzt und es in ihren Werken verarbeitet. Betrachtet man dies nun unter den Gesichtspunkten von Augustinus und der Genealogie des erstarkenden Rittertums, so ergeben sich für die höfische Literatur verschiedene Perspektiven auf Schönheit. Zum einen ist Schönheit im antiken Sinne das Gleichmaß, die Angemessenheit. Dies überträgt sich ins Mittelalter und wird durch das Christentum erweitert. Das führt zur Unterscheidung zwischen realer und intelligibler Schönheit, also die sinnliche und übersinnliche bzw. göttliche Schönheit. Dazu kommt die Schöpfungsgeschichte, unter deren Aspekt die gesamte Schöpfung gut ist. Demnach ist im mathematischen Sinne - Gut gleich Schön - . Auch ein Blick in das „ Wörterbuch der christlichen Ikonographie“ zeigt, dass Schönheit ein Attribut Gottes ist und gleichsam mit Maria, der Mutter Gottes in Verbindung gebracht wird. (vgl. Sachs, Badstübner, Neumann 2004, 314)

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Wirken der Schönheit im Erec Hatmanns von Aue
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Literaturgeschichte
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
13
Katalognummer
V148670
ISBN (eBook)
9783640592685
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schönheit, Erec, Enite, Hartmann von Aue, höfische Epik, antike Motive, Mittelalter
Arbeit zitieren
Peter Maring (Autor:in), 2009, Das Wirken der Schönheit im Erec Hatmanns von Aue, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148670

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Wirken der Schönheit im Erec Hatmanns von Aue



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden