Authenticity sells: Verkaufserfolg und die Rolle des ersten authentischen Eindrucks eines Verkäufers


Diplomarbeit, 2009

64 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Hintergrund
2.1 Authentizität
2.1.1 Allgemeines Begriffsverständnis
2.1.2 Authentizität in der Ökonomie
2.2 Der erste Eindruck
2.3 Personenwahrnehmung
2.3.1 Primacy-Effect
2.3.2 Implizite Persönlichkeitstheorien
2.4 Stand der Forschung

3 Forschungsfrage und Hypothesen
3.1 Kompetenz
3.2 Produkterlebnis
3.3 Vertrauen
3.4 Kaufbereitschaft
3.5 Hypothesen

4 Methode
4.1 Stichprobe
4.2 Versuchsaufbau
4.3 Methodik
4.3.1 Unabhängige Variable
4.3.2 Abhängige Variable
4.3.3 Störvariablen

5 Ergebnisse

6 Diskussion

Anhang

Literatur

1 Einleitung

„Die Krise verändert Kundenerwartungen“. So lautet die Überschrift einer Studie über die Auswirkung der Finanzkrise auf die Kundenerwartungen an das ideale Unternehmen und auf die Wertvorstellungen der Bevölkerung. Diese repräsen­tative Studie des BBDO Consulting (2009) zeigt die Wichtigkeit eines glaubwür­digen Verkäufers. Dieser steht mit 57 Prozent an erster Stelle bei der Frage nach den bedeutendsten Werten eines Unternehmens. Die Finanzkrise und der dadurch ausgelöste Abschwung zwingen den Konsumenten zu Sparmaßnah­men. Die Angebote werden sehr gewissenhaft studiert, um das beste Preisleis­tungsverhältnis zu finden. Um dem Abschwung entgegenzuwirken zählt die Entwicklung neuer Konzepte zur Kundengewinnung zu den wichtigsten Ver­triebsmanagement-Aufgaben bis 2010. Dies wird in einer Studie der Deutschen Verkäufer Schule (2008) als erste Priorität eines Unternehmens genannt. Sinkt die Kaufkraft, ist die Fokussierung auf die Kundenbindung von großer Bedeu­tung. Den Rückgang abzufangen ist auch für den Wintersport eine schwierige Aufgabe. Dieser Markt nimmt mit 12 Prozent eine wichtige Rolle in der Sport­branche ein. Laut einer Studie von bbw Marketing Dr. Vossen & Partner (2009) verliert die Wintersportbranche allerdings ihre Kunden. Deshalb sind die per­sönliche Beratung und ein guter Service im hart umkämpften Sporteinzelhandel eine gute Möglichkeit sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Dementspre­chend entwickelt sich der Verkäufer zum Schlüsselkriterium für jedes Sport­fachgeschäft der Wintersportbranche.

Schon 2007 spielte der Verkäufer für acht von zehn Kunden eine große Rolle beim Erwerb der Produkte. Nach einer Studie des österreichischen Marktfor­schungsinstitutes Spectra (2007) geben 84 Prozent der Befragten an, sich bei der Informationssuche über den gewünschten Artikel an das Verkaufspersonal zu wenden. Der Verkäufer übt bei 81 Prozent sogar einen wesentlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung aus. Ausschlaggebend ist dabei oft der erste Ein­druck, den der Verkäufer dem Konsumenten vermittelt. Die Informationen des ersten Eindrucks bestimmen unser Handeln und somit auch den Kaufentschei­dungsprozess. Ist der erste Eindruck glaubwürdig, kann der Verkäufer auf An­hieb überzeugen und bindet dadurch auch den Kunden an das Unternehmen. Die Authentizität ist deshalb einer der Schlüssel für den Weg aus der Krise.

2 Hintergrund

2.1 Authentizität

Authentizität ist ein sehr komplexer Begriff, der von jedem Wissenschaftsgebiet unterschiedlich interpretiert wird. Es ist jedoch möglich eine generelle Bedeu­tung herauszufiltern. Im Folgenden wird zuerst eine allgemeine Annäherung an ein Begriffsverständnis der Authentizität gegeben. Anschließend erfolgt die Darstellung der geschichtlichen Entwicklung, um am Ende die Verwendung des Begriffs Authentizität im ökonomischen Zusammenhang zu erläutern.

2.1.1 Allgemeines Begriffsverständnis

Die Bedeutung von Authentizität ändert sich über die Zeit, da sie von kulturellen Wertvorstellungen beeinflusst wird. Sie wird daher als dynamisches Konzept mit einem reichen begrifflichen Assoziationsfeld verstanden (Goldman & Papson, 1996).

„Unabhängig davon, ob der Begriff der Authentizität politisch, philosophisch, philolo­gisch, psychologisch oder aber ästhetisch definiert wird, weist er in seiner heutigen Ausprägung einen kleinsten gemeinsamen semantischen Nenner auf, der die Bestimmungsmerkmale der Ursprünglichkeit, Unverfälschtheit, Echtheit und Wahrhaftigkeit enthält“ (Menke, 2006, S. 83).

Im heutigen Hochdeutsch wird das Adjektiv „authentisch“ definiert als „echt“, „den Tatsachen entsprechend“ und daher „glaubwürdig“ (Duden, 1993). Die Bedeutung des Substantivs „Authentizität“ lässt sich mit den Begriffen „Echt­heit“, „Glaubwürdigkeit“ und „Z]uverlässigkeit“ beschreiben (Brockhaus, 1980). Nach Deutschland kam die Bezeichnung erst im 16. Jh. und bezog sich dabei auf die Rechtmäßigkeit von Schuldscheinen und Testamenten (Kalisch, 2000). Im 17. und 18. Jh. prägt sich der Terminus durch die Gesellschaft. Die Moral­vorstellungen werden nicht mehr von den Institutionen beeinflusst. Der aufgek­lärte Mensch soll sich frei entfalten. Während des 18. und 19. Jh. findet der Be­griff erstmals Anwendung in der Kunst und Literatur. In diesem Zusammenhang versteht man unter authentisch, wenn das Werk dem Künstler bzw. dem Autor entspricht und sich somit als Original darstellt. „Authentizität hat sich bis zur heutigen Moderne als konstituierendes Merkmal entwickelt, für das die Syno­nyme Unmittelbarkeit, Unverfälschtheit, Unverstelltheit, und Wahrhaftigkeit ste­hen“ (Knaller, 2006). Die Ausweitung auf verschiedene wissenschaftliche An­wendungsbereiche, beispielsweise der Ökonomie, bringt im 20 Jh. neue Bedeu­tungen des Begriffs „Authentizität“ mit sich.

2.1.2 Authentizität in der Ökonomie

In der Ökonomie gewann Authentizität erst in den letzten Jahren mehr an Be­deutung. Nachdem die Wirtschaft nicht mehr kontinuierlich ein Umsatzplus ver­sprach, hat sich das Marketing neue Wege gesucht, um den Abwärtstrend auf­zuhalten. Durch das Überangebot von Produkten mussten neue Alleinstel­lungsmerkmale gefunden werden, um sich gegen die Konkurrenz zu behaup­ten. Das war der Startschuss für die Authentizität als Marketinginstrument. Dies geht sogar soweit, dass Gilmore (2009, Abs.7), zitiert nach Egli, einen Trend zu einem vierten Wirtschaftssektor sieht, in dessen Mittelpunkt die Authentizität steht:

„Nach dem primären Sektor (Landwirtschaft), dem sekundären (Industrie) und dem ter­tiären (Dienstleistungen) beschäftige sich in der ,Erlebniswirtschaft' ein neuer Zweig mit der Herstellung erinnerungswürdiger Ereignisse: dem Erschaffen von Authentizität. ,Was nicht au­thentisch ist, muss authentisch gemacht werden'.“

Dieser Leitsatz findet in der Werbung, der Markenpositionierung und selbst bei den Mitarbeitern eines Unternehmens Anwendung.

Eine große Rolle spielt die Authentizität im Marketing. Das Ziel des authenti­schen Marketings ist es, der inszenierten Welt der Werbung entgegenzuwirken, in der die Firmen ihr Produkt als das Beste und Nützlichste darstellen. Dies führt oft zu Irreführung, Täuschung und nicht zuletzt zu Enttäuschung. Bei­spielsweise erhält der Konsument durch einen TV-Spot ein Produktverspre­chen, das eine gewisse Erwartungshaltung auslöst. Mit dieser Vorstellung er­wirbt er das Produkt. Entspricht dieses nicht den Erwartungen, geht die Authen­tizität verloren. Dieses Phänomen wird von Gilmore und Pine II (2007, S.2), wie folgt beschrieben: „When it comes to the Is What It Says It Is standard of au­thenticity, the easiest way to perceived as phony is to advertise things you are not"

Eine weitere Verwendung der Authentizität findet sich in der Markenpositionie­rung. Nicht nur das Produkt, sondern auch die Marke soll Authentizität aus­strahlen. Diese Diskussion wurde vermehrt nach dem Aufkommen von soge­nannten Me-Too-Marken entfacht. Da diese Konkurrenzprodukte sich oftmals von der Funktionalität der ursprünglichen Marke kaum unterscheiden, war es ein Anliegen, durch die Marke auch die Originalität zu konstatieren. Jenner for­muliert die empfundene Wahrhaftigkeit der proklamierten Markenpersönlichkeit als Definition von Marken-Authentizität (Jenner, 2007). Diese Definition wurde von Burmann und Schallehn erweitert: „Marken-Authentizität bezeichnet die empfundene Wahrhaftigkeit des proklamierten Markennutzens (Markenpositio­nierung)“ (Burmann & Schallehn, 2008, S. 44). Durch diese Wahrhaftigkeit kann sich die Marke behaupten. Neben einer gut überlegten Markenpositionierung sind auch die Führungskräfte für ein erfolgreiches Unternehmen obligatorisch.

Eine Studie der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft (2003) identifiziert Authentizität als wichtiges Merkmal einer Führungskraft. In Krisenzeiten wird die Wahrhaftigkeit von den 267 Befragten mit über 60 Prozent als wichtigste Kom­petenz, noch vor Begeisterungsfähigkeit und Belastbarkeit, genannt. Authentizi­tät wird aber nicht nur von Führungskräften sondern auch von den Arbeitneh­mern hoch geschätzt. Eine Umfrage der Human-Resources-Beratung Deve­lopment Dimensions International (2006) mit 900 befragten Mitarbeitern hat er­geben, dass Ehrlichkeit und Authentizität an zweiter Stelle bei den Eigenschaf­ten eines guten Chefs stehen.

Nicht nur Führungskräfte und Mitarbeiter beschäftigen sich mit der Authentizität, dieser Begriff hat auch Einzug in die Personalabteilung gefunden. „Authentizität auch - oder gerade - in der Wirtschaft als Schlüsselmerkmal für Erfolg und konstruktiven Wandel zu erkennen und zu handhaben dürfte die Herausforde­rung an uns Personaler für die nächsten Jahre sein“ (Rosenfeld, 2005, Abs.4). Eine echte und überzeugende Unternehmensstrategie wirkt sich auch positiv auf die Konsumenten aus.

Speziell der Verkäufer, der direkten Kontakt zum Kunden hat, muss überzeu­gen. Ein authentischer Verkäufer wird in der Literatur nur im Hinblick auf sein Handeln dargestellt. Vialon und Hajek schreiben in ihrem Buch „authentisch verkaufen“, dass das nonverbale Verhalten mit dem verbalen übereinstimmen muss, um authentisch zu sein (Vialon & Hajek, 2008). Gitomer dagegen defi­niert Authentizität über den Bekanntheitsgrad (Gitomer, 2005). Es gibt bislang jedoch keinen Ansatz, der von dem Produkt ausgeht, welches zu seinem Ver­käufer passen sollte. In dieser Arbeit werden die Auswirkungen dieser „Pro­duktauthentizität“ des Verkäufers herausgestellt. Dabei bleibt dem Verkäufer meist nur der erste Eindruck, um sich als authentisch darzustellen.

2.2 Der erste Eindruck

In der Ökonomie spielt der erste Eindruck ebenfalls eine große Rolle. Bei einem Vorstellungsgespräch entscheidet oft der erste Eindruck über den Erfolg.

„Gerade die allerersten Eindrücke, die von einer Person gewonnen werden, sind von nachhaltiger Wirkung. Es ist für sie als Beurteiler wie auch für den Bewerber gleichermaßen schwierig, die allfällige Fehleinschätzung des „ersten Eindrucks“ zu revidieren“ (Aigner & Bauer, 2008, S.81).

„Der „erste Eindruck“ als Vorabeinschätzung und Erwartungshaltung entsteht schon bei flüchtiger Kontaktaufnahme von Personen. Er bestimmt wesentlich das individuelle Vorgehen bei der folgenden Informationssammlung und organisiert Inhalt, Ausmaß und Form späterer Wahrnehmungen, Beobachtungen und Interaktionen“ (Martin & Wawrinowski, 1993, S. 94).

Gehrer (2005) bestimmt fünf Merkmale (vgl. Tab. 1), die als Definition des ers­ten Eindrucks herangezogen werden:

Tabelle 1: Merkmale des ersten Eindrucks

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hofstätter (1977) beschreibt das Phänomen des ersten Eindrucks wie folgt:

„die Tatsache, daß die Wahrnehmung vieler Gegenstände und Lebewesen bei uns ganz unmittelbar und ohne Mitwirkung des Denkens eine positive oder negative Stellungnahme bzw. Urteile auslöst, die weit über den sinnlich feststellbaren Sachverhalt hinausgehen“ (Hofs­tätter, 1977, S. 306).

Der erste Eindruck wird in enorm kurzer Zeit geprägt, deshalb ziehen Personen in erster Linie äußere, nonverbale Reize wie physische Erscheinung, Gestik, Mimik, Körperhaltung und Blickkontakt, aber auch Umgebungsvariablen als In­formationen zur Eindrucksbildung heran (Anderson, 1998). Mit diesen Urteilen ist das soziale Miteinander überhaupt erst möglich. Aufgrund dessen ist der ers­te Eindruck ein zentrales Thema in der Sozialpsychologie und insbesondere in der Wahrnehmungsforschung.

2.3 Personenwahrnehmung

„Unter Personenwahrnehmung versteht man jene Prozesse, die zur Bildung von Meinungen und/oder Bewertungen (Einstellungen) anderer Personen gegenüber führen. Auf Grund wahr­genommener oder nur angenommener Äußerungen und Handlungen von Menschen gelangt man zu Meinungen über seine Ansichten, Einstellungen, Eigenschaften und seine momentane Stimmung“ (Herkner, 1993, S. 277).

Für die Beurteilung anderer Menschen werden die Informationen gesammelt, zusammengesetzt und zu einem Gesamteindruck verarbeitet.

„Wie die einzelnen Teile zusammengefügt und organisiert werden, um einen kohärenten Gesamteindruck zu bilden, ist immer noch eine umstrittene Frage“ (Mann, Kramer & Lück, 1999, S. 149). In der Wissenschaft gibt es bis heute drei verschiedene Theorien wie Informationen zu einem Gesamteindruck verarbeitet werden. Die erste Theorie geht davon aus, dass jedes Merkmal einer Person summiert wird und daraus ein Gesamtbild entsteht. Erkennt man eine weitere positive Eigenschaft, so wird das Gesamtbild weiter verstärkt. In einer weiteren Theorie werden Informationen zeitgleich gesammelt und daraus der Durch­schnittswert ermittelt. Jedes Merkmal hat dabei die gleiche Gewichtung. Die dritte Theorie, welche von Asch vertreten wird, besagt, dass der Gesamtein­druck nicht einfach nur die Summe oder der Durchschnitt ist, sondern dass der Gesamteindruck noch über die Summe der einzelnen Informationen hinaus­geht. Dabei können einzelne Persönlichkeitsstrukturen von anderen Merkmalen beeinflusst werden, woraus sich dann das Gesamtbild bildet (Fischer & Wies- wede, 2002).

2.3.1 Primacy-Effect

Ein weiteres Experiment von Asch bezieht sich auf den ersten Eindruck, den man von einem Menschen gewinnt. Dieser Primacy-Effect hat eine sehr große Bedeutung in der Wahrnehmung und ist sehr stabil (vgl. Kap. 2.2).

Asch war einer der ersten Sozialforscher, die diesen Effekt bereits 1946 erkannt haben. In seiner Untersuchung hat er den Versuchspersonen eine Aufzählung von verschiedenen Charakteristika von einer fremden Person vorgelegt. Alle Versuchspersonen erhielten identische Informationen, lediglich die Reihenfolge wurde verändert. Die erste Gruppe las: „Intelligent, fleißig, impulsiv, kritisch, halsstarrig und neidisch.“ Die zweite Gruppe erhielt dieselbe Liste, aber in um­gekehrter Abfolge: „Neidisch, halsstarrig, kritisch, impulsiv, fleißig und intelli­gent.“ In dieser Konstellation fiel die Bewertung wesentlich schlechter aus, da die zuerst wahrgenommenen Charakteristika einen größeren Einfluss auf das Gesamtbild der fremden Person ausüben.

„Der Primacy-Effect ist deshalb sehr problematisch, weil man ein Urteil über andere Menschen, bzw. -gruppen fällt, das nicht auf Tatsachen beruht - man kennt ja den Menschen noch nicht -, sondern auf Vermutungen, subjektiven Verallgemeinerungen, Alltagsweisheiten und der gleichen. Oft aber entscheidet der erste Eindruck, wie zum Beispiel bei einem Vorstel­lungsgespräch, über die weitere Laufbahn eines Menschen“ (Hobmair, 1997, S. 14)

Bei der Beurteilung anderer Menschen lassen wir uns nicht nur von ersten Ein­drücken, sondern auch von sogenannten gedanklichen Abkürzungen, den im­pliziten Persönlichkeitstheorien, leiten.

2.3.2 Implizite Persönlichkeitstheorien

Implizite Persönlichkeitstheorien ermöglichen es, viele Menschen gleichzeitig, innerhalb von wenigen Augenblicken, zu beurteilen. Je unbekannter eine Per­son ist, desto mehr spielt die Anwendung kognitiver Abkürzungen eine Rolle (Petersen & Six, 2008). Persönliche Erfahrung und die daraus resultierende Generalisierung sind Grundlage dieser kognitiven Entscheidungen (Mann et al., 1999). Die wahrgenommenen Charakteristika werden herangezogen, um auf weitere Eigenschaften einer fremden Person zu schließen.

„Wir gehen von ein paar bekannten Zügen aus, um zu bestimmen, welche anderen Charakteristika eine andere Person hat. Wenn jemand freundlich ist sagt uns die implizite Per­sönlichkeitstheorie, dass er oder sie wahrscheinlich auch großzügig sei; ähnlich nehmen wir an, dass ein geiziger Mensch auch leicht reizbar sei“ (Aronson, Wilson & Akert, 2009, S. 101).

Implizite Persönlichkeitstheorien zeichnen sich nach Petersen und Six (2008) durch die in Tab. 2 dargestellten vier Aspekte aus:

Tabelle 2: Merkmale der Impliziten Persönlichkeitstheorie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bezüglich der Struktur impliziter Persönlichkeitstheorien muss ein direkter von einem indirekten Ansatz unterschieden werden:

„Der direkte basiert auf der Annahme, dass Beurteiler die Wahrscheinlichkeit zweier Merkmale bei einer Person unmittelbar einschätzen (co-occurrence likelyhood). Es besteht eine Beziehung zwischen Merkmal A (z.B. Höflichkeit einer Person) und Merkmal B (z.B. Freundlich­keit dieser Person). Demgegenüber zeichnet sich der indirekte Ansatz dadurch aus, dass auf der Grundlage minimaler Informationen (z.B. des Fotos einer fremden Person) Beurteiler Ei­genschaftszuschreibungen vornehmen müssen. In gewisser Weise kommen direkte und indi­rekte Ansätze der impliziten Persönlichkeitstheorien zu etwa identischen Merkmalseinschätzun­gen“ (Petersen & Six, 2008, S.73).

Allgemein ist es leichter fremde Personen zu beurteilen, die dem eigenen Cha­rakter ähnlich sind und sympathisch erscheinen (Mann et al., 1999). Dies hat auch große Auswirkungen auf die Bewertung des ersten Eindrucks. „Wir neigen dazu, bei Menschen die uns ähnlich sind, eher Positives und bei Menschen die anders sind als wir, eher Negatives wahrzunehmen“ (Forgas & Frey, 1992, S.21).

Die schnelle Meinungsbildung mittels der impliziten Persönlichkeitstheorie hat eine starke Auswirkung auf das anschließende soziale Verhalten. Deswegen ist es nötig, die Gefahren der kognitiven Abkürzung bewusst zu machen. Es gibt sogenannte Verzerrungen, die den Gesamteindruck beeinflussen. Darunter fällt beispielsweise der Halo-Effekt: „ Wir neigen dazu, Menschen, an denen wir po­sitive Merkmale, z.B. gutes Aussehen, wahrgenommen haben, auch in ganz anderen Bereichen (etwa Motivation und Kompetenz) positiver zu beurteilen“ (Forgas & Frey, 1992, S.63). Eine weitere Verzerrung ist das Denkmuster der Stereotype. Die Eigenschaften eines Individuums gehen dabei verloren. „Ein Stereotyp ist eine verallgemeinernde Annahme über eine Gruppe von Men­schen, die praktisch all ihren Mitgliedern, unabhängig von tatsächlichen Unter­schieden zwischen ihnen, bestimmte Eigenschaften zuschreibt“ (Aronson, Wil­son & Akert, 2009, S. 425). So werden beispielweise Frauen im Allgemeinen als schlechte Autofahrer bezeichnet. Ein ähnliches Schubladendenken weist auch die Kategorisierung auf: „Kategorisierung bedeutet, daß der Beurteiler bestimm­te Aspekte der betreffenden Person in ihm vertraute Kategorien klassifiziert“ (Mann, Kramer & Lück, 1999, S. 145).

Der erste Eindruck ist stets Gegenstand der Sozialwissenschaften. Die anfäng­liche Grundlagenforschung geht auf Asch zurück. Bis heute sind die Ergebnisse nicht eindeutig, daher lässt sich nur schwer eine allgemeingültige Aussage dar­aus formulieren. Weitere Ansätze der Forschung werden im Folgenden Ab­schnitt dargestellt.

2.4 Stand der Forschung

Lennon und Davis (1989) fotografierten 13 Studentinnen, um herauszufinden welche Kategorien zur Eindrucksbildung herangezogen werden. Von einem Drittel der 306 Versuchspersonen wurde eine schriftliche Analyse der Frauen auf den Fotos verlangt. Diese Beschreibungen wurden von zwei Codierern mit einer Übereinstimmung von 81% in fünf Kategorien eingeteilt. Dabei ergaben Physiognomie 35%, Charakter 32%, Verhalten 11%, Demographie 14% und Einstellungen 9%. Aus dieser Studie geht hervor, dass fast 70% der Befragten die Physiognomie und den Charakter als Grundlage zur Eindrucksbildung in den offenen Fragestellungen angegeben haben. In dieser Untersuchung wurde die Kleidung nicht berücksichtigt. Nach Huffaker hat der Kleidungsstil jedoch eine große Bedeutung für die Beurteilung anderer Menschen: „Much of what we believe about others is based on our perception of their appearance. Our focus through dress should be to ensure that we are perceived as practical, well- mannered, competent, ethical and professional” (Huffaker, 2007, S. 11).

Stafford, Leigh und Martin (1995) untersuchten in ihrer Studie die Wirkung der Kleidung bei der Bildung des ersten Eindrucks. Sie bezogen ihre Forschungen auf einen Verkäufer aus der Automobil- sowie der Computerbranche. In dem Experiment mit zweifaktoriellem Design untersuchten sie die Auswirkungen der Kleidung und einer bewertenden Beschreibung des Verkäufers auf die Mei­nungsbildung der Probanden. Dabei stand die Einstellung zum Verkäufer, zum Produkt und zur Kaufabsicht im Fokus. Um ausschließlich den Effekt der Klei­dung festzustellen, wurden den Probanden zwei Fotos vorgelegt. Das eine zeig­te einen nachlässig gekleideten Verkäufer im sportlichen Outfit ohne Krawatte, das andere einen Verkäufer mit Brille im Anzug und Krawatte. Weitere Ver­suchspersonen bekamen dieselben Fotos vorgelegt, mit zusätzlichen Itembatte­rien von negativen Charaktereigenschaften zu dem nachlässig gekleideten Ver­käufer. Der Verkäufer im Anzug hingegen bekam eine positive Beschreibung wie z.B. keinen Druck ausübend, fachlich kompetent, intelligent, zugeordnet.

Bei der abhängigen Variablen „Einstellung gegenüber dem Produkt“ konnte kei­ne Auswirkung der unterschiedlichen Verkäufer, weder mit Verstärkung durch Charaktereigenschaften, noch ohne, festgestellt werden. Hinsichtlich der Ein- Stellung gegenüber dem Verkäufer, konnte anhand der unterschiedlichen Klei­dung kein signifikanter Unterschied ermittelt werden. Die Kleidung spielt folglich bei der Eindrucksbildung über die Person eine untergeordnete Rolle. Lediglich auf die Kaufabsicht schien die Kleidung einen signifikanten Einfluss zu nehmen. Im Vergleich des Verkäufers mit verstärkenden Charaktereigenschaften und dem Verkäufer ohne Verstärkung gab es interessante Resultate. Der sportlich gekleidete, negativ belegte Verkäufer schnitt bei den Variablen „Einstellung ge­genüber dem Verkäufer“ gering und bei der „Kaufabsicht“ sogar bedeutend besser ab als der Verkäufer ohne Verstärkung. Bei denselben Variablen muss der Verkäufer im Anzug mit positiver Verstärkung sogar Einbußen gegenüber keiner Verstärkung hinnehmen und liegt damit auch weit hinter dem negativ belegten Verkäufer zurück.

Die Ergebnisse dieses Experiments lassen viel Spielraum für Erklärungsversu­che. Die Messung wurde an einem Verkäuferstereotypen aus der Automobil- und der Computerbranche durchgeführt. Beide Branchen sind seriös, deswegen ist der Anzug der besser zum Produkt passende Kleidungsstil. Folglich lässt sich hier nicht mit der Authentizität argumentieren. Es ist wahrscheinlicher, dass die positiven Ergebnisse des negativ verstärkten, sportlich gekleideten Verkäu­fers darauf zurückzuführen sind, dass die Versuchspersonen Studenten waren, die sich mit diesem Verkäufertyp besser identifizieren konnten. Stafford et al. liefern hier zu auch keine fundierte Begründung und geben die Uneinigkeit ihrer Ergebnisse zu: „Hence, our empirical evidence [...] is mixed“ (Stafford, Leigh & Martin, 1995, S. 338). Die Autoren sehen weiteren Forschungsbedarf.

Aufbauend auf diese Studie haben Leigh und Summers (2002) den Einfluss verschiedener nonverbaler Faktoren eines Verkäufers auf die Einstellung des Kunden untersucht. Nach Voruntersuchungen haben sie die nonverbale Kom­munikation in fünf Kategorien eingeteilt: Blickkontakt, Körperhaltung, Gestik, Sprachverzögerungen und die Berufskleidung. Mit diesen nonverbalen Eigen­schaften soll der Einfluss auf die Meinungsbildung der Kunden hinsichtlich Ver­trauenswürdigkeit, Verlässlichkeit, die Fähigkeit auf die Anforderung der Kun­den einzugehen, Professionalität, Berufsempathie, Freundlichkeit, Aggressivität (Verkaufsdruck ausübend), Taktgefühl und Liebenswürdigkeit gemessen wer­den. Des Weiteren wird bei dieser Studie auch auf die Darstellung des Ver­ kaufsgesprächs (sales presentation) eingegangen. Dieser Aspekt wird im Fol­genden nicht berücksichtigt.

Für das experimentelle Design wurde die Darstellung einer Verkaufssituation durch eine Videoaufnahme gewählt. Dadurch wird eine möglichst realistische Situation wiedergegeben: „The videotaping procedure approximates the rich stimulus environment of an actual sales call, while allowing experimental con­trol. Furthermore, observers of live and videotaped interviews have been found to provide similar evaluations” (Imada & Hakel, 1977, S.297). Dem vermeintli­chen Kunden wurde eine Kamera auf der Schulter befestigt, um eine möglichst reelle Darstellung des Verkaufsgesprächs für die 90 Versuchspersonen zu si­mulieren. Die Probanden waren professionelle Einkäufer und Mitglieder der Purchasing Management Association. Sie bekamen eines der acht verschiede­nen Videos, mit der Dauer von zwölf Minuten, vorgeführt. Die Videos unter­schieden sich bezüglich der nonverbalen Verhaltensweise des Verkäufers. Die Messung der abhängigen Variablen wurde mittels eines Fragebogens durchge­führt.

Die Ergebnisse bezeichnen die Forscher selbst als bescheiden. Als Erklärung dafür wurde unter anderem die verbale Kommunikation genannt, die ebenfalls im Video als Verkaufsgespräch zu tragen kam. „This may have worked against finding strong nonverbal cue effects” (Leigh & Summers, 2002, S. 49). Dennoch konnten signifikante Ergebnisse für den Blickkontakt gefunden werden. Dieser wirkt positiv auf die Berufsempathie und das Taktgefühl. Allerdings konnte kein Einfluss auf die Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit, die Fähigkeit auf die An­forderung der Kunden einzugehen oder die Professionalität ermittelt werden. Die Sprachverzögerung zeigte keine Wirkung auf die Wahrnehmung des Ver­käufers. Für die Körperhaltung und die Gestik konnten ebenfalls keine signifi­kanten Effekte nachgewiesen werden. Die Berufskleidung hatte einen großen Einfluss auf die Professionalität und auf die Fähigkeit die Anforderung der Kun­den zu erfüllen. Allerdings konnte hier nur entgegen der Hypothese ein negati­ver Effekt festgestellt werden. Als Begründung geben Leigh und Summers (2002) die Vermutung an, dass das gewählte Outfit nicht der Verkaufssituation, bzw. dem Verkäufer aus dem Vertrieb für Rohre und Elektronik entsprach. Ein weiterer Kritikpunkt kann die Dauer der Videos sein. Nach einem zwölf minüti- gen Verkaufsgespräch können die nonverbalen Eigenschaften in den Hinter­grund rücken. Sie würden nur weitere Beachtung finden, wenn das verbale und nonverbale Verhalten nicht übereinstimmt.

Allgemein kann auch die Umsetzung des Drehbuchs eine Fehlerquelle sein. Sowohl in der Kommunikation zwischen Regie und Darsteller als auch bei den schauspielerischen Fähigkeiten können Unstimmigkeiten auftreten.

Bis zum heutigen Stand der Forschung gibt es keine Studien, welche die Au­thentizität eines Verkäufers gegenüber dem Produkt betrachten. Die nonverba­len Schlüsselreize, die bislang analysiert wurden, beschränken sich auf offen­sichtliche Merkmale, wie beispielsweise der Blickkontakt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Authenticity sells: Verkaufserfolg und die Rolle des ersten authentischen Eindrucks eines Verkäufers
Hochschule
Technische Universität München
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
64
Katalognummer
V148352
ISBN (eBook)
9783640588459
ISBN (Buch)
9783640588268
Dateigröße
1003 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verkaufserfolg, authentischer Verkäufer, erster Eindruck
Arbeit zitieren
Jessica Wiederhold (Autor:in), 2009, Authenticity sells: Verkaufserfolg und die Rolle des ersten authentischen Eindrucks eines Verkäufers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148352

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