Das außenwirtschaftliche Trilemma Chinas von 1994 bis 2005

Wechselkurs, Geldpolitik und Kapitalverkehrskontrollen


Seminararbeit, 2009

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theorie des magischen Dreiecks
2.1 Fixer Wechselkurs und kontrolliertes Floaten
2.1.1 Bindung an einen Vermögenstitel
2.1.2 Bindung an einen Währungskorb
2.1.3 Kontrolliertes Floaten
2.2 Autonome Geldpolitik
2.3 Freier internationaler Kapitalverkehr und Kapitalverkehrskontrollen
2.4 Das Trilemma des magischen Dreiecks

3 China und das magische Dreieck
3.1 Chinas Wechselkurssystem - 1994 bis 2005
3.2 Die Geldpolitik Chinas
3.3 Kapitalverkehrskontrollen Chinas

4 Auswertung des magischen Dreiecks
4.1 Beweggründe der anpassungsfähigen Festschreibung in China
4.2 Problematik von Alternativen zur anpassungsfähigen Festschreibung

5 Fazit und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Nach Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems im Jahre 1973 begannen in der darauffolgenden Dekade die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt damit, ihre Kapitalverkehrskontrollen abzubauen und ihren Wechselkurs teils ganz, teils bis zu einem gewissen Grad zu flexibilisieren. Parallel dazu erlebten die ostasiatischen Staaten einen rasanten Wirtschaftsaufschwung und steuerten rapide auf einen Platz in den Reihen der Industriestaaten zu. Auch an China ist diese Entwicklung nicht spurlos vorüber gezogen. Das Land etablierte sich zunehmend als Exportriese, nicht zuletzt durch sukzessive Handelsliberalisierungen im Bereich der monetären Außenwirtschaft. Die Zielsetzung lag dabei vorrangig auf hohen Wachstumsraten des Sozialprodukts, sowie einem stabilen graduellen Reformpfad. Bezüglich der Liberalisierung des Kapitalverkehrs schien jedoch die Transformation zu stagnieren. Der Wechselkurs wurde während der Jahrtausendwende nahezu fix an den US-Dollar gebunden und die Kapitalmobilität ist bis zum heutigen Tage noch stark reglementiert. Trotz dieser unter Experten als Rudimente aus einer vergangenen Zeit empfundenen Systeme, gelang es der, an der Bevölkerung gemessen, größten Volkswirtschaft der Welt, konstant hohe Wachstumsraten zu generieren und gleichzeitig auf einem stabilen Reformpfad zu wandern. Mit dem weitestgehend unbeschadeten Überstehen der Asienkrise im Jahr 1997 bestand China eine gewisse Feuerprobe, obwohl einige Bereiche der Ökonomie eine ähnliche Symptomatik entwickelt hatten, wie die der Nachbarstaaten, die in dieser Zeit in eine schwere Rezession fielen.

In dieser Seminararbeit werde ich primär das außenwirtschaftliche Phänomen erklären, inwiefern gerade die allgemein als rückständig geltenden Maßnahmen zu Notwendigkeiten eines stabilen chinesischen Wachstumspfades werden konnten. Das zeitliche Intervall dieser Arbeit beschränkt sich auf die Periode der chinesischen Dollarkopplung zwischen 1994 und 2005, um einen sowohl zeitlich, als auch thematisch klar definierten Rahmen zu stecken, in dem ich eine tiefergehende Analyse vornehmen kann. Dazu gehe ich wie folgt vor: Im zweiten Kapitel präsentiere ich zunächst das Modell des unmöglichen Trilemmas der Außenwirtschaft sowie deren einzelne Facetten und biete somit die theoretische Grundlage für diese Arbeit. Das dritte Kapitel gibt Aufschluss über die für das Modell relevanten Merkmale des chinesischen Außenwirtschaftssystems, während dieses im vierten Kapital analytisch ausgewertet wird. Die Kapitel fünf und sechs enthalten das Fazit und das Literaturverzeichnis.

2 Theorie des magischen Dreiecks

Die Theorie des magischen Dreiecks, angelehnt an den angelsächsischen Term Impossible Trinity, basiert auf einer Weiterentwicklung des in den sechziger Jahren von Robert Mundell und Marcus Fleming entwickelten Mundell-Fleming-Modells (Krugman 1999: S. 1).

Wo zuvor ein System fixer Wechselkurse vorherrschte, in dem die Volkswirtschaften ihre Währung an den amerikanischen US-Dollar banden, um währungspolitische Stabilität gewährleisten zu können, bildete sich auf dem Devisenmarkt ein neuer Mechanismus zur Steuerung der Kursbildung in Form eines freien Wechselkurses.

Mit der Freigabe ihrer Wechselkurse entstanden jedoch neue Problematiken für die Industrieländer, die bis zum heutigen Zeitpunkt nicht vollständig gelöst werden konnten (Krugman/Obstfeld 2004: S. 725).

Die Thematik dieser Schwierigkeiten wurde von Ökonomen als ein Trilemma eminenter makroökonomischer Größen aufgegriffen und in Form eines Dreiecks zusammengefasst. Inhaltlich beschreibt dieses Modell das Zusammenspiel von freiem, liberalisiertem Kapitalverkehr, autonomer Geldpolitik und Wechselkursstabilität, mit der zentralen Aussage, dass eine Volkswirtschaft lediglich zwei dieser Komponenten zeitgleich aufweisen kann (Oxelheim 1990: S. 10 f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen aus: Krugman/Obstfeld (2004): S. 899

Im Folgenden werden die Teile des magischen Dreiecks sowie deren Interaktionen untereinander detailliert thematisiert.

2.1 Fixer Wechselkurs und kontrolliertes Floaten

Bei näherer Betrachtung lassen sich Wechselkurssysteme nicht allein in die zwei polarisierten Formen, fix und flexibel, kategorisieren. Mittlerweile existiert eine ganze Bandbreite von verschiedenen Möglichkeiten, die Währung eines Landes zu kontrollieren, bzw. es zu unterlassen.

Krugman und Obstfeld haben diese Systeme wie folgt aufgezählt: Wechselkursabkommen ohne eigenes gesetzliches Zahlungsmittel, Currency Board, Bindung an einen Währungskorb, Bindung an eine international anerkannte Währung, Wechselkursbindung innerhalb horizontaler Bandbreiten, systematische Wechselkursanpassung, kontrolliertes Floaten und flexible Kurse (Krugman/Obstfeld 2004: S. 620).

Je nach der Situation verschiedener Länder hegen diese unterschiedliche Erwartungen an ihre ökonomische Entwicklung und verfolgen dementsprechend verschiedene Wechselkursziele. Während Argentinien seinen Peso zwischen 1991 und 2001 zu einem Umtauschkurs von 1:1 an den amerikanischen US-Dollar band, entschied sich die Europäische Union zwischen den Jahren 1978 und 1998 für bilaterale Wechselkurse innerhalb festgesetzter Bandbreiten (Blanchard/Illing 2006: S. 590 f.).

Als Ausgangspunkt für die nachfolgende Analyse dient die theoretische Erläuterung der festen Kursbindung und des kontrollierten Floatens.

2.1.1 Bindung an einen Vermögenstitel

Wie bereits in den vorherigen Kapitelabschnitten erwähnt operierten die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt bis zum Jahre 1973 unter fixen, bzw. festen Wechselkursen. Dazu bindet ein Land seine Währung - offiziell oder de facto - an die Währung eines anderen Landes (Krugman/Obstfeld 2004: S. 614).

Die Volkswirtschaft, die ihre Währung bindet, zeigt sich somit bereit, jeden Betrag an Fremdwährung zu einem festgesetzten Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen (Dornbusch et al. 2003: S. 358), wobei es meist dem Kurs gestattet ist, eine geringe Prozentzahl vom zentralen Wert in beide Richtungen abzuweichen (Makin 2002: S. 40).

Um diesen Tauschwert stützen zu können, benötigen Zentralbanken einen gewissen Vorrat an Devisenreserven, bzw. Gold, der es ihnen möglich macht, sofern notwendig, eine Intervention in Form von Devisen- bzw. Goldtransaktionen vornehmen zu können, um den Kurs zu verteidigen und die Vermögensmärkte zum festgesetzten Niveau im Gleichgewicht zu halten (Krugman/Obstfeld 2004: S. 627).

Die daraus resultierende Minimierung der Wechselkursvolatilität schließt Preisunsicherheiten nahezu aus, mit der Konsequenz, dass Transaktionskosten durch Währungssicherungsgeschäfte für Ex- bzw. Importeure wegfallen. Aus wachstumsökonomischer Sicht kann ein fixierter Wechselkurs zudem Vorteile durch Vertrauenssignale mit sich bringen. Sind sich ausländische Investoren der Tatsache gewiss, dass keine unvorhergesehenen Wechselkursbewegungen eintreten werden, so sind sie eher bereit in diese Volkswirtschaften zu investieren und können dadurch zu einem eventuellen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes beitragen (Makin 2002: S. 42).

Unter der Annahme der perfekten Kapitalmobilität muss ein Land jedoch den Kompromiss eingehen, auf die Autonomie ihrer Geldpolitik zu verzichten, da sich die Geldpolitik des Ankerlandes zusammen mit der Inflation auf das Land überträgt, das die Währung bindet (Oxelheim S. 41).

Wie erwähnt, wird vorausgesetzt, dass der Festkurs permanent durch Einlagen gedeckt ist. Gelingt es der Zentralbank, nicht das Äquilibrium auf dem Vermögensmarkt aufrecht zu erhalten, so würde unter Umständen die daraus resultierende Zahlungsbilanzkrise die Volkswirtschaft anfällig gegenüber spekulativen Attacken machen. In der Realität wurde bereits deutlich, dass Ab- oder Aufwertungserwartungen alleine schon suffizient sein können, um reale Schwankungen des Wechselkurses herbeizuführen (Krugman/Obstfeld 2004: S. 641)

2.1.2 Bindung an einen Währungskorb

Als Alternative innerhalb des Rahmens der Wechselkursfixierung bietet sich für eine Volkswirtschaft eine Kursbindung an ein Währungsportfolio an, das die Vermögenstitel der wichtigsten Handelspartner implementiert, deren Gewichtung die wirtschaftliche Bedeutung des Handels mit diesen Ländern widerspiegelt (Blanchard/Illing 2006: S. 591). Aus diesen Daten wird ein zentraler Wert errechnet, um den der Wechselkurs innerhalb einer bestimmten Bandbreite schwanken darf (Krugman/Obstfeld 2004: S. 620).

2.1.3 Kontrolliertes Floaten

Das kontrollierte Floaten, auch schmutziges Floaten genannt, baut auf der Definition flexibler Wechselkurse auf und beschreibt eine Misch- oder Zwischenform der Wechselkurspolitik. Dornbusch et al. definieren diese These wie folgt: „In einem System des sauberen Floatens stehen die Zentralbanken völlig beiseite und lassen die Wechselkurse frei durch die Devisenmärkte bestimmen. […] Beim gemanagten Floaten intervenieren die Zentralbanken, indem sie ausländische Währungen kaufen und verkaufen, um die Wechselkurse zu beeinflussen“ (Dornbusch et al. 2003: S. 362).

Durch diese Option sind sie in der Lage, bis zu einem gewissen Grad Einfluss auf ihre Geldpolitik nehmen zu können, ohne sich den Limitierungen eines konventionell fixen Wechselkurses zu unterwerfen, da die Geldbehörde sich nicht auf vorab angekündigte Zielraten festlegt (Krugman/Obstfeld 2004: S. 620).

2.2 Autonome Geldpolitik

Der Einsatz der Geldpolitik beschreibt eine makroökonomische Maßnahme, mit deren Hilfe Zentralbanken in der Lage sind durch Diskontsatzsteuerung, Offenmarktoperationen und Änderung der Mindestreservesätze von Banken volkswirtschaftliche Größen maßgeblich zu beeinflussen (Dornbusch et al. 2003: S. 515). Auf theoretischer Basis können geldpolitische Eingriffe, bezogen auf die konjunkturelle Situation, nur in der kurzen Frist wirken. In der mittleren bzw. langen Frist wirkt sich Geldpolitik neutral aus, da eine Veränderung der Geldmenge in diesen Fällen lediglich eine effektive Veränderung des Preisniveaus nach sich zieht (Blanchard/Illing 2006: S. 220). Verzichtet eine Volkswirtschaft aufgrund einer Währungskopplung auf die Autonomie ihrer Geldpolitik so büßt sie ein elementares Instrument zur kurzfristigen Beeinflussung des inländischen Produktionsoutputs ein und ist somit nicht mehr in der Lage in rezessiven Zeitabschnitten einen eventuellen Konjunkturrückgang durch geldpolitische Maßnahmen zu dämpfen (Makin 2002: S. 122).

2.3 Freier internationaler Kapitalverkehr und Kapitalverkehrskontrollen

Die ökonomische Annahme der absoluten, bzw. vollständigen Kapitalmobilität besteht, wenn Anleger jeden Vermögenstitel, in jedem Land, ohne Transaktionskosten und in infinitesimaler Geschwindigkeit erwerben können. Unter diesen Bedingungen allozieren sämtliche Vermögenshalter ihr Kapital optimal, um den höchsten Ertrag zu erzielen, was dazu führen würde, dass sich sämtliche Ertragssätze auf den Weltkapitalmärkten aufgrund der vollständigen Informationssymmetrie angleichen (Dornbusch et al. 2003: S. 371 f.). Arbiträre Überschussrenditen wären somit ausgeschlossen, da eine Zinssatzdifferenz zwischen einzelnen Vermögensmärkten einen theoretisch unendlich großen Kapitalfluss auslösen und sie in minimaler Zeit wieder in ein Gleichgewicht bringen würde. Die Wechselkurse reagieren dazu unter diesen Modellvoraussetzungen äquivalent (Oxelheim 1990: S. 44).

Kapitalverkehrskontrollen sind künstliche, vom Staat aktiv gesteuerte Eingriffe bzw. passiv gelenkte Maßnahmen zur Limitierung oder Unterbindung von Kapitaltransfer zwischen dem In- und Ausland (Weniger 1988: S. 47 f.). Grundsätzlich lassen sich diese in zwei Hauptkategorien einteilen: Administrative Kontrollen und marktbasierte Restriktionen (Akira et al. 2000: S. 7). Während direkte Eingriffe unter anderem Einschränkungen von Krediten ins Ausland und von internationalem Handel mit Waren, Devisen, Wertpapieren, handelbaren Rechten oder Unternehmensbeteiligungen umfassen (Schulze 2000: S. 11), versuchen indirekte Maßnahmen durch ihre abschreckende Wirkung Marktteilnehmer von zwischenstaatlichen Kapitaltransfers abzuhalten, indem zu regulierende Transaktionsgeschäfte durch Besteuerung oder multiple Wechselkurse künstlich verteuert werden (Akira et al 2000: S. 7).

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das außenwirtschaftliche Trilemma Chinas von 1994 bis 2005
Untertitel
Wechselkurs, Geldpolitik und Kapitalverkehrskontrollen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Ostasienwissenschaften)
Veranstaltung
Ausgewählte Entwicklungsprobleme des ostasiatischen Raumes
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
24
Katalognummer
V148347
ISBN (eBook)
9783640590551
ISBN (Buch)
9783640590384
Dateigröße
667 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
China, Geldpolitik, Wechselkurs, Magisches Dreieck, Kapitalverkehrskontrollen, Außenwirtschaft, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Seminararbeit
Arbeit zitieren
Di Piao (Autor:in), 2009, Das außenwirtschaftliche Trilemma Chinas von 1994 bis 2005, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148347

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