Gewalt und Ehre


Hausarbeit, 2009

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Annaherung an den Begriff der Ehre
1.1 Ehre im Turkischen
1.2 Ehre im Arabischem
1.3 Ehre im Islam
1.4 Ehre in unseren Breitengraden
1.5 Ein erstes Fazit der Ehre

2. Ehre und Gewalt
2.1 Schlage und Beschimpfungen zur Pravention
2.2 VerstoGung und Ehrenmord
2.3 Gewalt gegen Personen auGerhalb der eigenen Familie
2.4 Ein Fazit zu Gewalt und Ehre

3. Praventions- und InterventionsmaGnahmen gegen die Gewalt der Ehre
3.1 Klare Gesetze
3.2 Beratungs- und Zufluchtsstatten
3.3 Unterricht der Ehre
3.4 Elternarbeit
3.5 Neudefinition der Ehre
3.6 Langfristige, strukturelle MaGnahmen
3.7 Ein Fazit zu den MaGnahmen

4. Resumee

Literaturverzeichnis

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie es bemerkt? Ich habe Ihnen grade Ehre zugesprochen. Ob aus kulturellen Aspekten der deutschen Sprache, weil man eben „geehrte“ schreibt, oder weil ich es als ehrenhaft empfinde, wenn man sich meiner Hausarbeit widmet, mag fur dieses Thema eigentlich nebensachlich sein. Viel mehr sollte man sich in diesem Kontext fragen, warum Ehre scheinbar eine Verknupfung zur Gewalt beinhalten, wenn sie doch so einfach erwiesen, bzw. auch erhalten wird. Oder etwas genauer, welchen Wert dieser Teil der Anrede, „geehrte“, haben muss, wenn wir in Deutschland fast selbstverstandlich von Ehrenmord oder Gewalt im Namen der Ehre sprechen.

Mit dieser Hausarbeit habe ich mir zum Ziel gesetzt einen Einblick in das Thema von Gewalt und Ehre zu geben, dabei soll besonders der Fragestellung nachgegangen werden, „wie Ehre und Gewalt in Deutschland zusammenhangen und wie hier interveniert werden kann“. Der Schwerpunkt liegt hier vor allem bei den in Deutschland lebenden Migranten aus dem muslimischen Kulturkreis, da bei dieser Personengruppe die Verknupfung von Gewalt und Ehre am ehesten zu finden ist. Mit dieser Personengruppe habe ich mich bereits in zwei vorherigen Hausarbeiten zumindest teilweise beschaftigt, was auch der ausschlaggebende Punkt fur die Wahl dieses Themas war.

Um die Interdisziplinaritat dieser Arbeit zu gewahrleisten und einen reflektierten und kritischen Uberblick uber das Thema zu bekommen, wurde auf eine breitgefacherte Literatur zuruck gegriffen. Diese stutzt ihre Untersuchungen allerdings hauptsachlich auf qualitative Studien. Da zum einen quantitative Erhebungen rar sind und zum anderen auch nicht so explizit auf die Problemlage eingehen konnen wie qualitative. Die verwendete Literatur reicht unter anderem von den Standartwerken „Die Gewalt der Ehre“ des Ethnologen Werner Schiffauer und „Das schwache Geschlecht - die turkischen Manner“ des Diplom Padagogen Ahmet Toprak, uber die Studie „Tatmotiv Ehre“ vom Frauenrechtsverein TERRE DES FEMMES e.V. und der Dokumentation einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum mit dem Thema „Wieviel Ehre braucht der Mensch?“, bis hin zu journalistischen Artikeln und Internetseiten. (vgl. Schiffauer 1983; Toprak 2007; Bohmecke 2004; Burmeister 2003)

Beginnen wird diese Hausarbeit mit einer Annaherung an den Begriff der Ehre, unter Beachtung des Themas und der oben schon angedeuteten Personengruppe. Der Begriff der Gewalt soll in dieser Hausarbeit nicht naher behandelt werden, da eine genaue Bearbeitung den Rahmen sprengen wurde. Grundlegend ist aber zu sagen, dass Gewalt in dieser Hausarbeit als gezielte physische und oder psychische Schadigung eines Menschen verstanden wird.

Darauf folgt eine Analyse der Verknupfung von Gewalt und Ehre, um dann, zu den Praventions- und InterventionsmaRnahmen zu gelangen. Ein kurzes Resumee dient dann zum Schluss zur Reflexion und Abrundung dieser Arbeit.

Auf Wunsch des Dozenten wurde diese Hausarbeit kurz gehalten und die SchriftgroRe 12 (Arial) verwendet, im Sonstigen wurde der Standard der HS Esslingen beibehalten. Der Lesbarkeit halber wurde auf weibliche Endungen, wie StudentInnen oder Ahnlichem verzichtet und entweder die neutrale oder die mannliche Form gewahlt, je nachdem, was allgemeingultig erschien.

Malte Hedoch

1. Annaherung an den Begriff der Ehre

In diesem Kapitel soil der Begriff der Ehre in seiner Vielschichtigkeit naher betrachtet werden, dabei ist zu beachten, dass Ehre durchaus kein eindeutig definierter Begriff ist, sondern unterschiedlich interpretiert werden kann und auch wird. Auch sollten die hier erlauterten Ehrverstandnisse nicht auf alle Menschen des jeweiligen Kulturkreises herunter gebrochen werden, sondern als konservative, aber vorhandene, Sichtweisen bestimmter Personengruppen verstanden werden.

1.1 Ehre im Turkischen

Im Turkischen gibt es drei Begriffe fur Ehre, seref, namus und saygi.

Seref entspricht in etwa unserem Begriff des Ansehens, es lasst sich durch GroRzugigkeiten und Hilfsbereitschaft erreichen bzw. erhohen. Seref kann durch gute Taten erhalten, aber auch durch schlechte oder ausbleibende Taten verringert bzw. ganz verloren gehen. Seref gilt sowohl fur die Frau, wie auch fur den Mann.

Namus stellt die eigentliche Ehre dar. Diese kann nicht erworben werden, sondern nur verloren gehen, allerdings kann sie, so scheint es, wiederhergestellt bzw. der Verlust abgewendet werden (dazu spater mehr). Das besondere bei namus sind die Geschlechterunterschiede, so beziehen die Manner ihre Ehre in besonderem MaRe aus ihren weiblichen Familienmitgliedern, genauer gesagt aus der Mutter, der Ehefrau, der Schwester oder der Tochter. Diese wiederrum erlangen ihre Ehre durch schamhaftes Verhalten, welches sich besonders in der Jungfraulichkeit vor und der Treue wahrend der Ehe zeigt. Auch der Schutz der Frauen vor Ubergriffen von auRen, stellt fur die mannlichen Familienmitglieder einen wichtigen Aspekt der Ehre dar.

Saygi steht fur Respekt oder Achtung. Dies zeigt sich vor allem in der Anrede alterer Verwandter, so werden diese nicht mit Vornamen sondern mit ihrem Stand in der Familie, aus der jeweiligen Perspektive, angesprochen. Also Onkel, Tante, groBe Schwester, groBer Bruder etc.. Die Jungeren haben in der Offentlichkeit im Beisein alterer Verwandter zu schweigen, sie durfen nicht rauchen oder gar trinken. Auch die Frau hat ihrem Mann Achtung zu zeigen. Erhalt eine Person von einer niedriger stehenden Person diese Achtung nicht, so gilt sie als schwach (zayif) und wird dies auch in ihrem Umfeld deutlich zu spuren bekommen. (vgl. Schiffauer 1983, 67-71; Toprak 2007, 152-154)

1.2 Ehre im Arabischem

Auch im arabischen Sprachraum gibt es mehrere Worter fur Ehre, hier sind vor allem sharaf und ird zu nennen.

Sharaf lasst sich wie das turkische seref erwerben. Allerdings liegt hier der Weg zum Erwerb nicht so sehr in der GroBzugigkeit, sondern viel eher in der personlichen Anstrengung, also den Errungenschaften einer Person. Sharaf kann sich auch auf andere Personen und Familienmitglieder ubertragen, so kann man aus einer „ehrenwerten und geachteten Familie“ (Antes 2004, 17) stammen.

Ird bezieht sich ahnlich wie das turkische namus, nur auf die Sexualitat der weiblichen Familienmitglieder. Diese konnen durch sexuelles Fehlverhalten die Familienehre bis zur Unwiderruflichkeit zerstoren. Allerdings trifft hier der Ehrverlust nicht so sehr den jeweiligen Ehemann sondern vor allem die Herkunftsfamilie der Frau.

Dieses Ehrverstandnis lasst sich im gesamten arabisch sprechden Raum, mit dezenten Unterschieden, wiederfinden. (vgl. Antes 2004, 17-18)

1.3 Ehre im Islam

Sieht man diese starke Verbreitung der Ehre, in diesen, vor allem islamisch gepragten Landern, so drangt sich die Vermutung eines Zusammenhanges mit der Religion geradezu auf. Allerdings findet sich im Koran nicht an einer Stelle das Wort ird und damit der Bezug zu dieser Form der sexualisierten Ehre. Auch die Ausubung dieser Ehrvorstellung vor der Islamisierung des arabischen Raumes, lasst auf eine vorreligiose und damit vor allem kulturell bedingte Praxis schlieBen. Die Lehre des Islam kann gar als Moglichkeit genutzt werden Ehrkonflikte beiseite zu legen, so dienen die groBen religiosen Feste auch der Versohnung zerstrittener Parteien. (vgl. Antes 2004, 19; Bohmecke a 2004, 13; Schiffauer 1983, 68-69)

1.4 Ehre in unseren Breitengraden

„Valentin: ...

Da du dich sprachst der Ehre los,

Gabst mir den schwersten HerzensstoB“

(Goethe 2008, 123)

Der vielleicht beruhmteste „beinahe“ Ehrenmord der Belletristik, findet sich in Goethes Faust. In diesem schwangert der Hauptprotagonist Faust, das „unschuldige“ Gretchen und wird darauf von ihrem Bruder Valentin zum Duell gezwungen, aus welchem er als Sieger und Valentin schwer verletzt heraus gehen. Noch im Sterben verstoBt Valentin seine Schwester und beschimpft sie unter anderem als Metze[1]. (vgl. Goethe 2008, 84-123)

Dieser kurze Exkurs in die klassische deutsche Literatur soll zeigen, dass auch bei uns Ehrenmorde, aufgrund verletzter Familienehre, zumindest vor einiger Zeit, nicht unbedingt undenkbar waren.

Um den Begriff der Ehre bei uns zu finden, muss man jedoch gar nicht so weit in der Zeit zuruck gehen. Denn nicht nur von den Nazis wurde der Begriff der Ehre hochstilisiert, auch gegenlaufige Bewegungen wie die EdelweiBpiraten verschrieben sich der Ehre. Dies lasst auf eine breite Basis von Personen wahrend des Faschismus in Deutschland schlieBen, die Ehre als wichtigen Bestandteil ihres Lebens ansahen. Auch heute lasst sich der Begriff der Ehre vor allem im rechtsradikalen Milieu haufig antreffen. Allerdings lasst sich in diesem Kontext feststellen, dass Ehre hier nicht mehr ausschlieBlich von den weiblichen Familienmitgliedern abhangt, sondern viel eher von den Handlungen und Einstellungen der jeweiligen Person.

[...]


[1] Metze = Hure (Anm. d. A.)

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Gewalt und Ehre
Hochschule
Hochschule Esslingen  (SAGP)
Veranstaltung
Theoriebildung und Multiperspektivität
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
20
Katalognummer
V148139
ISBN (eBook)
9783640581634
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ehre, Gewalt, Sozialarbeit, Soziale Arbeit, Migration, Islam
Arbeit zitieren
Malte Hedoch (Autor:in), 2009, Gewalt und Ehre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148139

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