Die Islampolitik Napoleons während der Ägyptenexpedition (1798-1801)


Seminararbeit, 2009

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2. Die französische Islampolitik während der Ägyptenexpedition (1798-1801)
2.1 Allgemeines Konzept der französischen Islampolitik
2.2 Napoleons Islampolitik
2.2.1 Persönliche Beziehung Napoleons zum Islam
2.2.2 Vorbereitung und Ziele der Islampolitik in Ägypten
2.2.3. Beispiele konkreter Maßnahmen
2.2.3.1 Proklamation an die ägyptische muslimische Bevölkerung
2.2.3.2 Annäherung an die culamā'
2.2.3.3 Napoleon praktiziert den Islam
2.2.4. Wandel in Napoleons Islampolitik
2.2.4.1 … nach dem Kairoer Aufstand vom 21. Oktober 1798
2.2.4.2 … nach dem französischen Syrienfeldzug (Januar-Juni 1799)
2.2.5 Bewertung

3 Zusammenfassung

4. Quellen
4.1 Bibliographie
4.2 Zeitschriften

1 Einleitung

1798 – mit diesem Jahr, in dem französische Truppen unter Napoleon (1769-1821) in Ägypten einmarschierten, wird üblicherweise der Beginn des „modernen Ägyptens“ festgesetzt.[1] Die französische Ägyptenexpedition dauerte bis August 1801 und stellte den ersten direkten Kontakt eines arabisch-islamischen Landes mit Westeuropa nach den Kreuzzügen dar.[2] Diese Kollision ließ nicht nur die Ägypter aus ihrer passiven Lage unter osmanischer Oberherrschaft mit den Franzosen oder gegen sie aktiv werden, sondern führte auch zum Erwachen der ganzen islamischen Welt der damaligen Zeit.[3]

1777 kam in Frankreich der Plan auf, Ägypten, das für Napoleon damals „wichtigste Land der Welt“, zu einer französische Kolonie zu machen und somit die Gebietsverluste Frankreichs aus dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zu kompensieren. Ägypten sollte der Ausgangspunkt für ein im Orient zu errichtendes französisches Imperium sein.[4] Außerdem setzte man mit der Eroberung Ägyptens darauf, den Handel Großbritanniens mit Indien und somit einen essentiellen Teil der britischen Wirtschaftskraft zu stören.[5]

In der vorliegenden Arbeit soll der Schwerpunkt auf der französischen Religionspolitik in Ägypten liegen. Zunächst wird darauf kurz im Allgemeinen eingegangen, bevor sich die weiteren Punkte im Speziellen mit der französischen Islampolitik Napoleons während der Expedition beschäftigen. Es soll aufgezeigt werden, wie Napoleons persönliches Verhältnis zum Islam aussah und wie er zum einen mit der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung und zum anderen mit der muslimischen Oberschicht umging. Zudem soll die vorliegende Arbeit den Wandel des napoleonischen Islamkonzeptes im Zeitverlauf nachvollziehen. Seine Änderungen werden dabei an wichtigen historischen Ereignissen, dem Kairoer Aufstand vom 21. Oktober 1798 und dem französischen Syrienfeldzug von Januar bis Juni 1799, festgemacht.

2. Die französische Islampolitik während der Ägyptenexpedition (1798-1801)

2.1 Allgemeines Konzept der französischen Islampolitik

Das Aufkommen aufklärerischer und rationalistischer Gedanken im Frankreich des 18. Jahrhunderts löste das Christentum als autoritative, das ganze Leben bestimmende Ideologie im Land ab. Der religiöse Gegensatz zwischen Orient und Okzident, der noch die Zeit der Kreuzzüge geprägt hatte, trat in den Hintergrund und der Kampf gegen den Islam erschien zusehends anachronistisch. So war auch das französische Interesse an Ägypten vorrangig durch wirtschaftliche und politische, weniger durch religiöse Aspekte bestimmt. Die Frage der Religion wurde nur insofern tangiert, als dass die Militärstrategen überlegten, inwiefern in Ägypten lebende Christen und Juden für die französischen Kolonialzwecke im Land eingespannt werden könnten. Vom eigenen religiösen Desinteresse ausgehend erwarteten die Franzosen keinerlei religiös motivierten Widerstand der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung in Ägypten. Nur vereinzelte Kenner islamischer Länder, wie beispielsweise der Geschichtsphilosoph Volney (1757-1820), warnten vor islamischem Widerstand und der Gefahr, die von den einflussreichen muslimischen Gelehrten, den culamā', ausgehen könnte. So riet er den Expeditionsleitern die am wenigsten fanatischen unter den culamā' auszuwählen und diese bezüglich ihres Amtes und der Entlohnung von den Franzosen abhängig zu machen. Die Übrigen, arbeitslos Gewordenen sollten mit einer Pension abgefunden und nach Mekka ins Exil geschickt werden.[6]

2.2. Napoleons Islampolitik

2.2.1 Persönliche Beziehung Napoleons zum Islam

Sein ganzes Leben lang, auch schon vor Beginn der Ägyptenexpedition, bekundete Napoleon seine Wertschätzung für den Islam, der bei ihm offensichtlich einen tiefen Eindruck hinterlassen hatte.[7],[8] Er soll zumindest über rudimentäre Kenntnisse des Korans verfügt haben.[9] Aus dessen Lektüre zog er für sich persönlich Stärke und Hoffnung[10], nutzte dieses Wissen aber auch, um später seine Reformen in passender Weise der muslimischen Bevölkerung Ägyptens zu präsentieren.[11]

Was Napoleon am Islam schätzte, war zum einen, dass es in dieser Religion weder einen Klerus noch einen Vatikan gibt[12], so dass ihm „[...] la religion de Mahomet […] moins ridicule que la nôtre [...]“[13] erschien. Zum anderen mochte er die Verbindung aus Religion und Politik, derzufolge das Staatsoberhaupt in Personalunion auch das Religionsoberhaupt präsentierte. Die kalifale Staatskonzeption, bei der sich alle dem Staatschef unterzuordnen haben, kam seiner eigenen Vorstellung von staatlicher Machtausübung entgegen. So war es es dann auch Napoleons Plan in Ägypten das Konzept eines mit der Religion vereinten Staates umzusetzen.[14]

Auch in seinen letzten Lebensstunden auf St. Helena war der Islam Bonapartes hauptsächliches Konversationsthema gewesen, so wie er auch bei früheren Treffen mit Goethe ausführlich über diese Religion und ihren Propheten diskutiert hatte.[15]

Im Grunde jedoch, so Spillmann, verfügte Napoleon über eine universelle religiöse Toleranz, die schon fast an Gleichgültigkeit grenzte. Napoleon war der Meinung, dass man sich letztlich aller Religionen bedienen könne, um Menschen zu regieren – vorausgesetzt, diese ließen es zu.[16] Folgendes Zitat zeigt, dass er keinerlei missionarische Ambitionen hegte, sondern sich der Religion vielmehr opportunistisch bediente: „Ma politique est de gouverner les hommes comme le grand nombre veut l'être. C'est là, je crois, la manière de reconnaître la souveraineté du peuple. C'est en me faisant catholique que j'ai fini la guerre de Vendée, en me faisant musulman que je me suis établi en Egypte […].[17]

2.2.2 Vorbereitung und Ziele der Islampolitik in Ägypten

Napoleon hatte im Vorfeld seiner Ägyptenexpedition die politische, wirtschaftliche, kulturelle und religiöse Lage des Landes eingehend studiert.[18] Er berücksichtigte die Religion im Land als Bestandteil seines militärisch-politischen Kalküls.[19]

Sein Hauptanliegen war es, einen religiös motivierten Aufstand der ägyptischen Bevölkerung gegen die Franzosen zu verhindern, sowie die mamlukische Militäroligarchie, die osmanischen Korps und die ägyptischen Volksmassen gegeneinander auszuspielen. Dazu wollte er die muslimische Bevölkerung mit seinen Sympathiebekundungen für den Islam beeindrucken. Traditionelle politische und administrative Strukturen des Staates sollten so weit wie möglich erhalten bleiben.[20]

2.2.3. Beispiele konkreter Maßnahmen

2.2.3.1 Proklamation an die ägyptische muslimische Bevölkerung

Mit einem im islamischen Orient bisher ungekannten Propagandafeldzug versuchte Napoleon von Expeditionsbeginn an die ägyptische Bevölkerung für sich zu gewinnen. So führte er eine mobile Druckerei mit sich, mit der er seine erste, auf Arabisch verfasste Proklamation an die Ägypter bereits auf hoher See vervielfältigen konnte. Bereits vor seiner Ankunft ließ er diese von auf Malta befreiten Muslimen in ganz Ägypten verbreiten und konnte so vorab die Leitlinien seiner Politik bekanntgeben.[21] Den Inhalt des ersten Sendschreibens, dem viele weitere folgen sollten, dokumentierte al-Ǧabartī in seiner Chronik der französischen Ägyptenexpediton: Napoleon sei demnach als Verehrer des Propheten und des Korans gekommen und nicht, um den Islam zu zerstören. Die Franzosen seien schon immer aufrichtige Freunde des osmanischen Sultans und auch die Feinde seiner Feinde, das heißt die ägyptischen Mamlukenbeys und Russland, gewesen.[22] Ägypten müsse nun mit französischer Hilfe von den Mamluken befreit werden, die dem Volk nur Unterdrückung, Tyrannei, Ausbeutung und Unordnung gebracht haben.[23]

[...]


[1] vgl. Gilani (1997) 60.

[2] vgl. Motzki (1983) 10.

[3] vgl. Gilani (1997) 55.

[4] vgl. ebd. 57.

[5] vgl. Dykstra (1998) 116.

[6] vgl. Motzki (1983) 11f.

[7] vgl. Spillmann (1969) 158.

[8] vgl. Gilani (1997) 59f.

[9] vgl. Burke (1994) 56.

[10] vgl. Gilani (1997) 59.

[11] vgl. Burke (1996) 56.

[12] vgl. ebd. 57.

[13] […] die Religion Muḩammads […] weniger lächerlich als die unsere [...] Spillmann (1969) 159.

[14] vgl. Burke (1994) 57.

[15] vgl. Gilani (1997) 59.

[16] vgl. Spillmann (1969) 161.

[17] Meine Politik ist es, die Menschen so zu regieren, wie sie es wollen. Auf diese Weise wird die Souveränität des Volkes anerkannt. So wurde ich katholisch nach dem Ende des Vendéekrieges und so wurde ich muslimisch, nachdem ich mich in Ägypten etabliert hatte. ebd.

[18] vgl. Motzki (1979) 142.

[19] vgl. ebd. 145.

[20] vgl. Motzki (1983) 12f.

[21] vgl. Motzki (1983) 12.

[22] vgl. al-Ǧabartī (1983) 86f.

[23] vgl. Dykstra (1998) 118f.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Islampolitik Napoleons während der Ägyptenexpedition (1798-1801)
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients)
Veranstaltung
Jüngere Arabische Geschichte
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
14
Katalognummer
V148089
ISBN (eBook)
9783640580729
ISBN (Buch)
9783640580842
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Napoleon, Islam, Ägyptenexpedition
Arbeit zitieren
Cornelia Steinigen (Autor:in), 2009, Die Islampolitik Napoleons während der Ägyptenexpedition (1798-1801), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148089

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