„Druckersprachen“ auf dem Weg in die Neuzeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1 Einführung in die Thematik
1.1 Einleitung
1.2 Besonderheiten der frühneuhochdeutschen Sprache

2 Linguistische Entwicklungstendenzen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation im 15./16. Jahrhundert
2.1 Fortschritt im Wandel der Zeit
2.2 Textsortenspektrum des Frühneuhochdeutschen
2.3 Luthers Signifikanz im Kontext innerdeutscher Sprachentwicklung

3 Abschließende Betrachtung

4 Literaturverzeichnis

1 Einführung in die Thematik

1.1 Einleitung

„Bildung kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene“ [1]

Carl Hilty

In der modernen Forschung wird heutzutage vielfach die Meinung vertreten, dass die deutsche Sprachnorm mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Geburtsstunde im 16. Jahrhundert gehabt haben könnte. Die noch im Spätmittelalter anzutreffende bunte Variantenvielfalt wird an der Schwelle zur Frühen Neuzeit einer zunehmend beobachtbaren Homogenisierung unterzogen, die den Abbau der durchaus heterogenen und dialektal gefärbten Sprachlandschaften im Zuge eines Selektionsprozesses zur Folge hatte. Obgleich sich im Zuge dieser Selektion ein Variantenabbau konstatieren lässt, so präsentieren sich gerade diese Jahrhunderte als eine Zeit, in der ebenso, und dies gerade aufgrund einer eingehenden Beschäftigung mit der Schriftsprache, neue Varianten entstehen. Dabei ist an dieser Stelle jedoch zu betonen, dass solche Wandlungs- und Entwicklungsprozesse hin zu einer deutschen Norm keineswegs linear verlaufen sind, sondern dass vielmehr auch Rückschritte, Behinderungen und Stagnation den Weg der deutschen, normierten Schriftsprache markierten und ferner charakterisieren.[2]

Die Stadt als locus eines sprachlichen Ausgleichs und eines besonderen „Kultur bestimmenden Raumes“ [3] verlor auch auf dem Weg in die Frühe Neuzeit hin keineswegs an Bedeutung und lässt sich treffend als konstitutives Element hin zu einer kontinuierlichen Ausbildung einer neuen, einer überregionalen Sprachform deuten. Innerhalb der Städte kam es bereits im späten Mittelalter zur Entwicklung einer volgarsprachlichen Schriftlichkeit, welche in letzter Konsequenz auch zu einer zunächst regionalen, später dann auch überregionalen Etablierung von Schreib- und Schriftsprachen geführt hatte. Auch die Entstehung von groß- und überregionalen, mündlichen Verkehrssprachen im 19. und 20. Jahrhundert lassen sich auf die besondere Signifikanz der Städte zurückführen. Aber ohne jeden Zweifel stellt die Stadt einen Ort dar, an dem zum ersten Mal in der deutschen Geschichte die Möglichkeit eröffnet wurde, sprachliche Ausgleichs- bzw. Mischungstendenzen zu realisieren.[4]

Dem Erkenntnisinteresse dieser Arbeit folgend, wird versucht, anhand besonders signifikanter Beispiele und anderen nachgewiesenen Entwicklungstendenzen, die Bedeutsamkeit und die intensive Verdichtung sprachlicher Entwicklungs- und Homogenisierungsprozesse an der Schwelle zur Frühe Neuzeit aufzuzeigen. Dies geschieht sicherlich aus verschiedensten Motivationen, jedoch in seinem Kern hauptsächlich aufgrund der Tatsache, da ein jeder Mensch tagtäglich von der Errungenschaft des gedruckten Wortes und seiner einheitlichen Normierung profitieren kann und deren Wurzeln nachweislich in jene ausgesprochen facettenreiche Epoche fallen. Ähnlich wie schon die lateinische Redensart zu wissen glaubte:

„Vox audita perit, litera scriptura manet“[5]

1.2 Besonderheiten der frühneuhochdeutschen Sprache

Die frühneuhochdeutsche Periode zeichnete sich durch eine ganze Varietät an besonderen Phänomenen aus, die im Folgenden aufgrund des beschränkten Rahmens und der gewählten Fragestellung nur in kleinen Auszügen Beachtung finden können:

Auf der Ebene der Graphematik ist es eine Zeit des Variantenreichtums und belegt dadurch in sich das Phänomen, dass offensichtlich noch keinerlei feststehende Beziehung zwischen einem Graphem und dessen lautlicher Realisierung anzutreffen war. Dadurch war in einem frühneuhochdeutschen Text stets die Möglichkeit gegeben, dass beispielsweise Schreibvarianten wie [ei, ey ai] gleichermaßen zur Anwendung kamen.

War die graphische Realisierung noch ausgesprochen uneinheitlich, so erlebte jedoch auf der anderen Seite die Interpunktion eine bedeutende Erweiterung dahingehend, dass der Punkt und die im 15. Jahrhundert eingeführte Virgel zunehmend logische syntaktische Einheiten kennzeichneten, so dass in einem weiteren Entwicklungsschritt auch Satzzeichen wie Fragezeichen, Doppelpunkt, etc. an Signifikanz gewannen.[6]

Auf der Ebene des Wortes kam es im 16. Jahrhunderts verstärkt zu einem Phänomen, wobei Unterkategorisierungen der graphischen Realisierung eines Lexems auftraten. So war es für einen Leser jener Epoche keineswegs verwunderlich, dass beispielsweise aus ästhetischen Gründen Randsegmente eines Wortes verbreitert wurden, wie dies beispielsweise bei dem Lexem [lanndt] deutlich wird. Oder auch eine graphische Hervorhebung einer besonderen silbischen Sequenz galt es, optisch zu kennzeichnen. Dies lässt sich sehr anschaulich bei solchen Worten beobachten, bei denen sich der im Wortzentrum oder Wortanfang positionierte Vokal lang gezogen präsentieren sollte. vgl. [thor, zahl, eere, etc.][7] Grundsätzlich kann man an frühneuhochdeutschen Texten die interessante Erscheinung konstatieren, dass Konsonantenlettern vielfach Verdopplungen aufwiesen, welche jedoch, und dies gilt es zu betonen, nicht immer eine klare und eindeutige Funktion inne hatten, sondern vielmehr Zeugnis druckortabhängiger Neigungen und jeweiliger Intentionen waren.

Ein weiterer Bereich ist die Worttrennung, welche im 16. Jahrhundert einige Besonderheiten in der silbischen, morphologischen und graphotaktischen Darstellung aufweist. Dies tritt besonders im Vergleich mit unserer modernen Schriftsprache deutlich zu Tage. So lässt sich beispielsweise nachweisen, dass eine Trennung vor dem letzten Konsonantensegment noch nicht durchgeführt wurde. Es gibt zwar schon gewisse Beschränkungen der zweiten Trennsilbe, jedoch noch nicht in der für unsere heutigen Begriffe einheitlichen Weise: [tref-flichen, hefftig-klich, etc.][8]

Selbstverständlich gab es noch in anderen Bereichen der linguistischen Sprachbetrachtung Veränderungen und Konstanten, die jedoch, wie eingangs erwähnt, einer anderen Fragestellung vorbehalten bleiben. Aspekte der Lexik werden jedoch in einem der Folgenden Kapitel behandelt werden.

2 Linguistische Entwicklungstendenzen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation im 15./16. Jahrhundert

2.1 Fortschritt im Wandel der Zeit

Die Neuhochdeutsche Schriftsprache konstituierte sich in einem lang gestreckten historischen Prozess und ist ihrerseits Zeugnis eines regen, reziproken Austauschverhaltens verschiedener Sprachlandschaften und selbstverständlich verschiedener Sprachebenen untereinander. Allerdings gilt es bei diesen Entwicklungstendenzen deutlich zu machen, dass solcherlei Innovationen keineswegs lineare Verlaufsprozesse darstellen können, wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch zu zeigen sein wird.[9]

[...]


[1] Albrecht (2003), S.91.

[2] Ernst (2005), S.139.

[3] Eggers (1969), S.40.

[4] Ernst (2005), S.113; Wolff (2004), S.105ff.

[5] Voeste (2008), S.IX.

[6] Wolff (2004), S.113f.

[7] Voeste (2008), S.1ff, 157-64.

[8] ebd., S.116-23.

[9] Ernst (2005), S.138ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
„Druckersprachen“ auf dem Weg in die Neuzeit
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
18
Katalognummer
V148057
ISBN (eBook)
9783640594849
ISBN (Buch)
9783640594931
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Buchdruck, Frühe Neuzeit, Druckersprachen
Arbeit zitieren
Florian Fromm (Autor:in), 2009, „Druckersprachen“ auf dem Weg in die Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148057

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