Prozessmanagement im Hospiz


Hausarbeit, 2010

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Executive Summary

1. Problemstellung

2. Zielsetzung

3. Terminologische Abgrenzung

4. Prozessmanagement im Hospiz mit „Hope“ und „Sorgsam“
4.1. Das Projekt „HOPE“
4.2. Das Projekt „Sorgsam“
4.3. Vergleichende Betrachtung
4.4. Aufnahmeprozess unter Integration von „HOPE“ und „Sorgsam“

5. Empfehlungen

6. Fazit

7. Ausblick

Anhang

Quellenverzeichnis

Executive Summary

Prozessmanagement wird nicht selbstverständlich in Hospizen angewandt. Um Ideen des Prozessmanagements in Hospizen zu nutzen, bietet sich die Beschäftigung mit zwei vorhandenen nationalen Projekten zum Thema an.

A. Projekt „HOPE“

Die Hospiz- und Palliativ-Erfassung Standarddokumentation wurde durch den Gesetzgeber initiiert und war als umfassende Dokumentationslösung gedacht. Inzwischen wurde sie fortentwickelt, ist komplett IT-basiert, standardisiert und vernetzt, so dass die Anwender von „HOPE“ die Dokumentation auch zum Prozessund Qualitätsmanagement sowie zum Benchmarking nutzen.

B. Projekt „Sorgsam“

Sorgsam ist ein vor allem von Hospizträgern geschaffenes Projekt, aus dem ein Qualitätsmanagement-Handbuch zur täglichen Nutzung in Hospizen hervorge- gangen ist. Das Handbuch ist nicht IT-basiert, aber stark individualisierbar. Es kann zum Prozessmanagement in einem Hospiz für zwölf beschriebene Prozesse genutzt werden.

Beide Projekte haben Instrumente geschaffen, mit denen Prozessmanagement in Hospizen sinnvoll unterstützt werden kann. Es bietet sich an, die Instrumente von „HOPE“ und „Sorgsam“ zu kombinieren um damit ganzheitliches Prozessmanagement zu etablieren, das einen Mehrwert für Träger und Gäste bieten kann. Die kombinierte Anwendung sollte in der Praxis erprobt und bewertet werden.

1. Problemstellung

Prozessmanagement und Hospiz - auf den ersten Blick und in der emotionalen Wahrnehmung Begriffe, die nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben. Auf der einen Seite steht die stark individualisierte, personenorientierte Dienstleistung die ein Hospiz bietet, auf der anderen Seite der Begriff des Prozessmanagements, der zu- nächst Assoziationen mit technischen Prozessen und Standardisierung weckt. Ob aus diesem Grund, oder gegebenenfalls durch die generelle Tabuisierung des Ster- bens in der modernen Leistungsgesellschaft, die Erkenntnisse des Prozessmanage- ments wurden bisher nicht konsequent auf den Bereich der Hospize angewandt. So bringt beispielsweise eine testweise Abfrage im Internet1, genauso wie eine einfache Literaturrecherche, keine direkten bzw. kaum verwertbare Verweise zum Thema. Es existieren jedoch zwei nationale Projekte unterschiedlicher Träger mit den Namen „HOPE“ und „Sorgsam“, die letztendlich Prozesse und Prozessmanagement auch in Hospizen im Fokus haben und eine praktische Anwendbarkeit postulieren.

2. Zielsetzung

Die vorliegende Arbeit soll zunächst einen Überblick zu den Projekten „HOPE“ und „Sorgsam“ geben. Darauf aufbauend sollen die Projekte kurz verglichen und eine mögliche kombinierte Anwendung anhand eines exemplarischen Prozesses in einem stationären Hospiz illustriert werden. Ziel ist es auch, eine intensivere Diskussion der Projekte und damit ausführlichere Untersuchungen zum Prozessmanagement in der Hospizpraxis anzuregen.

3. Terminologische Abgrenzung

Prozessmanagement

Der Begriff des Prozessmanagements ist in der Betriebswirtschaft etabliert und wird in vielen wichtigen Standardwerken aufgeführt. Es existieren verschiedene Detailde- finitionen, die stets den Prozess der Leistungserbringung im Fokus haben. Insbeson- dere durch die hohe Bedeutung von Qualität bei der Leistungserbringung finden sich beispielsweise in den DIN ISO Normenreihen 9000 und 9001 verschiedene Definitio- nen von Prozessmanagement und im Excellence-Modell der European Foundation for Quality Management eine weitere. Der Begriff des Prozessmanagements ist meist verknüpft mit dem des Qualitätsmanagements, er beschreibt jedoch nicht das Glei- che, auch wenn er in der Literatur oft synonym verwendet wird. In Anlehnung an und in engerer Fassung von Erich Gutenbergs Definition des organisatorischen Prozes- ses1soll Prozessmanagement in dieser Arbeit als die Aufgabe verstanden werden, Maßnahmen zu treffen und Regelungen zu schaffen, die alle Tätigkeiten so koordi- nieren, wie es im Interesse der Einrichtung liegt. Der Schwerpunkt liegt demnach auf dem „Wie“ der Leistungserstellung also auf den Maßnahmen in der Einrichtung.

Qualitätsmanagement

Qualitätsmanagement ist oft weiter gefasst als Prozessmanagement. Nach der ISO Normenreihe 9000 bedeutet Qualitätsmanagement, dass eine Organisation die Qua- litätsbedürfnisse ihrer Kunden erfüllt, ebenso die zugehörigen regulatori- schen/gesetzlichen Anforderungen, stets bemüht ist die Kundenzufriedenheit zu stei- gern und die eigene Leistung mit Blick auf den Kunden kontinuierlich zu verbessern.2 Um Qualitätsmanagement zu betreiben, wird nach den Vorgaben der aktuellen Qua- litätsmanagementkonzepte (DIN ISO, EFQM, KTQ, etc.) Prozessmanagement benö- tigt.3Auch in der Praxis erfolgt oftmals eine Rangbildung von Prozess- und Quali- tätsmanagement. So existiert beispielsweise beim Universitätsspital Bern eine Fach- stelle für Qualitätsmanagement, die neben dem Prozessmanagement auch Bereiche wie Outcome-Messung und klinisches Risikomanagement beinhaltet.4Qualitätsma- nagement setzt den Fokus damit auf den Kunden, nach dessen Bedürfnissen die Prozesse zu gestalten und zu optimieren sind (u.a. mit Prozessmanagement) und hat so eine umfassendere Perspektive als das reine Prozessmanagement.

Hospiz

Der Begriff Hospiz entstammt dem lateinischen und bedeutet „Gastfreundschaft“. Hospiz war im Mittelalter gebräuchlich als Bezeichnung einer Herberge für Pilger, die neben reiner Unterkunft und Schutz auch pflegerische Leistungen für diese Reisen- den bot.5In der heutigen Zeit findet sich im Sozialgesetzbuch eine zur Definition ge- eignete Umschreibung für Hospize als Einrichtungen „…in denen palliativ- medizinische Behandlung erbracht wird, wenn eine ambulante Versorgung…nicht erbracht werden kann“.6Als „palliativ-medizinisch“ wird dabei eine Behandlung bei weit fortgeschrittenen, unheilbaren, progredienten Erkrankungen angesehen, die auf eine Verbesserung der Lebensqualität, gerade in Anbetracht einer nur noch geringen Lebenserwartung, abzielt.1

Eine stärker am ideellen Hospizgedanken angelehnte Definition bietet Elisabeth Kübler-Roos, die gemeinsam mit Cicely Saunders zu den Begründerinnen der modernen Hospizarbeit zählt. Sie beschreibt den Anspruch an ein Hospiz als einen Ort, der es erlaubt, „…möglichst bis zuletzt ohne Beschwerden zu leben, „unerledigte Geschäfte“ noch zu Ende zu bringen und spirituelle Fragen kritisch diskutieren zu dürfen“.2Orientiert an dieser Definition, werden die sterbenden Menschen in Hospizen bevorzugt als Gäste und/oder Bewohner denn als Patienten bezeichnet.

4. Prozessmanagement im Hospiz mit „HOPE“ und „Sorgsam“

Bevor versucht wird das Prozessmanagement auf konkrete Abläufe im Hospiz anzu- wenden, müsste zunächst wissenschaftlich hinterfragt werden, ob und wie nach dem Hospizgedanken die Arbeit in einem Hospiz grundsätzlich prozessorientiert zu be- trachten ist. Diese Frage allein ist schon so komplex und umfangreich zu beantwor- ten, dass eigene Studien dazu nötig wären, die weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Weiterhin ist die Beantwortung dieser Frage insbesondere davon ab- hängig, welches Verständnis von Prozessmanagement zugrunde gelegt wird.

Würde man das Prozessmanagement eng fassen, z.B. als Etablierung von starren Normen, die dann systematisch nachgehalten werden, könnte man deren Anwendung in einem Hospiz durchaus sehr kritisch betrachten. „Normen sehen immer ab vom Besonderen. Ihre Befolgung bedeutet das Ende einer offenen Beziehung zum Anderen, auf die das Da-sein und Sorgen in der Begleitung Kranker und Sterbender zutiefst angewiesen ist.“3Im Gegensatz dazu wird ein offener, aber trotzdem auch mit dem Qualitätsbegriff verbundener Ansatz von Prozessmanagement selbst in der Krankenhausseelsorge als positiv und erwünscht erachtet.4

Versteht man Prozessmanagement in dem Sinne wie unter 3. beschrieben, dann kann in jedem Fall von einer Anwendbarkeit ausgegangen werden, denn in jeder (auch sozialen) Einrichtung muss sichergestellt sein, dass unter der Prämisse des primären Interesses der Einrichtung gehandelt wird. Diese Einschätzung wird ge- stützt durch die Existenz der (auch) für Hospize entstandenen Projekte „HOPE“ und „Sorgsam“, die in den folgenden Abschnitten beschrieben werden.

4.1. Das Projekt „HOPE“

Die Hospiz- und Palliativ-Erfassung Standarddokumentation (HOPE) wurde 1996 vom Bundesministerium für Gesundheit ins Leben gerufen. Ziel war es, eine Kerndo- kumentation für Palliativstationen und Hospize zu schaffen. Erhoben werden sollten personen-, krankheits-, und therapiebezogene Daten zum Aufnahmezeitpunkt und zum Behandlungsende. Das Projekt beruht bis heute auf freiwilliger Basis, d.h. die jeweiligen Einrichtungen nehmen aus eigenem Interesse teil. Die Datenerhebung mit standardisierten Online-Erhebungsbögen1und deren Auswertung erfolgt seit 1999 kontinuierlich und wird immer weiter entwickelt. Inzwischen verfügt das Projekt „HO- PE“ über einen Datenpool von über 17.000 dokumentierten Patientenverläufen2, übermittelt von Palliativstationen, stationären Hospizen, ambulanten Pflegediensten, Konsiliardiensten, onkologischen Stationen und ambulant arbeitenden Ärzten. Zur Dokumentation und Datenerhebung dient dabei zunächst der „HOPE“ Basisdoku- mentationsbogen3der um verschiedene Module nach Entscheidung der jeweiligen Einrichtung erweitert werden kann. Die Trägerschaft des Projekts liegt bei der Deut- schen Gesellschaft für Palliativmedizin, der Deutschen Krebsgesellschaft und dem Deutschen Hospiz- und Palliativverband.4

Inzwischen wird „HOPE“ von vielen der teilnehmenden Einrichtungen als Basisdo- kumentation (auch konform zu den Regelungen des §132d Abs.2 SGB V), externes Qualitätssicherungssystem und zum Benchmarking genutzt.5Dazu stehen der jewei- lig teilnehmenden Einrichtung ihre eigenen eingegebenen Daten immer vollständig zur Verfügung und allen teilnehmenden Einrichtungen alle Auswertungen in anony- misierter Form (kategorisiert nach Einrichtungsart). Die „HOPE- Koordinierungsgruppe“ betreut die Infrastruktur und entwickelt das Projekt mit den teilnehmenden Einrichtungen weiter. Einen schematischen Überblick zu dieser Funktionsweise bietet die nachfolgende Grafik.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Funktionsübersicht „HOPE“ (eigene Darstellung)

„HOPE“ soll nach dem Willen der Projektträger das zentrale „…Instrument der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen.“1, sein. Dazu orientiert sich das Projekt auch an internationalen Entwicklungen. Über das Kantonsspital St. Gallen besteht beispielsweise eine Kooperationsgruppe zu der Autorengruppe des „Liverpool Care Pathway for the dying patient“, dem nationalen Qualitätsstandard im Hospiz und Palliativbereich in Großbritannien.2Insofern bietet sich „HOPE“ an, den Aufbau eines statistisch validierten Prozessmanagements in Hospizen zu unterstützen.

4.2. Das Projekt „Sorgsam“

„Sorgsam“ ist ein Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, des Deutschen Caritasverbandes und des Diakonischen Werkes. Ziel von „Sorgsam“ war und ist die Erstellung eines Qualitätshandbuches für stationäre Hospize. Im Jahr 2004 wurde von „Sorgsam“ das erste Handbuch herausgegeben, es wurde in den Folgejahren weiter verbessert und steht nun seit Oktober 2007 in aktualisierter Auflage zur Verfü- gung. Das Projekt wird auch künftig weitergeführt, so dass auch Ergänzungen zu dem Qualitätshandbuch verfügbar sein werden. In dem Handbuch werden zwölf Pro- zesse aus 5 Perspektiven innerhalb von stationären Hospizen identifiziert und aus- führlich beschrieben. Zudem sind Leitlinien als normative Werte für stationäre Hospi- ze niedergeschrieben, an denen sich die beschriebenen Prozesse orientieren, so dass eine ganzheitliche Sicht ermöglicht werden soll. Die Prozesslandschaft eines Hospizes stellt sich für das Projekt „Sorgsam“ gemäß der folgenden Grafik dar.

[...]


1 Abfrage über www.google.de mit den Suchbergriffen: „Prozessmanagement Hospiz“ (16.12.2009, 12:00 MEZ)

1Vgl. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, S.: 244 (1983)

2Vgl. ISO: http://www.iso.org/iso/iso_catalogue/management_standards/iso_9000_iso_14000.htm (2009)

3Vgl. Marhold, D. in Blonski, H, Strausber, M (Hrsg.): Prozessmanagement in Pflegeorganisationen, S.: 125-126 (2003)

4Vgl. Inselspital: http://qualität.insel.ch/fachstelleqm.html (2009)

5Vgl. Albrecht E., Orth, C., Schmidt, H: Hospizpraxis, S.: 13 (1995)

6 §39a Satz 1 SGB V (2009)

1Vgl. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin: http://www.dgpalliativmedizin.de/sn/SN%20310%20DGP-Definitionen.pdf , S. 4, (2003)

2Student, C. in Kübler-Roos, E.: Interviews mit Sterbenden, S.:15 (2009)

3Jurk, C.: Da-sein und Sorgen - verschwindende Nischen im Gesundheitsbetrieb, in DHZ 40 (2009), S.: 14-16

4 Vgl. Becker, S.: Der Gipfel der Schein-Heiligkeit?, in Heilberufe 05 (2009), S.: 46-49

1Information, Anmeldung, Teilnahme und Auswertung über CLARA Klinische Forschung: http://www.hope-clara.de/ (2009)

2Vgl. Radbruch, L., Nauck, F., Ostgathe, C, Lindena, G.: HOPE (2009), S.: 5

3Vgl. Anlage A3 dieser Arbeit

4Vgl. Radbruch, L., Nauck, F., Ostgathe, C, Lindena, G.: HOPE (2009), S.: 14

5 Vgl. Radbruch, L., Nauck, F., Ostgathe, C, Lindena, G.: HOPE (2009), S.: 11-13

1Radbruch, L., Nauck, F., Ostgathe, C, Lindena, G.: HOPE (2009), S.: 6

2 Dazu Kantonsspital St. Gallen: http://www.palliativ-sg.ch/index.php/qualitaet (2009)

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Prozessmanagement im Hospiz
Hochschule
Fachhochschule Koblenz - Standort RheinAhrCampus Remagen  (MBA Fernstudiengang)
Veranstaltung
Qualitätsmanagement in GuS-Betrieben
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
24
Katalognummer
V147946
ISBN (eBook)
9783640589371
ISBN (Buch)
9783640589661
Dateigröße
805 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Hospiz, Palliativ, HOPE, Sorgsam, Prozessmanagement, Qualitätsmanagement
Arbeit zitieren
Diplom-Betriebswirt (FH) Marco Reiss (Autor:in), 2010, Prozessmanagement im Hospiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147946

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