Politik im Rundfunkwesen der Weimarer Republik


Seminararbeit, 2009

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Ein neues Medium und die Erwartungen, die an es gestellt wurden
2.2. Gesetzliche Bestimmungen im Rundfunk
2.2.1. Hans Bredow (1879-1959)
2.3. Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben
2.4. Beispiel: Der Westdeutsche Rundfunk
2.5. Vergleich: Radiokultur auf dem Land

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Als im Oktober 1923 der Hörfunk in Deutschland erstmals sein Programm startete, war dies auch gleichzeitig der Beginn des ersten elektronischen Massenmediums. Anfang der Zwanziger Jahre war die Informationsübertragung auf das Zeitungswesen beschränkt; eine Technik, die Ton und Bild übertragen könnte, schien zwar möglich, jedoch in ferner Zukunft. Das Fernsehen sollte erst zehn Jahre später vereinzelte (Test-)Sendungen durchführen.

Trotz der Euphorie dieser technischen Sensation war unter deutschen Publizisten der Rundfunk zweitrangig, sie waren auf den schriftlichen Ausdruck konzentriert, hatten kaum Interesse an einem Engagement in der neuen Branche. Während die Zeitungen einen hohen Andrang an Publizisten hatten, stand man dem Rundfunk, was die langfristige journalistische Bedeutung angeht, skeptisch gegenüber. Teilweise war die Wirkung des gesprochenen Wortes unterschätzt, weil nicht bekannt,[1] andererseits herrschte größte Euphorie in Anbetracht der neuen Möglichkeiten. Als ab 1923 Tagesmeldungen ausgestrahlt wurden, so geschah dies, indem aus Zeitungen vorgelesen wurde. Die Rundfunksender verfügten lange nicht über eigene Redakteure oder eine Nachrichtenagentur. Der Westdeutsche Rundfunk musste dieses Verfahren fast zwei Jahre lang beibehalten.[2]

In der politisch instabilen Republik, die sich eigentlich eine Zensurfreiheit zum Ziel gesetzt hatte und dies in ihrer Verfassung verankert hatte, musste bald eine Richtlinie herausgegeben werden, die ihren eigenen Zweck ad absurdum führte. Um die Parität der Parteien und somit die demokratischen Grundsätze zu garantieren, wurde eine Regelung zur Überparteilichkeit des Mediums beschlossen, deren Umsetzung jedoch von links- und rechtsradikalen Flügeln insofern eingefordert wurde, dass auch eine pro republikanische Ausrichtung nicht gestattet sein sollte.[3]

Im Folgenden möchte ich die Rundfunkkultur in der Politik der Weimarer Republik beziehungsweise die Politik in der Radiokultur darstellen und werde dafür die Regelungen zum Hörfunk und deren praktische Funktionsweise erläutern und einen Vergleich mit der ländlichen Radiokultur anstellen.

2. Hauptteil

2.1. Ein neues Medium und die Erwartungen, die an es gestellt wurden

Als das neue technische Wunder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, kamen viele Stimmen auf, die Erwartungen an das neue Medium stellten. Die Tatsache, dass es nun ein Gerät gab, das das ganze Volk erreichbar machte, versah es auch mit Aufgaben, die es nicht erfüllen konnte, zum Beispiel die Überwindung sozialer Konflikte als ein Integrationsmedium.[4] In der Weimarer Republik, einer Zeit der gesellschaftlich-politischen Polarisierung sollte das Radio den Hörer auf humanitäre Werte lenken und Konflikte entschärfen. Verantwortungsvoller Umgang wurde sehr ernst genommen, denn diese neue Möglichkeit der Verbindung wurde gar als Grundlage des vernünftigen Lebens untereinander gesehen.[5]

Nach den Vorstellungen einiger Schriftsteller würde der Rundfunk eine politische Sprengkraft entfalten, Bertold Brecht forderte sogar, das Radio als wechselseitigen Kommunikationsapparat zu nutzen. Er stellte sich vor, dass die Hörer ihr Programm teilweise selbst bestimmen sollten und somit der Rundfunk die öffentliche Meinung präsentiere. Tatsächlich wurden Hörerwünsche jahrelang kaum beachtet, gegen diese Unmündigkeit wandte sich Brecht.[6]

Radio sollte zunächst nicht als Nachrichtenmedium, sondern zur bildenden Unterhaltung genutzt werden, dadurch sollten Konflikte der einflussreichen Zeitungskonzerne vermieden werden. Durch eben diesen Bildungsanspruch sollte auch noch ein weiterer Zweck verfolgt werden: die Abschwächung der Gegensätze zwischen Stadt und Land., Homogenität sollte erreicht werden. Rundfunk sollte gleichsam Spiegelbild und Produzent einer nationalen Einheit unter kulturpolitischen Vorzeichen werden.[7]

All diese Erwartungen waren von sozialen und politischen Vorstellungen geprägt, in denen sich die politischen Kulturen der Weimarer Republik widerspiegelte.

2.2. Gesetzliche Bestimmungen im Rundfunk

Ein zentrales Problem, was sich bald stellte, war die Frage der Freiheit und Unabhängigkeit des Rundfunks.[8]

Wie auch im europäischen Ausland üblich, unterstand der Rundfunk als Teil des Post- beziehungsweise Fernmeldewesens dem Staat. In Deutschland gehörten die einzelnen Sender der Reichspost an, die für die technische Instandhaltung verantwortlich war und die Ausstrahlungsrechte an Rundfunkgesellschaften weiter verpachtete.[9] Als Gebühr zur Nutzung des Rundfunks wurden von jedem Haushalt zwei Reichsmark erhoben.[10] Dabei behielt die Post 51% aller Stimmen der Aktiengesellschaften der Sender. Sie war auch für den sogenannten Patriotischen Numerus Clausus verantwortlich, der eine prodemokratische Einfärbung des Radioprogramms vorsah. Überparteilichkeit sollte durch Staatsnähe erreicht werde. So wurde zum Beispiel allabendlich das Deutschlandlied gespielt und der Deutschnationalen Volkspartei und prodemokratischen Präsidentschaftskandidaten eine Plattform gegeben.[11]

Die Entwicklung des Radioprogramms hing eng mit der organisatorischen Entwicklung eines Senders zusammen. Um Einfluss auf die Programmpolitik zu haben, war es für politische Parteien Voraussetzung, eine Vertrauensperson in einem Sender zu gewinnen. Konnten sie die Personalpolitik mitbestimmen, wäre auch eine politische Ausrichtung in ihrem Sinne möglich.[12] Die Unabhängigkeit der Institution war undenkbar und ebensowenig angestrebt. Dennoch verlangten besonders die antidemokratischen Parteien eine Überparteilichkeit beziehungsweise Neutralität der Radiosender,[13] um ihren Einfluss ausbauen zu können oder zumindest ihren Einfluss nicht zu verlieren. Außerdem forderten die Länder eine Mitspracherecht in dieser Kulturfrage. Die RRG (Reichsrundfunkgesellschaft), die ursprünglich als zentrale Einrichtung zu Koordination gemeinschaftlicher Verwaltungsaufgaben fungierte, wurde dann zum Instrument des Reichspostministeriums zur Durchsetzung des innenpolitischen Willens,[14] nämlich der Gestaltung eines überparteilichen Rundfunks. Im Konflikt über die Kulturhoheit wurde vor allem eine Verständigung zwischen Reichsregierung und Ländern (besonders engagiert waren Preußen, Bayern und Württemberg) über die Fragen der Programmüberwachung gefordert.[15] Auch Rundfunkkommissar Hans Bredow forderte ein überparteiliches Radio, denn er sah den Hörfunk als Integrationsfaktor an, der die politisch und religiös unterschiedlich interessierten Hörer zusammenführen sollte, zumal das Radio ursprünglich vom Großteil der Programm-verantwortlichen nicht als Unterhaltungsmedium gedacht war, sondern als Informations- und Bildungsalternative zu den Printmedien.[16] Gegensätzlicher Meinung war der linksliberale Ministerialrat Kurt Haentzschel aus dem Innenministerium, er wollte einen „Werbefunk für die Republik“ verwirklichen, indem sich -ebenfalls nach dem Prinzip der Parität- die politischen Gruppen an der Gestaltung des Hörfunks beteiligten.[17] Schließlich wurde 1926 eine Richtlinie umgesetzt nach welcher der Nachrichten- und Vortragsdienst überparteilich zu gestalten war. Ziel war es, den Minimalkonsens innerhalb dieser politisch stark fragmentierten Gesellschaft und Hörerschaft zu schützen.[18] Nach dem Prinzip der Parität sollte es keine Propaganda der Antidemokraten geben, innerpolitische Stabilität sollte sich daraus ergeben.[19] Ebenso wurde zwischen 'politischer' und 'kultureller' Programmüberwachung unterschieden. In Folge dessen wurden Überwachungsausschüsse und Kulturbeiräte eingesetzt, die die Programme nach der neuen Regelung überwachten. Als offiziöse Nachrichtenagentur und staatlich dominierte Dachgesellschaft zur Kontrolle der Sendegesellschaften dienten der DRADAG (Drahtloser Dienst AG) und die RRG.[20] Prekär war auch, dass die Richtlinie ohne Beteiligung des Reichstages beschlossen wurde, der ebensowenig eine Gesetzesgrundlage zur Einschränkung der Zensurfreiheit einrichtete, was der Verfassung der Weimarer Republik nach notwendig gewesen wäre. Die Richtlinie hatte damit keine rechtliche Grundlage.[21]

[...]


[1] Bausch, Hans: Der Rundfunk im politischen Kräftespiel der Weimarer Republik 1923-1933, Tübingen 1956, S.113.

[2] Ebd., S.117.

[3] Ebd., S.117.

[4] Knoch, Habbo: Die Aura des Empfanges. Modernität und Medialität im Rundfunkdiskurs der Weimarer Republik, in: Kommunikation als Beobachtung. Medienwandel und Besellschaftsbilder 1880-1960, hg.v. Habbo Knoch und Daniel Morat, München 2003, S.142.

[5] Schneider: Radiokultur in der Weimarer Republik, S.202.

[6] Knoch: Die Aura des Empfanges, S.204.

[7] Ebd., S.143-145.

[8] Schneider: Radiokultur in der Weimarer Republik,202.

[9] Schneider, Irmela: Radiokultur in der Weimarer Republik, Tübingen 1984, S.202.

[10] Lerg, Winfried B.: Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, München 1980, S.115.

[11] Schneider: Radiokultur, S.206.

[12] Bausch: Der Rundfunk im politischen Kräftespiel, S.112.

[13] Ebd., S.115.

[14] Lerg: Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, S.223.

[15] Ebd., S.223.

[16] Cebulla, Florian: „Rundfunk-Revolutionen.“-Freie und organisierte konservative und nationalistische Agitation gegen den „System-Rundfunk“ am Ende der Weimarer Republik, Siegen 2001, S.13.

[17] Ebd., S.13.

[18] Cebulla: Rundfunk-Revolution, S.13.

[19] Bausch: Der Rundfunk im politischen Kräftespiel, S.115.

[20] Cebulla: Rundfunk-Revolution, S.15.

[21] Ebd., S.15.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Politik im Rundfunkwesen der Weimarer Republik
Hochschule
Universität Konstanz
Veranstaltung
Die Goldenen Zwanziger. Der schöne Schein der Weimarer Republik
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V147697
ISBN (eBook)
9783640585366
ISBN (Buch)
9783640585496
Dateigröße
400 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
WDR, Westdeutscher Rundfunk, Rundfunk, Weimarer Republik, Radio, Politik
Arbeit zitieren
Katharina Hoffmann (Autor:in), 2009, Politik im Rundfunkwesen der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147697

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