Psychoanalytische und lerntheoretische Erklärung der Angstentstehung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

31 Seiten, Note: 2-


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Psychoanalyse
2.1 Grundannahmen
2.2 Triebe
2.3 Erstes topologisches Modell (Schichtenmodell)
2.4 Zweites topologisches Modell (Instanzenmodell)
2.4.1 Das Es
2.4.2 Das Ich
2.4.3 Das Über-Ich
2.5 Zusammenspiel vom 1. und 2. Topischem Modell

3 Angstentstehung nach Freud

4 Abwehrmechanismen des Ich s
4.1 Abwehrmechanismen der Realangst
4.1.1 Verleugnung
4.1.2 Rationalisierung
4.2 Abwehrmechanismen der moralischen Angst
4.2.1 Regression
4.2.2 Kompensation
4.2.3 Introjektion
4.3 Abwehrmechanismen der neurotischen Angst
4.3.1 Projektion
4.3.2 Verschiebung
4.3.3 Reaktionsbildung

5 Lerntheorien
5.1 Klassisches Konditionieren
5.1.1 Begriffsklärung
5.1.2 Erläuterung
5.2 Operantes (Instrumentelles) Konditionieren

6 Die 2-Phasen-Theorie nach Mowrer

7 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Gefühle oder Emotionen sind miteinander eng verknüpfte innerorganismische Vorgänge. Sie treten auf, wenn Veränderungen in der Mensch-Umwelt-Beziehung widergespiegelt werden. Gefühle sind als Erlebnisse zu verstehen, die positiv und angenehm (z. B. Freude, Lust) oder negativ und unangenehm (z. B. Angst, Traurigkeit) sein können (vgl. Katzenstein/Sitte 1989, 12).

Es gibt sogenannte Gefühlskomponenten, die in die Empfindungen eingehen:

- Wahrnehmungskomponente:

Wahrnehmung von Veränderungen in der Mensch-Umwelt-Beziehung bzw. in der Mensch-Körper-Beziehung

- Gedankliche Komponente:

Vorstellung, Interpretation und Wertung dieser Geschehen und Planung eventueller Maßnahmen

- Physiologische Komponente (Körperreaktionen):

Gesamtorganismische Erregung, Blutandrang zum Kopf, Schwitzen, Pulsbeschleunigung, Muskelspannung, Ausdrucksverhalten, usw.

- Verhaltenskomponente:

Weglaufen, Angreifen, sich tot stellen

- Zwischenmenschliche Komponente:

Veränderungen im zwischenmenschlichen Bereich im Ergebnis der physiologischen und Verhaltensreaktion (Rückmeldung)

(Katzenstein/Sitte 1989, 12).

Hobmair (1993, 161) definiert Angst so:

„Angst ist ein als beklemmend, bedrückend und als unangenehm erlebter Ich-Zustand, der für das Individuum eine Bedrohung darstellt, mit physiologischen Vorgängen verbunden ist und das Verhalten beeinflusst.“

Angst ist eine kognitive, emotionale und körperliche Reaktion auf eine Gefahrensituation bzw. auf das Antizipieren einer Gefahren- und Bedrohungssituation (Vorlesung Fr. Dr. Stucke unter: http://www.uni-magdeburg.de/ ispw/beweg/StuckeVorlesungen.htm).

Für Freud ist Angst eine intensive emotionale Reaktion, die durch die vorbewusste Wahrnehmung eines Konfliktes entsteht, der dabei ist, ins Bewusstsein aufzusteigen. Das heißt, dass Angst ein Wahrsignal ist (Zimbardo 1995, 489).

Emotionales Merkmal der Angst ist die als unangenehm erlebte Erregung, die sich auch in den physiologischen Veränderungen sowie in Veränderungen des Verhaltens zeigen kann (Hackfort/Schwenkmezger 1980).

Angst ist ein Bestandteil unseres Lebens und wir erleben von früher Kindheit bis ins hohe Alter zahlreiche Ängste. So hält uns die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen, immer auf Trab, aber die Angst vor möglichen Gefahren hält uns zurück. Je nach Situation ist dies oft sehr widersprüchlich. Der Eine hat Angst, wenn er vom Drei-Meter-Brett springen soll, ein Anderer ängstigt sich davor, den richtigen Zeitpunkt für eine Entscheidung zu verpassen. Dies sind Ursachen für Ängste, die man leicht vermeiden kann (vgl. Katzenstein/Sitte 1989, 11).

Katzenstein/Sitte (1989, 11) sagen weiterhin:

„Es gibt aber Befürchtungen, die jeder im Interesse seiner Entwicklung überwinden sollte, z. B. die Angst vor anderen Menschen, Furcht vor Blamagen oder anderen Risiken, die Neugier und Wissensdurst hemmen, erfinderische Produktivität bremsen und tatkräftiges Zufassen behindern.“

In dieser wissenschaftlichen Arbeit beschäftigen wir uns mit der Darstellung der Angstentstehung nach dem psychoanalytischen Ansatz und dem lerntheoretischen Ansatz. Dabei werden wir bei der Psychoanalyse vor allem die theoretischen Grundlagen nach Freud beschreiben und ihre Gültigkeit aus heutiger Sicht des Schulsports beleuchten. Weiterhin werden die Grundannahmen der Lerntheorien, hier insbesondere das klassische Konditionieren und die 2-Phasen-Theorie nach Mowrer erläutert. Diese Ansätze werden ebenso wie der Ansatz der Psychoanalyse in Hinsicht der Entstehung, Vermeidung und Verarbeitung von Angst im Schulsport kritisch betrachtet.

2 Die Psychoanalyse

2.1 Grundannahmen

Die psychoanalytische Therapie ist die älteste der psychodynamischen Therapien. Diese gehen von der Annahme aus, dass die Probleme eines Klienten durch die psychische Spannung zwischen seinen unbewussten Impulsen und den Einschränkungen seiner Lebenssituation verursacht worden sind (Zimbardo, 1995, 660).

Bei der psychoanalytischen Therapie handelt sich um eine intensive und zeitaufwendige Technik zur Erkundung unbewusster Motivationen und Konflikte bei neurotischen und angstgeplagten Menschen. Das Hauptziel der Psychoanalyse ist, Unbewusstes bewusst zu machen (Zimbardo 1995, 660).

Der Begründer der Psychoanalyse war Sigmund Freud, geboren 1856 in Freiberg/Mähren. Er stammte aus einer bürgerlichen Kaufmannsfamilie, die aber wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach Wien übersiedelte. Dort begann Freud ein Medizinstudium, später war er Schüler des Psychiaters Jean Charcot (1825–1893; Hypnosetherapie) in Paris (vgl. Fisseni 1998, 29; Flammer 1988, 75).

Die Arbeit mit Hypnose befriedigte Freud aber nicht lange, er hat sich unterdessen mit Josef Breuer, einem Wiener Internist, angefreundet. Dieser übte die kathartische Methode aus, die darin bestand, dass sich Patienten extensiv und intensiv aussprechen. Breuers Methode wurde durch Freud zur Methode der sogenannten freien Assoziation ausgebaut.

Um 1900 entwickelte Freud das erste topologische Modell. 1923 wurde durch die Arbeit „Das Ich und das Es“ das erste durch das zweite topologische Modell ersetzt (weitere Erläuterungen siehe Kapitel 2.3 und 2.4).

Er fand weiterhin Anerkennung bei Carl Gustav Jung und Alfred Adler, die aber später ihre eigenen Theorien entwickelten. Freud verließ 1938 Wien und erwarb große Anerkennung in London. Hier starb er 1939 nach langer Krankheit (vgl. Flammer 1988, 75f.).

Die Psychoanalyse hat wenigstens drei Bedeutungen:

a. sie bezeichnet eine psychologische Methode, speziell: ein Verfahren zur Untersuchung psychischer Vorgänge wie Träumen, Handlungen, Reden und Wahrnehmungen;
b. sie bezeichnet eine bestimmte Form der Psychotherapie, sprich: eine Methode zur Behandlung psychischer Störungen;
c. sie bezeichnet ein ganzes System von psychologischen und psychopathologischen Theorien von Freud, durch die die Ergebnisse der Untersuchungsmethoden und der psychotherapeutischen Methoden systematisiert wurden (vgl. Fisseni 1998, 31).

Freud benutzte im wesentlichen 3 Informationsquellen:

1. klinisches Fallmaterial, die er nach den Klientensitzungen aufschrieb;
2. autobiographisches Material aus der Selbstanalyse;
3. Erscheinungsweisen, Verhaltensweisen aus alltäglichen Beobachtungen, aus Sprichwörtern, Mythen, Märchen, Liedern, klassischer Dichtung, Trivialliteratur (vgl. Fisseni 1998, 31).

2.2 Triebe

Die Quelle der Motivation menschlicher Handlungen wird einer psychischen Energie zugeschrieben. Dies sind Triebe, die unbewusst in jedem schlummern, einerseits erblich und angeboren, andererseits verdrängt und erworben. Das ist der emotionale Haushalt des Menschen, dieser umfasst widersprüchliche Triebregungen, Wünsche, Liebesbedürfnisse und Sehnsüchte, die als Kräfte in einem Menschen gedacht werden können.

Die Triebstruktur des Menschen beinhaltet zwei Grundtriebarten:

1. der Lebenstrieb, auch Eros genannt, beinhaltet Energien zum Eingehen von Bindungen (Sexualität, Zärtlichkeit, Liebe, Zuneigung, Sympathie), die gegenüber einem anderen Menschen empfunden wird.

Eros als verfügbare Energie heißt Libido, sie ist die Gesamtheit der Lebenstriebe im Gegensatz zum Destruktionstrieb (vgl. Fisseni 1998, 38).

2. der Todestrieb (Thanatos) ist diejenige Energie, die am Werke ist, wenn Aggression oder Hass durchbricht. Damit ist die Energie der Zerstörung, der Destruktion gemeint. Sie ist aber auch dann im Spiel, wenn jemand andere Menschen ablehnt, wenn er sich abgrenzt oder andere ausgrenzt. Es ist die Kraft der Ablehnung, der Verneinung.

Nach Fisseni (1998, 38) fehlt ein analoger Terminus zu Libido, der Bezeichnung für die Energie des Lebenstriebes.

Neben diesen beiden Grundtrieben gibt es weiterhin den Sexualtrieb, den Selbsterhaltungstrieb und den Aggressionstrieb (vgl. Fisseni 1998, 37f.).

Der Sexualtrieb galt in der Frühzeit der Psychoanalyse als die entscheidende Triebkraft. Er bezieht sich auf jede Art von Lustgewinnung aus Körperzonen. Die gesamte Körperoberfläche, aber vornehmlich die erogenen Zonen, können Lust gewähren (vgl. Fisseni 1998, 37f.).

Freud setzt den Selbsterhaltungstrieb gleichrangig neben den Sexualtrieb. Damit bringt er zum Ausdruck, das seine Trieblehre dualistisch ist, d. h. Sexualtrieb und Selbsterhaltungstrieb sind nicht gegensätzlich zu betrachten (vgl. Fisseni 1998, 38).

Der Aggressionstrieb ergibt sich aus der Selbst- und Arterhaltung, aber auch aus der Selbst- und Fremdvernichtung. Der Aggressionstrieb und der Sexualtrieb gelten bei Freud als Hauptdeterminanten des Erlebens und Verhaltens (vgl. Fisseni 1998, 38).

2.3 Erstes Topologisches Modell (Schichtenmodell)

Sigmund Freud entwickelte sein erstes topologisches Modell um 1900. Er teilt es in drei Ebenen ein: das Bewusste, das Vorbewusste und das Unbewusste.

Hobmair (1993, 376) sagt, dass „ bewusst alle diejenigen Gedanken, Vorstellungen und Wahrnehmungen sind, die eine Person bemerkt und zu denen sie unmittelbaren Zugang hat. Vorbewusst sind alle seelischen Vorgänge, um die ein Mensch nicht spontan weiß, die jedoch aufgrund einer Bemühung dem Bewusstsein wieder relativ voll zugänglich gemacht werden kann.“

Laut Hobmair (1993, 377) gibt es eine folgende Beziehungen zwischen dem Vorbewusstsein und dem Bewusstsein:

„Jeder Gedanke, der ins Bewusstsein tritt, war unmittelbar davor noch nicht präsent und verschwindet früher oder später wieder aus dem Bewusstsein. Er befindet sich somit vorher und nachher im Vorbewussten und lässt sich von da jederzeit mit mehr oder weniger großer Willensanstrengung oder Verschiebung der Aufmerksamkeit ins Bewusstsein holen.“

Unbewusst sind seelische Vorgänge, um die jemand nicht bzw. nicht mehr weiß, die aber immer wieder in das Bewusstsein drängen und das Erleben und Verhalten in einem nicht unerheblichen Maße bestimmen. Inhalte können nicht durch Willensanstrengungen, sondern nur unter ganz bestimmten Bedingungen ins Bewusstsein geholt werden. Dabei handelt es sich um Erlebnisse, Gefühle und Wünsche, die als beschämend oder bedrohlich erlebt wurden (vgl. Hobmair 1993, 377).

Zum ersten topologischen Modell gehört der Begriff der Verdrängung. Dies bedeutet, das psychische Anteile aus dem Bewusstsein herausgedrängt und in das Vorbewusste oder sogar in das Unbewusste gedrängt und dort über sogenannte Gegenbesetzungen gehalten werden, z. B. Erinnerungen an ein traumatisches Ereignis oder an eine Handlung, in die man schuldhaft verstrickt war. Verdrängung gehört zu einer normalen menschlichen Entwicklung. Wer die Fähigkeit, zu verdrängen, nicht beherrscht, ist nicht lebensfähig. Daraus folgt aber nicht, das der am besten lebt, der am meisten verdrängt, sondern vielmehr gilt: wenn ein bestimmtes Maß an Verdrängung überschritten wird, muss viel Energie für die sogenannte Gegenbesetzung aufgewandt werden, um das Verdrängte in der Verdrängung zu behalten. Wenn man viel Energie aufbringen muss, um Gegenbesetzungen aufrechtzuerhalten, hat man weniger Energie für ein aktives Leben zur Verfügung – die Liebes- und Arbeitsfähigkeit wird eingeschränkt.

2.4 Zweites Topisches Modell (Instanzenmodell)

Freud entwickelte das zweite topologische Modell 1923, um besser die verschiedenen Teilaspekte der Persönlichkeit beschreiben zu können. Er unterscheidet in diesem Persönlichkeitsmodell drei Instanzen, durch die er die Erlebens- und Verhaltensweisen eines Individuums erklärt. Diese Instanzen sind das Es, das Ich und das Über-Ich. Sie repräsentieren diese verschiedene Teilaspekte der Persönlichkeit und stehen miteinander in enger Wechselbeziehung. Die Dynamik und Gesamtheit der Beziehungen zwischen den drei Instanzen macht, nach Freud, die Persönlichkeit des Menschen aus (Hobmair 1993, 379).

2.4.1 Das Es

Das Es ist die älteste Instanz des Individuums und das ganze Leben hindurch auch die wichtigste. Sein Inhalt ist alles, was ererbt bei Geburt mitgebracht und konstitutionell festgelegt ist, vor allem Triebe, Wünsche und Bedürfnisse eines Individuums (Fisseni 1998, 32).

„Das Es sei bestrebt, Energie sofort zu entladen, indem es Lust suche und Schmerz vermeide“ (Asendorpf 1996, 16).

[...]

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Details

Titel
Psychoanalytische und lerntheoretische Erklärung der Angstentstehung
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Sportwissenschaft)
Veranstaltung
Angst im Schulsport
Note
2-
Autoren
Jahr
2003
Seiten
31
Katalognummer
V14742
ISBN (eBook)
9783638200578
ISBN (Buch)
9783638676427
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Wissenschaftliche Arbeit im Rahmen eines Hauptseminares "Angst im Schulsport"
Schlagworte
Psychoanalytische, Erklärung, Angstentstehung, Angst, Schulsport
Arbeit zitieren
Kristin Retzlaff (Autor:in)Dirk Krause (Autor:in), 2003, Psychoanalytische und lerntheoretische Erklärung der Angstentstehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14742

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