Der Quietismusstreit zwischen Fènelon und Bossuet


Hausarbeit, 2009

15 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Hauptteil
Der Quietismus
Biographie und Wirken von Jacques Bénigne Bossuet
Biographie und Wirken von François de Salignac de La Mothe-Fénelon
Der Quietismusstreit
Über die reine Liebe (amour pur)

Schluss

Quellenangabe

Einleitung

Das fundamentale Gebot des Alten Testaments lautet wie folgt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen Gemüte und mit allen deinen Kräften!

Was bedeutet es aber Gott aus ganzem Herzen zu lieben? Ermöglicht die Liebe zu Gott eine diesseitige oder jenseitige Glückseligkeit? Darf ich eine „Gegenleistung" erwarten, indem in mir durch meine Liebe zu Gott und durch mein dadurch geprägtes Verhalten die das Licht der Hoffnung auf das Paradies leuchtet? Braucht die Liebe Beweise, dass sie auf Gegenseitigkeit beruht? Darf ich böse auf Gott sein, wenn ich mich für ihn hingebe, ihn liebe und verehre, aber dennoch einen Platz in der Hölle zugewiesen bekomme? Wie erfahre ich, dass Gott meine Liebe verdient?

Zu all diesen Fragen hat der Quietismus, eine mystische Geistesströmung, die vor allem im 17. Jh. in der christlichen Frömmigkeit auftrat, versucht Antworten zu liefern.

Jeanne Marie Bouvieres de la Mothe Guyon wurde gemessen an der Wirkungsgeschichte die erfolgreichste Vertreterin des mystischen Quietismus. Sie kam durch ihre frühe Klostererziehung mit dem mystischen Gedankengut innerster Christusfrömmigkeit in Berührung. Gegen ihren Willen wurde sie bereits als sechzehn Jährige mit dem wesentlich älteren und kränklichen Jacques Guyon verheiratet. Sie sorgte sich um ihren Ehemann und ihre fünf Kinder und lebte zugleich nach dem Tod ihres Mannes zunehmend in der mystischen Übung des innerlichen Lebens und der inneren Einkehr im „stillen Gebet". Nach einer freiwillig aufgegebenen Leiterposition einer Vereinigung von calvinistischen Konvertitinnen, gab sie ihren großen Besitz zugunsten der Armen auf und ließ sie sich in Thonon am Genfer See als freie religiöse Schriftstellerin mystischer Erbauungsliteratur nieder. Es begann eine außergewöhnlich erfolgreiche und wirkungsvolle schriftstellerische Tätigkeit, obwohl sie keine formale Bildung genossen hatte. Sie schrieb Traktate über die Gottesliebe. Zeugnis dessen ist der Quietismusstreit zwischen Jacques Benigne Bossuet und Francois Fenelon.[1] [2] Bei diesem wird im Grundsätzlichen über folgende Fragen gestritten: Ist es möglich Gottesliebe zu üben, ohne die Tugend der Hoffnung auf zukünftigen Lohn aufgeben zu müssen? Und die Gegenfrage wie es möglich sei nach der Auslöschung des Verlangens zu verlangen.

Diese Arbeit soll einen Versuch darstellen diese Fragen zu erläutern.

Hauptteil

Der Quietismus

Der Quietismus[3] ist eine Geistesströmung mit heterodoxen Tendenzen, die vor allem im 17. Jh. in der christlichen Frömmigkeit auftrat. Die Wurzeln sind bei Augustinus mit seiner Betonung auf das Angewiesenseins auf Gnade und des castus amor, der uneigennützigen Liebe zu Gott, zu finden. Die Theorie besagt, dass Gott nur gefunden werden kann, indem die Seele in absoluter Tatenlosigkeit, d.h. in totaler Passivität verharrend, Gott in ihr wirken lässt. Jede Anstrengung ihrerseits wird als unnütz, schädlich und sogar schuldhaft angesehen. Jede Form menschlichen Bemühens und Verlangens wird verworfen. Es soll dazuführen sich Gott und seinem Willen ganz hinzugeben und sich um nichts zu sorgen, weder jetzt noch in der Zukunft, weder im Himmel noch in der Hölle. Es gilt die Notwendigkeit Gott um seiner selbst willen zu lieben und nicht um irgendeines Lohnes willen, den diese Liebe etwa herbeiführen könnte. So vergifte nach dem Quietismus jede Eigenliebe innerhalb der Liebe des Menschen zu Gott - sogar das Verlangen nach Glückseligkeit - die reine Gottesliebe. „Es ist besser Gott zu lieben und in der Hölle zu sein, als den Himmel zu gewinnen, aber ohne Gottesliebe zu sein."

Die quietistische Bewegung in Italien, Spanien und Frankreich entsprang nahezu unabhängig voneinander. Zwei wichtige Vertreter des Quietismus sind zu nennen: Der spanische Priester Miguel de Molinos in Rom und die Madame Guyon in Frankreich. Miguel de Molinos hatte 1664 als Seelenführer großes Ansehen erlangt und ließ daraufhin 1675 sein in sich betrachtet harmloses Werk Gula espiritual erscheinen. Man beschuldigte ihn wegen schwerster moralischer Perversion, da er Eingeweihten eine viel gewagtere esoterische Unterweisung gab. Obwohl Innozenz XI ihn zunächst beschützte, wurde Molinos 1685 verhaftet, 1687 verurteilt und starb in Haft. Die Verurteilung rief in Italien eine antimystische Welle hervor und zahlreiche bis dahin sehr geschätzte Werken wurden indiziert. Molinos vertrat den strikten (rigorosen) Quietismus, welcher nur eine grobschlächtige Lösung für den Gegensatz von Gottesliebe und Selbstliebe hatte: „Aktiv wirken zu wollen, heißt Gott verletzen, der selbst allein Träger sein will: und deshalb ist es notwendig, sich selbst ganz und völlig in Gott aufzugeben und hernach wie ein toter Leib zu verbleiben."4 In diesem rigorosen Quietismus wird aus dem Verzicht und dem Nicht­Wollen die Beliebigkeit des Ich geformt. D.h. „was mir passiert, soll mir gleichgültig sein, ich lasse mich treiben und wehre mich auch gegen dämonische Einwirkungen nicht".5 In Frankreich wurde Madame Guyon beschuldigt in ihren Werken Ideen mit quietistischen Tendenzen zu verbreiten. Madame Guyon vertrat den Semi - Quietismus, welcher die Ergebenheit in den Willen Gottes als Untätigkeit des eigenen Willens darstellt.[4] [5] [6] Diese Art vom Quietismus ist allerdings doppeldeutig, da es zwar klar ist, dass das Ich nichts mehr für sich will aber es auch nicht deutlich hervorgeht für welches Ziel es sich einsetzt.[7] 1695 wurde sie von Bossuet verurteilt aber von Fenelon verteidigt, der ihrer Gedankenwelt sehr verbunden blieb und gegen die nicht sehr einsichtigen Kritiken Bossuets zum Vorkämpfer der Mystik wurde. In dieser Intention ließ Fenelon im Februar 1697 seine Explication des Maximes des Saints erscheinen, die Bossuet quietistisch beurteilte und die eine heftige Polemik hervorrief. Der Streit blieb lange unentschieden bis Bossuet 1798 seine Relation sur le quietisme erscheinen ließ, eine schreckliche Schmähschrift verleumderischer Art, das Madame Guyon und Fenelon der Lächerlichkeit preisgab.

Biographie und Wirken von Jacques Benigne Bossuet

Bossuet wurde im Jahre 1627 in Dijon geboren und ist 1704 in Paris gestorben. Bereits mit acht Jahren erhielt er die Tonsur und wurde mit dreizehn Jahren auch schon Kanonikus von Metz. Nicht lange nach seinem Studiumsbeginn am Jesuitenkolleg in Dijon wechselte er an das College de Navarre in Paris und studierte dort Philosophie und später Theologie. Als 25 Jähriger empfing er die Priesterweihe und wurde Doktor der Theologie. An der Kathedrale von Metz widmete er sich als Archidiakon der Predigt und der Auseinandersetzung mit den Protestanten und Juden. Bossuet war ein berühmter Kanzelredner. Seine Trauerreden waren Meisterwerke oratorischer Kunst aber „wegen Effekthaschereien und Mangel an Wahrhaftigkeit mehr oratorische Perlen eines Höflings und beifallsüchtigen Redners als gehaltvolle christliche Predigten".[8] Er leitete als Hauptverfechter der Gallikanismus und der königlichen Vorrechte 1682 die Generalversammlung und verfasste in vier Artikel die gallikanischen Freiheiten[9].

Er sah seine Lebensarbeit in Bekehrung und Bekämpfung der Protestanten und gewann durch Verteidigungsschriften des Katholizismus viele, besonders unter dem Adel, für seinen Glauben. Einige Jahre später wurde er zum Erzdiakon in Paris ernannt und bekam im Jahre 1669 die Möglichkeit Bischof von Condom in der Gascogne zu werden, worauf er jedoch verzichtete als ihn Ludwig XIV. Ende 1670 zum Erzieher des Thronfolgers berief.

[...]


[1] Siehe: www.madame-guyon.de

[2] Siehe: Balz, Horst, Theologische Realenzenzyklopädie, (Hrsg.) Müller, G., De Gruyter Verlag, Berlin/New York ,1997: In folgendem als TRE abgeküzt.

[3] Siehe:TRE, S. 40.

[4] Hattrup, Dieter, Fenelon 1699 - 1999,

[5] Siehe Hattrup, S.87.

[6] Siehe Hattrup, S. 80.

[7] Siehe Hattrup, S.87.

[8] Siehe TRE, S.92 ff.

[9] Es handelte sich um ein kirchenrechtliches System, mit dem die katholische Kirche in Frankreich eine Art Unabhängigkeit vom römischen Stuhl herzustellen suchte. Dazu wurden gewisse Vorrechte, die gallikanischen Freiheiten, aufgestellt. Die vier Artikel hatten - kurz zusammengefasst - folgenden Inhalt:

1. Nur in geistlichen, nicht aber in weltlichen Dingen ist den Päpsten und der Kirche Gewalt von Gott verliehen; die Fürsten sind in zeitlichen Dingen von der kirchlichen Gewalt unabhängig.

2. Die Gewalt des Papstes in geistlichen Dingen ist durch die Autorität der allgemeinen Konzilien beschränkt (Dekrete des Konzils von Konstanz 1414-1418).

3. Die Ausübung der päpstlichen Gewalt ist durch die von den Konzilien festgelegten Kanones beschränkt. Außerdem bleiben die Gesetze und Gewohnheitsrechte des französischen Königs und der französischen Kirche, wie sie bisher ausgeübt wurden, weiter in Geltung.

4. Entscheidungen des Papstes in Glaubensfragen bedürfen der Zustimmung der Gesamtkirche.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Quietismusstreit zwischen Fènelon und Bossuet
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Mehr als ein Gefühl? Glück und Liebe in ihrer ethischen Relevanz
Note
1,5
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V147282
ISBN (eBook)
9783640571581
ISBN (Buch)
9783640571734
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Quietismusstreit, Fènelon, Bossuet
Arbeit zitieren
Ferda Cav (Autor:in), 2009, Der Quietismusstreit zwischen Fènelon und Bossuet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147282

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