Elite

Der Wandel des Elitenbegriffs über den historischen Zeitraum und die Bedeutung von Eliten in der modernen Wissensgesellschaft


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. THEORIEN DES ELITENBEGRIFFS

3. DER ELITENBEGRIFF IN SEINER HISTORISCHEN ENTWICKLUNG
3.1. Kräfte ständischer Ordnung und Industrialisierung im 19.Jahrhundert
3.2. Die Weimarer Republik und der Aufstieg der Nationalsozialisten
3.3. Eliten nach der „Stunde Null“
3.4. Die Elitendiskussion der 60er Jahre

4. KRITERIEN DER ELITENZUGEHORIGKEIT UND DIE BEDEU­ TUNG VON ELITEN IN EINER WISSENSGESELLSCHAFT

5. RESÜMEE

6. LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

„Elite” ist für uns kein Statusbegriff, keine Zuschreibung, die ein für allemal gälte, sondern steht für den Willen, der immer wieder bewiesen werden muß, sich verantwortlichen Aufgaben zu stellen und in die Gesellschaft hineinzuwirken.“[1]

So Edmund Stoiber, ehemaliger Ministerpräsident, als Statement auf der Homepage der Bayrischen Eliteakademie. Das sollte Elite sein, funktional, leistungsorientiert und bereit, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Aber ist das tatsächlich so?

In dieser Hausarbeit werden Eliten genauer thematisiert. Die Elitenproblematik ist viel diskutiert und in soziologischen und politischen Studien genauer untersucht worden. Die Zahl von Studien und Theorien über Eliten sind sehr vielschichtig. Oft taucht in diesem Zusammenhang die Frage nach dem Gleichheitsgrundsätzen. So sprach die ZEIT vor ein paar Monaten von der „Rückkehr der Klassengesellschaft“ und einer radikalen Abgrenzung elitärer Kreise durch einen spezifischen Habitus.[2]

Im Verlauf dieser Arbeit werden folgende Fragen erörtert:

Elite - was ist das, wo ist bei der Definition des Begriffs anzusetzen? Wie wandelten sich der Elitenbegriff und seine Definition in den Epochen? Nach welchen Kriterien werden Eliten heute ausgewählt? Wie sieht der Personenkreis der Elite überhaupt aus? Ab wann gehört man zur Elite? Wie wird der Elitenstatus vermittelt - durch Herkunft oder Leistung? Welche Eliten braucht die moderne Wissensgesellschaft in Zukunft?

Ist der Elitenbegriff in der heutigen Zeit ein Tabu-Begriff, der im Gegensatz zum Gleichheitsgrundsatz steht oder ist die „Elite“ etwa aufgrund der Etablierung von Eliten­Universitäten und Exzellenzprogramme an Schulen und Hochschulen wieder salonfähig geworden? Der Aufbau sieht folgendermaßen aus:

Die aktuellen Theorien werden knapp beschrieben und sollen nur das Grundgerüst bilden, um Eliten zu verstehen. Die Untersuchung des Elitenbegriffs über den historischen Zeit­raum gibt Aufschluss über die gesellschaftliche Akzeptanz eines Begriffes. Die Brisanz der Erforschung der Elitenthematik erstreckte sich in den 60er Jahren, führend hier der Eliten­kritiker Dahrendorf.

Aber auch in den 90er Jahren bis Dato sind immer wieder neue Werke herausgekommen, die sich den Eliten widmen. Hervorzuheben sind hierbei die Mannheimer und Potsdamer Elitenstudie der 90er Jahre.

Ich stütze mich bei der Untersuchung der Historie vor allem auf Beate Krais und Rainer Geißler, die aktuellste Befunde der Elitenforschung auf den Punkt bringen.

Zudem wird im Rahmen der Frage heutiger Elitenkriterien der Gleichheitsgrundsatz diskutiert, es geht um Herkunftselite versus Leistungseliten. Wird der Status qua Geburt festgelegt oder hat jeder die Chance „Elite“ zu werden? Dieser Frage stellte sich Soziologe Michael Hartmann, dessen Studie über Topmanager wohl die aufschlussreichste auf dem Markt ist. Daneben steht Pierre Bourdieu, welcher sich mit dem klassenspezifischen Habitus am Beispiel der Gesellschaft in Frankreich beschäftigte. Um anzuführen, wie sich Eliten in Zukunft in einer globalisierten Wissensgesellschaft entwickeln könnten werde ich beispielsweise aus Bittlingmayer zitieren und eigene Anregungen in die Diskussion einbringen. Es ist mir selbstverständlich nicht möglich trotz Betrachtung der Historie des Elitenbegriffs eine weitreichende Prognose zu stellen. Dennoch: Die Elitenthematik hat große Brisanz und es ist wichtig, sich mit ihr auseinander zu setzen.

2. Theorien des Elitenbegriffs

Die Definition des Elitenbegriffs ist kompliziert, da es sich um einen sehr vielschichtig verwendeten Ausdruck handelt. Ursprünglich stammt „Elite“ vom lateinischen „eligere“, was soviel heißt wie „eine Wahl treffen, ausjäten, sorgfältig auswählen“.[3]

Eliten sind eine Minderheit, welche über einen Auswahlprozess ihre soziale Stellung in der Gesellschaft legitimieren. Auch im französischen „elire“ (= auswählen) ist der Wortstamm enthalten. Sehr häufig bezeichnet man die Spitzen der Gesellschaft als Eliten. Synonym für Elite wird auch politische Klasse (Gaetano Mosca[4]), herrschende Klasse (Bourdieu), Oberschicht, Reiche, Prominenz genannt, je nach Zeitraum der Betrachtung.[5]

In den Sozialwissenschaften unterscheidet man unterschiedliche Elitenformen nach dem jeweiligen handlungstheoretischen Kontext:

Leistungseliten (Dreitzel[6]) sind auch mit Aufsteigereliten gleichzusetzen, d.h. die Leistung allein ist Voraussetzung für den Eintritt in eine Elitenposition. Mit Machteliten (Bürklin, Hoffmann-Lange[7]) sind Personen gemeint, die Einfluss auf wichtige Entscheidungen nehmen und das Verhalten anderer steuern. Zudem herrscht laut Theorie des Elitenpluralismus ein stetiger Wettbewerb zwischen heterogenen Führungsgruppen.

Die Funktionselite (Dahrendorf) bildete sich aufgrund der Ausdifferenzierung der Gesellschaft in Teileliten oder sektorale Eliten: „Die Führungsschicht der pluralitären Demokratie setzt sich aus verschiedenen, konkurrierenden, durch spezifische Leistungs­und Verwaltungsfunktionen gekennzeichneten Führungsgruppen zusammen.[8]“ . Nach Dahrendorf unterscheidet man acht Funktionseliten aus Politik, Verwaltung, Justiz, Militär, Wirtschaft, Kommunikation, Kultur, Kirche.[9] Diese Klassifikation wird auch in neuesten Elitenstudien, Mannheimer und Potsdamer Studie, verwendet. Im Gegensatz dazu gibt es so genannte Werteliten - sie zeigen kulturelle Wertmaßstäbe in der Gesellschaft. Ausgewählt wird nach Schäfers nach „nicht-demokratischen Selektionsmechanismen wie Leistung und Chancengleichheit, sondern Überzeugungskraft durch Vorbild und Argu­mentation“. Sie stehen als Gegenpol zu Machteliten und kommen aus unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft wie Kultur, Kirche und Wissenschaft.[10]

Auch in der Elitenstruktur gibt es verschiedene Konzepte, wobei ich die zwei Opponenten David Riesman und Charles W. Mills gegenüberstelle.

David Riesman spricht im Zusammenhang mit Eliten von den sogenannten „veto groups“, die in einer pluralistischen Gesellschaft vertreten sind. Es bedeutet, dass hier nicht nur eine Klasse an der Macht ist, sondern vielfältige Interessen bestehen in Gewerkschaften, Me­dien oder Regionalgruppen, die durch Vetos forciert werden.

Die Gesellschaft ist also in eine heterogene Teileliten aufgespaltet, die Einfluss auf gewisse Vorgänge im Staat nehmen.

Mills orientiert sich an Karl Marx „power elite“, wo Vertreter aus Militär, Wirtschaft und Politik an den Schaltzentralen der Herrschaft sitzen und die Gesellschaft mittels bürokratischer Großapparate und moderner Machtbeeinflussung lenken. Diese Führungsgruppen stehen in ständigen gemeinsamen Austausch und besitzen gemeinsame Ideale. Man spricht auch von einer monopolistischen Elite mit einer zentralistischen Machtstruktur, die etwa in der DDR anzufinden war. Es handelt sich also um eine homogene Machtelite[11] : „Zum elitären Bewusstsein gehört, die Basis oder die Massen gering zu schätzen oder auch das Parlament (...) einfach zu übersehen.“[12]

Im Weiteren wird nun auf den Elitenbegriff im historischen Kontext beschrieben anhand ausgewählter Epochen. Welche Merkmale markierten Eliten zu bestimmten Zeitpunkten in der Geschichte?

3. Der Elitenbegriff in seiner historischen Entwicklung

Schon Platon sprach von der „Herrschaft der Besten“, der Philosophenkönige, die aufgrund des Ereichens der totalen Weisheit allein die Auserwählten waren, den Staat zu lenken. Die Bauern waren für die Produktion von Nahrungsmitteln zuständig, das Militär für die Verteidigung. Schon in dieser einfachen Staatstheorie also stehen Eliten an der Spitze des Staatsapparates. Dies verleitet einen zu der Annahme, dass in jeder Gesellschaft eine Führungsspitze notwendig ist, die sich durch besondere Fähigkeiten auszeichnet. Inwieweit wurden Eliten also in den unterschiedlichen Epochen akzeptiert und wodurch zeichneten sie sich aus?

3.1. Kräfte ständischer Ordnung und Industrialisierung im 19.Jahrhundert

Im Zeitalter der Industrialisierung und Demokratisierung im 20.Jahrhundert kam es zu einem rasanten Bevölkerungswachstum und einer großen sozialen Mobilität. Der soziale Aufstieg war prinzipiell für jeden erschwinglich. Zuvor herrschte eine als gottgegeben angesehene Ständeordnung - Feudalherren versus Leibeigene. Jedoch entwickelten sich vor dem Hintergrund der ständischen Feudalordnung neue Formen der Aristokratie.

[...]


[1] Zitat aus: www.eliteakademie.de: http://www.eliteakademie.de/de/ueber uns.html [08.10.2007]

[2] Siehe Zeitartikel „Von oben geht’s nach oben“ DIE ZEIT 23.08.2007 Nr. 35, S.15 ff

[3] Übernommen aus Wasner, Barbara (2004): Eliten in Europa. Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden.

[4] Siehe Moscas Werk: Mosca, Gaetano (1950): Die herrschende Klasse. Grundlagen der politischen Wissenschaft. Kiesel. Salzburg

[5] Vgl. Rainer Geißler (2006, 4.Auflage): Die Sozialstruktur Deutschland. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung. Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden, S.121 ff

[6] Siehe Dreitzel Hans-Peter (1962): Elitebegriff und Sozialstruktur. Eine soziologische Begriffsanalyse.

[7] Stuttgart. Ferdinand Enke Verlag.

[8] Zitiert aus Stammer, Otto (1969): Elite und Elitenbildung. In: Bernsdorf, Wilhelm (Hrsg): Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart. Ferdinnd Enke Verlag, S.217

[9] Nach Dahrendorf, Ralf (1968): Gesellschaft und Demokratie in Deutschland. C.H.Beck. München, S.233- 205

[10] Vgl. Schäfers, Bernhard (2004): Elite. In: APUZ. 2004. Heft 10, S. 3-6.

[11] Vgl. Rainer Geißler 2006, 4.Auflage, S.120 ff.

[12] Zitat Schäfers, Bernhard (2004), S.4

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Elite
Untertitel
Der Wandel des Elitenbegriffs über den historischen Zeitraum und die Bedeutung von Eliten in der modernen Wissensgesellschaft
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Makrosoziologie)
Veranstaltung
Wissenssoziologie
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V147120
ISBN (eBook)
9783640571345
ISBN (Buch)
9783640571093
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Elite, Universitaet, Wissenssoziologie, Wissen, Elitestudenten, Milieu, elitaeres Milieu, Wirtschaftselite, Machtelite, Politik, Weimar, 68er, Bildungsexpansion, Gleichberechtigung, Bildung, Manieren, Elitegehabe, Elitebegriff, Bedeutung, Wissensgesellschaft, Leistung, ENA, Elite-Universitäten, Exzellenzprogramm, Exzellenz, Dahrendorf, LMU, TU, Potsdamer Elitenstudie, Mannheim, Leistungseliten, Kriterien, Topmanager, Hartmann, Bittlingmayer, Habitus, Klasse, Rainer Geißler, Beate Krais, Elitenforschung, Eliteforschung
Arbeit zitieren
Mirjam Moegele (Autor:in), 2007, Elite, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147120

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