Matilde Moisant. Eine frühe Fliegerin in den USA


Fachbuch, 2010

65 Seiten


Leseprobe


Zuden ersten Fliegerinnen in den USA gehörte Matilde Moisant (1878-1964). Sie war die zweite Amerikanerin mit eigener Pilotenlizenz und eine der wenigen Frauen, die zum exklusiven Club der „Early Birds“ gehörten. Kaum ein Jahr später nach dem Erwerb dieser Lizenz gab sie nach einem Unfall das Fliegen aber schon wieder auf. Matilde Josephine Moisant wurde am 13. September 1878 in Earl Park (Indiana) geboren. Ihr Vater war der franko- kanadische Landwirt Médore Moisant (1839-1887). Als Vorname wird manchmal auch Medard oder Medose und als Familienname Moisan angegeben. Ihre Mutter trug den Mäd- chennamen Josephine Fortier (1841-1901). Der Vater und die Mutter hatten 1861 geheiratet.

Die Kinder der Familie Moisant hießen Alfred J. bzw. Charles Alfred (1862-1929), Edward (1863 geboren), Joseph George (1865-1927), John Bevins bzw. Joseph Jean Baptiste (1868- 1910), Ann Marguerite (1877-1957), Matilde Josephine (1878- 1964), Louisa Josephine (1882-1957). Demzufolge wären es insgesamt sieben Kinder gewesen. In der Literatur ist allerdings manchmal von neun Kindern die Rede.

Ab 1880 hielt sich die Familie Moisant - laut Volkszählung (US-Census) - in Manteno (Kankakee County) in Illinois auf wo sich der Vater als Farmer betätigte. Um 1900 lebte - der Volkszählung zufolge - die Familie in San Francisco (Kalifornien). 1896 gingen John Bevins (auch Beavis) Moisant und seine Brüder nach El Salvador und kauften dort eine Zuckerrohr-Plantage, die beträchtliche Einnahmen bescherte. John Bevins leitete 1907 und 1909 zwei fehlgeschlagene Revolutionen und versuchte Staatsstreiche gegen Fernando Figueroa (1849-1919), der von 1907 bis 1911 Präsident von El Salvador war.

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John Bevins Moisant (1868-1910) auf einem Foto aus der Zeit zwischen 1908 und 1910. Foto: Library of Congress, Prints and Photographs Division, Washington, Urheber: Bain News Service

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Harriet Quimby (1875-1912) in einem Blériot-Eindecker im Jahre 1911. Foto: Library of Congress, Prints and Photographs Division, Washington, Urheber: Bain News Service

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Louis Bleriot 1872-1936). Foto: Library of Congress, Prints and Photographs Division, Washington, Ernest L. Jones Collection.

1909 wurde John Bevins Moisant von José Santos Zelaya (1853-1919), dem Präsidenten von Nicaragua, gebeten, sich in Frankreich über Flugzeuge zu informieren. Im August 1909 besuchte John Bevins die Flugschau „Grande Semaine d’Aviation de la Champagne“ in Reims (Frankreich). Noch bevor er eine Fluglizenz besaß, entwarf und baute er zwischen August 1909 und 1910 zwei Flugzeuge. Das Erste davon war der „Moisant-Doppeldecker“ („L’Ecrevisse“), mit dem John Bevin beim Erstflug abstürzte. Teilweise mit Wrackteilen entstand die zweite Maschine, der Eindecker („Le Corbeau“). Letzterer war im Februar 1910 fertig und gilt als das erste Flugzeug mit einem Ganz-Metallrahmen, flog aber nie.

Im Frühjahr 1910 nahm John Bevins Moisant vier Flugstunden in der von dem französischen Flugpionier Louis Blériot (1872- 1936) geleiteten Flugschule in Pau (Département Pyrénées- Atlaniques). Blériot hatte am 25. Juli 1909 mit seinem Flugzeug „Blériot XI“ als erster Mensch in einem Motorflugzeug den Ärmelkanal überquert. Nach dem Erwerb der Fluglizenz des „Aero Club de France“, die auf den „Aero Club of America“ übertragen wurde, war John Bevins der 13. registrierte Pilot in den USA.

Bei seinem dritten Flug als frischgebackener Pilot flog John Bevins Moisant am 9. August 1910 mit einem gekauften Flugzeug „Blériot XI“ von Ètampes nach Issy-les-Moulineaux über Paris. Weil er dabei von seinem Mechaniker begleitet wurde, gilt diese Luftreise als erster Passagierflug über eine Stadt in der Welt. Damals galt John Bevins noch als Anfänger. Kurz zuvor hatte ihm der „Aero Club de France“ noch die Teilnahme am Wettbewerb „Le Circuit de l’Est“ vom 9. bis 11. August 1910 in Jarville-la-Malgrange (Département Meurthe-et-Moselle) verweigert.

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Freiheitsstatue von New York City („Statue of Liberty“). Foto: Andrew Maiman / CC-BY-SA3.0 (via Wikimedia Commons), lizensiert unter Creative Commons-Lizenz by-sa-3.0-de, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode Auf dem respektablen zweiten Platz landete John Bevins Moisant beim „Time Trial Circuit“ („Gordon Bennett Cup“) am 29. Oktober 1910. Dabei absolvierte er einen Flug über 1 Stunde 57 Minuten 44,85 Sekunden.

Geschichtsträchtig war der sechste Flug von John Bevins Moisant am 17. August 1910. An jenem Tag überflog er mit seiner Katze „Mademoiselle Fifi“ und dem Mechaniker Albert Fileux als Passagier den Ärmelkanal. Der Start erfolgte in Paris, die Landung in London.

Gemeinsam mit seinem Bruder Alfred J. und seiner Schwester Matilde hob John Bevins Moisant im Herbst 1910 in New York die Kunstflugtruppe „Show Moisant International Aviation Ltd.“ aus der Taufe. Dieses Unternehmen organisierte im Oktober 1910 die Flugschau „Belmont International Aviation Tournament“ in Belmont Park auf Long Island (New York). Dabei flog John Bevin Moisant am 22. Oktober 1910 mit seinem Eindecker „Blériot XI“ in nur 39 Minuten umgerechnet 16 Kilometer und gewann er 850 US-Dollar Preisgeld. Nach diesem Wettbewerb kollidierte seine rollende Maschine auf dem Boden umgebremst mit einem anderen Flugzeug. Der Schaden konnte aber noch vor der nächsten Flugveranstaltung behoben werden.

Großes Aufsehen erregte John Bevins Moisant am 30. Oktober 1910 durch seinen Flug beim Wettrennen („Statue of Liberty Race“) von Belmont Park um die Freiheitsstatue von New York City und zurück. Er gewann dieses Rennen, war 42,75 Sekunden schneller als der britische Pilot Claude Grahame- White (1879-1959), wurde aber später disqualifiziert, weil man feststellte, dass er zu spät begonnen hatte. Das Preisgeld von 10.000 US-Dollar erhielt aber Jacques de Lesseps (1883-1927), der Sohn des französischen Diplomaten Ferdinand de Lesseps

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Harriet Quimby in ihrer Fliegergarderobe. Foto: Library of Congress, Prints and Photographs Division, Washington, Urheber: Theodore C. Marceau (1859-1922) (1805-1894), weil sich Graham White während des Rennens unsportlich verhalten hatte.

Unter den Zuschauern der Flugschau „Belmont International Aviation Tournament“ im Oktober 1910 war die damals 35- jährige Journalistin Harriet Quimby (1875-1912) gewesen. Sie war von dem, was sie gesehen hatte, so stark beeindruckt, dass sie sich spontan dazu entschloss, selbst das Fliegen zu lernen. Deswegen sprach sie nach dem Ende der Veranstaltung unverzüglich den Flieger und Fluglehrer John Beavis Moisant an, bat ihn, ihr bei nächster Gelegenheit das Fliegen beizubringen und dieser sagte zu. Andere Fluglehrer nahmen damals keine weiblichen Flugschüler auf.

Am 30. Dezember 1910 bestritt John Bevins Moisant mit seinem „Blériot“-Eindecker ein Wettrennen über 5 Meilen (umgerechnet 8 Kilometer) gegen ein „Packard“-Automobil. Dabei verlor er nur um Haaresbreite.

Bevor es zum geplanten Flugunterricht von Harriet Quimby durch John Bevins Moisant kam, starb dieser am 31. Dezember 1910 in New Orleans bei einem Absturz. Bei einem Übungsflug für den „Michelin-Cup“ mit 4.000 US-Dollar Preisgeld geriet sein Flugzeug in Turbulenzen. Beim Versuch einer Notlandung wurde der nicht angeschnallte John Bevins aus der Maschine geschleudert, brach sich das Genick und starb. An den „König der Flieger“ erinnerte zeitweise der Name „Moisant Field“ des internationalen Flughafens von New Orleans, der aber später „Louis Armstrong New Orleans International Airport“ hieß.

Harriet Quimby ließ sich durch den Tod des 42-jährigen John Bevins Moissant nicht davon abschrecken, das Fliegen zu lernen. Sie nahm trotzdem Flugunterricht an der von Alfred J. Moisant betriebenen Flugschule „Moisant School of Aviation“

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Matilde Moisant (1878-1964). Zeichnung: Antje Püpke, Berlin, www.fixebilder.de

in Mineola auf Long Island (New York). Jeden Morgen um vier Uhr kam sie zum Flugunterricht. Sie trug eine Kapuze, eine Hose – was damals für eine Dame als unschicklich galt – und einen langen Mantel aus pflaumenfarbenem Satin. Mit dieser Garderobe bemerkte man nicht auf Anhieb, dass es sich um eine Frau handelte.

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Details

Titel
Matilde Moisant. Eine frühe Fliegerin in den USA
Autor
Jahr
2010
Seiten
65
Katalognummer
V146668
ISBN (eBook)
9783640574391
ISBN (Buch)
9783656878094
Dateigröße
2473 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Matilde Moisant, Ernst Probst, Fliegerin, Pilotin, Fliegerinnen, Pilotinnen, Fliegerei, Luftfahrt, Kurzbiografien, Frauenbiografien, Biografien
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2010, Matilde Moisant. Eine frühe Fliegerin in den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146668

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