Die Sicherungsgrundschuld im deutschen Rechtssystem und im polnischen Gesetzentwurf zur Einführung der Grundschuld


Magisterarbeit, 2009

90 Seiten, Note: magna cum laude ( sehr gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG
1.1. GEGENSTAND DER ARBEIT

2. DIE SICHERUNGSGRUNDSCHULD ALS GRUNDPFANDRECHT IM DEUTSCHEN RECHT
2.1. DIE SICHERUNGSGRUNDSCHULDARTEN
2.2. VOR- UND NACHTEILE DER SICHERUNGSGRUNDSCHULD IM VERGLEICH ZUR HYPOTHEK
2.3. DIE ABTRETUNG DER SICHERUNGSGRUNDSCHULD NACH DER ALTEN UND NEUEN RECHTSLAGE

3. NEUREGELUNG DER GRUNDSCHULD IM RISIKOBEGRENZUNGSGESETZ ...
3.1. ÄNDERUNGEN DES RISIKOBEGRENZUNGSGESETZES IM BÜRGERLICHEN GESETZBUCH
3.2. ÄNDERUNGEN DES RISIKOBEGRENZUNGSGESETZES IN DER ZPO
3.3. ÄNDERUNGEN DES RISIKOBEGRENZUNGSGESETZES IM HANDELSRECHT
3.4. ÜBERGANGSRECHT-ÄNDERUNGEN DES EINFÜHRUNGSGESETZES ZUM BÜRGERLICHEN GESETZBUCH UND DES EINFÜHRUNGSGESETZES ZUM HANDELSGESETZBUCH

4. DIE GRUNDSCHULD AUS DER SICHT VON BANK-, NOTAR- UND GERICHTSPRAXIS
4.1. BANKPRAXIS
4.2. NOTARPRAXIS
4.2.1. Die Mitwirkung des Notars bei der Bestellung der Grundschuld
4.2.2. Prüfungs- und Belehrungspflichten des Notars bei der Grundbuchbestellung
4.2.3. Notarpraxisrelevante Änderungen des BGB durch das Risikobegrenzungsgesetz
4.3. GERICHTSPRAXIS IM SINNE VON PRAXIS DES GBA
4.3.1. Kosten beim Grundbuchamt 60

5. DIE GRUNDSCHULD IM POLNISCHEN RECHT
5.1. IDEE UND BEDARF EINER GRUNDSCHULD IM POLNISCHEN RECHT
5.2. GESETZENTWURF ÜBER DIE EINFÜHRUNG DER INSTITUTION DER GRUNDSCHULD .

6. ZUSAMMENFASSUNG

LITERATURVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. Einleitung

1.1. Gegenstand der Arbeit

Heutzutage hat die Grundschuld die Hypothek in der Kreditsicherungspraxis in Deutschland fast völlig verdrängt, wobei in der polnischen Rechtsordnung bisher allein die Hypothek als Sicherungsmittel bekannt ist. Im polnischen Recht gibt es einen deutlichen Bedarf, ein neues dingliches Recht einzuführen. Die Hypothek entspricht nicht mehr den Bedürfnissen des Wirtschaftsverkehrs im Bereich der Kreditsicherungen, was inzwischen zu verschiedenen Reformentwürfen und Vorschlägen seitens des polnischen Gesetzgebers führte. Mit der Problematik der Grundschuld in Polen setzen sich die Fachexperten seit langem auseinander. Der Gesetzentwurf, der die Einführung der Institution der Grundschuld in das polnische Recht vorsieht, hat die deutsche Grundschuld zum Vorbild. Im Hinblick auf die Bestrebungen zur Einführung der Grundschuld in Polen ist die Darstellung und der Vergleich mit der deutschen Grundschuld daher besonders wertvoll.

Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, einen vollständigen Überblick über die Sicherungsgrundschuld im deutschen Rechtssystem und im polnischen Gesetzentwurf zur Einführung der Grundschuld zu geben. Im ersten Teil soll daher die Problematik der Grundschuld am Beispiel des deutschen Rechts dargestellt werden, im zweiten Teil soll die Regelung des polnischen Gesetzentwurfs über die Einführung der Grundschuld in das polnische Recht charakterisiert und mit dem deutschen Vorbild verglichen werden.

Der Ausgangspunkt der Untersuchung ist zunächst die Regelung im deutschen Rechtssystem. Das Hauptanliegen dieser Magisterarbeit ist damit die rechtliche Analyse sowie die Darstellung und Bewertung der Regelung der Sicherungsgrundschuld im deutschen Grundpfandrecht. Es soll insbesondere die Problematik des deutschen Grundschuldrechts herausgearbeitet werden. Darüber hinausgehend hat die Magisterarbeit zum Ziel, Gestaltungsmöglichkeiten, Vor- und Nachteile sowie Gefahren der Grundschuld aufzuzeigen. Beginnend wird ausführlich die gesetzliche Regelung der Grundschuld dargestellt. In einer Übersicht sollen die Vorschriften über die Grundschuld in Deutschland genauer beleuchtet und die wesentlichen Grundlagen dargestellt werden. In Kapitel 2 wird ausführlich auf die Bestellung und Formen der Sicherungsgrundschulden, die Abtretung von Sicherungsgrundschulden nach der alten und neuen Rechtslage sowie Vor- und Nachteile der Sicherungsgrundschuld im Vergleich zur Hypothek eingegangen. Die Autorin wird nicht nur die geltenden rechtlichen Regelungen der deutschen Rechtsordnung hinsichtlich der Grundschuld berücksichtigen, sondern auch die wichtigsten aktuellen Entwicklungen im Recht der Grundschulden heranziehen. Es soll verdeutlicht werden, dass sich in der letzten Zeit durch Reformen der Charakter der Sicherungsgrundschuld im deutschen Recht deutlich gewandelt hat.

Die Magisterarbeit soll in besonderem Maße die Regelungen und Auswirkungen des verabschiedeten Risikobegrenzungsgesetz vom 12. August 2008 (BGBl. I S. 1666) zum Inhalt haben. Hierbei zielt die Untersuchung der Regelungen auf die Problematik der Kreditverkäufe ab. Dabei sollen die aktuellen Probleme der Kreditwirtschaft vor allem in Bezug auf die Sicherungsgrundschuld hervorgebracht werden. Die Autorin berücksichtigt als weiteren Schwerpunkt die gesellschaftspolitische Problematik, die dem Risikobegrenzungsgesetz zugrunde liegt. In Kapitel 3 werden zunächst die Neuregelungen des Risikobegrenzungsgesetzes präsentiert, indem auf ausgewählte Aspekte der Sicherungsgrundschuld eingegangen wird. Dabei soll eine kritische Übersicht über die Neuregelungen des Risikobegrenzungsgesetzes gegeben und auf besondere Aspekte der Neuregelung aufmerksam gemacht werden - vor allem die praktische Bedeutung der Grundschuld soll beleuchtet werden.

In Kapitel 4 soll die Bedeutung und Funktion der Grundschuld in der BankNotar- und Gerichtspraxis dargestellt werden, d. h. es wird unter Berücksichtigung der neuesten Gesetzesreform in Deutschland auf die praktische Anwendung der Sicherungsgrundschuld aus der Sicht der Banken, Notaren und Gerichten eingegangen.

Darüber hinaus hat sich die Autorin des Themas der Grundschuld aus rechtsvergleichender Sicht angenommen. Es werden daher die gesetzlichen Regelungen der Grundschuld im deutschen und im polnischen Recht untersucht und verglichen. Die Magisterarbeit hat also nicht nur die Darstellung der Spezifik der Grundschuld im deutschen Recht zum Ziel, sondern auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Grundpfandrechten im Sinne einer Rechtsvergleichung in den deutschen und polnischen Rechtsordnungen darzulegen. Aufgrund des deutsch-polnischen Rechtsverkehrs und den zunehmenden ausländischen Investitionen sollte das Recht der Kreditsicherheiten in beiden Rechtsordnungen näher betrachtet werden. In der vorliegenden Arbeit werden die beiden Kreditsicherheiten getrennt nach dem jeweiligen nationalen Recht beschrieben, anschließend werden für jede einzelne Sicherheit die Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufgezeigt. So soll eine vergleichende Perspektive auf beide Rechtssysteme in Deutschland und Polen gewährleistet werden.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich für die Unterstützung bedanken, insbesondere bei meinem Betreuer Prof. Dr. Wilhelm Rütten, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marcus Lutter sowie Prof. Dr. Wulf-Henning Roth, LL.M. Dank des Stipendiums durch Dr. h.c. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marcus Lutter der Universität Warschau wurde mein Aufbaustudium „Magister der Rechtsvergleichung LL.M.“ an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn gefördert. Die Forschungen für die vorliegende Magisterarbeit entstanden dank des Forschungsstipendiums der Thomas Berberich-Stiftung mit dem Vorsitzenden Prof. Dr. Wulf-Henning Roth, LL.M.

2. Die Sicherungsgrundschuld als Grundpfandrecht im deutschen Recht

Beginnend ist zu erläutern, was man unter dem Begriff der Grundschuld im deutschen Recht versteht. Im folgenden Kapitel sollen daher die aktuellen Rechtsvorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)1 genauer beleuchtet werden.

Der Gesetzgeber widmet dem Grundpfandrecht der Grundschuld insgesamt nur acht Paragrafen im BGB (§§ 1191-1198BGB). Die legale Definition der Grundschuld findet sich in § 1191 Abs. 1 BGB: „ Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist (Grundschuld).

(2) Die Belastung kann auch in der Weise erfolgen, dass Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind “ .

Die Grundschuld ist als ein beschränkt dingliches Verwertungsrecht an einem Grundstück ausgestaltet, mit dem Inhalt, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Grundstückbelastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen ist.2 Das wichtigste Sicherungsrecht im Bereich des Immobiliarsachenrecht ist die Grundschuld.3 Die Grundschuld ist heutzutage die wichtigste Form der Absicherung einer Finanzierung.

Die Hypothek wird in § 1113 Abs. 1 BGB definiert: „ Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgte, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist “ Vergleich man den Wortlaut des § 1191 Abs. 1 BGB, der die Begriffsbestimmung der Grundschuld enthält mit dem des § 1113 Abs. 1 BGB-der Parallelvorschrift zur Hypothek-so fällt eine wichtige Abweichung auf.4 Im Gegensatz zur Hypothek fehlt bei der Definition der Grundschuld der Zusatz „ wegen einer ihm (d. h. dem Hypothekar) zustehenden Forderung. “ Dieser Unterschied hat erhebliche Folgen: Die Grundschuld ist im Gegensatz zur Hypothek kein akzessorisches, d.h. von der Forderung abhängiges Sicherungsrecht.5 Die fehlende Bestimmung bei der Grundschuld bedeutet, dass die Grundschuld keine Forderung für das Bestehen der Grundschuld voraussetzt. Die Grundschuld ist somit von einer Forderung unabhängig. Sie ist ein nichtakzessorisches Grundpfandrecht.6 Auch wenn - wie meist in der Praxis - die Grundschuld der Sicherung einer Forderung dient und eine schuldrechtliche Zweckbindung besteht (Sicherungsgrundschuld), führt diese Sicherungsfunktion nicht zu grundpfandrechtlichen dinglichen Konsequenzen. Der Gesetzgeber hat die Grundschuld somit als ein selbstständiges, von einer Forderung unabhängiges Recht ausgestaltet, während die Hypothek ein von einer Forderung abhängiges Recht ist,7 wobei letztere durch die Akzessorietät gekennzeichnet ist. Die Akzessorietät meint damit eine Abhängigkeit der Hypothek vom Bestand der zu sichernden Forderung. Gem. §§ 1153 II, 1154 BGB ist die Hypothek in Entstehung, Übertragung und Erlöschen akzessorisch an die Forderung angelehnt.

Das BGB gibt neben der Verweisung in § 1192 I auf die Vorschriften über Hypothek nur wenige besondere Vorschriften für die Grundschuld. Für die Grundschuld gelten grundsätzlich sämtliche Vorschriften entsprechend der Hypothek, soweit sich gem. § 1192 Abs.1 BGB nicht aus dem Fehlen der Akzessorietät etwas anderes ergibt und soweit nicht die besonderen Vorschriften der §§ 1193-1198 BGB eingreifen. Bei Anwendung der Hypothekenvorschriften auf die Grundschuld ist entsprechend die Überprüfung maßgeblich, ob und inwieweit die jeweilige Vorschrift eine Forderung voraussetzt.8 Auf die Grundschuld sind gem. § 1192 Abs. 1 BGB die für die Hypothek geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld keine Forderung voraussetzt. § 1192 (1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriftenüber die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriftenüber die Zinsen einer Hypothekenforderung.

Durch eine Grundschuldbestellung wird erreicht, dass das belastete, bebaute oder unbebaute Grundstück dem aus der Grundschuld Berechtigten für eine bestimmte Geldsumme haftet. Belastungsgegenstände der Grundschuld sind Grundstücke, gem. § 7 GBO9 reale Grundstücksteile, Miteigentumsanteile §§ 1114, 1192 BGB, einschließlich Wohneigentum, grundstücksgleiche Rechte wie z.B. das Erbbaurecht gem. § 18 ErbauVO10, Bruchteilsanteile an grundstücksgleichen Rechten oder Wohneigentumsrechten.11 In den Haftungsgegenstand fallen gem. § 1120 BGB Erzeugnisse, Bestandteile und Zubehör des Grundstückes.12 § 1120 ff. BGB sind auf die Grundschuld gem. § 1192 Abs.1 BGB abwendbar. Die Grundschuld erstreckt sich wie die Hypothek gem. § 1123 BGB i. V. m § 1192 Abs.1 BGB auf die Forderungen wie z.B. Miet- oder Pachtforderungen, aber auch gem. § 1127 BGB auf Versicherungsforderungen.

Mit der Bestimmung bei der Grundschuld, dass die Geldsumme „aus dem Grundstück zu zahlen ist“, ist die Befugnis des Grundschuldgläubigers gemeint, das belastete Grundstück im Wege der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung zu verwerten und den auf die Grundschuld entfallenden Verwertungserlös im Zwangsversteigerungsverfahren mit Vorrang vor anderen Gläubigern aus der Teilungssumme zu entnehmen (§ 1192 ABs.1, § 1147 BGB).13 Es ist Folgendes zu beachten: Grundschuld und Hypothek sind Grundpfandrechte, die im Sicherungsfall dem Grundpfandgläubiger das Recht gewähren, durch Verwertung einen Geldbetrag aus dem Grundstück zu erlangen. Die Grundpfandrechte Hypothek und Grundschuld sind somit Verwertungsrechte. Der Haftungsumfang und die Haftungsverwirklichung der Grundschuld richten sich nach den für die Hypothek geltenden Vorschriften §§ 1120-1130 BGB. Die Realisierung der Haftung aus der Grundschuld erfolgt durch Zwangsvollstreckung (Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung) wie § 1147 BGB zeigt, der gem. § 1192 Abs. 1 BGB anzuwenden ist:14

„ Die Befriedigung des Gl äubigers aus dem Grundstück und den Gegenst änden, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung. “ Der Zahlungsort ist nach § 1194 BGB zu bestimmen, der besagt: „ Die Zahlung des Kapitals sowie der Zinsen und anderen Nebenleistungen hat, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, an dem Orte zu erfolgen, an dem das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

§ 1194 BGB ist dadurch veranlasst, dass die Grundschuld keine Forderung voraussetzt und sich daher auch keine Vereinbarung aus dem Zahlungsort ergeben könnte.15 Es ist bei der Grundschuld als forderungsunabhängiges Recht angemessen, die Belegenheit des Grundstückes über den Zahlungsort bestimmen zu lassen.16

2.1. Die Sicherungsgrundschuldarten

Wichtigste Art und eine besondere Form der Grundschuld ist die Sicherungsgrundschuld. Sie ist in der Praxis die weitaus häufigste anzutreffende Erscheinungsform der Grundschuld. In der Rechts- und Bankpraxis kommt fast ausschließlich die Regel der Sicherungsgrundschuld vor, die meist einer Darlehensforderung dient. Der Begriff der Sicherungsgrundschuld entstammt nicht dem Gesetz, sondern der Wissenschaft.17 Nach der Auffassung des Grundschuldexperten Rechtsanwalt Dr. Clemens Clemente ist die Sicherungsgrundschuld ein Werk der Praxis und wird von dieser geprägt. Obwohl der Gesetzgeber die Grundschuld als abstraktes Grundpfandrecht konzipiert hat, wird sie regelmäßig zu Sicherung einer Forderung eingesetzt und deshalb Sicherungsgrundschuld genannt.18 19 Den Begriff "Sicherungsgrundschuld" kannte der Gesetzgeber bis zum Jahre 2008 nicht. Er fand nunmehr Eingang in das Bürgerliche Gesetzbuch. Mit dem am 18. August 2008 verkündeten und am darauf folgenden Tag in Kraft getretenen Risikobegrenzungsgesetz20 wurde in § 1192 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nach Absatz 1 folgender Absatz 1a eingefügt:

§ 1192 (1a) BGB Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), k önnen Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrag mit dem bisherigen Gl äubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Ü brigen bleibt § 1157 unberührt. Die Sicherungsgrundschuld wurde damit durch das Risikobegrenzungsgesetz in §1192 Abs.1a des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingeführt. Das BGB definiert die Sicherungsgrundschuld somit als eine Grundschuld, die zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden ist.21

Der Sicherungsgrundschuld liegt eine Forderung zugrunde; diese Eigenschaft hat sie mit der Hypothek gemeinsam. Die Hypothek ist jedoch akzessorisch ausgestaltet, die Sicherungsgrundschuld nicht; die Hypothek ist zudem bei der Entstehung und ihrem Fortbestand von der Forderung abhängig, die Sicherung unabhängig.22

Die Besonderheit der Sicherungsgrundschuld liegt darin, dass diese tatsächlich eine Forderung sichert, was jedoch nicht als Inhalt der Grundschuld in das Grundbuch eintragbar ist. Der Verbindung der Forderung mit der Grundschuld geschieht lediglich durch einen schuldrechtlichen Sicherungsvertrag zwischen dem Eigentümer des Grundstückes und dem Gläubiger der Forderung. Die Tatsache, dass ein Sicherungsvertrag besteht, kann nicht in das Grundbuch eingetragen werden, dies wäre mit der fehlenden Akzessorietät der Grundschuld nicht vereinbar (BGH NJW 86, 53).23 Wie sich aus neuen Kommentierungen ergibt, bleibt die Sicherungsgrundschuld auch nach der Neuregelung des Risikobegrenzungsgesetzes als abstraktes Recht vom Bestand und Umfang der Forderung unabhängig.24 So findet man es auch im neuen Kommentar zum Bürgerliches Gesetzbuch vom Palandt zur Sicherungsgrundschuld: Es besteht keine Akzessorietät zwischen Forderung und Grundschuld bei der Sicherungsgrundschuld.25 Der dingliche Rechtsinhalt der Sicherungs- grundschuld kann daher nicht von der Forderung abhängig gemacht werden, womit § 1163 Abs.1 BGB nicht anwendbar ist. Hinsichtlich der Bestellung der Sicherungsgrundschuld gelten zunächst die gleichen Grundsätze wie bei der normalen Grundschuld.

Die Sicherungsgrundschuld ist ein hoch komplexes, rechtliches Institut. Bei der Sicherungsgrundschuld sollten drei Rechtsgeschäfte voneinander unterschieden werden: Darlehensvertrag, Sicherungsvertrag und Grundschuldbestellung. Zuerst wäre da der schuldrechtliche Kreditvertrag, insbesondere Darlehensvertrag, zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer. Dann wird ein schuldrechtlicher Sicherungsvertrag zwischen Gläubiger und Schuldner abgeschlossen. Aus dem Sicherungsvertrag lässt sich der Zweck der Absicherung entnehmen. Schließlich kommt erst die Grundschuldbestellung.

Der schuldrechtliche Kreditvertrag (i.d.R. Darlehensvertrag) wird zwischen Kreditgeber (Gläubiger) bzw. Darlehensgeber und Kreditnehmer (Schuldner) bzw. Darlehensnehmer geschlossen. Das Rechtsgeschäft, aus dem sich die zu sichernde Forderung ergibt, wird als sog. Forderungsgeschäft bezeichnet.

Der Sicherungsvertrag führt zur schuldrechtlichen Verknüpfung von Forderungs- und Bestellungsgeschäft. Bei der Sicherungsgrundschuld erfolgt sie die erforderliche Verknüpfung der Grundschuld mit der Forderung nicht wie bei der Hypothek kraft Gesetzes, sondern nur auf schuldrechtlicher Ebene. Der Sicherungsvertrag ist das Kennzeichen der Sicherungsgrundschuld. Im neuen § 1192 Abs.1 a BGB wird er vom Gesetzgeber erwähnt, ansonsten erfuhr er indes eine Regelung nicht. So bleibt er damit weiterhin ein Werk der Praxis und wird von dieser ausgestaltet.26

Soll eine Grundschuld eine Forderung sichern, sollen die Parteien dies durch einen Sicherungsvertrag vereinbaren. Der Sicherungsvertrag, der im Übrigen keiner Form bedarf und auch nicht im Grundbuch einzutragen ist, ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der Eigentümer zur Bestellung der Grundschuld und der Gläubiger zur sich dazu verpflichtet, die Grundschuld nur zur Sicherung der Forderung zu verwenden27.

Der Sicherungsvertrag wird von dem Sicherungsgeber (Eigentümer des Grundstückes oder Schuldner - die müssen nicht immer identisch sein) mit dem Sicherungsnehmer (Gläubiger) abgeschlossen. Ist der Eigentümer nicht mit dem Schuldner identisch, so wird der Sicherungsvertrag mit dem Eigentümer abgeschlossen.

In diesem Vertrag bestimmen die Parteien, welche Forderungen gesichert werden sollen. Darüber hinaus werden hierdurch die Befugnisse der Parteien bezüglich der Sicherungsgrundschuld und dem belasteten Grundstück konkretisiert und festgestellt. Der Sicherungsvertrag enthält in der Regel eine Reihe weiterer Abreden, vor allem über die Konditionen der Grundschuld, den dazu gehörenden Nennbetrag und Zinssatz der Grundschuld, den Betrag oder Prozentsatz etwaiger vertraglicher Nebenleistungen, die Zinstermine, die Fälligkeit- und Kündigungstermine der Grundschuld sowie über den für die Eintragung ins Grundbuch geforderte Rang. Hinzu kommt die Abrede über den Rückgewähr- oder Löschungsanspruch der Grundschuld, die Abtretung oder ein Abtretungsverbot.28 Der Sicherungsvertrag regelt, welcher die schuldrechtliche Verbindung zwischen der gesicherten Forderung und der dinglichen Grundschuld herstellt. Er regelt weiterhin, zu welchem Zweck (Sicherungszweck), nämlich der Sicherung einer bestimmten Forderung, die Grundschuld bestellt werden soll. Er ist ein Rechtsgrund i.S.d. §§ 812 ff. BGB für die anschließende Bestellung der Sicherungsgrundschuld. Falls der Sicherungsvertrag nichtig ist, kann der Eigentümer gem. § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB die Rückgängigmachung der Grundschuldbestellung verlangen. In diesem Falle steht ihm die Bereicherungseinrede gem. § 822 BGB zu. Der schuldrechtliche Sicherungsvertrag liefert den Rechtsgrund für die Grundschuldbestellung. Er regelt vor allem die Zwecke, die mit der Grundschuldbestellung verfolgt werden, wie z. B. den Sicherungszweck, dass die Grundschuld als Sicherheit zu stellen ist, wer die Grundschuld als Sicherheit stellt, wessen und welche Verbindlichkeiten die Grundschuld sichert.29

Die Sicherungsabrede stellt den wesentlichen Teil des sog. Sicherungs- vertrages dar. Sie bestimmt, dass die Grundschuld die durch die Sicherungsabrede umschriebene Forderung sichert. Die Sicherungsabrede ist das Kernstück des Sicherungsvertrages und werden auch Sicherungserklärung, Sicherungsvereinbarung, Zweckerklärung oder Zweckbestimmungserklärung genannt.30 Die Verknüpfung von Forderung und Grundschuld geschieht durch die Sicherungsabrede, d.h. durch den schuldrechtlichen, einseitig verpflichtenden Vertrag, durch welchen sich der Eigentümer gegenüber dem Gläubiger zur Bestellung einer Grundschuld zur Sicherung einer Forderung verpflichtet. Die Sicherungsabrede ist der Rechtsgrund (causa) für die Bestellung der Grundschuld. Sie kann formlos geschlossen werden.31 In der Praxis unterscheidet man zwei Arten von Sicherungsabreden, und zwar jene mit einem weiten und jene mit einem engen Sicherungszweck (entsprechend: weite und enge Sicherungsabrede). Die Sicherungsabrede beruht in der Regel regelmäßig auf einer Bankformularvereinbarung. In Bankformularen sind ebenfalls Sicherungsabreden mit weitem und engem Sicherungszweck anzutreffen. Eine weite Sicherungsabrede kommt im Normalfall vor, wenn der Grundstückseigentümer mit dem Kreditnehmer identisch ist. Wird die Sicherungsabrede alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Kreditgebers aus laufender Geschäftsverbindung gegen den Eigentümer besichern, so spricht man von einer weiteren Sicherungsabrede.32 In den Formularen kann die weite Sicherungsabrede wie folgt festgelegt werden: „ Die Grundschuld, die Ü bernahme der pers önlichen Haftung sowie die Abtretung der Rückgew ähransprüche dienen der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche , die der Bank mit ihren s ämtlichen in- und ausl ändischen Gesch äftsstellen aus der bankm äßigen Gesch äftsverbindung gegen den Sicherungsgeber zustehen. 33

Eine enge Sicherungsabrede kommt praktisch vor, wenn keine Identität zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Kreditnehmer besteht. Dies geschieht in sog. Drittsicherungsfällen, in denen die Sicherungsgrundschuld auf einem dem Kreditnehmer nicht gehörenden Grundstück lastet. Nach der engen Sicherungsabrede werden nicht alle Ansprüche aus der Geschäftsverbindung gesichert, sondern sie wird auf einzelne Ansprüche beschränkt. Eine enge Sicherungsabrede kann wie folgt formuliert werden: „ Die Grundschuld, die Übernahme der pers önlichen Haftung sowie die Abtretung der Rückgew ähransprüche dienen der Sicherung aller Ansprüche, die der Bank aus dem nachstehend bezeichneten Kreditvertrag zustehen und zwar auch dann, wenn die vereinbarte Kreditlaufzeit verl ängert wird. “ 34

Die Sicherungsabrede wird im Rechtsverkehr mit Banken üblicherweise schriftlich mittels der Formulare geschlossen. Die Bankformulare beinhalten eine Vielzahl von Bestimmungen, die vom Kreditgeber meist auf Empfehlungen der Verbände gestaltet sind. Zum Sicherungsvertrag gehören darüber hinaus jene Bestimmungen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer regeln.

Nach Erfüllung der gesicherten Forderung steht dem Sicherungsgeber der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld zu, der durch Abtretung der Grundschuld, Verzicht oder Aufhebung (Löschungsanspruch) derselben erfüllt werden kann. Das Wahlrecht steht dem Sicherungsgeber zu, wird aber in der Bankpraxis häufig in der Weise beschränkt, dass der Sicherungsgeber auf den Löschungsanspruch beschränkt wird.35 Mit der Löschungsbewilligung erklärt der Gläubiger (z.B. ein Kreditinstitut) nach Rückzahlung des Darlehens, dass er die Löschung der Grundschuld im Grundbuch bewilligt. Die Löschungsbewilligung ist gem. § 19 GBO grundbuchrechtliche Voraussetzung zur Löschung des Grundpfandrechts im Grundbuch. Sie muss in einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde enthalten sein (§ 29 Abs.1 Satz 1 GBO).

Zusammenfassend lässt sich folgendes resümieren: Die Verknüpfung über den obligatorischen Sicherungsvertrag mit der gesicherten Forderung kann die Verkehrsfähigkeit und die Verwendbarkeit der Sicherungsgrundschuld im Vergleich mit der isolierten Grundschuld beeinträchtigen. Es sei jedoch betont, dass die Verbindung von Sicherungsgrundschuld und gesicherter Forderung lediglich auf schuldrechtlicher Ebene durch den Sicherungsvertrag erfolgt. Damit bleibt die Sicherungsgrundschuld nicht akzessorisch.

Das dritte Rechtsgeschäft, nämlich die dingliche Bestellung der Sicherungsgrundschuld, richtet sich nach allgemeinen Regeln über die Grundschuldbestellung. Diese wird zwischen Grundstückseigentümer (Sicherungsgeber) und Gläubiger (Sicherungsnehmer) abgeschlossen. Die Bestellung einer Grundschuld setzt gem. §§ 873, 1192, 1993 BGB voraus, dass sich der Eigentümer und der Erwerber der Grundschuld über die Bestellung der Grundschuld und darüber einig sind, dass eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist (§ 1191 BGB). Darüber hinaus können gem. §§ 1192, 1115, 1119 BGB der Zinssatz und die Nebenleistungen vereinbart werden. Ferner ist die Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch erforderlich. Bei der Briefgrundschuld muss gem. §§ 1192,117 BGB noch zusätzlich die Übergabe des Grundschuldbriefes erfolgen. Näheres dazu ist im folgenden Unterkapitel 2.1 zu finden. Sofern die Parteien eine Buchgrundschuld statt der Briefgrundschuld vereinbaren sollten, so muss gem. §§ 1192, 1116 BGB die Erteilung eines Grundschuldbriefes ausgeschlossen werden.

Die Sicherungsgrundschuld kann als Buch- oder als Briefgrundschuld bestellt werden. Die Bestellung ist der dingliche Rechtsakt, durch den die Grundschuld als dingliches Recht entsteht.36

Die Regelform ist laut des Gesetzes gem. § 1116 Abs. 1 BGB die Briefgrundschuld, in der Praxis aber weniger verbreitet. Regelmäßig entscheidet sich der Grundschuldbesteller für die Buchgrundschuld.37 In der Praxis werden Briefgrundschulden weniger häufig als Buchgrundschulden verwendet. Dies liegt an den höheren Kosten für die Erteilung eines Grundschuldbriefes beim Grundbuchamt.

Aus der Verweisungsvorschrift des § 1192 Abs. 1 BGB ergeben sich für die Grundschuld die gleichen Entstehungsvoraussetzungen wie bei der Entstehung der Hypothek. Gem. § 1192 BGB finden auf die Grundschuld die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt. Auf die Übertragung der Grundschuld sind § 1192, 1154 BGB anwendbar.

Die Buchgrundschuld entsteht durch Einigung gem. § 873 Abs. 1 BGB mit dem Inhalt von § 1191 Abs. 1 BGB, Einigung über den Briefausschluss gem. §§ 1192 Abs. 1, 1116 Abs. 2 BGB und Eintragung der Grundschuld ins Grundbuch gem. § 873 Abs.1 BGB. Die Einigung über den Briefausschuss bedarf gem. §§ 1192 Abs. 1, 1116 Abs. 2 BGB der Eintragung ins Grundbuch. Dazu Berechtigung und Verfügungsbefugnis des Bestellenden ist erforderlich. Handelt es sich um eine Briefgrundschuld, bedarf sie zur ihrer Entstehung ferner der Übergabe des Briefes (§§ 1192 Abs. 1, 1117 BGB).38

Besonders wichtig ist es bei der Übertragung der Sicherungsgrundschuld zwischen Brief-und Buchgrundschuld zu unterscheiden. Die Buchgrundschuld wird nach allgemeinen Vorschriften des § 873 BGB durch Einigung, die im Abtretungsvertrag nach § 398 BGB enthalten ist, und die Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch gem. §§ 1192, 1154 III BGB, Berechtigung und Verfügungsbefugnis des Veräußerers übertragen.

Für die Briefgrundschuld wird vom Grundbuchamt ein Brief ausgestellt. Dieser Grundschuldbrief ist ein Wertpapier, der die Grundschuld im Rechtsverkehr verkörpert. Für die Übertragung der Briefgrundschuld sind gem. §§ 413, 398 BGB ein Abtretungsvertrag, schriftliche Form der Abtretungserklärung gem. § 1192 I, 1154 I BGB und die Übergabe des Briefes erforderlich. Dies bedeutet: Die Briefgrundschuld kann außerhalb des Grundbuchs durch schriftliche Abtretungserklärung und Briefübergabe auf einen Anderen übertragen werden. Nach § 1154 Abs. 2 BGB kann die schriftliche Form der Abtretungserklärung dadurch ersetzt werden, dass die Abtretung in das Grundbuch eingetragen wird, d. h. die Abtretungserklärung des Veräußerers ist nur dann in schriftlicher Form erforderlich, wenn die Eintragung ins Grundbuch nicht vorgenommen wird. Daneben ist der Voraussetzung bei der Übertragung der Briefgrundschuld eine Übergabe des Grundschuldbriefes. Die Briefgrundschuld ist günstiger für den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Sie erspart den Zeitaufwand, der bei der Eintragung einer Buchgrundschuld beim Grundbuchamt nötig ist. Diesem Vorteil stehen aber erhebliche Nachteile gegenüber: Für die Erteilung des Briefes wird zusätzlich eine ¼ Gebühr gem. § 71 KostO erhoben. Der Grundschuldbrief führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand. Zur Geltendmachung der Grundschuld muss gem. § 1160 BGB der Brief vorgelegt werden, wenn der Eigentümer dies verlangt, und unabhängig davon zu jeder Grundbucheintragung gem. § 42 GBO. Ein Briefverlust nötigt zu einem Aufgebotsverfahren, um den Brief für kraftlos zu erklären (§§ 1162 BGB, 946 ff, 1003 ff ZPO) und zum Nachweis der Übergabe des alten Briefes, damit nach dessen Kraftloserklärung ein neuer erteilt oder eine Abtretung der Grundschuld eingetragen werden kann.39

2.2. Vor- und Nachteile der Sicherungsgrundschuld im Vergleich zur Hypothek

Grundschuld und Hypothek gehören zu den Grundpfandrechten. Die wirtschaftliche Bedeutung der Grundpfandrechte liegt darin, dass sie ein wesentliches Sicherungsmittel in der Kreditwirtschaft, insbesondere bei Immobiliendarlehensverträgen, darstellen.

Obwohl der Gesetzgeber die Hypothek in allen Einzelheiten ausgestaltet hat und für die Grundschuld nur wenige Vorschriften erlassen hat, gibt die Praxis der Grundschuld den Vorzug vor der Hypothek.40

Die Grundschuld hat die gleichen Entstehungsvoraussetzungen wie die Hypothek - bis auf das Erfordernis auf Bestehen einer Forderung. Dies ergibt sich aus der Verweisungsvorschrift des § 1192 Abs.1 BGB über anwendbare Vorschriften für die Grundschuld. Folglich gelten gem. § 1192 Abs. 1 BGB bezüglich der Haftung des Grundstückseigentümers bei der Sicherungsgrundschuld die gleichen Grundsätze wie bei der Hypothek.

Der wesentliche Unterschied der beiden Rechte liegt im Bereich der rechtlichen Abhängigkeit (Akzessorietät). Falls ein Kredit durch eine Hypothek abgesichert wird, besteht zwischen dem Kredit und der Hypothek eine rechtliche Abhängigkeit. Die Akzessorietät der Hypothek bedeutet eine Abhängigkeit der Hypothek vom Bestand der zu sichernden Forderung. Die Hypothek ist in Entstehung, Fortbestand, Übertragung, Durchsetzung und Erlöschen akzessorisch an die Förderung angelehnt. Die Akzessorietät bedeutet eine Abhängigkeit des sichernden Nebenrechts von dem zu sichernden Hauptrecht. Das Nebenrecht ist auf das Hauptrecht angewiesen d.h. das Nebenrecht entsteht nur, wenn und soweit das Hauptrecht entsteht und es erlischt zusammen mit dem Hauptrecht (§ 1163 Abs.1 BGB). Das Nebenrecht folgt dem Hauptrecht bei Abtretung zwingend nach §§ 401, 1153 BGB. Das Sicherungsrecht kann nicht gesondert übertragen werden. Damit ist sichergestellt, dass beide Rechte immer demselben Gläubiger zustehen. Die Akzessorietät bezweckt vor allem den Schutz des Schuldners. Auch die Nebenfunktion der Übertragungsakzessorietät dient dem Schutz des Darlehensnehmers. Die Übertragungsakzessorietät besagt, dass mit der Abtretung der Forderung auch das Nebenrecht übergeht. Eine getrennte Übertragung beider Rechte ist nicht möglich. Die Akzessorietät führt damit zu fehlender Flexibilität des Sicherungsrechtes.41 Die Akzessorietät bezweckt vor allem den Schutz des Schuldners und setzt somit die Sicherungsfunktion der Hypothek in rechtstechnisch konsequenter Weise um.42 Auch die Nebenfunktion der Übertragungsakzessorietät der §§ 401, 1153, 1154 BGB dient dem Schutz des Sicherungsgebers. Die Übertragungsakzessorietät besagt, dass der Gläubiger die mit der Hypothek gesicherte Forderung nicht ohne Hypothek übertragen kann. Mit der Abtretung der Forderung geht das Nebenrecht über, dadurch wird die Gläubigerdivergenz vermeiden. Die Akzessorietät dient zwar den Schuldnerschutz einerseits, führt aber zu fehlender Flexibilität dieses Sicherungsrechtes anderseits.

Wird ein Kredit durch eine Sicherungsgrundschuld gesichert, besteht zwischen diesen beiden durch den Sicherungsvertrag ein lediglich schuldrechtlicher Zusammenhang. Die Grundschuld ist in Entstehung und Bestand von einer zu sichernden Forderung unabhängig. Die Nichtakzessorietät der Grundschuld bietet den Vorteil, dass sie zur Sicherung beliebiger Forderungen eingesetzt werden kann. Die fehlende Akzessorietät der Grundschuld führte daher dazu, dass sie die Hypothek als Kreditsicherungsmittel verdrängte.43 Die Verdrängung erfolgte bereits im vorigen Jahrhundert. Spätestens seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts setzten auch Hypothekenbanken/Pfandbanken ausschließlich die Grundschuld und nicht die Hypothek zur Kreditsicherung ein.44 Der Gesetzgeber des BGB hatte bei der Gestaltung der Grundpfandrechte die Kreditverhältnisse vor Augen, wie sie sich gegen Ende 19. Jahrhunderts dargestellt haben.

Aus der Akzessorietät der Hypothek ergeben sich folgende unterschiedliche Regelungen gegenüber der Grundschuld. Als erste ist § 1152 BGB zu erwähnen. Gem. § 1152 BGB kann die Forderung nicht ohne die Hypothek, die Hypothek nicht ohne die Forderung übertragen werden. Im Gegensatz dazu kann die Grundschuld ohne die gesicherte Forderung und die Forderung ohne die sie sichernde Grundschuld abgetreten werden.

Die vorteilhafte Sicherungsgrundschuld bringt wegen der Nichtakzessorietät der Grundschuld Gefahren für den Grundstückseigentümer, insbesondere bei Kreditverkauf bei Abtretung. Der Grundschuldgläubiger kann die durch Grundschuld gesicherte Forderung auch ohne die Grundschuld abtreten, was bei einer Hypothek nicht möglich ist. Der Gläubiger kann nämlich die Grundschuld ohne Forderung und die Forderung ohne die Grundschuld abtreten. Der Gläubiger kann die Forderung und die Grundschuld auch getrennt an verschiedene Zessionäre abtreten. Wegen der fehlenden Akzessorietät der Grundschuld kann der Fall eintreten, dass ein Dritter die Grundschuld erwirbt, während die Forderung bei dem bisherigen Gläubiger verbleibt. Dem Schuldner bzw. Grundstückseigentümer droht in solchem Fall die Gefahr, von beiden in Anspruch genommen zu werden, falls sowohl der Inhaber der der Forderung als auch der Erwerber der Grundschuld gegen ihn vorgehen.45 Diese aufgeworfenen Gefahren haben zu Bestrebungen einer neuen Rechtslage durch das Risikobegrenzungsgesetz geführt, um solche Risiken künftig zu vermeiden. Inzwischen wurde das Risikobegrenzungs- gesetz verabschiedet, das die Gefahren, die sich aus der Natur der Sicherungsgrundschuld ergaben, beseitigte. Das Risikobegrenzungsgesetz verhindert die Gefahren durch den neuen § 1191a BGB. Demnach kann der Eigentümer bei einer Abtretung der Sicherungsgrundschuld Einreden, die ihm auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegensetzten. Darüber hinaus ist mit der Neuregelung § 1191a BGB der sog. gutgläubige einredefreie Erwerb der Grundschuld ausgeschlossen. Die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb für die Hypothek bleiben unberührt.

Die Abtretung der Forderung bei der Hypothek findet unter Formpflicht nach § 1154 BGB unter Beachtung der Akzessorietät gem. § 1153 BGB und § 401 BGB statt, die Abtretung der Forderung bei der Grundschuld findet nach §§ 398 ff. § 399 BGB. Die Abtretung der Forderung ist formfrei, die Abtretung der Grundschuld jedoch formpflichtig (§§ 1192, 1192 1a, 1154), aber nicht akzessorisch.

[...]


1 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) ge ändert worden ist.

2 Weber: Sachenrecht II, Rn.3, S.233.

3 Lücke: Sachenrecht, Rn.740, S.288.

4 Lücke: Sachenrecht, Rn.741, S.288.

5 Lü> Sachenrecht, Rn. 741, S. 288.

6 Baur./Stürner/Baur (Hrsg./Bearb.: Baur/Fritz): Sachenrecht, Rn. 1, S. 565.

7 Clemente: Homepage: http://www.grundschuld.com/ , zuletzt abgerufen am 10.06.2009.

8 Vieweg/Werner: Sachenrecht, Rn. 85, S. 566.

9 "Grundbuchordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1114), das zuletzt durch Artikel 36 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) ge ändert worden ist"

10 "Erbbaurechtsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-6, ver öffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 57 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) ge ändert worden ist"

11 Palandt: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,§ 1191 Rn. 5, (zit.: Palandt/Bearbeiter, § 1191 BGB, Rn.5).

12 Wilhelm: Sachenrecht, Rn.1754, S. 674.

13 Clement: Das Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn.13, S.5.

14 Clemente: Homepage: http://www.grundschuld.com/ , Stand: zuletzt abgerufen am 10.06.2009.

15 Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.): BGB Kommentar, § 1194 Rn. 1.

16 Herberger/Martinek/Rüssmann/Weth (Gesamthrsg.): Juris-Praxiskommentar BGB, Sachenrecht, § 1194 Rn. 1, (zit.: jurisPK-BGB,-Bearbeiter, § 1194, Rn. 1).

17 Meder/Czelk: Grundwissen Sachenrecht, S. 219.

18 Clemente: Homepage: http://www.grundschuld.com/ , zuletzt abgerufen am 10.06.2009.

19 Clemente: Homepage: http://www.sicherungsgrundschuld.de/sicherungsgrundschuld.html , zuletzt abgerufen am 10.06.2009.

20 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12. August 2008 (BGBl. I S. 1666).

21 Clemente: Homepage: http://www.sicherungsgrundschuld.de/sicherungsgrundschuld.html ,zuletzt abgerufen am 10.06.2009.

22 Reinicke/Tiedtke: Kreditsicherung durch Schuldbeitritt, Bürgschaft, Patronatserkl ärung, Garantie, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung, Eigentumsvorbehalt, Pool- Vereinbarungen, Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten, Hypothek und Grundschuld, Rn. 1168, S. 401, (zit.:Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 1168, S. 401).

23 Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.): BGB Kommentar, § 1192 Rn. 5.

24 Schmidt/Voss: DNotZ 2008, [Beck-Online Datenbank- Dokument].

25 Palandt: Kommentar zum BGB, § 1191, Rn. 13.

26 Clemente: Sicherungsgrundschuld, Homepage: http://www.sicherungsgrundschuld.de/sicherungsgrundschuld.html#sicherungsvertrag , zuletzt abgerufen am 10.06.2009.

27 Schmidt: Sachenrecht II, Rn. 500, S. 202.

28 Weirich (Hrsg.)/Ivo/Mackeprang/Voltz (Bearb.): Grundstücksrecht, Systematik und Praxis des materiellen und formellen Grundstücksrechts, Rn. 1510, S. 460.

29 Amann: Beck'sches Notarhandbuch, Grundschulden, Rn. 34, [Beck -Online Datenbank- Dokument].

30 Clemente: Das Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn. 344, S. 131.

31 Wieling: Sachenrecht, S. 477.

32 Weber: Sachenrecht II, Grundstücksrecht, Rn. 41, S. 243.

33 Clemente: Das Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn. 348, S. 132

34 Ibid. Rn. 353, S. 135.

35 Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.): BGB Kommentar, § 1192 Rn. 15.

36 Wolf: Sachenrecht, Rn. 929, S. 381.

37 Clemente: Recht der Sicherungsgrundschuld, Rn. 274, S. 101.

38 Clemente: Homepage: http://www.sicherungsgrundschuld.de/grundschuld_faq/Briefgrundschuld_Buchgrundschul d.html, zuletzt abgerufen am 10.06.2009

39 Amann: Beck'sches Notarhandbuch, Grundschulden, Rn. 14, [Beck -Online Datenbank- Dokument].

40 Wolf: Sachenrecht, Rn. 899, S. 377.

41 Dieckmann: NZM 2008, Rn. 865, [Beck-Online Datenbank- Dokument].

42 Dieckmann : RNotZ 2008, Rn. 597, [Beck-Online Datenbank- Dokument].

43 Clemente: Homepage: http://www.grundschuld.com/grundschuld_hypothek.html , zuletzt abgerufen am 11.06.2009.

44 Weirich (Hrsg.)/Ivo/Mackeprang/Voltz (Bearb.): Grundstücksrecht, Systematik und Praxis des materiellen und formellen Grundstücksrechts, Rn. 1488, S. 454.

45 Meder/Czelk: Grundwissen Sachenrecht, S. 223.

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Die Sicherungsgrundschuld im deutschen Rechtssystem und im polnischen Gesetzentwurf zur Einführung der Grundschuld
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für Deutsche und Rheinische Rechtsgeschichte)
Veranstaltung
Magisterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Rechtsvergleichung LL.M.
Note
magna cum laude ( sehr gut)
Autor
Jahr
2009
Seiten
90
Katalognummer
V146666
ISBN (eBook)
9783640574384
Dateigröße
652 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Magisterarbeit befasst sich mit dem Thema der Sicherungsgrundschuld im deutschen Rechtssystem und im polnischen Recht.
Schlagworte
Sicherungsgrundschuld, Grundschuld, Kreditsicherheiten an Immobilien, Grundpfandrechte
Arbeit zitieren
Iwona Kolodziejczyk (Autor:in), 2009, Die Sicherungsgrundschuld im deutschen Rechtssystem und im polnischen Gesetzentwurf zur Einführung der Grundschuld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146666

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