Das Parteiensystem der BRD


Seminararbeit, 2008

22 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Vorwort

B. Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland
I. Die rechtliche Fundierung der Parteien
II. Definition des Parteienbegriffs
III. Entstehung und Entwicklung des Parteiensystems in Deutschland
1. Cleavages-Theorie
2. Wurzeln des bundesdeutschen Parteiensystems
IV. Parteientypologie
1. Honoratiorenpartei
2. Massenintegrationspartei
3. Volkspartei
V. Aufgaben und Funktionen
VI. Struktur und Organisation
1. Innerparteiliche Demokratie: Parteiengliederung und Parteiorgane
2. Parteienfinanzierung

C. Deutschland – ein Parteienstaat?

D. Anhang

A. Vorwort

„Der Parteienstaat wurde von den Vätern des Grundgesetzes als ein positives Gut verstanden“ (Hartmann 2004: 112). Dennoch muss man nicht erst seit der Wiedervereinigung feststellen, dass dieser Begriff in der Politikwissenschaft für Polarisierung sorgt und bei weitem nicht als ein durchweg positiv konnotierter einzuordnen ist. Kritik am Parteienstaat Deutschland lässt sich insbesondere mit dem geflügelten Wort der „Parteiverdrossenheit“ in Verbindung bringen. Nicht nur die politische Kultur seit den 80er Jahren besagt eine solche. Auch Kritiker wie Hans Herbert von Arnim unterstellen dem politischen System der Bundesrepublik einen „überdehnten Einfluss der Parteien“ (Rudzio 2006: 94) und bezeichnen „Staat und Verwaltung als Beute“ und die wuchernde Parteienfinanzierung als „Selbstbedienung“ (Rudzio 2006: 94). So stellt Peter Lösche fest: „Das Problem des bundesdeutschen Parteienstaates besteht heute nicht in zu wenig, sondern – zumindest in publizistischen Meinungen – in zuviel Macht und Einfluss“ (Lösche 2006: 23). Karlheinz Niclauß dagegen gehört zu jenen, die das Parteiensystem der Bundesrepublik weitestgehend verteidigen. Wenngleich er auch Kritik hinsichtlich der innerparteilichen Demokratie und der Intransparenz der Parteienfinanzierung übt, würdigt er „die Verdienste der Parteien um die politisch-wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik und tritt damit einer oberflächlichen Parteiverdrossenheit entgegen“ (Niclauß 1995: Einband).

An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie weit die Bundesrepublik tatsächlich als Parteienstaat zu bezeichnen ist. Auch hierüber gibt es unterschiedlichste Meinungen, da der Parteienstaat nicht von den Vätern des Grundgesetzes als solcher deklariert wurde, sondern lediglich einer Verfassungsinterpretation zu Grunde liegt. Peter Lösche beispielsweise versteht unter einem Parteienstaat ganz generell „eine repräsentative Demokratie […], in der Parteien in der Verfassungsrealität, das heißt beim Zustandekommen politischer Entscheidungen und bei deren Legitimation, die dominierende Rolle spielen“ (Lösche 2006: 13).

Und welche Rolle das ist, die die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland spielen, soll an Hand des folgenden Überblicks über das deutsche Parteiensystem zumindest ansatzweise verdeutlicht werden, um anschließend nach einer Antwort auf die Frage suchen zu können, ob Deutschland tatsächlich als Parteienstaat bezeichnet werden kann.

B. Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland

I. Die rechtliche Fundierung der Parteien

Im Vergleich zu den meisten anderen Demokratien sind die politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland – sowohl durch ihre Verankerung in der Verfassung, als auch im Parteiengesetz – auf besondere Weise privilegiert. Zwar spielen die politischen Parteien auch in den meisten anderen parlamentarischen Demokratien eine zentrale Rolle, doch wurde ihnen im Falle der Bundesrepublik Deutschland auch eine rechtliche Grundlage in Form des Artikels 21 GG und des Parteiengesetzes von 1967 geschaffen, was als eng verbunden mit der stark ersuchten Rechtsstaatlichkeit der Deutschen angesehen werden kann. Dadurch sind die politischen Parteien so stark mit dem Staat verflochten, dass sich daraus sowohl manche Erscheinungen der Parteienherrschaft, als auch der Machthunger der Parteien selbst begründen lässt (von Alemann 2000: 79). „Das Grundgesetz will die Parteien als Instrumente der politischen Willensbildung“ (Hartmann 2004: 112).

Die Parteien als verfassungsrechtlich verankerte intermediäre Institutionen sind jedenfalls aus unserem Deutschland des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken, obwohl das Grundgesetz als erste deutsche Verfassung die politischen Parteien aufgreift. „Die ersten Kommentatoren des Grundgesetzes weisen daher insbesondere darauf hin, da[ss] durch die Aufnahme von Rechtssätzen über die politischen Parteien in das Grundgesetz endlich die politische Wirklichkeit mit dem geschriebenen Recht versöhnt werde“ (Oberreuter/Kranenpohl/Olzog/Liese 2000: 11). Sicherlich ist diese Verankerung der Parteien in der Verfassung nicht zuletzt auf die traumatischen Erfahrungen hinsichtlich des Parteienverbots im Dritten Reich zurückzuführen.

Die Sonderstellung des Parteistatus in der Bundesrepublik wird als das so genannte „Parteienprivileg“ (Lösche 2006: 9) bezeichnet. Dieses Privileg basiert auf zweierlei Zugeständnissen des Grundgesetzes und des Parteiengesetzes: Zum ersten können sich nur politische Vereinigungen, die den Parteistatus genießen, für die staatliche Teilfinanzierung ihrer Organisation bzw. ihrer Wahlkampfkosten qualifizieren (Lösche 2006: 9/10).

Zum zweiten können Parteien auf Grund des Verdachts, gegen die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu verstoßen, lediglich vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, anstatt vom Bundesminister des Innern bzw. den jeweiligen Landesministern (Lösche 2006: 9). Das Verbot verfassungswidriger Parteien ist Bestandteil des „Arsenals einer wehrhaften Demokratie“ und beruht auf dem Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes (Rudzio 2006: 38).

Diese Verrechtlichung der politischen Parteien in der Bundesrepublik hat zur Folge, dass in der Politikwissenschaft die Theorie eines „Parteienstaates“ eine stark diskutierte ist. Ist der Begriff des „Parteienstaates“ auch ein viel umstrittener, so lässt sich doch zumindest von einer „parteistaatlichen Demokratie“ in Deutschland sprechen (von Alemann 2000: 80). Auf die Problematik des Parteienstaates soll jedoch zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer eingegangen werden.

Auch wenn mit der verfassungsrechtlichen Verankerung der Parteien dem stark ausgeprägten Rechtsstaatlichkeitsverständnis der Deutschen Folge geleistet wird, stellt Ulrich von Alemann fest: „Sicherlich bringt die Verrechtlichung begrenzt Berechenbarkeit, Gleichbehandlung und einklagbare Rechte, verursacht aber auch Schwerfälligkeit, Bürokratisierung und Innovationsfeindlichkeit“ (von Alemann 2000: 79).

„Das im Grundgesetz vorgesehene Parteiengesetz ließ 18 Jahre auf sich warten“ (Niclauß 1995: 16), da die darin festgelegte Parteienfinanzierung und vor allem die Offenlegungspflicht der Finanzen lange Zeit das Hindernis gewesen waren (von Alemann 2000: 84). Das Parteiengesetz gliedert sich in acht Abschnitte, wovon der erste allgemeine Bestimmungen umfasst, der zweite die Innere Ordnung von Parteien regelt, der dritte einen Verweis auf die entsprechenden Wahlgesetze liefert, der vierte, fünfte und sechste die Finanzen regelt, der siebte den Vollzug des Verbots verfassungswidriger Parteien aufgreift und der achte die Schlussbestimmungen enthält (von Alemann 2000: 85).

Die Tatsache, dass es im europäischen Vergleich kaum ein ausführlicheres Parteiengesetz gibt – außer das der Türkei –, lässt ebenfalls auf die zentrale Rolle der Parteien im politischen System Deutschlands schließen (von Alemann 2000: 86). Die deutschen Parteien genießen durch das Parteiengesetz quasi fast einen Ausnahmestatus im europäischen Vergleich und sind dadurch noch einmal mehr im Staatsrecht der Bundesrepublik verankert.

„Das Gesetz bestätigt den Parteien, da[ss] sie ein „verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil“ der Demokratie sind und eine vom Grundgesetz „verbürgte öffentliche Aufgabe“ wahrnehmen (Niclauß 1995: 16).

II. Definition des Parteienbegriffs

Um das Parteiensystem der Bundesrepublik genauer zu betrachten, bietet es sich an, zunächst einmal den Parteienbegriff zu definieren. Jedoch erweist sich dies als keine leichte Aufgabe, wofür es unterschiedliche Gründe anzubringen gilt. „Erstens ist die politische Partei in Zeit und Raum (bzw. in wissenschaftlicher Perspektive) ein ziemlich amorphes Ding, und zweitens hat kein Lexikon oder Lehrbuch die Autorität, eine endgültige und verbindliche Definition an die Hand zu geben, die man schwarz auf weiß getrost nach Hause tragen kann“ (von Alemann 2000: 9). Es existieren unzählige an Versuchen, die Parteien definitorisch abzustecken und es ist kaum möglich, sich lediglich an einer einzigen zu orientieren. Da die exakte Bestimmung des Parteienbegriffs also nicht ganz unproblematisch ist, soll sich im Folgenden wenigstens um eine „Annäherung an einen komplexen Begriff“ (Lösche 2006: 7) an Hand einer Auswahl von verschiedenen Definitionsvarianten bemüht werden, die zumindest grob skizziert werden sollen.

Um zunächst einen sehr frühen Ansatz der Parteidefinition aufzugreifen, bietet sich der des englischen Liberalen Edmund Burke von 1770 an, der sich folgendermaßen äußerte: „Party is a body of men united for promoting by their joint endeavors the national interest upon some particular principle in which they all agreed“ (Niclauß 1995: 9). Burke hat hierbei das von einem Zusammenschluss herbeigeführte Wohl des gesamten Staates zum Ziel, wobei er sich damit allerdings nur die informelle Zusammenarbeit von Abgeordneten und Honoratioren außerhalb des Parlaments bezog, da zu jener Zeit noch keine Parteien im Sinne von großen Organisationen mit etlichen Anhängern und Mitgliedern, wie wir sie heutzutage kennen, existierten. (Niclauß 1995: 9)

Eine ähnliche Definition findet sich bei Ludwig Bergsträsser (1883-1960), der politische Parteien bezeichnet als „eine Gruppe von Staatsbürgern eines Landes, die durch ihren Zusammenschlu[ss] bestimmte politische Ziele erreichen wollen“, wobei sie einer „polischen Gesamtauffassung“ [Hervorhebung im Original, L.B.] nachkommen sollen (Bergsträsser 1965: 13). „Eine echte politische Partei mu[ss] die Überzeugung haben, da[ss] ihre Gesamtauffassung für die Mehrzahl der Staatsbürger das Beste schafft“ (Bergsträsser 1965: 13).

Eine weitere Definition des Parteienbegriffs führt auf Max Weber (1864-1920) zurück, der politische Parteien als Gruppen verstand, „die nach Machtanteil streben und die mit anderen Gruppen konkurrieren, um die Möglichkeit zu erhalten [politische und staatliche] Macht auszuüben“ (Lösche 2006: 7). Nach Weber sind Parteien demnach Organisationen, die in erster Linie als ein Zwangswerkzeug agieren, indem sie ihren Willen auch gegen die Interessen anderer durchsetzen können. Zwar gilt diese Ansicht als längst überholt, da Parteien auch soziale Gebilde verkörpern, dennoch „ist Macht, Streben nach Machtanteil und Machtausübung das zentrale Element von Parteien“ (Lösche 2006: 8).

Das Modell von Sigmund Neumann (1904-1962) führt die „Bestimmungselemente“ Programm, Organisation und Kampfcharakter (Lösche 2006: 8) als zentrale Kriterien für politische Parteien an. Im Gegensatz zu Weber geht er allerdings hinsichtlich des Kampfcharakters davon aus, „da[ss] die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien in einem „gemeinsamen“ Wirkungsraum stattfinden“ (Niclauß 1995: 10).

Neben den politisch-soziologischen, sozialwissenschaftlichen oder politikwissenschaftlichen Interpretationen (Lösche 2006: 8), existiert allerdings auch eine „amtliche“ (Niclauß 1995: 10) Definition für Parteien und zwar in Rahmen des Parteiengesetzes vom 24. Juli 1967, welches in § 2 PartG folgendes festlegt: „Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einflu[ss] nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten“ (http://www.bpb.de/wissen/INTCH5,1,0,Allgemeine_Bestimmungen.html#art1, Stand: 05.01.2008).

Peter Lösche sieht jedoch auch in dieser Formulierung keine ausreichende Bestimmung des Parteibegriffs, da Parteien auch innerhalb der staatlichen Organisationen begriffen werden müssen, und plädiert demzufolge für einen erweiterten Politikbegriff – den der so genannten „party in government [Hervorhebung im Original, P.L.]“ (Lösche 2006: 10), zu deutsch: Partei in Regierungsverantwortung. Lösche bekräftigt diesbezüglich: „In der politischen Praxis und in ihrer Wirksamkeit gehören Parteiorganisation und party in government [Hervorhebung im Original, P.L.] zusammen.“ (Lösche 2006: 10)

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Das Parteiensystem der BRD
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
1,3
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V146624
ISBN (eBook)
9783640556038
ISBN (Buch)
9783640555383
Dateigröße
2031 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Note wurde für das gesamte Seminar vergeben (Anwesenheit, Referat, Seminararbeit). Eine gesonderte Note für die Seminararbeit liegt nicht vor.
Schlagworte
Parteiensystem
Arbeit zitieren
Anonym, 2008, Das Parteiensystem der BRD, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146624

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