„Die Reinigung des Deutschen Volkes“ - Die Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes zur Verwirklichung der ideologischen Rassenziele


Studienarbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung
1.1 Die Problemstellung
1.2 Der Aufbau

2. Ideologische Ansätze des nationalsozialistischen Regimes
2.1 Die Rassenhygiene und Eugenik
2.2 Der ideologische Überbau
2.3 Die Ziele des Regimes

3. Die Maßnahmen des NS-Regime

3.1 Die Benachteiligungen von „Nicht-Ariern"

3.2 Zwangssterilisationen

3.3 Der Lebensborn e.V. - „Die Geburtsanstalt der Arier"

3.4 Von der Rassenhygiene zur Euthanasie - Das systematische Morden

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Jedes Volk, es kann das beste sein, hat einen Bodensatz, seine Hefe. [...] Immer wieder wird aus dem gesunden Schoß unseres Volkes im Rätsel des Erbganges und des Liebesspiels ein dunkler Keim aufsteigen und Mensch werden. Diese Erkenntnis braucht uns nicht zu betrüben. Die rassenhygienischen Gesetze, die der nationalsozialistische Staat geschaffen hat und deren Hüter, [...], werden hier für die Zukunft einen unerhörten Wandel bringen." 1

So beschreibt Heinrich Himmler während einer Geheimrede die Situation in welcher sich jedes aber vor allem das deutsche Volk befindet. Mit dieser Aussage zeichnet der Reichsführer der SS nicht nur die Grundzüge seiner Interpretation der Welt, sondern auch die daraus entstehenden Aufgaben far die „Deutschen" bzw. das Regime. Die nach dem 30. Januar 1933 einsetzende Diskriminierung vom, wie Himmler sagt, „Bodensatz" lassen keinen Zweifel an der Konsequenz und dem absoluten Willen zur Verwirklichung der Ziel. Die ab 1917 beginnende Epoche der totalitären Herrschaftsregime war durch das stark ideologische Denken geprägt. Diese Ideologien „ [...] bestimmten nicht nur mat geblich die konkrete politische Entscheidungsfindung, sondern dienten immer erneut der rechtfertigenden Überhöhung staatlichen Handelns und vermittelten überdies vielfach ausschlaggebende Impulse für die in blutigen Auseinandersetzungen einmündenden „Weltanschauungskämpfe."2 Diese vorherrschenden Ideologien dieser Zeit wurden durch Deutschland und die Sowjetunion repräsentiert. Ein Hauptmerkmal einer Ideologie3 ist beispielshalber der Universalanspruch und der damit verbundenen Interpretation des alleinigen Rechtes auf Herrschaft bzw. Dasein. Der Leitgedanke einer herrschenden Rasse war vor allem in der Weltanschauung der Nationalsozialisten vorherrschend.

1.1 Die Problemstellung

Die hier vorliegende Arbeit geht der Kernfrage nach, wie es das nationalsozialistische Regime versuchte, seine ideologischen Ziele, bezogen auf die „Wiedergeburt" einer neuen Elite bzw. neuen „Überrasse", umzusetzen.

Um diese Hauptfrage zu beleuchten, werden unterstützend weitere Unterfragen gestellt. Wie sahen diese ideologischen Ziele aus? Aus welcher Tradition bzw. wie entstanden diese Ziele und wie sollten sie praktisch aussehen? Unterstützend wird gefragt, wie Maßnahmen aussahen, welche die Nationalsozialisten durchführten.

Mit all diesen Unterfragen soll ein nachvollziehbar „Weg" zur obigen Kernfrage gezeichnet werden, um wiederum zu deren befriedigender Beantwortung zu gelangen.

1.2 Der Aufbau

Um den gestellten Fragen Geltung zu geben, wird im einleitenden Teil der Arbeit die Ideologie der führenden Nationalsozialisten thematisiert. Damit wird die Einordnung der sogenannten „Rassenziele" in die Weltanschauung des nationalsozialistischen Regimes. Ein kurzer geschichtlicher Abriss der Begrifflichkeiten der „Rassenhygiene" und „Eugenik" sollen zur Sensibilisierung der Gesamtthematik führen. Aber auch die genauen Ziele werden Thema in diesem Teil der Arbeit angesprochen.

Der Hauptteil fokussiert die Maßnahmen der Machthaber des Dritten Reiches, welche in der Zeit ihres Wirkens durchgeffihrt wurden. So werden die als „asozial" eingestuften Menschen bzw. deren Schicksal im Dritten Reich beleuchtet. Außerdem werden verschiedene nationalsozialistische Projekte, wie der Lebensborn, besprochen, um die „Umsetzung der Ideologie" im Alltagsleben dieser Zeit zu beleuchten.

Den Schluss wird eine Zusammenfassung der Erarbeitung sein. Die Beantwortung der Frage und eine Zusammenfassung werden den Abschluss der Arbeit bilden.

2. Ideologische Ansätze des nationalsozialistischen Regimes

2.1 Die Rassenhygiene und Eugenik

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts rückten Daten bzw. Zahlen über Lebensdauer, Sterberaten und Krankheiten in das Bewusstsein der Gesellschaft. Der Franzose Michel Foucault spricht stellvertretend für seine Zeitgenossen von „Bevölkerung als Reichtum". Das Volk bzw. die Bevölkerung wird nun als wirtschaftlicher Faktor verstanden, welcher auch zu verschieden politischen Problemen führen kann.4 „Im Zentrum des ökonomischen und politischen Problems der Bevölkerung steht der Sex: man muß die Geburtenrate und des Heiratsalter analysieren, die Geschlechtsreife und die Häufigkeit der Geschlechtsbeziehungen, die Mittel, fruchtbar oder unfruchtbar zu machen [und] die Wirkung von Ehelosigkeit und Verbot [...]."5 Im Weiteren beschreibt er die Geburtsraten, Sterblichkeit, Lebensdauer und Fruchtbarkeit als mathematische Größen, welche variabel erscheinen. Diesen Gedanken folgend sind nun die Krankheits- und Alterserscheinungen ein großer negativer finanzieller Faktor für den Staat. Die Defizite kommen aus den Kosten für die Pflege und den Produktionsausfall der betroffenen Person.6 Die von der Industrialisierung geschaffenen Veränderungen, wie Urbanisierung, Massenansammlungen in den Städten und die daraus resultierenden schlechten hygienischen Verhältnisse, führten bei den Menschen zur Bildung einer spezifischen „Angst". Diese Befürchtung wurde als Degeneration beschrieben, d.h. die Menschen fürchteten eine Entartung. Diese Gedanken hielten auch in die Wissenschaften Einzug. Das 1859 publizierte Werk Darwins, welches von „Selektion" und „Rassen im Kampf ums Dasein" bezogen auf das Tier- und Pflanzenreich spricht, trifft nun ungewollt den „Zahn der Zeit".

Industrialisierung geschaffenen Veränderungen, wie Urbanisierung, Im Jahre 1883 begründet nun Francis Galton, ein Verwandter Darwins, die „Eugenik" und trägt die Ideen bzw. Konsequenzen aus den darwinischen Thesen in den Gesellschaftsdiskurs und die Politik. Ihm nach sollten das gesunde und förderungswürdige Erbgut vor dem „schlechten" geschützt werden. Um es mit den Worten des Englanders zu sagen: „ What Nature does blindly, slowly and ruthlessly, man may do providently, quickly, and kindly. As it lies within his power, so it becomes his duty to work in that direction."7 Die Eugeniker implizieren der zweifellos bestehenden Ungleichheit eine Ungleichwertigkeit. Aber wie sind diese Unterscheidungen zwischen den „mehr- und minderwertigen" Trägern von Erbgut festzulegen? Die Antworten darauf waren soziale Andersartigkeiten, wie Alkoholismus und Kriminalität, und „abweichende" Sexualität, wie Homosexualität und uneheliche Schwangerschaft. Aber auch Krankheiten, wie Tuberkulose und manische Depressionen, waren ein Grund für die Einteilung in die „schlechte Sparte".8

Auf dem Fundament der Eugenik, verbunden mit der Vererbungslehre Darwins, entwickelt der Arzt Alfred Ploetz 1895 eine Lehre zur Erhalt des Optimums der menschlichen Rasse. Der deutsche Mediziner nennt dieses Gedankengebäude „Rassenhygiene". 9 Die Theorie zielt auf eine Rasse hin, welche die besten Eigenschaften in sich vereint und gleichzeitig die schlechten ausschließt. Ploetz gibt seinen Ideen deutlichen Ausdruck mit folgendem Zitat: „[...] Solche und andere „humane Gefühlsduseleien" wie Pflege der Kranken, Blinden. Taubstummen, überhaupt aller Schwachen, hindert oder verzögert nur die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl.[...] wie die Hülfe des Arztes, hauptsächlich des Geburtshelfers, wird der strenge Rassenhygieniker nur ein missbilligendes Achselzucken haben."10

Diese Ansichten und Theorien fielen gerade nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg in Deutschland auf fruchtbaren Boden. Die nationalsozialistische Ideologie setzt nun dort mit ihrem Geschichtsverständnis an.

2.2 Der ideologische Überbau

Die Komplexität der nationalsozialistischen Ideologie lässt in dieser Arbeit nur eine Teilbetrachtung zu. Der Fokus soll auf dem „Rassenteil" der Ideologie liegen. Dieser Fakt soll keine Gewichtung zu anderen Teilbereichen innerhalb der Weltanschauung darstellen. Dies ist auch nicht möglich, da diese Ideologie ein vernetztes System darstellte, welches viele Themen ansprach und sich selbst begründetet. So wurden beispielshalber selbst die außenpolitischen Bestrebungen mit Rasseansprüchen legitimiert.

Die Hauptbestandteile bzw. wichtige Begriffe der Rassenideologie sind Sozialdarwinismus und „arische Herrenrasse". Sozialdarwinismus stellte das geistige Fundament der Politik Hitlers oder Himmler dar. Die Übertragung der von Charles Darwin 1859 veröffentlichten Thesen über die Evolution auf das gesellschaftliche Leben der Menschen, mit der Bezugnahme moralischen Aspekte, bezeichnet den Sozialdarwinismus.11 Hier sich anschliellend erscheinen die Gedanken der menschlichen „Rassen" und deren Bewertung bzw. Einteilung.

[...]


1 Heinrich Himmler in einer Geheimrede, in: Bradley F. Smith/ Angnes F. Peterson (Hrsg.): Heinrich Himmler - Geheimreden 1933 bis 1945, Frankfurt am Main, 1974, S. 197 f.

2 Frank Lothar Kroll: Utopie als Ideologie ± Geschichtsdenken und politisches Handeln im Dritten Reich, Paderborn,1998, S. 11.

3 Ideologie ist ist ebenfalls abzuleiten aus dem Griechischen, genauer von „eidos" bzw. „idea" die Idee, und „logos" die Lehre. Ideologie ist im ursprünglichen Sinne nicht negativ besetzt, sondern bezeichnete, im 18. Jh. in Frankreich, die Erklärung der Entstehung von Ideen mit Bezugnahme von Psychologie und Anthropologie. Im Wandel der Begriffsinterpretation spielen die Werke von Karl Marx, vor allem „Deutsche Ideologie", eine große Rolle. Er stellt mehrere Auslegungen von Ideologie zur Debatte. So sieht Marx beispielsweise jede Art von Weltanschauung, bzw. Theorien, als Ideologie an, die dem kulturellen „Überbau" zuzurechnen sind, und gleichzeitig von ökonomischen sowie sozialen Grundlagen beeinflusst werden. Im Weiteren ist eine Idee als Ideologie zu betrachten, wenn sie eine Veränderung bzw. eine Verzerrung der Realität mit dem Ziel eine kollektive Funktion zu verwirklichen, darstellt. Ein Ideenkonstrukt ist laut Marx dann als „falsches Bewusstsein" zu definieren, wenn Einzelinteressen als Gesellschaftsinteressen ausgelegt werden, um so die Menschheit zu unterdrücken. Vgl. dazu Anton Hügli/ Poul Lübcke (Hrsg.):Ideologie in: Philosophie-Lexikon/ Personen und Begriffe der abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 310ff.

4 Vgl. Ingrid Tomkowiak: „Asozialer Nachwuchs ist für die Volksgemeinschaft vollkommen unerwünscht" - Eugenik und Rassenhygiene als Wegbereiter der Verfolgung gesellschaftlicher Außenseiter, in: Dietmar Sedlaczek/ Thomas Lutz/ Ulrike Puvogel/ Ingrid Tomkowiak (Hrsg.): „Minderwertig" und „Asozial" - Stationen der Verfolgung gesellschaftlicher Außenseiter, Zürich 2005, S. 34.

5 Michel Foucault: Der Wille zum Wissen ± Sexualität und Wahrheit, Frankfurt am Main 1994, S. 11.

6 Vgl. Tomkowiak:„Asozialer Nachwuchs ist für die Volksgemeinschaft vollkommen unerwunscht", S. 34.

7 Francis Galton, zitiert nach Tomkowiak:,,Asozialer Nachwuchs ist fiir die Volksgemeinschaft vollkommen unerwiinscht" - Eugenik und Rassenhygiene als Wegbereiter der Verfolgung gesellschaftlicher Außenseiter, S. 36.

8 Vgl. Tomkowiak:,,Asozialer Nachwuchs ist fiir die Volksgemeinschaft vollkommen unerwiinscht", S. 36.

9 Vgl. ebd., S. 36.

10 Alfred Ploetz, zitiert nach ebd., S. 37.

11 Vgl. Peter Weingart/ Jürgen Kroll/ Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene ± Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland, Frankfurt am Main 1996, S. 114.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
„Die Reinigung des Deutschen Volkes“ - Die Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes zur Verwirklichung der ideologischen Rassenziele
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Institut für Europäische Geschichte)
Veranstaltung
Ungleichheit vor Krankheit, Alter und Geschlecht im Europa der Neuzeit
Note
1.7
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V146516
ISBN (eBook)
9783640581085
ISBN (Buch)
9783640581757
Dateigröße
697 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rassenseele, Nationalsozialismus, Rassenhygiene, Eugenik, Lebensborn, NSDAP, Alfred Rosenberg, Heinrich Himmler, Adolf Hitler, Euthanasie, Zwangssterilisation, Arier, Rassenlehre
Arbeit zitieren
Matthias Dallinger (Autor:in), 2008, „Die Reinigung des Deutschen Volkes“ - Die Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes zur Verwirklichung der ideologischen Rassenziele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146516

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