Vorstandsentlohnung deutscher Konzerne

Entwicklung der Angabepflichten und empirische Analyse 2008/09


Diplomarbeit, 2010

63 Seiten, Note: 2,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Intentionen, Fragestellungen und Gang der Arbeit
1.2 Prinzipal-Agent-Problematik der Entlohnung
1.3 Formen der Vergütung von Führungskräften

2 Erste Publizitätsbewegungen und Corporate Governance
2.1 Hintergrund der Governance-Bewegung
2.2 Arbeiten auf nationaler Ebene
2.3 Ziel und Zweck des Kodex (DCGK)
2.4 Rechtliche Einordnung
2.5 Umsetzung des Kodex

3 Das Gesetz zur Offenlegung von Vorstandsgehältern (VorstOG)
3.1 Entstehungshintergrund und Regelungsziel
3.2 Adressaten des Gesetzes
3.3 Inhalt des VorstOG
3.3.1 Aufschlüsselung der Gehaltsbestandteile
3.3.2 Leistungen Dritter, Versorgungszusagen und Abfindungen
3.3.3 Die Escape-Klausel
3.3.4 Der Vergütungsbericht
3.3.5 Anwendung auf Konzernebene
3.3.6 Sanktionen bei Verstößen
3.4 Gesetzliche Legitimation
3.5 Beurteilung

4 Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG)
4.1 Entstehungshintergrund und Regelungsziel
4.2 Adressaten des Gesetzes
4.3 Inhalte des VorstAG
4.3.1 Präzisierung des § 87 Abs. 1 AktG
4.3.2 Nachträgliche Herabsetzung der Vergütung
4.3.3 Selbstbehalt bei D&O-Versicherungen
4.3.4 Zweijährige Karenzzeit bei Wechsel von Vorstand in Aufsichtsrat
4.3.5 Neue Regeln bezüglich der Vergütungsfestsetzung
4.3.6 Votum der Aktionäre zum Vergütungssystem
4.3.7 Mindestausübungsfrist bei Aktienoptionsplänen
4.3.8 Verstärkung der Transparenz der Vorstandsvergütung
4.3.9 Veränderte Haftungsregelungen und Sanktionen
4.4 Beurteilung

5 Empirie
5.1 Intentionen, Ziele und Methodik der empirischen Analyse
5.2 Auswertung Segment DAX
5.3 Auswertung Segment MDAX
5.4 Auswertung Segment SDAX
5.5 Auswertung der gesamten Empirie

6 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. (1.1)-1: Prinzipal-Agent-Verflechtungen

Abb. (1.2)-1: Gliederungsmatrix unternehmerischer Vergütungspolitik

Abb. (5.1)-1: Tabelle DAX30

Abb. (5.2)-1: Tabelle MDAX50

Abb. (5.2)-2: Tabelle MDAX50

Abb. (5.3)-1: Tabelle SDAX50

Abb. (5.3)-2: Tabelle SDAX50

1 Einleitung

1.1 Intentionen, Fragestellungen und Gang der Arbeit

Michael Adams beschreibt in einem Aufsatz zur Vergütungsproblematik der jüngeren Zeit, dass seiner Meinung nach ausgehend von den USA virtuelle oder echte Aktien- oder Aktienoptionen als Anreizsysteme zur Steigerung des Unternehmenswertes Einzug auf deutschen Vorstandsebenen erhalten haben; sie seien maßgeblich für die „astronomischen Steigerungen“ der Vorstandsgehälter verantwortlich und das Resultat einer unkontrollierten raffgierigen Selbstbedienungsmentalität und eines Vergütungsmissstandes. Als Musterbeispiel dient ihm die Vorstandsvergütung im Fall Esser in der Sache Mannesmann/Vodafone. Weiterhin beschreibt er die sich weitende Schere zwischen den Bezügen eines durchschnittlichen Arbeitnehmers und der Vergütung eines Vorstandsmitglieds.[1] Diese und weitere Kommentare sind nicht nur in Fachzeitschriften zu finden, auch die Tagespresse greift nahezu täglich Missstände in Führungsetagen auf.

Da sich besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten negative Schlagzeilen über Missmanagement häufen und sich in konjunkturzyklischen Abständen der Ruf nach mehr Transparenz und Kontrolle wiederholt,[2] ist es nicht verwunderlich, dass der Gesetzgeber auch vor dem Hintergrund der Öffentlichkeit verstärkt in die Führungsetagen von Unternehmen eingreift. Besonders bei wirtschaftlich notwendigen Umstrukturierungen, bei denen es oftmals zu schmerzhaften Einschnitten für die Belegschaft kommt, gelten Konzernlenker und Vorstände als Zielscheibe von Medien, Politik und Gewerkschaften. Dabei wird intensiv über die Höhe der Vorstandsvergütung in Deutschland debattiert. Jährlich publizieren Aktionärsverbände und Presse Empirien und Schätzungen über die Entlohnung von Vorständen, dabei kommt es oftmals zu regelrechten Rankings, mit Auf- und Absteigern.[3] Zweifelsohne ist die Diskussion um solche Rankings und die damit häufig einhergehende negative Kritik von einer Atmosphäre bestehend aus Neid, Missgunst und politischem Klamauk umgeben.[4] Vor diesem Hintergrund gelten sämtliche Fragen bezüglich der Vergütung von Vorständen als ein gesellschaftlich sensibles Thema. Dies schließt die Vergütungshöhe und -Struktur, die Pflicht zur Offenlegung, aber auch die Art der Festsetzung und Kontrolle der Entlohnung ein.

Zentrale Thematik dieser Arbeit ist die Entwicklung der Angabepflichten von Vorstandsentlohnungen deutscher Konzerne, dazu reißt diese Arbeit im Rahmen der Einleitung die Organe im Dreiecksverhältnis und die hieraus resultierenden Probleme deutscher Kapitalgesellschaften an. Um hierbei ein grundlegendes Verständnis für die Publizitätspflichten der Organe und die gesellschaftliche Brisanz der Debatte zu wecken, dient der Prinzipal-Agent-Ansatz als Hilfsmittel. Der letzte Teil des einführenden Kapitels geht auf die verschiedenen Vergütungsformen von Führungskräften ein; hierbei wurde bewusst auf eine Wertung verzichtet, da dies nicht zur zentralen Thematik dieser Arbeit gehört.

Es folgt ein Regelwerk auf Basis der freiwilligen Selbstverpflichtung, der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK). Dieser Kodex und die daraus resultierende Kritik waren für die spätere Gesetzgebung im Rahmen der Offenlegung von Vorstandsgehältern von entscheidender Tragweite. Ziel des Kapitels ist es, herauszufinden, inwiefern der Kodex konkret die daraus folgende Gesetzgebung beeinflusst hat und welchen Stellenwert er nach der Gesetzesnovelle besitzt. Aus Gründen der Wesentlichkeit wird der Kodex im darauf folgenden Kapitel mit dem Gesetz zur Offenlegung der Vorstandsgehälter beurteilt. Den Kern der Arbeit bilden die beiden Gesetzesnormen bezüglich der Offenlegung und Angemessenheit von Vorstandsvergütungen sowie die empirische Analyse. Im Verhältnis zu ausländischen gesetzlichen Regelungen hat der Gesetzgeber die Offenlegung von Vorstandsbezügen (VorstOG) erst relativ spät beschlossen, trotzdem lösten die gesetzgeberische Intention, der Gesetzesentwurf und die Verabschiedung große Diskussionen in Fachpresse und Zeitungen aus.[5] Der Zielgedanke dieses Kapitels befasst sich mit der generellen Erläuterung der gesetzlichen Regelungen, der Reaktion der verschiedenen Akteure und den sowohl theoretischen als auch praktischen Problemen in der Anwendung. Es folgt eine Beurteilung des VorstOG als Zwischenfazit, bevor im weiteren Kapitel auf das im Sommer 2009 verabschiedete Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) eingegangen wird. Dabei wird im Schwerpunkt auf die im Rahmen dieser Arbeit relevanten Publizitätspflichten, jedoch der Vollständigkeit halber auch auf die weiteren gesetzlichen Änderungen eingegangen. Nachdem auch hier auf die wesentlichen Fragestellungen wie die aus dem Vorkapitel eingegangen wird, bildet die empirische Analyse den Schlussteil. Hierbei wurden DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen bezüglich Vergütungshöhe und -Struktur ihrer Vorstände untersucht; dabei stellt dieser Teil der Arbeit besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Rezession ein außerordentlich spannendes Kapitel dar. Letztendlich ist die Analyse der Akzeptanz der derzeit gültigen Gesetzgebung ein weiterer wichtiger Punkt. Im Schlussfazit wird ein kurzes Resümee gefasst, nicht jedoch ohne auf weitere Fragestellungen und mögliche Forschungsintentionen einzugehen.

1.2 Prinzipal-Agent-Problematik der Entlohnung

Während bei einer Personengesellschaft idealtypisch Anteilseigner und Unternehmungsführung personell vereint sind,[6] stellt eine Kapitalgesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein Konstrukt aus mindestens zwei Organen dar. So ist die Trennung von Unternehmensführung und Kapitaleignern möglich, sie bilden jeweils ein unabhängiges Organ und können gegebenenfalls freiwillig oder durch gesetzliche Verpflichtung durch ein weiteres Organ, den Aufsichtsrat, ergänzt werden. Der Aufsichtsrat einer GmbH ist nach § 1 Abs. 1 Satz 5 DrittelbG ab einer Unternehmensgröße von mehr als 500 Arbeitnehmern zwingend vorgeschrieben und besteht zu mindestens einem Drittel aus Vertretern der Belegschaft und gemäß § 7 Abs. 1 MitbestG ab 2000 Arbeitnehmern jeweils zur Hälfte aus Vertretern von Belegschaft und Kapitalgebern. Die Aktiengesellschaft als weitere Form der Kapitalgesellschaft stellt unabhängig von ihrer Größe ein Konstrukt aus drei Organen dar. Die Anteilseigner der Unternehmung treffen sich mindestens einmal jährlich zur Hauptversammlung; diese entlastet als oberstes Organ den Vorstand, wählt seine Interessenvertreter in den Aufsichtsrat und stimmt über weitere Tagesordnungspunkte ab. Als zweites Organ stellt der Vorstand die Unternehmensleitung dar, welcher vom Aufsichtsrat als drittes Organ kontrolliert wird und nach § 95 AktG sich aus Aktionärs- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. Ein gleichzeitiges Mandat in Vorstand und Aufsichtsrat ist untersagt.[7]

In Deutschland bestimmt § 87 AktG die Regelung der Vorstandsgehälter, demnach hat der Aufsichtsrat angemessene Gesamtbezüge festzusetzen. Dabei konnte der Rat bisher als Ganzes oder als Ausschuss die Höhe und deren Zusammensetzung bestimmen (siehe Punkt 4.3.5). Die Beziehung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Anteilseignern wird in der Literatur intensiv diskutiert, hierbei sticht besonders der Prinzipal-Agenten-Ansatz hervor. Dabei handelt es sich unter anderem um das Verhältnis von Auftraggeber (Prinzipal) in Form des Aufsichtsrates zum Auftragnehmer (Agenten), also dem zur Geschäftsführung beauftragten Vorstand. Dabei existiert mindestens noch eine weitere Prinzipal-Agent-Relation, konkret zwischen Hauptversammlung und Vorstand. Diese Beziehung könnte als indirekte Relation bezeichnet werden, da die Hauptversammlung den Aufsichtsrat als Kontrollgremium über den Vorstand beauftragt. Die Hauptversammlung und der Aufsichtsrat als Prinzipale übertragen aus Wirtschaftlichkeitsgründen bestimmte Verfügungsrechte an den Vorstand, nämlich die Führung des Unternehmens. Hierbei kann der Agent jedoch Eigeninteressen nutzen, welche sich aus der Informationsasymmetrie ergeben. Dieses Interesse kann gänzlich dem Eigennutz dienen und mit den Bedürfnissen der Auftraggeber divergieren, welche in der Regel ihren Unternehmenswert maximieren wollen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (1.1)-1: Prinzipal-Agent-Verflechtungen[8]

Abbildung 1 zeigt die internen und externen Prinzipal-Agent-Verflechtungen in einer Unternehmung; so können sämtliche Führungsetagen Interessenbeziehungen außerhalb der Unternehmungsziele verfolgen, welche zum Beispiel Tätigkeiten für andere Unternehmen oder Interessen der eigenen Familie darstellen können. Typischerweise herrscht in dieser Konstellation eine Informationsasymmetrie und das Risiko eines Betrugsproblems.[9] Aufgabe eines Aufsichtsrates ist es unter anderem, gemäß § 87 AktG die Höhe der Entlohnung sowie deren Zusammensetzung nach fixen und variablen Komponenten zu bestimmen. Da besonders variable Komponenten sich an Ergebnisgrößen der Unternehmen orientieren, kommt es zu einem Interessenkonflikt zwischen Vorstand und Aufsichtsrat beziehungsweise Anteilseignern. Zahlreiche Studien widmen sich dieser Problematik, zum Beispiel kommen Core et al. (1999) in ihren Arbeiten zu angelsächsischen Unternehmen, welche in einer Board-Struktur geführt werden, zum Resultat, dass mit zunehmender Größe des Aufsichtsrates die Unabhängigkeit und somit Kontrollfunktion abnimmt. Dieses Ergebnis soll sich im Wesentlichen auch auf das duale Führungssystem Deutschlands übertragen lassen.[10]

1.3 Formen der Vergütung von Führungskräften

Ziel der Vergütungspolitik eines jeden Unternehmens ist die Generierung einer absoluten und relativen Entgeltbefriedigung der Organe und Arbeitnehmer. Typischerweise kann ein Unternehmen seine Führungskräfte nicht absolut zufriedenstellen, hierzu fehlen die erforderlichen Finanzmittel. Daher wird ein besonderer Fokus auf das relative Entgeltbedürfnis der Führungskräfte gelegt, welche sich zum Beispiel an Branchenvergleichen oder Qualifikationen des Managements orientieren. Prinzipiell kann zwischen unmittelbar monetären und mittelbar in Geldeinheiten bewertbaren Gehaltsbestandteilen sowie materiellen und immateriellen Bezügen unterschieden werden. Folgende Darstellung versucht das Gliederungsschema in einer Matrix zu verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. (1.2)-1: Gliederungsmatrix unternehmerischer Vergütungspolitik[11]

Der Schwerpunkt unternehmerischer Vergütungspolitik liegt im Bereich der materiellen Gehaltsbestandteile, welche sich wiederum im Wesentlichen auf die unmittelbar monetären Bezüge konzentriert, da die Überlassung eines Dienstwagens, einer Dienstwohnung oder Ähnliches in der Regel nur einem geringen Bestandteil der Entlohnung entspricht, welcher allerdings nicht zu vernachlässigen ist.

Oben gezeigtes Schaubild könnte um eine weitere Dimension ergänzt werden, hierbei handelt es sich um eine weitere Klassifikation in fixe und variable Bestandteile. In den vergangenen Jahren ist eine zunehmende Tendenz zu variablen Gehaltsbestandteilen in Form von Tantiemen oder Beteiligungen jeglicher Art, welche das Fixum ergänzen, zu erkennen. Der Personaldienstleister Kerry ermittelte im Jahre 2005, dass in 12 europäischen Ländern mit 42 Prozent russische Führungskräfte am häufigsten variable Gehaltsbestandteile empfangen, gefolgt von Deutschland und der Schweiz mit jeweils 25 Prozent.[12] Bei der Gestaltung eines variablen Vergütungssystems kann ein Unternehmen einen individuellen variablen Bestandteil festsetzen, welcher in der Regel je nach Branche und Unternehmen zwischen 10−30 Prozent der Gesamtbezüge entspricht, wobei wiederum in einen leistungs- und erfolgsorientierten Anteil unterschieden wird. Die Messgrößen beziehen sich bei Ersterem häufig auf Produktivitätsziele der Mitarbeiter oder ähnliche Kriterien, wie zum Beispiel Kundenzufriedenheit, wohingegen erfolgsorientierte Bestandteile sich häufig an Umsatz, Gewinn oder ausgewählten individuellen Performance-Kennzahlen orientieren.

2 Erste Publizitätsbewegungen und Corporate Governance

2.1 Hintergrund der Governance-Bewegung

Die Diskussion zur Jahrtausendwende über Missmanagement in Führungsetagen namhafter Unternehmen, Unternehmenspleiten und die aufkommende Rezession als Folge des New-Economy-Crashs stießen die Diskussion um verantwortungsvolle Unteernehmensführung an. International weckten die Prozesse um Enron, WorldCom oder Parmalat sowohl in der Tagespresse als auch unter Wirtschaftsfachleuten Empörung.[13] [14] Aber auch in Deutschland sorgten die Schieflage des angeschlagenen Phillip-Holzmann-Konzerns und die kurzfristige Rettung durch die Bereitstellung einer Bürgschaft durch die Bundesregierung unter der Leitung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder für breiten Diskussionsbedarf.[15] Kernpunkt der Diskussion war die Rolle des Top-Managements in der Gesellschaft in einer Debatte über Verantwortung, Ethik und die Notwendigkeit neuer gesetzlicher Regelwerke.

Der angelsächsische Begriff Corporate Governance fand in der Öffentlichkeit breiten Anklang, lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres in das Deutsche übersetzen. Er kommt jedoch den Begriffen Unternehmensleitung[16] beziehungsweise Unternehmensverfassung recht nahe. Dabei existieren bereits seit Anfang der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts besonders auf internationaler Ebene zahlreiche Regelwerke guter Corporate Governance oder Unternehmensführung, wobei sowohl Länder als auch Organisationen, Institutionen, Expertenkreise und einzelne Unternehmen vertreten sind. Hierbei handelt es sich jedoch nicht ausschließlich um Kodizes, sondern häufig nur um Guidelines, Prinzipien und Reports. Der Stellenwert dieser Regelwerke reicht von einer faktischen gesetzlichen Verpflichtung bis zu einer völligen Freiwilligkeit.[17]

2.2 Arbeiten auf nationaler Ebene

Die deutsche Governance-Bewegung kam erst Ende der Neunzigerjahre in die öffentliche Diskussion. Neben Guidelines der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und zwei Kodizes der Grundsatzkommission Corporate Governance (sogenannte Frankfurter Grundsätze) und dem Berliner Initiativkreis „German Code of Corporate Governance“ (GCCG) − Beide fanden für die Weiterentwicklung eines späteren gemeinsamen Kodex wesentliche Verwendung − existierte keine breite Governance-Kultur in Deutschland.

Der GCCG hat bereits im Punkt 6 detaillierte Weisungen über die Vergütung und Vergütungsbestandteile des Vorstandes gegeben.[18] Da auf Dauer jedoch nicht zwei Kodizes parallel existieren konnten, hat die Bundesregierung im Jahr 2000 unter der Führung des Rechtswissenschaftlers Professor Theodor Baums eine Kommission „Corporate Governance, Unternehmensführung, Unternehmenskontrolle, Modernisierung des Aktienrechts“ ins Leben gerufen, welche für die später folgende zweite Regierungskommission von maßgeblicher Bedeutung war. So konnte die zweite Kommission, welche im August 2001 erstmalig zusammentraf, auf vorhergehende Ergebnisse zurückgreifen. Die zweite Regierungskommission wurde von bekannten Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft vertreten, unter der Führung des aktuellen Aufsichtsratchefs der ThyssenKrupp AG, Dr. Gerhard Cromme. Im Gegensatz zur Baums-Kommission wurde bei der zweiten Regierungskommission hierbei bewusst auf politische Vertreter verzichtet.[19] Lediglich ein rechtlicher Rahmen wurde von der Bundesjustiz vorgegeben, diesbezüglich bezeichnete Cromme den Kodex als einen Akt der Selbstorganisation der Wirtschaft.[20] Am 26. Februar 2002 wurde auf der letzten Plenarsitzung der Kommission die Endfassung des DCGK der damaligen Bundesjustizministerin übergeben und am 20. August 2002 im amtlichen Teil des elektronischen Bundesanzeigers veröffentlicht.[21]

2.3 Ziel und Zweck des Kodex (DCGK)

Der Kodex besteht aus sieben Punkten, Punkt eins stellt die Präambel dar und erläutert ab Satz zwei: „Der Kodex soll das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar machen. Er will das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften fördern.“[22] Aus der Präambel wird deutlich, dass der Kodex sämtliche Stakeholder-Interessen berücksichtigen will sowie besonderen Wert auf Transparenz legt.

Wichtiger Teil und in der Öffentlichkeit stark diskutiert ist der Punkt 4.2 (Vorstand – Zusammensetzung und Vergütung), hierbei wird in fünf Unterpunkten detailliert beschrieben, wie der Vorstand zusammengesetzt wird, wer die Vorstandsbezüge absegnet und wann sie überprüft werden sollen. Die Vergütung soll der individuellen Leistung entsprechen, sich aber gleichzeitig auch am Vergleichsumfeld orientieren, ebenso sind die wirtschaftliche Lage und die Zukunftsaussichten des Unternehmens zu berücksichtigen. Der Vorstand sollte sowohl variable als auch fixe Gehaltskomponenten empfangen. Weiterhin sollen auf der jährlich stattfindenden Hauptversammlung den Aktionären die Grundzüge der Vergütungssystematik erörtert und ein Vergütungsbericht offengelegt werden.[23] Relevante Kodexempfehlungen bezüglich Vergütungsfragen auf Vorstandsebene sind in der aktuell gültigen Fassung im Anhang zu finden.

2.4 Rechtliche Einordnung des Kodex

Der gesamte Kodex stellt kein Gesetz dar und ist durchzogen von Formulierungen wie „soll“, „kann“ und „sollte“. Allerdings sollen Abweichung vom Kodex an gesonderter Stelle begründet werden, ebenso ist von der Geschäftsführung ein jährlicher Corporate-Governance-Bericht zu erstellen. Seit der Veröffentlichung arbeitet die Kommission weiter an der Fortentwicklung des Kodex und hat bis auf eine Regelung der expliziten Nennung aller Gehaltsbestandteile keine nennenswerten Änderungen unternommen; so will man dem Anspruch der Wahrung der Flexibilität als einem der Eckpunkte von guter Corporate Governance gerecht werden.[24]

Der unverbindliche Charakter stellt somit lediglich Empfehlungen dar, der Status des Kodex wurde jedoch im Sinne der sogenannten „comply or explain“-Regelung (zu Deutsch: entspricht oder erkläre) im § 161 des Aktiengesetzes hervorgehoben. Der Gesetzestext verweist auf den DCGK, wonach Abweichungen vom Kodex mit Begründung offengelegt und dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.[25] Diese Regelung resultiert aus dem Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechtes zur Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz/TransPuG), welches am 26. Juli 2002 zu weiten Teilen in Kraft getreten ist.[26]

2.5 Umsetzung des Kodex

Nicht nur die mit der Ausarbeitung des Kodex beauftragten Akteure waren mit dem Ergebnis hochgradig zufrieden, auch der Gesetzgeber, Aktionärsverbände, Unternehmen als auch führende Personen der Wirtschaft begrüßten den Kodex. Jedoch waren es genau jene Interessenvertreter, die gegenüber dem Kodex im späteren Verlauf nicht nur positive Kritik übten. So gesteht der Vorsitzende der Governance-Kommission Cromme auf der vierten DCGK-Konferenz in Berlin negative Kritikpunkte unter anderem bezüglich der Offenlegung der Vorstandsvergütungen, Bürokratismus und Mitbestimmungsrechten des Kodex ein.[27]

Besonders viele Vorstandsvorsitzende führender Großkonzerne, darunter Wendelin Wiedeking (Porsche), und Jürgen Panke (BMW), bemängelten die Offenlegungs-Empfehlung des Kodex.[28] Viele Aufsichtsräte wiesen auf eine durch die Offenlegung ausgelöste Nivellierung der Vorstandsgehälter hin, welche auch gleichzeitig eine Gehaltsspirale aufdrehen könnte.[29] Auch die Bundesjustizministerin bemängelte die Zurückhaltung bezüglich der Offenlegung der Vergütungsbezüge, drohte mit gesetzlichen Nachregelungen: “Ich bitte aber auch um Verständnis dafür, dass ich eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung vorschlagen werde, wenn es in Zukunft nicht zu kontinuierlichen Verbesserungen kommt.“[30] Sie ließ die Debatte aber noch eine weitere Hauptversammlungsperiode evaluieren.[31] Im Zuge der Diskussion und unter dem Druck der Öffentlichkeit waren jedoch immer mehr Unternehmen bereit, eine individuelle Offenlegung der Vorstandsgehälter zu publizieren. Seit 2003 untersucht das Berlin Center of Corporate Governance DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen darauf, inwiefern die Konzerne den Empfehlungen des DCGK folgen. Im Jahre 2005 lehnte zwar kein Unternehmen alle Empfehlungspunkte ab, besonderen Nachbesserungsbedarf stellt aber die Offenlegung der Vorstandsgehälter dar: „Die geringste Akzeptanz wird der Empfehlung zuteil, die Angaben über die Vorstandsvergütung zu individualisieren. Im Vergleich zum Kodex-Report 2004 ist bei dieser Soll-Bestimmung allerdings zu beobachten, dass wesentlich mehr Unternehmen ihr bereits nachkommen oder dies innerhalb des Jahres 2005 beabsichtigen. Im DAX werden 20 der insgesamt 30 Unternehmen die Angaben bis Jahresende veröffentlicht haben. Im MDAX und im SDAX hingegen wird dieser Empfehlung sowohl heute als auch zukünftig mehrheitlich abgelehnt.“[32]

Die DSW, welche die Interessen der Anleger und Kleinaktionäre vertritt und sich besonders für Transparenz und Corporate Governance einsetzt, nahm auf einer Pressekonferenz am 05. April 2005 Stellung: „Die ganz überwiegende Zahl von den börsennotierten Aktiengesellschaften weicht bislang von der Kodexempfehlung ab und veröffentlicht lediglich die Gesamtsummen der Vorstandsgehälter. Die Totalverweigerer im DAX sind Adidas Salomon, BASF, BMW, DaimlerChrysler, FMC, Henkel, Infineon, Linde und Münchener Rück.“[33] Auch der Vorsitzende der Regierungskommission Cromme beschreibt eine abnehmende Transparenz mit schwindender Unternehmensgröße und hebt hierbei besonders die individualisierte Offenlegung der Vorstandsgehälter hervor.[34]

3 Das Gesetz zur Offenlegung von Vorstandsgehältern (VorstOG)

3.1 Entstehungshintergrund und Regelungsziele

Nachdem der Versuch der Bundesregierung, mit Hilfe der freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaftseliten in Form eines unverbindlichen Kodex für mehr Transparenz auf Vorstandsebene zu sorgen, scheiterte,[35] verlieh die Bundesjustizministerin ihren Äußerungen bezüglich einer gesetzlichen Regelung Nachdruck. Es folgte ein Fraktionsentwurf zur Offenlegung der Vorstandsbezüge der Regierung SPD und Bündnis 90/Die Grünen, welcher am 31. Mai 2005 veröffentlicht wurde.

Regelungsziel ist die Stärkung der Aktionärsrechte bei börsennotierten Publikumsgesellschaften, hierbei steht der Anlegerschutz im besonderen Interesse.[36] Der Aufsichtsrat soll laut § 87 Abs. 1 AktG dem Vorstand eine angemessene Vergütung im Verhältnis zu seinen Aufgaben und zur Lage der Gesellschaft gewähren,[37] eine individuelle Offenlegung der Bezüge wäre dem Aktionär bei der Beurteilung der Angemessenheit eine wesentliche Hilfe und würde die Transparenz auf Vorstandsebene verbessern; er kann somit die Arbeit des Aufsichtsrates besser nachvollziehen. Die sehr allgemeine Bezeichnung „angemessene Vergütung“ im Gesetzestext birgt enormen Diskussionsbedarf, das Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ist besonders in Bezug auf die Vergütung ein seit geraumer Zeit breit diskutiertes Thema. So schrieben Schlegelberger/Quassowksi schon 1937: „Diese unbeschränkte Vertragsfreiheit des bisherigen Rechts hat in der Vergangenheit bekanntlich häufig dazu geführt, dass Riesengehälter und Gewinnanteile ohne Rücksicht auf die Aufgaben und Leistungsfähigkeit der Vorstandsmitglieder und sogar auch noch dann geleistet werden, wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft hoffnungslos war.“[38] Das VorstOG dient im Wesentlichem dem Anlegerschutz und der Forcierung der Transparenz in unternehmerischen Führungskreisen. Dabei soll es bereits vollzogene Änderungen durch das TransPuG nicht ersetzen; besonders die Existenz des DCGK und die Verzahnung in geltendes Recht über eine Entsprechenserklärung nach § 161 AktG haben weiterhin Bestand.

Die Reaktionen zum Gesetzesentwurf fielen unterschiedlich aus, das Deutsche Aktieninstitut e.V. (DAI), ein als „Arbeitskreis zur Förderung der Aktie“ gegründeter Verband, nahm in einem Papier vom 28. April 2005 Stellung. Hierin begrüßt der Arbeitskreis grundsätzlich das Bemühen der Bundesregierung, für mehr Transparenz in unternehmerischen Führungskreisen zu sorgen, äußert jedoch klare Bedenken an den geplanten gesetzlichen Regelungen und verweist auf das erfolgreiche Streben der Aktiengesellschaften, den Empfehlungen des DCGK Folge zu leisten. Weiterhin beschreibt er eine „Entmündigung“ des Aktionärs, da ihm die Möglichkeit genommen wird, die Transparenz auf der Führungsebene zu würdigen. Zudem könne er sich bei einer aus seiner Sicht mangelnden Transparenz von seinen Unternehmensanteilen trennen. Darüber hinaus erscheinen dem DAI bestehende Rechtsinstrumente als ausreichend und es verweist auf das Auskunftsrechts des Aktionärs gemäß § 131 AktG.[39] Letztendlich warnt das Institut: „Auch bestehen grundsätzlich Bedenken, ob die beabsichtigte gesetzliche Regelung nicht zu einer Schwächung der Akzeptanz des deutschen Corporate Governance Kodexes führt.“[40]

Der Gesetzesentwurf wurde bis auf wenige Änderungen in die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses vom 29. Juni 2005 übernommen. Lediglich die Fraktion der FDP wies den Gesetzesvorschlag entschieden ab, betonte die ausreichend transparente bestehende Gesetzeslage und plädierte für ihren eigenen Entwurf.[41] Das Gesetz trat am 03. August 2005 in Kraft.

3.2 Adressaten des Gesetzes

Adressaten sind börsennotierte Aktiengesellschaften, deren Anteile gemäß § 3 Abs. 2 AktG zum Handel an der Börse zugelassen, von staatlich anerkannten Stellen überwacht und dem Publikum zugänglich sind.[42] Im Fokus stehen dabei lediglich Aktien und Kommanditistenanteile. Unternehmen, welche den Kapitalmarkt zum Handel von verzinslichen Wertpapieren, Null-Kupon-Anleihen, Genussscheinen oder ähnlichen Verbriefungen in Anspruch nehmen, sind von dem Gesetz nicht betroffen und müssen somit keine individualisierten Vorstandsbezüge offenlegen. Begründet wird dieser Schritt vonseiten des Gesetzgebers mit einem geringeren Informationsbedürfnis der Fremdkapitalgeber, welche in der Regel nur Informationen über die Ertrags- und Vermögenslage verlangen und gegenüber den Aktionären keine Eigentümerfunktion haben. Ebenso sollen geschlossene Gesellschaften nicht betroffen sein, da hier im Gegensatz zu Publikumsgesellschaften die Anteilseigner nicht anonym auftreten und andere Regelmechanismen zur Vorstandsvergütung existieren.[43] Weiterhin sind nur gemäß § 267 Abs. 2 und Abs. 3 HGB mittlere und große Kapitalgesellschaften verpflichtet, da kleine Gesellschaften nach § 267 Abs. 1 HGB gemäß § 288 Satz 1 HGB größenabhängige Befreiungen bezüglich des § 285 Abs. 9 a HGB geltend machen können, welcher die Angabe der Organbezüge fordert.[44] Weiterhin erscheint eine Ausweitung der Regelung auf den Aufsichtsrat nicht sinnvoll, da hierbei auf bestehendes Regelwerk zurückgegriffen werden kann und das Organ von seiner Funktion her zwar ein wichtiges Gremium darstellt, ihm jedoch eine untergeordnete Rolle aus Sicht der Eigenkapitalgeber zugesprochen wird. Hierzu formuliert der Referenzentwurf vom 31. März 2005: „Zur Aufsichtsratvergütung scheint es daher ausreichend, eine entsprechende Verpflichtung zur Individualabgabe wie bisher ausschließlich im Corporate Governance Kodex unter 5.4.5 vorzusehen und auf gesetzliche Regelungen zu verzichten.“[45]

3.3 Inhalt des VorstOG

3.3.1 Aufschlüsselung der Gehaltsbestandteile

Bis zum Inkrafttreten des VorstOG mussten die Organe der Gesellschaft lediglich ihre gesamte Vergütung in einer Summe offenlegen. Für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2005 beginnen, besteht für börsennotierte Gesellschaften eine individuelle Offenlegungspflicht der Vorstandsvergütungen gemäß § 285 Nr. 9 a HGB a. F.. So müssen die „für die Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge (Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte oder sonstige aktienbasierte Vergütungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art)“[46] im Anhang individuell und personenspezifisch angegeben werden, welcher gemäß § 264 Abs. 1 HGB für Kapitalgesellschaften ein Pflichtbestandteil ist.

Die Publizierung im Anhang wird von einigen Akteuren kritisch gesehen, da relevante Informationen für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; als Alternative galt der Vorschlag, die Daten ausschließlich in einem Vergütungsbericht zu veröffentlichen.[47] Der Gesetzgeber führt weiter aus: „Bezugsrechte und sonstige aktienbasierte Vergütungen sind mit dem beizulegendem Zeitwert zum Zeitpunkt der Gewährung anzugeben; spätere Änderungen ... sind zu berücksichtigen.“[48] Zudem fordert er nach § 285 Nr. 9 a Satz 6 eine Unterteilung oben genannter Leistungen in erfolgsunabhängige, erfolgsabhängige sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung, womit in wesentlichen Teilen den Empfehlungen des DCGK entsprochen wird.[49] Kritisch wird die fehlende Definition der verschiedenen Vergütungskomponenten gesehen, jedoch zählen in der unternehmerischen Praxis Fest- und Grundgehalt sowie feste jährliche Einmalzahlungen wie Garantietantiemen zu den erfolgsunabhängigen Bestandteilen, wozu Sachleistungen wie Dienstwagen (mit Chauffeur), Dienstwohnung, Personenschutz, Umzugshilfe o. Ä. ebenso zählen. Vom Arbeitgeber gewährte Kredite müssen nur aggregiert angegeben werden, da sie keinen direkten Bezug zur Vorstandstätigkeit haben. Prämien für D&O-Versicherungen (Directors and Officers) müssen nicht angegeben werden, da sie keine Gegenleistung für die Vorstandstätigkeit darstellen, sondern die Gesellschaft vor Schaden schützen sollen. Zu den erfolgsabhängigen Komponenten lassen sich reine Ermessenstantiemen und an Unternehmenszahlen (Umsatz, Gewinn o. Ä.) konkretisierte Gehaltsbestandteile differenzieren; dabei gelten Ermessenstantiemen als nicht unumstrittene erfolgsabhängige Bestandteile, da sie vom Ermessen des Aufsichtsrats abhängen und sich an individuellen, nicht messbaren und nicht transparenten Leistungskriterien orientieren können.[50]

Das DAI lehnt eine Offenlegung der individuellen Vorstandsvergütung grundsätzlich ab, begrüßt jedoch, dass der Gesetzgeber sich weitestgehend nach den Empfehlungen des DCGK richtet und kein zu detailliertes Regelwerk geschaffen hat. Jedoch gilt aus ihrer Sicht ein besonderes Augemerk den unbestimmten Formulierungen, insbesondere bei Aktienoptionen. Hierbei wird nicht klar deutlich, ob es sich um alle Formen der aktienbasierten Vergütung handelt; dabei gehören virtuelle Aktien und Aktienoptionen zu den gängigen Vergütungspraktiken. Die Bemessung des Zeitwertes soll sich an den International Financial Reporting Standards 2 (IFRS 2) orientieren, woraus sich Probleme in der praktischen Umsetzung ergeben, da IFRS 2 Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung für aktienkursbasierte Vergütungsprogramme unterschiedlich behandelt. Die Aufschlüsselung der Gehaltsbestandteile wird vom DAI kritisiert, da sie den Schutzinteressen des Vorstandes widerspricht und für den Anleger keinen Erkenntnisgewinn bringt.[51] In einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) heißt es hierzu: „Auch in Kenntnis der einzelnen Vorstandsbezüge können die Aktionäre nicht wissen, welche Leistungen die einzelnen Mitglieder eines Vorstandes zum Wohle der Gesellschaft erbracht haben.“[52]

Ein alternativer Gesetzesentwurf sah lediglich die Offenlegung und Aufschlüsselung der Gesamtbezüge des Vorstandsvorsitzenden oder der bestverdienenden drei Vorstandsmitglieder vor; dieser Vorschlag wurde jedoch zugunsten der Vermeidung der Einteilung der Vorstandsgehälter in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft vom Rechtsausschuss des Bundestages verworfen.[53]

3.3.2 Leistungen Dritter, Versorgungszusagen und Abfindungen

Der Gesetzgeber führt weiter aus, dass „... Leistungen, die dem Vorstandsmitglied für den Fall der Beendigung seiner Tätigkeit zugesagt worden sind“[54], individuell anzugeben sind. Hierbei kann es sich um Abfindungs- und Versorgungszahlungen handeln, welche erst in Zukunft einmalig oder wiederkehrend ausgezahlt werden. Sie werden nicht mit dem versicherungsmathematischen Barwert angesetzt, jedoch sind nur wesentliche Inhalte der Zusagen zu erläutern, sofern sie erheblich von den Leistungen der Arbeitnehmer der Gesellschaft abweichen. Diese Regelung beruht darauf, dass die Altersvorsorge von Vorständen anders gestaltet wird als von Arbeitnehmern und es sich hierbei um nicht unerhebliche finanzielle Verpflichtungen handeln kann, da häufig zugunsten des Vorstandes Individualvereinbarungen getroffen werden.

Auch hier wird die nicht ausreichende Definition der Begriffe „wesentlich“ und „erheblich“ kritisch gesehen. Besonders international operierende Konzerne haben mit dem Vergleichskriterium der Arbeitnehmer erhebliche praktische Probleme; so können die Versorgungszusagen ausländischer Arbeitnehmer als Resultat ausländischer Rechtsordnungen erheblich voneinander abweichen. Weiterhin besteht Unsicherheit, welche Leistungen gemeint sind, lediglich die Behandlung von Ruhegehältern ist im Gegensatz zu Übergangsgeldern und Zusagen aus Change-in-Control-Vereinbarungen unstrittig.[55] Darüber hinaus müssen auch Leistungen von Dritten publiziert werden, hierbei sollen mögliche Interessenkonflikte erkennbar sein. „Dritter ist grundsätzlich jede Person oder jedes andere als das den betreffenden Jahresabschluss aufstellende Unternehmen.“[56]

[...]


[1] Vgl. Adams, M.: Aktienoptionspläne, 2002, S. 1325 und 1343

[2] Vgl. Afhüppe, S./Fockenbrock, D./Nagl, H.: Boni-Exzesse, 2009, S. 1

[3] Vgl. Stern (Hrsg.): Vorstandsbezüge, 2005

[4] Vgl. Wiebe, F.: exzessive Boni, 2009, S. 8

[5] In einer gemeinsamen Stellungnahme des BDI, der BDA und des GDV vom 27.04.2005 wird in der Kritik auf ausländische Erfahrungswerte bezüglich der Offenlegung der Vorstandsvergütung verwiesen.

[6] Vgl. Vahs, D./Schäfer-Kunz, J.: Einführung in der BWL, S. 76

[7] Vgl. Vahs, D./Schäfer-Kunz, J.: Einführung in der BWL, S. 86-87

[8] Entnommen aus Alparslan, A.: Strukturalistische Prinzipal-Agent-Theorie, 2006, S. 11

[9] Vgl. Schreyögg, G.: Organisation, 2003, S. 81-82

[10] Vgl. Walter, U.: Löhne und Gehälter in Deutschland, 2007, S. 101-102

[11] Eigene Darstellung

[12] Vgl. Glock, J./Abeln, C.: Arbeitsrecht, 2006, S. 74-78

[13] Vgl. Manager-Magazin (Hrsg.): Millionen-Dollar-Klage, 2004

[14] Vgl. Kuhn, L./Leitl, M.: Jeder Einzelne zählt!, 2004

[15] Vgl. Lange, K.: Risiken nicht korrekt beschrieben, 2004

[16] Vgl. Rucht, D.: DCGK-Erfolgreiche Selbstregulierung?, 2007, S. 131

[17] Vgl. Ringleb, H.-M.: DCGK-Kommentar, 2003, S. 11

[18] Vgl. Berliner Initiativkreis GCCG (Hrsg.): GCCG, 2000, Punkt 6

[19] Vgl. Ringleb, H.-M.: DCGK-Kommentar, 2003, S. 15

[20] Vgl. Vetter, E.: Testballon, 2004, S. 1527

[21] Vgl. Strunk, G./Kolaschnik, F.: TransPuG, 2003, S. 15

[22] Siehe Regierungskommission DCGK: DCGK, 2009, Punkt 1

[23] Vgl. Regierungskommission DCGK: DCGK, 2009, Punkt 4

[24] Vgl. Ringleb, H.-M.: DCGK-Kommentar, 2003, S. 30-31

[25] Vgl. AktG: Aktiengesetz, 1965, § 161 Abs. 2

[26] Vgl. Strunk, G./Kolaschnik, F.: TransPuG, 2003, Vorwort

[27] Vgl. Cromme, G.: Stand und Entwicklung von CG, 2004, S. 11-12

[28] Vgl. Sucher, J.: offene Lohntüten, 2003, Teil 2

[29] Vgl. BMJ: Transparenz und Eigentümerkontrolle, 2004

[30] Siehe BMJ: Transparenz und Eigentümerkontrolle, 2004

[31] Vgl. BMJ: Transparenz und Eigentümerkontrolle, 2004

[32] Siehe v. Werder, A./Talaulicar, T.: Umsetzung DCGK, 2005, S. 8

[33] Siehe DSW (Hrsg.): Pressekonferenz, 2005, S. 1

[34] Vgl. Cromme, G.: Stand und Entwicklung von CG, 2004, S. 6

[35] E. Vetter bezeichnete den DCGK als einen gescheiterten „Testballon“ des Gesetzgebers in: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 2004, S. 1527

[36] Vgl. Deutscher Bundestag: BT-Drucksache 15/5577, 2005, S. 1

[37] Vgl. AktG: Aktiengesetz, 1965, § 87 Abs. 1

[38] Siehe Lutter, M.: Vorstandsvergütung, 2003, S. 740

[39] Vgl. DAI (Hrsg.): Stellungnahme VorstOG-RefE, 2005, S. 1

[40] Siehe DAI (Hrsg.): Stellungnahme VorstOG-RefE, 2005, S. 1

[41] Vgl. Deutscher Bundestag: BT-Drucksache 15/5860, 2005, S. 2

[42] Vgl. AktG: Aktiengesetz, 1965, § 3 Abs. 2

[43] Vgl. o.V.: Referentenentwurf VorstOG, 2005, S. 8

[44] Vgl. HGB: Handelsgesetzbuch, 1897, § 267/285/288

[45] Siehe o.V.: Referentenentwurf VorstOG, 2005, S. 8

[46] Siehe HGB: Handelsgesetzbuch a. F., 1897, 285 Nr. 9 a

[47] Vgl. BDI, BDA, GDV (Hrsg.): Stellungnahme VorstOG-RefE, 2005, S. 7

[48] Siehe HGB: Handelsgesetzbuch a. F., 1897, § 285 Nr. 9 a Satz 4

[49] Vgl. Regierungskommission DCGK, DCGK, 2009, Punkt 4.2.4

[50] Vgl. Wagner, T./Hohenstatt, K.-S.: Transparenz der Vorstandsvergütungen, 2008, S. 945-946

[51] Vgl. DAI (Hrsg.): Stellungnahme VorstOG-RefE, 2005, S. 6-8

[52] Siehe BDI, BDA, GDV (Hrsg.): Stellungnahme VorstOG-RefE, 2005, S. 5

[53] Vgl. Deutscher Bundestag: BT-Drucksache 15/5860, 2005, S. 10

[54] Siehe HGB: Handelsgesetzbuch a. F., 1897, § 285 Satz 1 Nr. 9 a Untersatz 6

[55] Vgl. Wagner, T./Hohenstatt, K.-S.: Transparenz der Vorstandsvergütungen, 2008, S. 948

[56] Siehe Deutscher Bundestag: BT-Drucksache 15/5860, 2005, S. 10

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Vorstandsentlohnung deutscher Konzerne
Untertitel
Entwicklung der Angabepflichten und empirische Analyse 2008/09
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
2,4
Autor
Jahr
2010
Seiten
63
Katalognummer
V146313
ISBN (eBook)
9783640550005
ISBN (Buch)
9783640552818
Dateigröße
874 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorstandsentlohnung, Konzerne, Entwicklung, Angabepflichten, Analyse
Arbeit zitieren
Bernd Brandscheid (Autor:in), 2010, Vorstandsentlohnung deutscher Konzerne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146313

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