Public Relations als Marketinginstrument – Strategische Ansätze und Begriffsdefinitionen

3. Auflage


Fachbuch, 2010

82 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielformulierung
1.3 Gang der Untersuchung

2. Geschichtliche Grundlagen und Begriffsdefinitionen
2.1 Geschichte der Public Relations
2.2 Definition / Bedeutung von Public Relations
2.3 Grundlagen, Aufgaben und Funktionen von
2.4 Public Relations

3. Exkurs: Public Relations versus „Öffentlichkeitsarbeit“
3.1 Stellenwert von PR und Fehlinterpretationen
3.2 Abgrenzung von Werbung

4. Verschiedene Theorieansätze der PR
4.1 Theorie von Hundhausen
4.2 Theorie von Oekl
4.3 Theorie von Grunig / Hunt
4.4 Theorie von Ronneberger und Rühl
4.5 Theorie von Kotler / Armstrong / Saunders / Wong
4.6 Theorie von Plaum und Linxweiler

5. Public Relations als Informations- und Kommunikationsinstrument

6. Public Relations als strategisches Instrument der Imagebildung
6.1 Grundlagen der Medienarbeit
6.2 Strategien von Public Relations
6.3 Public Relations und Propaganda

7. Public Relations und Ethik

8. Zusammenfassung

9. Anhang
- Literaturverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis

Public Relations als Marketinginstrument. Strategische Ansätze und Begriffsdefinitionen. Autor: Otto Gantert, Berlin. Herausgeber: EURACA Europaakademie – EURACA Instituto Superior de Educación a Distancia SL Malaga / St. Gallen - www.euraca.com

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Public Relations wird immer bedeutsamer sowohl für privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen[1] als auch für Verbände, politische Parteien und Organisationen jeglicher Ausprägung. Diese Aussage nährt sich vor allem aus dem empirisch feststellbaren Phänomen, dass der Bedarf an Public Relations, ebenso wie der Bedarf an fachkundigen Mitarbeitern in diesem Bereich, stark und stetig gestiegen ist. Je mehr eine Organisation den Kontakt und Austausch mit der Öffentlichkeit als notwendig erkennt, desto bedeutsamer wird Public Relations als Kommunikations- und Marketing-instrument.[2]

Geht man vom klassischen Marketingbegriff aus, so wird darunter eine weitgehende Abkehr von dem früheren Grundsatz „Produzieren und Verkaufen“ verstanden.

Moderne Marketingstrategen vertreten in aller Regel die Meinung, dass sich alles betriebliche Handeln an den Wünschen der Konsumenten der erzeugten Produkte zu orientieren hat[3], weshalb auch reduktionistisch die These aufgestellt werden kann: Marketing ist die Ausrichtung einer Institution und ihrer Aktivitäten auf den anvisierten Markt.[4]

Innerhalb dieses Gedankenkonstruktes stellen sich jedoch zwei wesent-liche Fragen:[5]

- Was wird unter Markt verstanden?
- Wie stellt sich der Kommunikationsbegriff

innerhalb des Marketings dar?

Stellt die erste Frage im Rahmen dieser Untersuchung nur einen Teilaspekt der Thematik dar, ist die zweite Frage dafür an den Kern des Problems vorgerückt. Solange das Marketing die unternehmerischen Aktivitäten in erster Linie auf den Absatzmarkt ausrichtet, handelt es sich auf kommunikativer Ebene nur um eine Kommunikation mit dem Absatzmarkt. Wenn Public Relations also nur als Element einer solch definierten Kommunikationspolitik definiert werden, dann haben auch sie nur absatzunterstützende Wirkung und wären daher eher unter dem Begriff „Produkt-PR“ zusammen zu fassen, sozusagen, als „Zuckerguss der Werbung“.[6]

Die Praxis hat gezeigt, dass diese Form der PR nicht den Erfolg bringt, der sich von ihr versprochen wurde.[7] Dem eigentlichen Anspruch des PR, der Gestaltung des Unternehmensbildes in der Öffentlichkeit oder einer Positionierung der Organisation auf dem Markt und der Kommunikations-landschaft, kann diese Organisationsform nicht gerecht werden. Für eine zeitgemäße PR sind primäre Zielsetzungen nicht mehr einfach nur der Umsatz und Ertrag, sondern in wesentlich stärkerem Maße die Schaffung von Vertrauen, Verständnis und Glaubwürdigkeit.

Albert Oekl[8] reduzierte diese Forderung auf die Definition:

PR = Information + Anpassung + Integration

Genau hier jedoch beginnen sich die theoretischen Probleme in praktische zu verwandeln. Wie gestaltet sich die Umsetzung dieser Annahmen, Theorien und Definitionen? Wo und wie kann die eigene PR-Abteilung ansetzen um das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit so zu verändern, dass sich der Erfolg eben auch auf den Ertrag der Unternehmung nieder schlägt?

1.2 Zielformulierung (Gegenstand der Arbeit)

Die Volkswirtschaft verlangt von den Unternehmen heute nicht mehr einfach nur Produktion und Verkauf von Waren. Der immer stärker und vielfältiger werdende Wettbewerb macht es erforderlich, den Verbraucher argumentativ davon zu überzeugen, nicht das Produkt des Konkurrenten zu kaufen. Das Marketing in den Unternehmen muss sich also von einer reinen Werbestrategie zu einer Kommunikationsstrategie umorientieren.

Ähnliches gilt für jede andere Form von Unternehmung, etwa Verbände, Parteien usw. Es reicht nicht aus, den Menschen seelenlose Satzungen, Parteiprogramme oder ungelenke Kandidaten zu präsentieren, diese müssen auch „vermittelt“ werden.

Für die positive Positionierung einer Unternehmung oder einer Person in der Öffentlichkeit müssen die Kommunikationskanäle professionell genutzt werden. Speziell an das strategische Marketing werden hier besondere Anforderungen an ein langfristiges und zielorientiertes Handeln angelegt. Die Vermittlung eines positiv belegten Öffentlichkeitsbildes des Unter-nehmens kann nur durch den dauerhaften Einsatz spezieller Marketing- und PR-Strategien erreicht werden.

Das bereits definierte Ziel von Vertrauen, Verständnis und Glaub-würdigkeit[9] in der Öffentlichkeit kann durch methodischen Einsatz von Public Relations erreicht werden, aber nur dann, wenn sie in strategisch überlegtem und dauerhaftem Einsatz gebracht werden.

Diese Thesis versucht insofern eine Grundlage für die Gestaltung der Public Relations in Unternehmungen zu legen. Hierbei sollen vor allem die verschiedenen Theorien in der Literatur diskutieret werden und so verschiedene Möglichkeiten für unterschiedliche Anforderungen und Fälle aufzuzeigen. Wenn auch gewisse Ähnlichkeiten zum Marketing bestehen, müssen nicht immer die gleichen Instrumente benutzt werden. Hierauf wird noch näher einzugehen sein.

1.3 Gang der Untersuchung

Im Anschluss an diese Einleitung (Kapitel 1) werden in Kapitel 2 dieser Thesis Begriffsdefinitionen erfolgen. In den dortigen Unterpunkten sollen die Grundlagen moderner Public Relations von verschiedenen Blickwinkeln aus untersucht werden.

In Kapitel 3 wird die Definition von Public Relations anhand von Fehlinterpretationen und einer Abgrenzung zur Werbung weiter geschärft.

In Kapitel 4 dieser Thesis werden die verschiedenen Theorien in der Literatur zur Thematik Public Relations diskutiert.

Kapitel 5 beschreibt dann Public Relations in der praktischen Anwendung. Hierbei werden die verschiedenen Informations- und Kommunikations-instrumente dargestellt.

Kapitel 6 stellt die davor erarbeiteten verschiedenen Komponenten von Public Relations in einen Zusammenhang mit dem strategischen Marketing. Dabei werden die praktischen Anwendungen von Public Relations wie im vorhergehenden Kapitel im Vordergrund stehen.

In Kapitel 7 werden die ethischen Grenzen innerhalb des diskutierten Themenbereiches aufgezeigt. Hierbei sollen jedoch auch positiven Möglichkeiten, welche sich aus der Ethik ergeben, in das Blickfeld gerückt werden.

Kapitel 8 fasst noch einmal kurz die wichtigen Aspekte der Thematik zusammen.

2. Geschichtliche Grundlagen und Begriffsdefinitionen

2.1 Geschichte der Public Relations

Betrachtet man die historische Entwicklung der Public Relations und der PR-Berufsbilder, so fällt dabei auf, dass die Verhältnisse in der deutschen PR-Branche nach dem zweiten Weltkrieg mehrfach eine grundlegende Wende erfahren haben.[10] Unmittelbar nach dem Krieg bestimmten Journalisten, Adelige und frühere Offiziere die Branche.[11] Eine theore-tische Analyse und Definition von Public Relations hielten die damaligen PR-Spezialisten nicht für notwendig. Als Vorbilder der deutschen „Gründergeneration“ des PR-Bereiches dienten vielmehr Friedrich der Große, Napoleon, Rommel oder Montgomery.[12] Erst Anfang der 50er Jahre erschienen die ersten Fachbücher in deutscher Sprache und erst 1958 wurde der Berufsverband DPRG gegründet.[13] Bruhn und Zimmermann[14] bezeichneten die 50er Jahre als „Phase der unsystemati-schen Kommunikation“.

Mitte der 60er Jahre verwandelte sich das Bild von Public Relations in Deutschland vollständig. Die Öffentlichkeit entwickelte zunehmend ein kritisches Interesse an den Unternehmen. Diese Entwicklung stellte neue Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit der Unternehmen, Organisationen, Verbände und Parteien. Zur selben Zeit begannen sich die deutschen Unternehmensleitungen verstärkt nach dem Vorbild USA zu orientieren und dortige Managementmethoden zu adaptieren. Die fachliche Ausbildung von PR-Profis spielte zunehmend eine stärkere Rolle. Public Relations avancierten zum Führungsinstrument.[15] Die Managementfunktion Public Relations entwickelte ihr eigenes Profil und Kommunikationspolitik wurde in die allgemeine Unternehmensphilosophie aufgenommen.[16]

Die Frage: „Was sind das für Menschen und was soll ich ihnen sagen?“ ersetzte die Frage „Wie sage ich es?“.[17]

Gegen Ende der 70er Jahre begann dann die Phase der Verwissenschaftlichung von Public Relations.[18] Die erste Generation von Universitätsprofessoren wie Hundhausen, Oeckel und Ronneberger machte sich daran, Public Relation wissenschaftlich zu untersuchen. Doch eine babylonische Verwirrung hinsichtlich des Phänomens „PR“ herrscht auch heute, im neuen Jahrtausend, noch immer vor. Eine eindeutige und unstrittige wissenschaftliche Definition fehlt nach wie vor.[19]

Die Verhältnisse in der PR-Branche waren in den 80er Jahren gekenn-zeichnet durch eine Ambivalenz.[20] Zum einen hatte die Branche mit einem Generationenproblem zu kämpfen und zum anderen zeichnete sich allmählich ein Wandel in der deutschen PR-Landschaft ab.[21] Neben neueren Sichtweisen von Public Relations wurden immer noch alte und tradierte Herangehensweisen vertreten, welche sich in Strukturen behaupteten, die in den 50er Jahren entstanden waren.

Seit Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts und zu Beginn des neuen Jahrhunderts sahen sich die Public Relations vor völlig veränderte gesellschaftliche Strukturen gestellt. Ausgelöst wurde dies durch den Wertewandel, die Umwälzungen, die die Auflösung der Sowjetunion auslösten, die Entwicklung der Informationsgesellschaft, durch die Globali-sierung, den dramatischen Einfluss der Medien, die sich verstärkende Umweltbelastung und die Versuche durch neue Managementstrukturen und -methoden die Unternehmen an die neuen „Marktbedingungen“ anzupassen.[22]

Das Berufsbild des Fachmanns für Public Relations verändert sich zunehmend. Der Wandel dieser Branche hin zu einem Kommunika-tionsmanagement hat weitreichende Folgen. Die eigentlichen Aufgaben und Anforderungen sowie das gesellschaftliche bzw. politische Umfeld haben sich erweitert und spezialisiert.

Eine PR-Konzeption stellt sich heute wesentlich umfangreicher und komplexer dar, als dies noch im letzten Jahrhundert der Fall gewesen ist.[23] Als Instrument der Unternehmensführung sind Public Relations heute proaktiv, dynamisch und strategisch angelegt. Sie sind in eine umfassen-de Managementstruktur integriert.

Maßnahmen der Public Relations sind mit Abteilungen der Unternehmen und Organisationen abzustimmen,[24] in der Industrie speziell mit der Abteilung Marketing, in der Politik mit der Führungsspitze.

Das veränderte Umfeld für PR wird in Abb. 1 (nächste Seite) stichwortartig skizziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Gesellschaft im Wandel – Verändertes Umfeld für Public Relations[25]

2.2 Definition / Bedeutung von Public Relations

Mehr als 2000 unterschiedliche Definitionen des Begriffs „Öffentlichkeits-arbeit“ lassen erahnen, wie schwer es Theoretikern und in gleichem Maße auch „Spezialisten“ der Public Relations fällt, ihr besonders Fachgebiete präzise zu beschreiben.[26]

Die aus den verschiedensten Fachgebieten stammenden Praktiker definieren ihre eigene Vorstellung von Public Relations in aller Regel in enger Abhängigkeit von ihrem jeweiligen beruflichen Hintergrund.[27] Bis in die 80er Jahre hinein kristallisierten sich fünf Ansätze zum Verständnis der Public Relations heraus[28]:

- Der werbewirtschaftliche Ansatz
- Der betriebswirtschaftliche Ansatz
- Der Management-Ansatz
- Der sozialwissenschaftliche Ansatz
- Der politische Ansatz

Hieraus hat sich nach Ansicht Lewalds[29] ein neues Verständnis von PR entwickelt, welches mit keinem der oben genannten Ansätze allein vereinbar ist.

Bei einer wörtlichen Übersetzung des Terms ins Deutsche bedeutet der Begriff zunächst nichts weiter als „die Beziehung zur Öffentlichkeit“.[30] Diese simple Übersetzung verdeckt jedoch die Schwierigkeit, eine allgemeingültige Begriffsbestimmung zu finden. Trotz oder gerade wegen den über 2000 verschiedenen Erklärungsansätzen, die bislang in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht wurden, glauben Dees / Döbler, dass in der Definition von Public Relations ein Ermessensspielraum liege, auch bei der Präzisierung der Aufgabenstellung.[31]

Die von Signitzer[32] als „intellektuell und analytisch anspruchsvollste Beschreibung von Public Relations“ etikettierte Definition von Long und Hazelton hebt in erster Linie die Kommunikationsfunktion des Manage-ments hervor:

„Public Relations is a communication function of management through which organisations adapt to, alter, or maintain their environment for the purpose of achieving organisational goals.”[33]

Deutlich liegt hier der Schwerpunkt auf der Ausrichtung nach privat-wirtschaftlichen Organisationen. Die Begriffsbestimmung der DPRG wird gerade für den deutschsprachigen Raum als wichtige Definition hervorge-hoben. Sie ist inhaltlich mit der „schlanken Definition“[34] von Grunig und Hunt im angelsächsischen Sprachraum identisch:

„Öffentlichkeitsarbeit ist das Management von Kommunikationsprozessen für Organisationen mit deren Bezugsgruppen“

Nach Grunig und Hunt ist Public Relations als kommunikations-relevante Dimension der Unternehmensführung der Teil des zentralen Management-systems, dem die Aufgabe zukommt, die Teilsysteme des Unternehmens zu integrieren, koordinieren und kontrollierten.[35] Hierbei nimmt die PR-Tätigkeit in der System-Umwelt-Konstellation zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit eine „Boundary Role“ ein. Die PR-Tätigkeit impliziert damit ein permanentes Überschreiten der Grenze zwischen den Organisation und ihrem Umfeld, sowie zwischen den internen Teilsystemen.[36]

Cutlip, Center und Broom[37] begreifen Public Relations zwar als Manage-mentfunktion, jedoch weist ihre Definition aufgrund der Funktionsbe-schreibung eher einen normativen Charakter auf:

„ Public Relations is the management function that establishes and maintains mutually beneficial relationship between an organisation and the publics on whom is success or failure depends.“

Auffällig hierbei ist, dass nicht von Kommunikation gesprochen wird.

Die genannten Autoren bringen dadurch zum Ausdruck, dass Kommunikation nur ein Werkzeug im gegenseitigen Beziehungs- und Austauschgeflecht zwischen der Organisation und ihren verschiedenen Umwelten ist: „Environmental scanning, issues management, program monitoring, and impact evaluation are all tasks as central to the function as is communication through the media.“[38] Um dieser Management-funktion gerecht werden zu können fordern Cutlip, Center und Broom für Public Relations Teilhabe an der Unternehmensführung.

Allen genannten Definitionen sind zwei Punkte gemein: Zum einen wird Public Relations jeweils mit Management in Bezug gesetzt und zum anderen als System – Umwelt – Beziehung gesehen. Versteht man Unternehmen nun wie Luhman[39] als soziale Systeme, die aus Kommunikation und deren Zurechnung als Handlung bestehen, so führt dies zu einem sehr weiten Kommunikationsverständnis, welches sich mit der Definition von Cutlip, Center und Broom in Deckung bringen lässt. Kommunikation als direkt nicht beobachtbare Einheit aus Information, Mitteilung und Verstehen, kann nur über Handlungen erschlossen werden.[40]

Die Reduzierung von Public Relations auf den industriellen Bereich ist völlig unzulässig. Public Relations sind für andere Organisationen (z. B. Verbände und Parteien) und bestimmte Personen (z.B. Politiker, Spitzensportler und Showstarstars) nicht minder bedeutungsvoll. Für die letzte Gruppe sind erfolgreiche Public Relations oft karriereentscheidend.

Es lässt sich also feststellen, dass eine eindeutige Definition oder Begriffsbestimmung von Public Relations anhand der wissenschaftlichen Literatur nicht möglich ist.

2.3 Grundlagen, Aufgaben und Funktionen von Public Relations

Wird Public Relations als Kommunikationsmanagement verstanden, so geht damit auch die Forderung nach einer hohen Professionalisierung der PR-Berufe einher. „Public Relations is a profession in transition“, beginnen Baskin und Aronoff[41] ihr Standartwerk „Public Relations – The Profession and The Practice“ und drücken schon im Titel den Unterschied zwischen PR-Praxis und angestrebter Profession aus. Das Fach Public Relations ist multidisziplinär zu sehen und erhält Impulse aus verschiedenen Sozialwissenschaften.[42] Von einer fachübergreifenden Verzahnung scheint Public Relations dagegen bislang noch weit entfernt zu sein. Der Terminus „fächerübergreifend“ lässt daher die Frage nach der diszipli-nären Verbundenheit von Public Relations weitgehend offen. Weitgehende Übereinstimmung besteht dagegen über die Verankerung von Public Relations in den Sozialwissenschaften.[43]

Public Relations sind insofern als Instrument der Unternehmensführung zur Ausdifferenzierung des sozialen Systems zu verstehen. Eine klar definierte Unternehmensidentität berücksichtigt die Werte, Ziele und Strategien eines Unternehmens. Aufgabe der Public Relations ist es, diese in der Öffentlichkeit zu vermitteln.

Aufgaben von PR sind:[44]

- Die Umwelt einer Unternehmung zu strukturieren und die für die Unternehmung relevanten System – Bezugs, Interessen- und Anspruchsgruppen zu identifizieren.
- Die Informationen, Aussagen, Ansprüche und Handlungen der als relevant erkannten Systeme zu beobachten und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Unternehmung zu selektieren.
- Die als relevant erkannten Daten in Relation zu vorhandenen zu setzen und der Leitung der Unternehmung zugänglich zu machen.
- An der Interpretation der als relevant erkannten Daten und an den auf diesen aufbauenden Entscheidungen mitzuwirken.[45]
- Die Identität, sowie die Leistungen der Unternehmung gegenüber anderen Systemen der Gesellschaft darzustellen (Corporate Identity) und zu kommentieren[46], um so die Akzeptanz des eigenen durch die anderen Systeme sicherzustellen. Die diversen Systeme haben unterschiedliche Auffassungen darüber, was hinsichtlich der Gestal-tung des Gesamtsystems sinnvoll und wichtig ist.

Der gesamte beschriebene Prozess ist als kybernetisches Modell zu begreifen, das die Regelung des Systems Unternehmung in seinen Mittelpunkt stellt.

Ziel ist es, den Soll-Wert zu erreichen, der als Systemdauerwirkung angestrebt werden soll. Dieser Soll-Wert ist als Unternehmensidentität zu definieren und mit den Ergebnissen der regelmäßig zu wiederholenden Analyse des unternehmerischen Umfeldes zu vergleichen.[47] Soll- und Ist-Wert eines Systems müssen weitestgehend Deckungsgleich sein, sofern das System stabil sein soll.[48]

Somit wird klar, dass ein systemtheoretisch basierter Management-Ansatz für die strategische PR oder Unternehmenskommunikation[49] auf einer abstrakten Bestimmung dessen aufbauen muss, was das Umfeld, in dem ein Unternehmen steht und dem, was unter der Identität, dem Soll-Wert eines Unternehmens zu verstehen ist, erfolgen muss. Weder mit der Planung noch mit der Kontrolle der PR kann ohne Vorliegen der Definition des relevanten Umfeldes des Unternehmens begonnen werden.

Launzen und Dozier[50] entwickelten ein empirisch abgestütztes Modell, nach dem der PR-Manager als Mittler zwischen Umwelt (Öffentlichkeit) und Organisation zu verstehen ist. Gemäß diesem Modell haben die Umweltfaktoren einen Einfluss darauf, wie die PR-Funktion organisa-torisch ausgestaltet wird. Dabei ist die Kontrolle der PR-Manager als das fehlende Glied zwischen den Herausforderun-gen der Umwelt und ihren Konsequenzen für die Organisation der PR-Funktion zu sehen.[51]

Das Ausmaß der Umweltunsicherheit ist einerseits bestimmt durch die Tragweite einer Änderung von Umweltereignissen, andererseits durch die Änderungshäufigkeit.[52] Eine Zunahme bei der Ausprägung dieser beiden Umweltdimensionen hat jeweils einen positiven Einfluss auf die Ausübung der Managerrolle.

Je bedrohlicher ein Umweltereignis für die Organisation ist und je häufiger es auftritt, desto wahrscheinlicher werden PR in einer Organisation als PR-Management verstanden.[53] Umweltunsicherheiten fordern einen PR-Manager mit entsprechender Machtkonsequenz für die PR-Funktion.

Innerhalb der Organisation ist die Ausübung der Managerrolle sowohl mit Encroachment (Beeinträchtigung) als auch mit einer Ausdehnung des Marketings in die PR-Domäne hinein negativ korreliert.

Eine fehlende oder unprofessionell ausgeführte Managerrolle erleichtert also Encroachment und macht eine Übernahme der PR-Verantwortung durch das Marketing wahrscheinlicher.

Encroachment und die Ausdehnung des Marketings im Sinne von Kotlers „Megamarketing“ hängen dagegen positiv miteinander zusammen. Zunehmendes Encroachment erleichtert die Expansionsbestrebungen des Marketingbereiches. Umgekehrt wird durch ein machtergreifendes Marketing die Wahrscheinlichkeit für Encroachment vergrößert.

[...]


[1] Dees, M. / Döbler, Th.: Public Relations als Aufgabe für Manager?, Rollen-verständnis – Professionalisierung – Feminisierung, Eine empirische Studie, Stuttgart, 1997, S. 13

[2] vgl. ebd.

[3] Bogner, F.: Das neue PR-Denken, Strategien – Konzepte – Maßnahmen – Fallbeispiele effizienter Öffentlichkeitsarbeit, Wien, Ueberreuter, 1990, S. 23

[4] ebd.

[5] vgl. Bogner, F, a.a.O., S. 24

[6] ebd.

[7] ebd., S. 25.

[8] In Kapitel 4.2 wird auf diesen Zusammenhang noch näher eingegangen.

[9] Siehe Abschnitt 1.1 dieser Thesis.

[10] Ronneberger, F. / Rühl, M.: Theorie der Public Relations. Ein Entwurf, Opladen 1992, S. 162ff.

[11] Brauer, G.: ECON Handbuch Öffentlichkeitsarbeit, Düsseldorf, Wien, New York, Moskau, 1993, S. 45.

[12] vgl. Dees, M. / Döbler, Th., a.a.O., S. 17.

[13] vgl. Brauer, G., ebd.

[14] Bruhn, M. / Zimmermann, A.: Integrierte Kommunikationsarbeit in deutschen Unternehmen. Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, in: Effizientes Kom-munikationsmanagement, Bruhn / Dahlhoff (Hrsg.), Stuttgart, 1993, S. 147f.

[15] vgl. Dees, M. / Döbler, Th., a.a.O., S. 18.

[16] Togotzes, J.: Die Zukunft der PR aus der Sicht einer internationalen Kommuni-kationsagentur, in: Blick in die Zukunft. Kommunikations-Management. Per-spektiven und Chancen der Public Relations, Dörrbecker, K. / Rommers-kirchen, T. (Hrsg.), Remagen-Rolandseck, 1990, S. 206.

[17] ebd.

[18] vgl. Brauer, G., a.a.O., S. 48.

[19] Schon die übliche deutsche Definition “Öffentlichkeitsarbeit” ist höchst problematisch.

[20] vgl. Dees, M. / Döbler, Th., ebd.

[21] Jarchow, K.: Wirklichkeiten, Wahrheiten, Wahrnehmungen, Bremen, 1992, S. 17.

[22] Oeckl, A.: Die Zukunft der Public Relations aus der Sicht des PR-Pioniers, in: Blick in die Zukunft. Kommunikations-Management. Perspektiven und Chan-cen der Public Relations, Dörrbecker, K. / Rommerskirchen, T. (Hrsg.), Remagen-Rolandseck, 1990, S. 19ff.

[23] vgl. Borghs, H.P.: Unternehmerische Anforderungen an die Öffentlichkeits-arbeit von Morgen. Eine Perspektive der Adam Opel AG, vgl. Anm. 21, 1990, S. 82ff.

[24] vgl. Bruhn, S.147f.

[25] vgl. Dees, M. / Döbler, Th., a.a.O., S. 19

[26] Beger, R. / Gärtner, H.-D. / Mathes, R.: Unternehmenskommunikation. Grund-lagen, Strategien, Instrumente, Wiesbaden, Frankfurt, 1989, S. 25.

[27] Oeckel, A.: Public Relations – Politik, Düsseldorf, 1981, S. 12f.

[28] Lewald, G.: Gesellschaftspolitisch orientierte Unternehmenskommunikation. Entwurf eines systemtheoretisch basierten Management-Ansatzes, Diss., Münster, 1994, S. 7.

[29] ebd.

[30] Köcher, A. C. / Birchmeier, E.: Public Relations? Public Relations! Konzepte, Instrumente und Beispiele für erfolgreiche Unternehmenskommunikation, Zürich, Köln, 1992, S. 12.

[31] vgl. Dees / Döbler, a.a.O., S. 25.

[32] Signitzer, B.: Public Relations-Forschung im Überblick. Systematisierungs-versuche auf der Basis neuer amerikanischer Studien, in: Publizistik, 33. Jg., Nr. 1, 1988, S. 96.

[33] Long. L. W / Hazalton, V.: Public relations. A theoretical and practical res-ponse, in: Public Relations Review, 13. Jg., Nr. 2, 1987, S. 6.

[34] vgl. Signitzer, a.a.O.

[35] Stuiber, H. W.: Theorieansätze für Public Relations. Anmerkungen aus sozialwissenschaftlicher Sicht, in: Ist Public Relations eine Wissenschaft? Eine Einführung, Avenarius, H. / Armbrecht, W. (Hrsg.), Opladen, 1992, S. 214.

[36] Köcher, A. C.: Management von Public Relations. Ein integrales Konzept. Basierend auf einer empirischen Studie bei schweizer Publikumsge-sellschaften, Diss., St. Gallen, 1991, S. 181.

[37] Cutlip, S.M. / Center, A. H. / Broom, G.M.: Effective public Relations, 7. Aufl., Engelwood Cliffs, 1994, S. 6.

[38] Dozier, D.M. / Broom, G.M.: Evolution of the manager role in public relations practice, in: Journal of Public Relations Research, 7. Jg., Nr. 1, 1995, S. 5.

[39] Luhmann, N.: Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt/M., 1984, S. 240.

[40] ebd., S. 193ff.

[41] Baskin, O. / Anrnoff, C.: Public Relations. The profession and the practice, 2. Aufl., Dubuque, 1988.

[42] vgl. Ronneberger / Rühl, a.a.O., S. 53 - 80.

[43] Bentele, G.: Zukunftsperspektiven für Public Relations, in: Handbuch PR, Schulze-Fürstenow, G. / Martini, H.-J. (Hrsg.), 2. Auflage, Neuwied, 1994, S. 8.

[44] vgl. Lewald, a.a.O., S. 57.

[45] vgl. Borghs, H.P.: Einordnung der Öffentlichkeitsarbeit in die Unternehmens-struktur, in: Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Instrumente. Strategien. Pers-pektiven, Kalt (Hrsg.), Frankfurt/M., 1991, S. 43ff.

[46] vgl. Bruhn, M.: Integrierte Unternehmenskommunikation. Ansatzpunkte für eine strategische und operative Umsetzung integrierter Kommunikationsarbeit, Stuttgart, 1992, S. 31.

[47] vgl. Lewald, a.a.O., S. 59.

[48] ebd.

[49] Hier sei darauf hingewiesen, dass sich die Funktionen der Systemtheorie mit den Anforderungen strategischer Planungsprozesse decken.

[50] Launzen, M.M. / Dozier, D.M.: The missing link. The public relations manager role as mediator of organisational environments and power consequences for the function, in: Journal of Public Relations Research, 4. Jg., Nr. 4, 1992, S. 205.

[51] vgl. ebd.

[52] vgl. Launzen / Dozier, a.a.O., S. 213.

[53] vgl. ebd., S. 215.

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Public Relations als Marketinginstrument – Strategische Ansätze und Begriffsdefinitionen
Untertitel
3. Auflage
Autor
Jahr
2010
Seiten
82
Katalognummer
V146197
ISBN (eBook)
9783640559039
ISBN (Buch)
9783640559077
Dateigröße
730 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Public Relations, Otto Ganterrt, Public Relations als Marketinginstrument
Arbeit zitieren
Otto Gantert (Autor:in), 2010, Public Relations als Marketinginstrument – Strategische Ansätze und Begriffsdefinitionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146197

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