Europarechtskonformität der Zinsschrankenregelung


Seminararbeit, 2008

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zinsschrankenregelung der §§ 4h EStG, 8a KStG
2.1 Grundtatbestand
2.2 Ausnahmetatbestände
2.2.1 Freigrenze
2.2.2 Konzernklausel
2.2.3 Escape-Klausel

3. Europarechtliche Grundlagen
3.1 Gemeinsamer Markt und Binnenmarkt
3.2 Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot sowie Rechtfertigung

4. Europarechtskonformität der Zinsschrankenregelung
4.1 Betriebsfiktion gem. § 15 S. 1 Nr. 3 KStG
4.2 Exkurs: Organschaften im deutschen Steuerrecht
4.3 Diskriminierungsvorwurf: Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit
4.4 Mögliche Rechtfertigung
4.4.1 Kohärenz des Steuersystems
4.4.2 Territorialitätsprinzip
4.4.3 Missbrauchsbekämpfung

5. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nachdem der Bundestag am 25. Mai 2007 das Untemehmensteuerreformgesetz 2008 verabschiedet hatte und der Bundesrat am 6. Juli 2007 hierzu seine Zustimmung gab, finden mit Wirkung zum 1. Januar 2008 bzw. 2009 die dort beschlossenen Regelungen Anwendung. Zur Steigerung der Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland wurde in diesem Zusammenhang die nominale Steuerbelastung für Unternehmen auf unter 30% gesenkt. Zur Gegenfinanzierung wurden Regelungen zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und zur Bekämpfung des steuerlichen Missbrauchs eingeführt.1

Die Untersuchungen dieser Arbeit beschäftigen sich mit einer dieser Maßnahmen zur Gegenfinanzierung und Missbrauchsbekämpfung, namentlich der Zinsschrankenregelung der §§ 4h EStG, 8a KStG, durch die die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen massiv eingeschränkt wird. Neben systematischen und verfassungsrechtlichen lässt die Zinsschranke insbesondere europarechtliche Bedenken aufkommen und muss sich an den Grundfreiheiten messen lassen.

Im Folgenden wird zunächst die Zinsschrankenregelung in ihren Grundzügen dargestellt und auf den Regelungsmechanismus von Grundtatbestand sowie Ausnahme und Rückausnahme eingegangen. Sodann folgt eine Darstellung relevanter europarechtlicher Aspekte, insbesondere der Konzepte von gemeinsamen Markt und Binnenmarkt. An dieser Stelle wird ein kurzer Abriss über die Grundfreiheiten gegeben. Es schließt sich ein Überblick über die Rechtsprechung des EuGH zu Diskriminierung und Beschränkung sowie deren möglicher Rechtfertigung an. Der Hauptteil der Arbeit beleuchtet dann die Zinsschrankenregelung auf ihre Konformität mit Europarecht. Insbesondere die Möglichkeit, durch Bildung einer Organschaft den Rechtsfolgen der Zinsschrankenregelung zu entgehen, könnte sich als eine verdeckte Diskriminierung und als ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstellen. Aus diesem Grund werden hier auch mögliche Rechtfertigungsgründe geprüft. Die Arbeit schließt mit einem die Ergebnisse zusammenfassenden Fazit und einem Ausblick.

2. Zinsschrankenregelung der §§ 4h EStG, 8a KStG

Vor Einführung der Zinsschrankenregelung der §§ 4h EStG, 8a KStG im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 konnten Fremdkapitalzinsen i.d.R. unbegrenzt von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Eine Ausnahme stellten lediglich die Regelungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung des § 8a KStG a.F. dar, die u.U. eine Umqualifizierung von an Gesellschafter gezahlten Fremdkapitalzinsen vorsahen.2

2.1 Grundtatbestand

Im Grundsatz können Zinsaufwendungen eines Betriebes nunmehr nach § 4h (1) EStG unbeschränkt nur noch in Höhe der im gleichen Veranlagungszeitraum erzielten Zinserträge von der steuerlichen Bemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden. Die Abzugsfähigkeit darüber hinaus gehender Zinsaufwendungen (sog. negativer Zinssaldo) wird auf 30 % des steuerlichen EBITDA3 begrenzt.4 Der Teil der Zinsaufwendungen, der demnach einem Abzugsverbot unterliegt, wird im Rahmen des Zinsvortrags gem. § 4h (1) S. 2, 3 EStG in künftigen Veranlagungszeiträumen berücksichtigt.5

Eine Legaldefinition des Begriffs Betrieb existiert nicht, weshalb der allgemeine einkommensteuerliche Betriebsbegriff zu Grunde gelegt wird.6 Demnach liegt ein Gewerbebetrieb vor, „wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung mit Gewinnabsicht unternommen wird, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht“ (R 15.7 EStR 2005). Durch Anknüpfung an die Einheit des Betriebs ist die Zinsschrankenregelung somit unabhängig von der Rechtsform des Steuersubjekts ausgestal]tet. Während für natürliche Personen abschließend die Regelungen des § 4h (1) EStG gelten, treten für Körperschaften die ergänzenden Regelungen des neuen § 8a KStG hinzu.7

Demgegenüber definieren § 4h (3) S. 2 und 3 die Begriffe Zinsaufwendungen als „Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben“ und Zinserträge als „Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben“.

Der maßgebliche Gewinn8, erhöht um die Zinsaufwendungen sowie die Abschreibungen nach § 6 (2) S. 1, § 6 (2a) S. 2 und § 7 EStG und vermindert um die Zinserträge, ergibt schließlich das steuerliche EBITDA.

2.2 Ausnahmetatbestände

Nach Maßgabe von § 4h (2) EStG findet die Zinsschranke grundsätzlich keine Anwendung, sofern einer der dort normierten drei Ausnahmetatbestände (Freigrenze, Konzernklausel oder Escape-Klausel) greift. Für Körperschaften fordern § 8a (2) und (3) KStG das Vorliegen weiterer Voraussetzungen.

2.2.1 Freigrenze

Nach der Regelung des § 4h (2) lit. a) EStG greift die Zinsschranke nicht, soweit ein negativer Zinssaldo nicht die Freigrenze i.H.v. einer Million Euro übersteigt. Da es sich bei diesem Ausnahmetatbestand um eine Freigrenze handelt, unterliegen bei deren Überschreiten die gesamten (d.h. die Zinserträge überschreitenden) Zinsaufwendungen dem Abzugsverbot der Zinsschranke.9

2.2.2 Konzernklausel

Die Konzernklausel gem. § 4h (2) lit. b) EStG als zweitem Ausnahmetatbestand befreit solche Betriebe von der Anwendung der Zinsschranke, die nicht (bzw. nur anteilsmäßig) konzerngebunden sind. Diesen wird weiterhin ein voller Abzug der Fremdkapitalzinsen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage gestattet.10

Nach Maßgabe von § 8a (2) KStG findet die Konzernklausel für Körperschaften nur dann Anwendung, wenn die Fremdkapitalzinsen, die an einen wesentlich11 beteiligten Anteilseigner, eine diesem i.S.v. § 1 (2) AStG nahe stehende Person oder einen rückgriffsberechtigten Dritten gezahlt werden, nicht 10 % des gesamten negativen Zinssaldos übersteigen.12

2.2.3 Escape-Klausel

Für konzerngebundene Betriebe, für die die Konzernklausel nicht greift, ist im Wege des Eigenkapitalvergleichs gem. § 4h (2) lit. c) EStG zu prüfen, ob die Eigenkapitalquote des entsprechenden Betriebes der Eigenkapitalquote des Konzerns entspricht, d.h. ob erstere gleich hoch oder höher ist. Als Konsequenz befreit der Ausnahmetatbestand der Escape-Klausel von der Anwendung der Zinsschranke. Ein Unterschreiten der Konzerneigenkapitalquote um 1 % ist dabei unschädlich.13

Für Körperschaften gilt die Escape-Klausel wiederum nur, wenn kein Fall der schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung des § 8a (3) KStG vorliegt.14

[...]


1 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 1.

2 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 121.

3 Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah ursprünglich das EBIT als Grundlage für die Ermittlung der Zinsschranke vor, vgl. Herzig, Reform, 2007, S. 13.

4 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 121 f.

5 Vgl. ausführlich zum Zinsvortrag Schaden/Käshammer, Zinsvortrag, 2007.

6 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 126; Köhler, DStR2007, S. 598

7 Durch den Verweis in § 4h (2) S. 2 EStG gilt diese Einschränkung auch für Mitunternehmerschaften, die unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet sind, d.h. deren Gesellschafter eine Körperschaft ist.

8 Im Falle von Körperschaften tritt an dessen Stelle gem. § 8a (1) KStG das maßgebliche Einkommen.

9 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 133 f.

10 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 154.

11 Die Beteiligung eines Anteilseigners an einer Körperschaft ist gem. § 8a (2) KStG dann wesentlich, wenn er „zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital“ beteiligt ist.

12 Vgl. Schaden/Käshammer, Zinsschranke, 2007, S. 2260-2262.

13 Vgl. Glutsch/Otte/Schult, Unternehmensteuerrecht, 2008, S. 155-162.

14 Vgl. dazu die Ausführungen zur Anwendung der Konzernklausel bei Körperschaften und Schaden/Käshammer, Zinsschranke, 2007, S. 2263-2265.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Europarechtskonformität der Zinsschrankenregelung
Hochschule
European School of Business Reutlingen
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V146145
ISBN (eBook)
9783640566051
ISBN (Buch)
9783640566211
Dateigröße
448 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zinsschranke, Europarecht, Unternehmensteuerreform 2008, § 8a KStG, § 4h EStG
Arbeit zitieren
Simon Brüseken (Autor:in), 2008, Europarechtskonformität der Zinsschrankenregelung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146145

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