Probleme der Messung von fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten


Diplomarbeit, 2008

74 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung und Problemaufriss

2 Begriffsdefinitionen
2.1 Kompetenz
2.2 Abgrenzung Kompetenz zum Qualifikationsbegriff
2.3 Handlungskompetenz

3 Berufliche Handlungskompetenz in der Ausbildung von Steuerfachangestellten
3.1 Duale Berufsausbildung
3.1.1 Aufbau der dualen Berufsausbildung
3.1.2 Aufbau der Ausbildung von Steuerfachangestellten
3.2 Notwendige Fachkompetenzen für den Steuerfachberuf
3.3 Notwendige fachübergreifende Kompetenzen für den Steuerfachberuf
3.3.1 Notwendige Humankompetenzen für den Steuerfachberuf
3.3.2 Notwendige Sozialkompetenzen für den Steuerfachberuf
3.3.2.1 Die Sozialkompetenz Kommunikationsfähigkeit
3.3.2.1.1 Die vier Ebenen der Kommunikation
3.3.2.1.2 Die non-verbale Kommunikation
3.3.2.1.3 Kommunikationsfähigkeit in der persönlichen Mandantenbetreuung
3.3.2.2 Die Sozialkompetenz Teamfähigkeit

4. Messung von Kompetenzen
4.1 Die Gütekriterien der Testtheorie
4.1.1 Die Objektivität
4.1.2 Die Reliabilität
4.1.3 Die Validität
4.1.4 Nebengütekriterien
4.2 Messung von fachübergreifenden Kompetenzen
4.2.1 Kompetenzstandards
4.2.2 Kompetenzmodelle
4.2.2.1 Das Kompetenzmodell nach Bader und Müller
4.3 Probleme der Messung von fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2-1 Darstellung der beruflichen Handlungskompetenz

Abb. 3-1 Die Mehrheit lernt dual

Abb. 3-2 Die duale Ausbildung

Abb. 3-3 Aufbau der Ausbildung von Steuerfachangestellten

Abb. 3-4 Aufgabenverteilung in der dualen Ausbildung

Abb. 3-5 Stellenanzeige für eine Tätigkeit im Bereich Tax HR Services bei PricewaterhouseCoopers am Standort Frankfurt

Abb. 3-6 Stellenanzeige für eine Tätigkeit als Steuerfach- angestellte/r in Düsseldorf, Frankfurt am Main und München bei MAZARS Hemmelrath

Abb. 3-7 Zusammenwirken der Sozialkompetenzen

Abb. 3-8 Die vier Ebenen der sozialen Kommunikation

Abb. 4-1 Das Kompetenzmodell nach Bader & Müller

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung und Problemaufriss

Die Bedeutung der Messung und Beurteilung von Kompetenz und insbesondere von fachübergreifender Kompetenz hat in den letzten Jahren zugenommen. Dies zeigt sich in der zunehmenden Zahl von Publikationen aus dem Bereich des Personalwesens, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Bei der Personalauswahl und Personalbeurteilung spielen fachübergreifende Kompetenzen eine beachtliche Rolle. Stellenanzeigen in Tageszeitungen demonstrieren dies in anschaulicher Weise. Die veränderten Anforderungen an Mitarbeiter wie ‚Teamkompetenz’, ‚Kommunikationsfähigkeit’ sowie ‚Selbständigkeit’ verdeutlichen die Bedeutung von fachübergreifenden Kompetenzen im Beruf. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sollten bereits in der beruflichen Ausbildung diese Kompetenzen in den Vordergrund gerückt werden. Das pädagogische Ziel besteht dabei darin, die Auszubildenden optimal auf ihre berufliche Tätigkeit vorzubereiten.

Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Problematik der Messung von fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten[1]. Die beruflichen Verhältnisse verändern sich in allen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft ständig. Sehr ausgeprägte Veränderungen sind im steuerlichen Bereich zu verzeichnen, da neue Gesetze in immer kürzeren Zeitabständen erlassen werden. Dazu kommt die steigende Komplexität des Steuerrechts, die sich aktuell in der Unternehmensteuerreform 2008 widerspiegelt. In diesem Zusammenhang beurteilt Steuerberater Prof. Dr. Homburg in seiner Präsentation „Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Finanzierung von Personenunternehmen“ (Homburg, 2007) im Rahmen der Ringveranstaltung „Unternehmensteuerreform 2008“ an der Universität Göttingen, dass durch die Unternehmensteuerreform 2008 neue Ausnahmen geschaffen werden anstatt die Tarife zu senken und Ausnahmen zu beseitigen. Insgesamt beurteilt er die neue Reform als die schlechteste Steuerreform der Nachkriegszeit. Im besonderen Maße sind Steuerfachangestellte von Steuerreformen betroffen, in der Form, dass sie die neuen Regelungen in der Praxis anwenden müssen. Weiterhin geht die Tendenz zu größer werdenden Organisationseinheiten der Steuerberaterkanzleien und der zu beratenden Unternehmen. Die stärkere internationale Verflechtung und der erhöhte Einfluss von EU-Normen auf das deutsche Steuerrecht ergeben höhere Anforderungen an Sprachkompetenzen sowie allgemeine kommunikative Kompetenzen. Aus diesen beachtlichen Veränderungen folgt, dass die Arbeitsverhältnisse offener, komplexer und eigendynamischer, aber auch weniger transparent werden. Im Bereich der Steuerberatung stellt dadurch das Beschäftigungssystem höhere Anforderungen an die Mitarbeiter, die problemorientiert, vernetzt und kreativ denken, entscheiden sowie handeln sollen, wobei Selbständigkeit wie auch Teamfähigkeit gefordert sind. Auch die Berufsschule ist im Bereich der Ausbildung gefordert, die umfassende berufliche Handlungskompetenz mit fachlichen wie auch sozialen und personalen Bezügen zu vermitteln. Somit verlieren reine Wissensinhalte und stark spezialisierte Fachkenntnisse an Bedeutung, wohingegen fachübergreifende Kompetenzen einen starken Bedeutungsgewinn verzeichnen können (Niedersächsisches Kultusministerium, 1998). Es stellt sich die Frage, ob die gegenwärtigen Abschlussprüfungen von Steuerfachangestellten diesen dynamisch sich veränderten Erfordernissen gerecht werden bzw. die fachübergreifenden Kompetenzen von Auszubildenden adäquat abbilden. In diesem Kontext steht somit die Frage im Vordergrund, in welchem Maße die heutigen Abschlussprüfungen ihrem eigenen Anspruch gerecht werden, nicht nur reines Fachwissen, sondern auch fachübergreifende Kompetenzen zu prüfen und inwieweit die Messung dieser fachübergreifenden Kompetenzen Probleme aufwirft.

Die Auseinandersetzung mit dem Begriff ‚Kompetenz’ beginnt ganz allgemein vor dem Hintergrund begrifflicher Fragen und den unterschiedlichen Ansätzen zur theoretischen Fundierung. Eine Abgrenzung zum Qualifikationsbegriff wird vorgenommen, da Kompetenzen durch den technologischen Wandel in der heutigen Gesellschaft immer wichtiger werden und dadurch die klassischen Qualifikationen in den Hintergrund treten (Bönnighausen & Wilkesmann, 2005). In diesem Zusammenhang wird die Handlungskompetenz erklärt, deren Thematik im dritten Kapitel weiter fortgeführt wird. An dieser Stelle wird bereits eine Unterteilung zwischen Fachkompetenz und fachübergreifenden Kompetenzen durchgeführt, um die zu untersuchenden fachübergreifenden Kompetenzen besser abgrenzen zu können.

Hiernach schließt sich der Aufbau der dualen Berufsausbildung in Deutschland an, wobei speziell auf den Ausbildungsberuf der Steuerfachangestellten eingegangen wird. Im Folgenden wird die berufliche Handlungskompetenz näher dargestellt. Anhand der konkreten Anforderungen an den Beruf des Steuerfachangestellten werden die entsprechenden erforderlichen Kompetenzen benannt. Welche Kompetenzen werden benötigt und wie sind die notwendigen Kompetenzen ausgestaltet? Welche Kompetenzen sind davon fachübergreifend? Dies sind Fragen, die mit Hilfe des Rahmenlehrplans und der Ausbildungsordnung für Steuerfachangestellte näher dargestellt werden. Eine praktische Veranschaulichung der Kompetenzen, anhand von Stellenanzeigen, rundet das Kapitel ab.

Der Schwerpunkt der Arbeit besteht in der Messung von Kompetenzen, wobei der Fokus auf den fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten liegt. Dazu erfolgt einleitend eine grundlegende Vorstellung der Kompetenzmessung sowie den dazugehörigen Gütekriterien der Testtheorie. Aufbauend auf den Kompetenzanforderungen müssen Standards für die Berufsausbildung in Kompetenzmodellen geordnet werden. Explizit werden die Probleme der Messung der fachübergreifenden Kompetenzen dargestellt und diskutiert, da sich die Frage stellt, ob und wie sowie in welchem Rahmen fachübergreifende Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten gemessen werden können. Außerdem wird darauf eingegangen, in welchem Umfang Kompetenzen bzw. fachübergreifende Kompetenzen durch Prüfungen gemessen werden können.

Die Arbeit schließt mit der Darstellung von Lösungsansätzen zur Bewältigung der Probleme der Messung von fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten.

2 Begriffsdefinitionen

2.1 Kompetenz

„In den letzten […] Jahren hat sich ‚Kompetenz’ vom Fremdwort zum Kernwort moderner Lern- und Bildungsanstrengungen und unternehmerischen Handelns gemausert. Oft wird es wie eine Beschwörungsformel benutzt: Hab’ Kompetenzen und alles wird gut…“ (Heyse & Erpenbeck, 2004, S. IX).

Ausgehend von dieser wachsenden Bedeutung erstaunt es umso mehr, wie ungenau momentan der Begriff „Kompetenz“ gefasst und messend dargestellt werden kann. Achtenhagen und Winther (2006, S. 345) konstatieren: „Der Begriff der ‚Kompetenz’ wird in der nationalen wie internationalen Literatur inflationär gebraucht“. Als grundlegende Voraussetzung dieser Arbeit gilt es nun, diese Mannigfaltigkeit des Kompetenzbegriffs zu ordnen und daraus ein adäquates Kompetenzverständnis aufzubauen, welches dem in dieser Arbeit thematisierten Bereich, den fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung, entspricht.

Der Kompetenzbegriff hat eine umfassende und in Veränderungen bezogene Historie. Etymologisch (Ritter, 1976, S. 918-933) entstammt der Begriff aus dem Lateinischen vom Terminus ‚competentia’ und dieser wiederum von ‚competere’ welcher die Bedeutung trägt ‚zusammentreffen’, aber auch ‚zukommen, zustehen’. Eine erstmalige systematische Aufarbeitung erfuhren die Begriffe ‚competens’ und ‚competentia’ 1733 in Zedlers Universallexikon (1733), in dessen Werk diese Begriffe auch mit der heutigen Bedeutung von Kompetenz in Bezug gesetzt wurden. Seitdem sind Kompetenz, Kompetenzstreit und Kompetenzkonflikt verknüpft mit einer arbeitsteiligen, funktionalen und modernen Gesellschaftsorganisation. Von White wurde der Begriff Kompetenz 1959 in die Motivationspsychologie eingeführt. In dieser Wissenschaftssparte charakterisiert das Konzept die Resultate der Entwicklung von fundamentalen Fähigkeiten, welche nicht nur angeboren oder das Ergebnis von Reifungsprozessen darstellen, sondern vom Individuum selbstorganisiert evoziert wurden. Kompetenz im Sinne von White (1959) bedeutet eine Performanz, verglichen mit dem später von Chomsky eingeführten Begrifflichkeiten ‚Kompetenz vs. Performanz’, die das Individuum durch intrinsisch motivierte Interaktion mit seiner Umwelt selbst entfaltet hat. Chomsky entwickelte in der Linguistik einen Kompetenzbegriff, der die Fähigkeit von Sprechern und Hörern aus einer einheitlichen Sprachgemeinschaft bezeichnet, anhand eines limitierten Bestandsverzeichnisses von Kombinationsregeln und Grundbestandteilen potentiell unendlich viele, auch absolut neue Sätze selbstorganisiert formen und begreifen zu können. Es zeigt sich hier eine der wohl einflussreichsten Ansätze für eine Theorie der Kompetenz.

Erpenbeck und Rosenstiel (2003, S. X) interpretieren Kompetenzen als Dispositionen, selbst organisiert zu handeln, also als Selbstorganisationsdispositionen, wobei sie im Handeln aktualisierbare sozialkommunikative, auf Aktionen bezogene sowie persönliche Handlungsdispositionen betrachten. Weinert (2001) beschreibt Kompetenzen als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten […], um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (ebd., S. 27-28). Nach diesem Verständnis sind Kompetenzen in der Kognitionstheorie begründet und werden als Dispositionen gesehen, die Personen befähigt reale Anforderungssituationen zu bewältigen. Man kann sagen, dass das Konzept der Kompetenz verwendet wird, um Fragen der ‚Tüchtigkeit’ und ‚Mündigkeit’ bzw. der Verknüpfung von beruflicher Qualifikation und Persönlichkeitsentwicklung passend fassen zu können (Achtenhagen, 2004, S. 21). Kompetenz wird in den Empfehlungen des Deutschen Bildungsrats zur Neuordnung der Sekundarstufe II (1974) als die Befähigung zum eigenverantwortlichen Handeln in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen beschrieben. Dabei werden unter der Perspektive einer Verbindung von allgemeiner und beruflicher Bildung „Kompetenzen der Lernenden als Ziel aller Lernprozesse“ beschrieben (ebd., S. 49). Dementsprechend ist für Bader (1989) Kompetenz das, was in der „subjektiven Verarbeitung des Erwerbs von Kenntnissen und Fähigkeiten“ besteht (ebd., S. 74). Dabei reicht Kompetenz über Kenntnisse und Fertigkeiten, die erforderlich sind, um vorgegebene Aufgabenstellungen bewältigen zu können, weit hinaus. Kompetenz ist für Bader immer individuelle Kompetenz. Demnach sind zum einen Handlungen an die bestehenden Voraussetzungen des Individuums gebunden und zum anderen beschreibt der Kompetenzbegriff die im Individuum angelegten Dispositionen zu neuen Handlungen durch Erfahrungen sowie zu selbständigem Handeln mit eigenen Zielkomponenten (ebd., S. 74). In der vorliegenden Arbeit werden damit Kompetenzen handlungstheoretisch interpretiert und als Dispositionen selbst organisiert zu handeln gesehen. In diesem Sinne wird in der vorgelegten Arbeit mit dem Kompetenzbegriff gearbeitet.

2.2 Abgrenzung Kompetenz zum Qualifikationsbegriff

Es existieren viele Begriffe wie beispielsweise Qualifikationen, Schlüsselqualifikationen, Fertigkeiten, Fähigkeiten oder Potenziale, die oft als Synonyme des Kompetenzbegriffs gebraucht werden. Keineswegs stellen diese Begrifflichkeiten aber Synonyme zur Kompetenz dar, sondern sie sind in ihren Bedeutungen exakt voneinander abzugrenzen. Bedeutsame Unterschiede bestehen zwischen Qualifikationen und Kompetenzen, welche in diesem Abschnitt erläutert werden sollen. So dominierte bis in die 1980er Jahre das Konzept der beruflichen Qualifikationen, welches sich auf Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse stützt, die dem Arbeitnehmer dazu verhelfen, seine Arbeit konkret und nützlich in das Beschäftigungssystem einzubringen (Lipsmeier, 1978, S. 184). Eine zertifizierte Qualifikation ist jedoch noch keine Garantie für eine kompetente Handlung. Die erfolgreiche Qualifizierung drückt sich in einer Befähigung (Qualifikation) aus, jedoch wird eine erfolgreiche Handlung von der Kompetenz bestimmt (Gessler, 2006, S. 26). Das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen Qualifikationen und Kompetenzen besteht nach Erpenbeck und Rosenstiel (2003) darin, dass Qualifikationen nicht erst im selbstorganisierten Handeln erkennbar werden, wie bei Kompetenzen, sondern eher in von einer Handlung trennbaren, normierbaren Prüfungssituation. Folglich sind Qualifikationen nachweisbare Wissens- und Fertigkeitspositionen, welche mechanisch abgefordert werden können.

Im Zusammenhang mit der Abgrenzung zum Kompetenzbegriff muss hier auch der Begriff der Schlüsselqualifikationen erläutert werden. Das Konzept der Schlüsselqualifikationen wurde, wie in den 1990er Jahren das Kompetenzkonzept, bereits in den 1970er Jahren dafür benutzt, eine Abgrenzung vom eng definierten Qualifikationsbegriff zu erreichen. In diesem Zusammenhang können besonders zwei Vertreter der Schlüsselqualifikationsforschung herausgestellt werden. Das von Mertens etablierte Konzept umfasste Schlüsselqualifikationen als solche „Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen“ (Mertens, 1974, S. 40). Mertens entwarf vier Typen von Schlüsselqualifikationen, welche nach ihm solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vereinen, die keinen unmittelbaren und limitierten Bezug zu verschiedenen Tätigkeiten haben, sondern sich für eine große Zahl von Positionen und Funktionen eignen. Diese vier Schlüsselqualifikationstypen nannte er Basisqualifikationen, Horizontalqualifikationen, Vintage-Faktoren und Breitenelemente. Im Unterschied zu Mertens stehen für Lothar Reetz nicht die Beschäftigung mit einem Schlüsselqualifikationskonzept im Vordergrund, sondern vielmehr praktisch orientierte Lösungsversuche. Für Reetz verbirgt sich hinter dem Begriff der Schlüsselqualifikationen eine besondere Form der Qualifikation. Nach seinem Konzept ist es wichtig situativ zu denken, d.h. dass man eine Qualifikation wie zum Beispiel Teamfähigkeit im Steuerbüro nur in der Kooperation der Mitarbeiter betrachten kann. Der Bezug des Letzteren zu fachübergreifenden Kompetenzen wird in Kapitel 3.3.2 behandelt. Reetz bezeichnet als Qualifikationen die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die an ein Individuum aus Sicht des Beschäftigungssystems in Bezug auf Leistungsanforderungen gestellt werden (Reetz, 1999, S. 38). Für ihn beinhaltet Kompetenz solche individuellen Fähigkeiten, die situationsentsprechendem Handeln zugrunde liegen und dieses situative Handeln erst möglich machen. Dabei wird deutlich, dass der Kompetenzbegriff im Gegensatz zum Qualifikationsbegriff nicht nur umfassender ist, sondern auch „die jeweilige Fähigkeit zur Erzeugung von Verhalten auf Basis von individueller Selbstorganisation stärker zum Ausdruck“ bringt (ebd., S. 39). Bereits in der Diskussion um Schlüsselqualifikationen lassen sich Anknüpfungspunkte zur Kompetenzdiskussion erkennen, da in beiden Konzepten die Bedeutung des Situationsaspekts akzentuiert wird. Für die Schlüsselqualifikations-debatte lässt sich eine illegitime Zuspitzung auf einen Gegensatz zwischen beruflichen Qualifikationen und Schlüsselqualifikationen abbilden[2], welche auch in ähnlicher Art und Weise zwischen Qualifikation und Kompetenz vorhanden ist. Eine weitere Ähnlichkeit besteht in der Schwierigkeit der empirischen Erfassung sowohl von Schlüsselqualifikationen als auch von Kompetenzen (Lisop, 1999, S. 335). Dies lässt sich auch nicht durch die verschiedenen Abgrenzungsversuche des Kompetenzbegriffs von der Hand weisen.

Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass, in Abgrenzung zur Qualifikation, die Kompetenzperspektive mit einer Trendwende einhergeht: „weg von eng definierten Kenntnissen und Fertigkeiten und hin zu Fähigkeiten und Dispositionen, die selbständig und flexibel in berufliches Handeln umgesetzt werden können“ (Arnold, 1997, S. 301). Dabei illustriert die Begrifflichkeit berufliche Kompetenz nach Flasse und Stieler-Lorenz (2000, S. 205) ein vielschichtiges Anforderungsprofil im Beruf, welches über die Qualifikation hinausgeht und dabei Verhaltensdispositionen und Handlungsfähigkeiten enthält.

2.3 Handlungskompetenz

In der beruflichen Ausbildung hat sich ein Kompetenzverständnis durchgesetzt, in dessen Zentrum das Handeln in komplexen Lern- und Arbeitssituationen steht und die Fähigkeit zu selbstorganisiertem Handeln hervorhebt. Berufliche Handlungskompetenz ist weiter gefasst und umfasst nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch fachübergreifende Kompetenzen wie beispielsweise sozial-kommunikative Fähigkeiten oder Aspekte des Selbstmanagements (Lorig & Schreiber, 2007, S. 7). Folglich wird in der deutschen Berufs- und Wirtschaftspädagogik Kompetenz derart verstanden, dass Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen an der beruflichen Handlungskompetenz ausgerichtet sind. Diese Ausrichtung zur Handlungskompetenz zeigt sich bereits Mitte der 1980er Jahre in Form einer ‚Ganzheitswende’ (Bader, 1989). Seitdem etabliert sich die Handlungskompetenz als neue Zielsetzung der Berufsausbildung. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde Handlungskompetenz nur mit Fachqualifikation gleichgesetzt, nun wurde sie um die methodische, personale und soziale Komponente erweitert (Arnold, Lipsmeier & Ott, 1998, S. 25).

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass für den Begriff Handlungskompetenz eine allgemein anerkannte und allgemeingültige Definition fehlt und es ein sehr breites Spektrum von Erläuterungen und Umschreibungen dieses Begriffs gibt.

Bewusst offen, im Interesse der Erweiterung des Geltungsbereichs, wird die berufliche Handlungskompetenz gesehen, ganz im Gegensatz zu der allzu funktional und mechanisch empfundenen Konzeption der beruflichen Bildung vor dieser Zeit, die nicht im ausreichenden Maße fachübergreifende Kompetenzen erfassen konnte. Dementsprechend offen definiert auch Reetz berufliche Handlungskompetenz als „das reife Potential beruflicher Fähigkeiten […], das es dem Menschen erlaubt, entsprechend den Leistungsanforderungen, die in konkreten beruflichen Situationen gestellt werden, zu handeln“ (Reetz, 1999, S. 38). Anschaulich kann Handlungskompetenz beschrieben werden als Handeln, das immer zweck- und zielgerichtetes Verhalten des Individuums enthält. Nach Pätzold ist Handlung eine „[…] zielgerichtete, bewußte zwischen Alternativen entscheidende und adäquate Mittel auswählende verantwortbare Tätigkeit“ (Pätzold, 1992, S. 27).

In der aktuellen deutschen Diskussion der Berufsbildung werden berufliche Handlungskompetenzen oft in Teilbereiche gegliedert. So unterscheidet beispielsweise Pätzold (1999, S. 57) zwischen den Dimensionen Fach-, Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz, die jede für sich einen bestimmten beruflichen Überschneidungsbereich besitzen. Nach ihm sind Kenntnisse und Fertigkeiten die Fachkompetenz und die flexibel einsetzbare Fähigkeit, um sich Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, nennt er Methodenkompetenz. Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit der kooperativen Zusammenarbeit in unterschiedlichen Gruppen. Wobei Personalkompetenz die Bereitschaft der Reflektion und eventuellen Veränderung von Kenntnissen und Fähigkeiten beschreibt. Pätzold betont, dass die verschiedenen Kompetenzdimensionen nur zusammen in einer realistischen Lernsituation gefördert werden können. Weitgehend identisch sind diese Überlegungen mit der pädagogischen Anthropologie Heinrich Roths (1971), der die menschliche Handlungsfähigkeit ins Zentrum stellt. Dieser Ansatz wurde im Rahmen der Wirtschafts- und Berufspädagogik (vor allem bei Reetz 1984; 1990; 1999) aber auch an anderen Orten in der Arbeits- und Organisationspsycholgie unter dem praktischen Aspekt einer Strukturierungshilfe für die damit verknüpften Probleme aufgegriffen. Seine pädagogische Anthropologie unterstützt den Ansatz einer ganzheitlichen Handlungsfähigkeit, im Sinne von Sachkompetenz, die berufsspezifische Fähigkeiten und Fachkenntnisse bzw. Wissen bezeichnet sowie Methodenkompetenz, die flexibel einsetzbare kognitive Fähigkeiten und Expertisen einschließt. Außerdem beschreibt er Sozialkompetenz als die Fähigkeit, in Teams – auch von unterschiedlicher Struktur – gruppenorientiertes, unterstützendes Verhalten zu zeigen und benennt Selbstkompetenzen als Dispositionen, die sich vor allem in Einstellungen, Werthaltungen, Emotionen, Motiven, Interessen und Metakognition äußern. Die unterschiedlichen Aspekte des umfassenden Kompetenzkonzepts, also die Teilkompetenzen, organisieren sich selbstregulativ vor einem spezifischen Kontext und einer konkreten Anforderungssituation (Boekaerts, 2002) und sie realisieren sich in einer konkreten Handlung bzw. Leistung, also als Performanz. Der Begriff Handlungskompetenz hat seit 1996 eine formale Legitimation als Leitziel der Berufsbildung durch die von der Kultusministerkonferenz (KMK) durchgeführte curriculare Gestaltung aller neuen KMK-Rahmenlehrpläne nach dem Konzept der Lernfelder. Dabei wird Handlungskompetenz verstanden „als die Bereitschaft und Fähigkeit des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht, durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Handlungskompetenz entfaltet sich in den Dimensionen von Fachkompetenz, Humankompetenz und Sozialkompetenz“ (KMK-Handreichungen, 1996, S. 9). Dabei wird unterschieden zwischen Fachkompetenzen und fachübergreifenden Kompetenzen wie Humankompetenz und Sozialkompetenz. Diese Aufgliederung ist sinnvoll, da sie sich auch im „Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Steuerfachangestellter/ Steuerfachangestellte“ in der Fassung vom 8. Dezember 1995 finden lässt. Die vorgenommene Strukturierung berücksichtigt das Verhältnis zwischen Lerngegenstand, Gesellschaft und Subjekt. Gleichfalls versteht Bader berufliche Handlungskompetenz als „die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln sowie seine Handlungsmöglichkeiten ständig weiterzuentwickeln“ (Bader, 1989, S. 74-75). Dabei wird entsprechend den Vorgaben des Deutschen Bildungsrats (1974) und der KMK-Handreichungen (1996) die berufliche Handlungskompetenz differenziert in die Dimensionen Fachkompetenz, Humankompetenz und Sozialkompetenz (Bader, 1989, S. 75; Bader & Müller, 2002) (vgl. Abbildung 2-1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 - 1: Darstellung der beruflichen Handlungskompetenz (Bader und Müller, 2002)

Dementsprechend wird in dieser Arbeit mit dem Begriff der Handlungskompetenz gearbeitet, wobei differenziert wird zwischen der Fachkompetenz und den fachübergreifenden Kompetenzen in Form der Sozial- und Humankompetenz. Fachkompetenz ist „die Fähigkeit und Bereitschaft, Aufgabenstellungen selbständig, fachlich richtig, methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen“ (Bader, 1989, S. 75; Bader & Müller, 2002, S. 178). Humankompetenz wird beschrieben „als die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, als Individuum die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Beruf, Familie und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten und Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln“ (Bader & Müller, 2002, S. 178). Weiterhin ist Sozialkompetenz „die Fähigkeit und Bereitschaft, soziale Beziehungen und Interessenlagen, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinander zu setzen und zu verständigen“ (Bader & Müller, 2002, S. 178). Integraler Bestandteil der drei Komponenten sind Methodenkompetenz, Lernkompetenz und kommunikative Kompetenz. Sie sind keine eigenen, unabhängigen Dimensionen von Handlungskompetenz, sondern sind nur im Zusammenhang mit Fachkompetenz, Humankompetenz und Sozialkompetenz zu sehen. Methodenkompetenz bezieht sich auf die Fähigkeit, bei der Bewältigung von Problemen und Aufgaben zielgerichtet und planmäßig vorzugehen (ebd., S. 178). Weiterhin bezeichnet Lernkompetenz die Fähigkeit und Bereitschaft, „Informationen über Sachverhalte und Zusammenhänge selbständig und gemeinsam mit anderen zu verstehen, auszuwerten und in gedankliche Strukturen einzuordnen“ (ebd., S. 178-179). Außerdem subsumiert sich kommunikative Kompetenz unter die bestehenden drei Dimensionen. Sie wird zwar nicht ausdrücklich in den KMK-Handreichungen sowie im Rahmenlehrplan für Steuerfachangestellte beschrieben, aber diese Ergänzung ist sach- und problemgerecht, weil Handlungskompetenz sich nur im Zusammenhang mit Sprache entwickeln kann. Kommunikative Kompetenz meint die Fähigkeit und Bereitschaft, Sachverhalte und Befindlichkeiten auf dem Weg über verbale und formale Sprachen, aber auch durch nonverbale Mittel auszutauschen (ebd., S. 179). Die dargestellten Kompetenzen werden „in einer didaktisch-analytischen Sicht, also getrennt voneinander, wenn auch aufeinander bezogen, gesehen“ (Breuer, 2006, S.200).

In diesem Kapitel wurde das Modell der beruflichen Handlungskompetenz dargestellt, indem das Konzept von Bader (1989; Bader & Müller, 2002), in Anlehnung an die Definition des Deutschen Bildungsrats von 1974 und den KMK-Handreichungen (1996), als Grundlage für den weiteren Verlauf der Arbeit herausgearbeitet wurde. Dabei ist zu bedenken, dass die Basis dafür bereits Heinrich Roth und Lothar Reetz gelegt haben. Festzuhalten bleibt, dass die Messung der herausgearbeiteten fachübergreifenden Kompetenzen noch immer eine zu lösende Aufgabe darstellt. Im Folgenden soll dies für den Beruf des Steuerfachangestellten anhand der fachübergreifenden Kompetenzen Sozialkompetenz und Humankompetenz erfolgen. Auf die Aspekte der Fachkompetenz wird zur Vollständigkeit eingegangen, diese sind aber nicht Gegenstand dieser Arbeit.

3 Berufliche Handlungskompetenz in der Ausbildung von Steuerfachangestellten

„Deutschland ist eines der europäischen Länder, in dessen Bildungssystem das Lernen im Arbeitsprozess ein traditioneller Bestandteil ist. Die Vermittlung einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz ist das Ziel jeder beruflichen Ausbildung“ (Hippach-Schneider, Krause & Woll, 2007, S. 1).

Die Ausrichtung der deutschen beruflichen Bildung zielt darauf ab, dass sich der Ausgebildete positiv auf dem deutschen Arbeitsmarkt behaupten und dass er, auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes abgestimmt, die persönlichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben kann. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland an der Handlungskompetenz ausgerichtet. Die Förderung der beruflichen Handlungskompetenz der Auszubildenden soll im Fokus des pädagogischen Bemühens stehen. Aus diesem Grund ist die Berufsausbildung zum Steuerfachangestellten mit Wirkung vom 1.8.1996 neu geordnet worden (Schlichting, 1999, S. 375).

Im neuen Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Steuerfachangestellter von 1995, der seit August 1996 in Kraft ist, ist das Kompetenzkonzept bereits verankert. Mit der Einführung des Konzepts der Lernfelder durch die Kultusministerkonferenz (KMK) wurde ein Kompetenzverständnis determiniert, welches als Grundlage für die Beschreibung der Lernfelder und zur Orientierung für das Lehren und Lernen in der Berufsschule dient. Dabei geht die KMK von beruflicher Handlungskompetenz aus, wobei das Ziel der Ausbildung genauer beschrieben wird als „eine breit fundierte Handlungskompetenz mit den Fähigkeiten zum Denken in Zusammenhängen, Flexibilität, Genauigkeit und Verantwortungsbewusstsein unter Beachtung der für diesen Ausbildungsberuf wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen sowie mitarbeiter- und mandantenorientiertem Verhalten“ (Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Steuerfachangestellter/ Steuerfachangestellte vom 8.12.1995, S. 14). Das bedeutet, dass die Fähigkeit zur selbständigen Sachbearbeitung sowie Handlungen wie Planen, Durchführen, Kontrollieren und Bewerten von berufsbezogenen Aufgaben vorhanden sein muss, um die angestrebte Qualifikation zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, „vermitteln die Ausbildungsbetriebe im Zusammenhang mit übergreifenden Qualifikationen Fertigkeiten und Kenntnisse“ in den Ausbildungsbereichen Ausbildungspraxis, Praxis- und Arbeitsorganisation, Anwenden von Informations- und Kommunikationstechniken, Rechnungswesen, Betriebswirtschaftliche Facharbeit und der steuerlichen Facharbeit (ebd., S. 14). In der schulischen Ausbildung von angehenden Steuerfachangestellten sind die Ziele auf die Entwicklung von Handlungskompetenz gerichtet. Wie bereits in Kapitel 2 vorgestellt, wird Handlungskompetenz in diesem Kontext verstanden als die Bereitschaft und Fähigkeit des Individuums, sich sachgerecht, überlegt sowie individuell und sozial verantwortlich in gesellschaftlichen, beruflichen und privaten Situationen zu verhalten. Die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit, welche selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren impliziert, wird nicht zuletzt auch in der gängigen Ausbildungsverordnung verlangt. Diese Befähigung soll ebenfalls in den jeweiligen Prüfungen nachgewiesen werden (Verordnung über die Berufsausbildung zum Steuerfachangestellten/zur Steuerfachangestellten, 1996, S. 21, § 4 Abs. 2). Die zu unterscheidenden Teilkompetenzen sind die Fachkompetenz, die Humankompetenz und die Sozialkompetenz. Welche fachübergreifenden Kompetenzen werden als Steuerfachangestellter benötigt? Welche Kompetenzen werden in der Ausbildungsverordnung bzw. dem Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Steuerfachangestellter gefordert? Genau auf diese Fragen soll in diesem Kapitel näher eingegangen und es sollen angemessene Antworten gefunden werden. Dabei soll der Schwerpunkt auf den fachübergreifenden Kompetenzen liegen, da diese im beruflichen Umfeld immer wichtiger und von den Unternehmen gefordert werden. Natürlich umfassen Kompetenzen auch immer notwendiges Wissen. Daher soll auch die Fachkompetenz erläutert werden. Aber sie umfassen „wesentlich mehr als dieses, schließen es in verfügungs- und handlungsentscheidende Beziehungen ein“ (Heyse & Erpenbeck, 2004, S. XV).

Um die notwendigen Kompetenzen im Steuerfachberuf beschreiben zu können, wird zuerst der Rahmen abgesteckt, indem die duale Berufsausbildung und deren Aufbau im Hinblick auf die Ausbildung von Steuerfachangestellten dargestellt werden. Es wird damit das Umfeld vorgestellt, in dem die berufliche Handlungskompetenz ansetzt. Danach wird explizit auf die nötigen Kompetenzen für den Steuerfachberuf eingegangen und nach befriedigenden Antworten zu den zuvor gestellten Fragen gesucht.

3.1 Duale Berufsausbildung

„Die Berufsausbildung ist die Voraussetzung für ein eigenverantwortetes Leben und für gesellschaftliche Teilhabe. Der dualen Berufsausbildung kommt dabei eine besondere Rolle zu: Etwa 58 Prozent der Schulabsolventinnen und Schulabsolventen eines Altersjahrgangs entscheiden sich für die duale Ausbildung“ (Bundessteuerberaterkammer, 2007, S. 2).

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Abbildung 3 - 1: Die Mehrheit lernt dual (BMBF, 2007, S. 48)

Diese Fakten verdeutlicht Abbildung 3-1.

Der Bezug zur Kompetenz wird in der dualen Berufsausbildung durch den im Berufsbildungsgesetz (BBiG) verwendeten Begriff ‚berufliche Handlungsfähigkeit’ hergestellt. Breuer erklärt, dass „Kompetenzen als Fähigkeiten bzw. als grundlegende Fähigkeiten dargestellt“ werden können und somit pragmatisch berufliche Handlungsfähigkeit als berufliche Handlungskompetenz gesehen werden kann (Breuer, 2005, S. 10).

3.1.1 Aufbau der dualen Berufsausbildung

Dieses System wird "dual" genannt, weil die Ausbildung an zwei Lernorten stattfindet, im Betrieb und in der berufsbildenden Schule wie in Abbildung 3-2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - 2: Die duale Ausbildung (BMBF, 2007, S. 7)

Rechtsgrundlage für die duale Berufsausbildung ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und für die Ausbildung in einem Handwerksberuf die Handwerksordnung (HWO). Zum größten Teil findet der betriebliche Teil der Ausbildung am Arbeitsplatz, also während der Arbeit statt. Durch den Ausbildungsvertrag, einen am allgemeinen Arbeitsrecht angelehnten Vertrag, wird die betriebliche Ausbildung vereinbart. In der berufsbildenden Schule findet dann der schulische Anteil der Ausbildung statt. Die Ziele, Inhalte und Methoden der Ausbildung manifestieren sich im Curriculum. Curriculum ist dabei nach Robinsohn als „Gefüge von Bildungsinhalten“ (Robinsohn, 1975, S. 11) zu sehen. Es ist feststellbar, dass die Curricula der beiden Institutionen Schule und Betrieb eine unterschiedliche Gestaltung aufweisen. Für die betriebliche Seite werden auf Bundesebene Ausbildungsordnungen verfasst und erlassen. Der schulische Bereich ist auf der Ebene der Bundesländer geregelt. Die ständige Konferenz der Kultusminister (KMK) beschließt dazu Rahmenlehrpläne. Diese werden von den Ländern direkt übernommen oder in einen individuellen Lehrplan umgesetzt. Grundsätzlich bauen Rahmenlehrpläne auf den Hauptschulabschluss auf. Da aber die Schulen von Jugendlichen und Erwachsenen besucht werden, die sich nach ihrer Vorbildung, ihrer Lernfähigkeit und kulturellem Hintergrund sowie den Erfahrungen der jeweiligen Ausbildungsbetriebe unterscheiden, ist es notwendig, dass die Rahmenlehrpläne so offen gestaltet sind, dass eine Anpassung der Unterrichtserfordernisse in den Ländern möglich ist. Die Rahmenlehrpläne der Kultusministerkonferenz sind nach Lernfeldern strukturiert. Lernfelder sind thematische Einheiten, die durch Ziele, Inhalte und zeitliche Richtwerte beschrieben sind und sich an beruflichen Handlungsfeldern und Aufgabenstellungen orientieren, wobei sie den Arbeits- und Geschäftsprozess reflektieren. Der Beitrag der berufsbildenden Schule zur beruflichen Qualifikation ergibt sich aus der Gesamtheit aller Lernfelder.

Das Ziel der Ausbildung im dualen System ist es, eine breit gefächerte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit erforderlichen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Der erfolgreiche Abschluss befähigt zur Berufsausübung als qualifizierte Fachkraft.

[...]


[1] Im weiteren Verlauf der Arbeit wird zur Vereinfachung für die Berufsbezeichnung Steuerfachangestellter sowie Steuerfachangestellte jeweils die männliche oder die weibliche Form benutzt, es sollen dabei aber die männliche wie auch die weibliche Bezeichnung gemeint sein.

[2] Zur Kritik an dieser Zuspitzung vgl. Achtenhagen (1988a und 1988b)

Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Probleme der Messung von fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
2
Autor
Jahr
2008
Seiten
74
Katalognummer
V145876
ISBN (eBook)
9783640565948
ISBN (Buch)
9783640566327
Dateigröße
1586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Probleme, Messung, fachübergreifenden, Kompetenzen, Ausbildung, Steuerfachangestellten, Kompetenzmessung, Kompetenzdiagnostik
Arbeit zitieren
Katrin Hundertmark (Autor:in), 2008, Probleme der Messung von fachübergreifenden Kompetenzen in der Ausbildung von Steuerfachangestellten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145876

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