Aspekte variierender Partnerschaftszufriedenheit und ihre Faktoren


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2010

25 Seiten


Leseprobe


Aspekte variierender Partnerschaftszufriedenheit und ihre Faktoren

Josef Lang

Zusammenfassung

Die Studie referiert im Schwerpunkt die Auswertung der Fragebogen­antworten von 27'354 Personen, worunter 4401 Paare, die über ein Onli­neprojekt gewonnen wurden. Die Analyse der Ergebnisse zeigt signifi­kante Unterschiede bei den Faktoren Alter, Stand und Beziehungslänge. Die Testwerte (Zufriedenheit mit der Partnerschaft) aller User sinken im Laufe der ersten drei Jahrzehnte einer Beziehung markant ab bis zur Wende ab dem 30. Beziehungsjahr. Die Kategorie ‚Achtung und Gefüh­le’ erhält die höchsten, ‚Zärtlichkeit und Sexualität’ die tiefsten Werte in der Selbsteinschätzung der Paare und Partner. Ein facettenreiches Resul­tat entsteht bei der differenzierten Analyse der 35 Fragen. Die 12 beob­achteten Untergruppen wechseln je nach Frage die Ränge, wobei die jüngeren Testnehmer bis 40 mehrheitlich an der Spitze stehen. Eine Son­deranalyse der Paare zeigt, dass Differenzen der beiden Partner bei der Beurteilung der Paarbeziehung je nach Stand und Beziehungsjahre vari­ieren.

Schlagwörter: Partnerschaftszufriedenheit • Partnerdifferenzen • Bezie­hungsdauer • Veränderungen

Summary

Aspects of varying Satisfaction in intimate Partnership and its

Factors

This study presents an analysis of the answers submitted by 27'354 persons, including 4401 couples, who responded to a web-based questionnaire. The test scores differ significantly depending on age, marital status and the duration of the relationship. The overall score of all users (satisfaction with the partnership) declines in the first three decades of a relationship remarkably. A turning point can be seen in the 30th year of relationship.

The category ‘Respect and Emotions’ reached the highest test scores, ‘Tenderness and Sex’ the lowest values in the self-assessment of the couples and the partners. A multifaceted result arises out of the differentiated analysis of the 35 questions. The 12 observed subgroups change their ranking depending on the topic. However the younger people aged below 40 are mostly the highest-ranking group. A special analysis of the couples shows that differences between the two partners assessing their relationship vary depending of the status and the duration of relationship”.

Key Words: relationship satisfaction • differences of partners • duration of relationship• change

Als Begleitangebot zu einer Fernsehsendung wurde dem Publikum ein Paartest über das Internet angeboten[1]. Im Auftrag des Fernsehens hat der Autor das Projekt entwickelt und durchgeführt. 27'354 Frauen und Män­nern im Alter zwischen 18 und 90 Jahren haben den Test ausgefüllt, spe­ziell ausgewertet wurden die Ergebnisse der 4401 Paare, bei denen beide Partner geantwortet haben.

1 Ziel der Untersuchung

Eine Anfrage des Fernsehens SF1 eröffnete die Möglichkeit, Männer und Frauen, die in Partnerschaft leben, anzusprechen und einen Beitrag zur Prävention zu leisten. Damit stellt sich das Projekt in die Reihe der Bemühungen einzelner Institute[2], die seit einiger Zeit die Notwendigkeit von Prävention in Fragen zur Partnerschaft hervorgehoben haben.

Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, die Stichprobe der Testnutzer zu beschreiben und die Fragebogenergebnisse der nach Geschlecht, Al­ter und Stand gebildeten Untergruppen darzustellen. Insbesondere soll die Untergruppe der Paare im Hinblick auf Antwortdifferenzen einer ge­sonderten Auswertung unterzogen werden.

Die Unterschiedlichkeit von Partnern ist ein Thema, das Paare, Thera­peuten und Forscher in gleicher Weise beschäftigt. Das Thema ist be­deutsam in der Phase der Partnerwahl, wo Ähnlichkeit oder Gegensätz­lichkeit der Partner als Attraktivitätsfaktoren diskutiert werden. Die An­dersheit des Partners ist ein allgegenwärtiges Thema in der Paartherapie. Paarprobleme würden sich in der Vorstellung mancher Paare in nichts auflösen, wenn der Partner/die Partnerin nicht derart anders wäre. Das Thema der Andersheit oder Verschiedenheit ist ein Thema in der Schei­dungsforschung, wenn sich zeigt, dass größere Gegensätze die Stabilität der Ehe beeinträchtigen.

In der vorliegenden Auswertung geht es aber nicht um die immer zu er­wartenden Unterschiede zwischen zwei Partnern oder deren Ausprägung im Blick auf die Stabilität oder Konfliktträchtigkeit einer Beziehung. Es geht vielmehr um die Beobachtung von Unterschieden, genauer um die Variation der Unterschiede, wie sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten von Beziehungen sichtbar werden.

Als Maß der Andersheit wird die Antwortdifferenz der Partner bei den Fragen definiert. Eine unterschiedliche Gewichtung wird als Hinweis auf Unterschiede der subjektiven Wahrnehmung, des Erlebens und Be­wertens aufgefasst. Es ist zu erwarten, dass zwei Menschen dieselbe Si­tuation abweichend beurteilen. Geprüft wird die Varianz der Unter­schiedsdifferenzen. Es wird angenommen, dass sich Anpassungs-und Entwicklungsprozesse in Differenzen zwischen zwei Partnern nieder­schlagen. Selbstdarstellungsprozesse können offener (profilierter) wer­den, wenn die Vertrauensbasis stärker wird und wenn die Toleranz von Seiten des Partners zunimmt, sie werden seltener und karger, wenn die Beziehung durch Verletzungen geschwächt wird. Hier interessiert die Frage, wie sich Differenzen in welchen Bereichen bei welchen Paaren in welcher Weise abzeichnen.

Mehrere Studien haben die Unterschiede von Partnern wissenschaftlich erforscht und am Merkmal Partnerschaftszufriedenheit dargestellt. Irri­tieren kann die Tatsache, dass gemäss einiger Studien die Partnerschafts­zufriedenheit als U-förmige Variable gefunden wird.[3] Andere Studien widersprechen diesen Befunden.[4]

„Jede Zeit und Kultur hat Unterschiede zwischen den Partnern als wich­tige Größe erkannt. Ehepartner wurden im Blick auf die Ähnlichkeit be­züglich Kultur, Stand, Besitz, Macht, Bildung oder charakterlicher

Eigenarten gewählt oder arrangiert. Grosse Unterschiede gelten als Ge­fährdungsfaktoren der Ehe, Ähnlichkeit dagegen erhöht die Stabilität. Heute stehen zwar Liebe, Achtung und Verhandeln im Zentrum der Be­ziehungen“, zitiert Stephanie Coontz (2006, S. 458) die Psychologin­nen Betty Carter und Joan Peters. Coontz (2006. S.458), fügt aber hinzu, dass Partner nicht alles aushandeln können. „Man kann nicht mehr vor­aussetzen, dass zwei Personen in der Lage sind, alle ihre Interessen und Überzeugungen zu verschmelzen. Wenn zwei Erwachsene zusammen­kommen und keiner von beiden die Oberhand hat, müssen beide lernen, mit ihren Verschiedenheiten zu leben.“

Verschiedenheiten sind trotz Abstimmung bei der Partnerwahl gegeben. Partner benötigen Toleranz und Übung, die Andersheit des andern anzu­nehmen, beziehungsweise Konfliktfähigkeit, um bei Verschiedenheiten Lösungen zu entwickeln.

Gemäss Studien von Putz und Witte (2003) wird die Hypothese bestä­tigt, dass zwischen der Höhe der Ähnlichkeiten von Partnern, der Dauer der Partnerschaft und der Zufriedenheit ein Zusammenhang besteht. „Dabei zeigt sich, dass vor allem die Übereinstimmung zwischen den Partnern beim Verlieben in den beiden Bereichen emotionale Bindung und soziale Integration dazu führen, dass sich diese Paare von anderen Paaren mit geringerer Stabilität (Dauer und Glück) unterscheiden lassen. Der Ausgangspunkt des Mikrosystems ist damit eine Bedingung für die Entwicklung einer langen und glücklichen Beziehung oder deren Insta­bilität." Die Autoren geben weiter den Hinweis, wie die Erforschung der Entwicklung geschehen sollte: "Die Betrachtung der Entwicklung von Partnerschaften und deren Stabilität verlangt nach einer systemtheoreti­schen Konzeption, sich von einer molekularen (Einzelelementen) zu ei­ner molaren Beschreibung hinzuwenden, also nicht nur Personen in be­stimmten Beziehungen, sondern Mikrosysteme (z.B. Paare) miteinander zu vergleichen.“

Bei der vorliegenden Datenerhebung konnte das Postulat der molaren Beschreibung erfüllt werden, ebenfalls konnten Messwerte von Paaren nach 10, 20, 30 und mehr Beziehungsjahren gewonnen werden. Aus den Resultaten bezüglich Annäherung oder Vergrößerung der Differenzen der Partner bei den 35 Fragen kann man Hinweise zur Frage der Stabili­tät, beziehungsweise der Variabilität von Beziehungen erwarten.

2 Der Fragebogen

Unter Berücksichtigung einschlägiger Ergebnisse der Paarforschung wurde ein Fragebogen mit sieben Kategorien à 5 Fragen konstruiert. Mit den sieben Kategorien sollten die wichtigsten Bereiche zur Sprache kommen, welche die psychologischen Aspekte einer Partnerschaft um­schreiben, nämlich: Kommunikation (1), Konflikt und Stress (2) , Unter­stützung und Andersheit (3), Zärtlichkeit und Sexualität (4), Zukunft und Zufriedenheit (5), Achtung und Gefühle (6), Wechselseitigkeit, Nähe und Distanz (7).

Ein eigens entwickeltes Softwareprogramm hat den Testnehmern als Rückmeldung grafische Darstellungen mit Kommentaren ausgegeben. Zusätzlich zur Information wurden den Teilnehmern Interpretationshil­fen und Anregungen für eine vertiefte Auseinandersetzung gegeben.

Technisch wurden Paare von individuellen Testusern so abgehoben, dass zwei Individuen für eine Paarauswertung Kenntnis von zwei Passwör­tern haben mussten. Wenn sie die beiden Schlüssel ins Formular einge­ben konnten, wurden sie als Paar in eine gesonderte Paardatei eingetra­gen, dementsprechend erhielten sie Zugang zur Paarauswertung.

Der Fragebogen wurde mit Korrelationsberechnungen und mittels Fak­torenanalyse auf Konsistenz und Validität hin überprüft. Die Faktoren­analyse zeigt, dass der Paartest mit 35 Fragen die Partnerschaftszufrie­denheit (1), die Zufriedenheit mit Sex und Zärtlichkeit (2) und die Stär­ke und Fertigkeit, mit der Andersartigkeit des Partners/der Partnerin um­zugehen (3), misst. Faktor 1 deckt 40.99 % der Varianz, Faktor zwei 7.39 % und Faktor drei 4.19 % ab.

Zu Validierungszwecken wurde während einer Testphase der RAS-Test[5] eingesetzt. Die signifikante Korrelation von RAS-Test und Paartest von .841 sowie hohe Korrelationen von RAS-Test und den sieben Kate­gorien des Paartests belegen die Validität des Paartests.

Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse wurde mit drei Zufallsstichproben aus der Gesamtpopulation geprüft.[6]

Der Fragebogen wurde den potentiellen Teilnehmern im Fernsehen und im Internet vorgestellt und durch das Softwareprogramm vorgegeben. Die Antworten konnten auf einer sechsstufigen Likertskala beantwortet werden.

3 Beschreibung der Population

Die Ergebnisse in Kapitel 3 und 4.1 stützen sich auf eine Stichprobe von 27354 Antwortenden, wovon 39.49% Männer und 60.51% Frauen sind. Die Frauen sind bei den jüngeren Jahrgängen in der Überzahl, ab dem 55. Lebensjahr findet sich eine Mehrzahl von Männern. Insgesamt sind 46.56% sind im Alter zwischen 31 und 45 Jahren. Die Auswertungen von Paaren in Kapitel 4.2 basieren auf den Antworten von 4401 Paaren. Tabellen 1 bis 4 referieren weitere demographische Daten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Beziehungsdauer (N = 27354)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Bildung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Stand / Wohnung

4 Ergebnisse nach Kategorien und Gruppen

4.1 Die sieben Kategorien bei 12 Untergruppen

Die folgenden statistischen Werte kennzeichnen die sieben Kategorien:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Die 7 Kategorien

Ein Blick auf die Mittelwerte und die Standardabweichungen der sieben Kategorien macht deutlich, dass die fünf Kategorien Kommunikation, Stress, Unterstützung, Zukunft und Wechselseitigkeit mit einem Mittel­wert zwischen 4.29 und 4.56 ähnliche Resultate zeitigen. Auffällig sind die Kategorien 4 (Zärtlichkeit und Sex) und 6 (Achtung). Die höchsten Werte bei geringer Streuung finden sich bei der Kategorie „Achtung und Gefühle“ (M = 4.97, SD = 0.21). Ähnlich gering ist die Streuung beim tiefsten Wert, der sich bei der Kategorie „Zärtlichkeit und Sexualität“ findet (M = 3.16, SD = 0.23). Interpretationen dazu werden im Schluss­kapitel 6 referiert.

[...]


[1] Sendungen ‚Quer’ und ‚Leben live’ von SF1 im Jahre 2007.

[2] Z.B.:„Ehevorbereitung – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm (EPL)“, „Freiburger Stress-Präventionstraining für Paare“, www.theratalk.de, www.paarberatung.ch

[3] So Bodenmann, G., Meyer J., Binz G. & Brunner L. (2005). Spanier, Lewis und Cole (1975). Rollins, B., C., Kenneth, L., C. (1974) stellen die gegensätzlichen Befunde dar und geben Interpretationen.

[4] „Later research on the U-shaped pattern of marital satisfaction across the life-course has generated conflicting findings. One longitudinal stu­dy found that marital satisfaction tends to decline over time "with the steepest declines in marital happiness occurring during the earliest and latest years of marriage" (VanLaningham, Johnson, and Amato 2001, p. 1313). „Norval Glen's (1998) study of marital success also rebutted the U-sha­ped model of marital satisfaction. Glen's (1998) research suggests that differences in marital success across the life-course are due to cohort differences.“ Zitiert am 4.10.2009 nach: http://family.jrank.org/pages/1035/Later-Life-Families-Couple-Relation­ships-in-Later-Life.html#ixzz0Sy58lAUa

[5] Relationship Assessment Scale (RAS) misst ein einziges Konstrukt, nämlich die sub­jektive Einschätzung der Zufriedenheit in einer engen Beziehung. Vgl. Hendrick S.S. u.a.. Verwendet wurde die deutschsprachige Version der Universität Freiburg i.Ue.. Vgl. Dinkel, A. & Balck, F..

[6] Brosius, F. (2007), SPSS für Dummies, S. 124

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Aspekte variierender Partnerschaftszufriedenheit und ihre Faktoren
Autor
Jahr
2010
Seiten
25
Katalognummer
V145846
ISBN (eBook)
9783640568819
ISBN (Buch)
9783640570126
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Josef Lang, Dr.phil. &amp, lic.theol., Psychotherapeut FSP. Tätig in eigener Therapie- und Paarberatungspraxis in Wettingen. 1991-1995 Dozent für Beratungspsychologie in Kyoto, dann Leiter der "Interkonfessionellen Eheberatungsstelle in Baden". 1998 Initiant von www.paarberatung.ch, der ersten Internetberatungsstelle für Paare im deutschsprachigen Raum. Autor zahlreicher Artikel zu den Themen Partnerschaft und Onlineberatung, sowie der Publikationen: "Wertschätzen und Abwerten. Vitamin und Virus einer Paarbeziehung", uni-edition 2005, und: "Paarkiste", Hirschi &amp,amp, Troxler 2010.
Schlagworte
Paare, Partnerschaftszufriedenheit, Beziehungsdauer, Veränderungen
Arbeit zitieren
Josef Lang (Autor:in), 2010, Aspekte variierender Partnerschaftszufriedenheit und ihre Faktoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145846

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