Graphentheorie für Nahwärmenetze


Seminararbeit, 2009

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Bioenergiedorf - konzeptueller Hintergrund
2.1 Energiegewinnung in einem Bioenergiedorf
2.2 Begriffsabgrenzung Nahwärme
2.3 Beispiel aus der Forschung: Projekte des IZNE

3. Methodische Grundlagen
3.1 Das Nahwärmenetz in der Graphentheorie
3.1.1 Die Struktur von Graphen
3.1.2 Netwerkflussproblem am Beispiel des Bioenergiedorfes
3.2 Netzwerkoptimierung durch Branch-and-Bound
3.3 Ausgewählte Verfahren zur Lösung durch den Minimal-spannenden-Baum
3.3.1 Der Algorithmus von Kruskal
3.3.2 Der Algorithmus von Prim
3.4 Der Dreyfus-Wagner-Algorithmus zur Lösung durch Steinerbaum

4. Zusammenfassung und Ausblick

Literatur

Anhang 1

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das Bioenergiedorf dargestellt im bewerteten Graphen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Sortierte Kantenliste des Kruskal-Verfahrens

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Im Hinblick auf die entstehenden Probleme der heutigen Energieversorgung werden die For- derungen nach alternativen Versorgungsmöglichkeiten zunehmend stärker. Probleme resul- tieren zum einen aus stets knapper werdenden Ressourcen - diese werden in absehbarer Zeit erschöpft sein - und zum anderen aus der Freisetzung von CO2-Gasen, die zur Klima- veränderung beitragen. CO2-Gase entstehen durch die Nutzung von fossilen Energieträgern. Infolgedessen wird für viele Bereiche des täglichen Lebens nach alternativen Lösungen der Energieversorgung geschaut, die vor allem ressourcenschonender und klimaverträglicher als die bisherigen Methoden sind. Ein wichtiges Kriterium hierbei ist, dass die Alternativen preiswert und zuverlässig bleiben.1

Insbesondere in den Privathaushalten macht sich die Abhängigkeit von den Energieversorgern durch steigende Energiepreise bemerkbar. Eine denkbare Lösung ist das Konzept des Bioenergiedorfes, das zugleich eine umweltschonende Energieversorgung darstellt.2

Bei der zentralen Stromerzeugung in einem Bioenergiedorf entsteht hingegen Wärme. Diese wird über Rohrleitungen in Form von heißem Wasser zu den einzelnen Häusern geleitet um dort wiederum zur Warmwasseraufbereitung und zum Heizen genutzt zu werden. Die Opti- mierung eines dafür benötigten Rohrleitungsnetzes ist Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Hierbei wird das Leitungsnetz anhand der Graphentheorie unter 3.1.1 veranschaulicht. Die Hausanschlüsse und Rohrabschnitte erhalten aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften, wie beispielsweise Lage und Entfernung, monetäre Gewichtungsfaktoren. Mit Hilfe ausgewählter Berechnungsverfahren sollen die rentablen Anschlüsse und Netzabschnitte herausgefiltert werden, um so den Kapitalwert des Gesamtkonzeptes zu maximieren.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, ein geeignetes Verfahren zur Berechnung eines Netzwerkes zu minimalen Kosten zu finden. Demzufolge wird im 3. Abschnitt auf mögliche Optimierungsver- fahren eingegangen. Einleitend werden das Branch-and-Bound-Verfahren, der Kruskal- Algorithmus, Prim-Algorithmus und das Steiner-Baum-Verfahren anhand des Dreyfus- Wagner-Algorithmus allgemein konzeptuell skizziert und anschließend auf die spezielle Problemstellung angewendet. Abschließend erfolgen eine Zusammenfassung der gewonne- nen Erkenntnisse und ein Ausblick auf weitere Aspekte der betrachteten Thematik.

2. Bioenergiedorf - konzeptueller Hintergrund

Deutschlands erstes Bioenergiedorf wurde im niedersächsischen Jühnde realisiert. Grundidee des Bioenergiedorfes ist die eigenständige Wärme- und Stromversorgung durch den regenerativen Energieträger Biomasse. Das Konzept findet besonders im ländlichen Raum Anwendung, da sich der Neubau eines Nahwärmesystems in der Stadt aufgrund dichter Besiedlung als sehr schwierig darstellen würde. Außerdem ist die Nähe zum Rohstoff ein weiteres Argument für die ländliche Standortwahl. Dabei ist das grundlegende Ziel eines Bioenergiedorfes die komplette Abdeckung des eigenen Strombedarfs sowie eine Abdeckung von mindestens 50% des Wärmebedarfs. Ein weiteres zentrales Kriterium ist der Zielgedanke, dass der mehrheitliche Besitzanteil der Bioenergieanlagen bei den angeschlossenen Haushalten und den regional beteiligten Landwirten liegt.3

In der Vergangenheit wurde die Wärme- und Stromversorgung hauptsächlich durch Erdöl, Erdgas, Steinkohle und Braunkohle sichergestellt. Aufgrund des begrenzten Vorhandenseins dieser Energieträger werden zukünftig alternative Brennstoffe, wie beispielsweise Biomasse, benötigt. Dies sind Energiepflanzen, Abfälle aus der Landwirtschaft, Holzabfälle aus der In- dustrie und Waldabfälle.4

Vorteilhaft an der vorwiegend regional erzeugten Biomasse ist vor allem, dass sie im Gegensatz zur Sonnen- und Windenergie lagerfähig und somit ständig verfügbar ist. So kann sie je nach Wärme- und Strombedarf der Bevölkerung flexibel genutzt werden, ohne dass Versorgungsengpässe oder sogar Ausfälle entstehen.5

2.1 Energiegewinnung in einem Bioenergiedorf

Die Energiegewinnung des Dorfes findet zentral im Blockheizkraftwerk (BHKW) statt. Dies erfolgt durch Verbrennung von Biogas, das durch den Gärprozess von Biomasse entsteht. Durch einen angeschlossenen Generator wird Strom für das Dorf erzeugt. Bei dem Verbren- nungsprozess entsteht Wärme, die zu einem geringen Teil genutzt wird, um den Gärungs- prozess zu unterstützen. Der Hauptteil der Wärme wird über das Nahwärmenetz an die an- geschlossenen Haushalte geleitet. Dort wird sie dann, wie bereits erwähnt, entweder zur Warmwasseraufbereitung oder zum Heizen genutzt. In der kalten Jahreszeit reicht die Ab- wärme nicht aus, um das Dorf mit ausreichend Wärme zu versorgen. Demzufolge wird in dieser Zeit der zusätzliche Wärmebedarf durch einen Heizkessel, der mit Holzhackschnitzeln befeuert wird, gedeckt.6

2.2 Begriffsabgrenzung Nahwärme

Die Art der Energieversorgung im Bioenergiedorf wird als Nahwärme bezeichnet. Unter ihr versteht man die Übertragung von Energie über relativ kurze Strecken. Wie auch Fernwärme dient Nahwärme zur Bereitung von Warmwasser und zur Heizung von Gebäuden. Hierzu zählt bei Nahwärme die Versorgung von mehreren Gebäuden, Wohngebieten oder Gemein- den. Es handelt sich hierbei um kleine dezentrale Einheiten, wie Blockheizkraftwerke, Son- nenkollektoren- und Erdwärmeanlagen. Bei dieser Art der Versorgung werden nur relativ niedrige Temperaturen übertragen.7

Im Gegensatz dazu spricht man bei der Fernwärme vom Energietransport über weite Strecken. Durch Fernwärme werden ganze Städte versorgt. Außerdem findet die Erzeugung von Fernwärme in KWK-Kraftwerken, Blockheizkraftwerken, Müllverbrennungsanlagen oder Fernheizwerken statt.8

Ziel der Nutzung von Nahwärme ist somit, die Wärme effizient durch Transportnähe zu verteilen, um möglichst geringe Energieverluste zu erleiden. Auch aus diesem Grund ist es so wichtig, das Rohrsystem anhand der Graphentheorie optimal zu gestalten. Denn auch der Wärmeverlust ist ein zu beachtender Faktor bei der Planung, der sich auf den Kapitalwert der Gesamtunternehmung auswirkt.9

2.3 Beispiel aus der Forschung: Projekte des IZNE

Das Interdisziplin ä re Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Universität Göttingen setzt sich im Rahmen des Projektes „Nachhaltige Nutzung von Energie aus Biomasse im Spannungsfeld von Klimaschutz, Landschaft und Gesellschaft“ intensiv mit dem Thema Bio- energiedorf in Forschung und Lehre auseinander. Dieses Projekt besteht aus sechs Teilpro- jekten. Das Teilprojekt 1 „ Entwicklung und Erprobung von Bewertungskriterien und - verfahren “ und das Teilprojekt 6 „ Modellierung und Optimierung des Produktions- und Distri- butionssystems für Bioenergied ö rfer “ behandeln für diese Arbeit relevante Themen.10 Leiterin dieser Teilprojekte ist Prof. Dr. Jutta Geldermann von der Universität Göttingen.

Die Entwicklungen am Energiemarkt und die staatliche Unterstützung von umweltfreundli- cher Energieversorgung fördern die Entwicklung alternativer Energiekonzepte. So werden sowohl die Effizienz als auch die Wirtschaftlichkeit der Bioenergiedörfer stets weiter opti- miert. Insbesondere im Bereich der Stromproduktion sowie der Wärmebereitstellung und-verteilung wird nach noch vorteilhafteren Lösungen gesucht. Diese gewonnenen Erkennt- nisse könnten bereits für das Bioenergiedorf in Jühnde, aber auch bei der Planung und Rea- lisierung zukünftiger Bioenergiedörfer an anderen Standorten, genutzt werden. Demgemäß wird im Folgenden auf Verbesserungsmöglichkeiten der Wärmeverteilung eingegangen, in- dem die Struktur des Nahwärmenetzes mit Hilfe von Berechnungsverfahren optimiert wird.11

3. Methodische Grundlagen

Um auf die einleitend beschriebene Problematik näher einzugehen wird das Bioenergiedorf in ein Netzwerk übertragen. Die Grundlage bildet hierbei die Graphentheorie. Dazu wird zunächst exemplarisch auf das Nahwärmenetz eingegangen. Anschließend werden unterschiedliche Methoden zur Berechnung der Struktur des Nahwärmenetzes erläutert und demgemäß verschiedene Optimierungsmodelle betrachtet: das Branch-and-Bound-Verfahren, der Kruskal-Algorithmus, der Prim-Algorithmus und schließlich das Steiner-Baum-Problem anhand des Dreyfus-Wagner-Algorithmus.

3.1 Das Nahwärmenetz in der Graphentheorie

Als Grundlage für die in den folgenden Abschnitten vorgestellten Verfahren zur Berechnung des optimalen Nahwärmenetzes werden zunächst theoretische Grundlagen zum Graphen dargestellt. Mit Hilfe der Graphentheorie wird das Nahwärmenetz in Form eines Graphen veranschaulicht, um somit die Planung der optimalen Verbindungen zwischen den einzelnen anzuschließenden Häusern zu visualisieren und zu unterstützen. Graphen sind Modelle aus dem Bereich der Mathematik zur Darstellung von netzartigen Strukturen. Hilfreich ist diese Art der Darstellung zum Beispiel auch bei der Planung von Telefonnetzen, Flugrouten oder Abwassersystemen.

3.1.1 Die Struktur von Graphen

Bei genauerer Betrachtung von zusammenhängenden und kreisfreien Graphen lässt sich eine Baumstruktur erkennen. Aus diesem Grund werden diese in der Graphentheorie auch als Bäume bezeichnet. Wird ein Baum mit weiteren k Graphen gemeinsam betrachtet, so wird von einem Wald mit k Bäumen gesprochen.12 Die Grundstruktur eines Graphen G=(V,E) bilden zwei unterschiedlichen Objektarten: Knoten und Kanten. Knoten werden als Blätter bezeichnet wenn sie einen Grad von 1 haben, das bedeutet dieser Knoten ist nur zu einem einzigen weiteren Knoten adjazent.13 Diese sind wie folgt definiert: das V bezeichnet die Menge der Knoten, das E die Menge der Kanten. Die Symbole für die Knoten- und Kanten- menge sind von den englischen Bezeichnungen beider Objekte abgeleitet: V steht für vertex (Knoten) und E für edge (Kante). Die Endknoten der Kante werden mit u und v bezeichnet. So ergibt sich für die Beschreibung der Kante e= {u,v}. Die Anzahl der Knoten V und Kanten E wird durch n und m angegeben. Beim betrachteten Wärmenetz sind die Mengen der Knoten V und der Kanten E endlich.14

Die enthaltenen Kanten bei der Planung des Wärmenetzes weisen keinen Richtungssinn auf. Demzufolge sind die im Folgenden betrachteten Graphen endlich ungerichtete Graphen G=[V,E]. Im Gegensatz zu ungerichteten Graphen weisen gerichtete Graphen G=(V,E) einen Richtungssinn auf. Die durch die jeweilige Kante verbundenen Knoten werden als Start- und Endknoten bezeichnet. Ein gerichteter Graph entsteht wenn dem ungerichteten Graphen eine Orientierung verliehen wird. Dies geschieht durch das Ersetzen der ungerichteten Kan- ten durch gerichtete Kanten (Pfeile) wobei die Struktur des Graphen unverändert bleibt. Ein Beispiel für die Verwendung von gerichteten Graphen ist die Routenplanung im Straßenver- kehr. Einbahnstraßen werden dort beispielsweise als gerichtete Kanten dargestellt. Da im betrachteten Fall des Bioenergiedorfes das Netzwerk noch in der Planung ist, spielt die Rich- tung der einzelnen Netzwerkabschnitte keine Rolle.15

Bei der Nahwärmeversorgung handelt es sich nicht ausschließlich um einen Graphen, sondern um ein Netzwerk. Als Netzwerke werden Graphen bezeichnet, denen eine Gewichtsfunktion zugrunde liegt. Mit Hilfe dieser Funktion werden den Kanten Gewichte durch numerische Werte aus dem Wertebereich der realen Zahlen zugeordnet. Die Gewichte stehen bei den Kanten zum Beispiel für Entfernungen, Kosten oder Zeiten. In gerichteten Graphen werden zwei Arten von Knoten besonders ausgewiesen. Der Knoten, an dem der Fluss seinen Ursprung hat, wird als Quelle mit s - aus dem Englischen für source - beschrieben. Als Senke t werden die Knoten bezeichnet, an denen der Netzwerkfluss endet.16

Eine Besonderheit bei diesem Netzwerk besteht darin, dass es nicht nur eine einzige Quelle gibt. Hierbei können die Knoten die am weitesten von der Senke entfernt sind und somit die Endpunkte bilden als Quelle bezeichnet werden.

3.1.2 Netwerkflussproblem am Beispiel des Bioenergiedorfes

Im Folgenden wird das reale Problem des Nahwärmenetzes im Bioenergiedorf als Netzwerkflussproblem formuliert. Um die zur Verfügung stehenden Daten und Informationen übersichtlich darzustellen wird ein dazugehöriger Graph formuliert.

Im Graphen des vorliegenden Nahwärmenetzes werden nur die Häuser des Dorfes mit auf- genommen, die potentiell in Frage kommen. Dies sind Häuser, deren Eigentümer grundsätz- lich bereit sind, am Projekt teilzunehmen. Jene Hausanschlüsse werden als Knoten V be- trachtet. Ebenso der Produktionsort der Wärme, die Biogasanlage, zählt wie die Hausan- schlüsse als Knoten. Die Kanten E stellen die Teilabschnitte, Rohrleitungen zwischen den einzelnen Anschlüssen, dar.

[...]


1 Vgl. Bergius 2007, http://www.handelsblatt.com/technologie/nachhaltig_wirtschaften/ressourcenknappheit- sorgt-wissenschaftler-weltweit;1322597.

2 Vgl. Aust 2006, http://www.zeit.de/2006/51/E-Selbstversorger.

3 Vgl. o.V. 2005, http://www.welt.de/print-welt/article167573/Ein_ganzes_Dorf_heizt_mit_Guelle.html.

4 Vgl. Bernan 2008, S.12.

5 Vgl. Kellner 2009, S. 29.

6 Vgl. Schmuck et al. 2006, S. 106.

7 Vgl. Drake 1996, S. 221.

8 Vgl. Heinloth 2003, S. 176.

9 Vgl. Marks 2001, S. 46.

10 Vgl. o.V.(a), o.J., http://www.bioenergie.uni-goettingen.de/index.php?id=7.

11 Vgl. Karl 2006, S. XI.

12 Vgl. Nitzsche 2009, S. 79.

13 Vgl. Meinel/Mundhenk 2009, S. 262.

14 Vgl. Tittmann 2003, S. 12.

15 Vgl. Teich/Haubelt 2007, S. 506.

16 Vgl. Beutelspacher/Zschiegner 2004, S.169 f.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Graphentheorie für Nahwärmenetze
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
24
Katalognummer
V145607
ISBN (eBook)
9783640577293
ISBN (Buch)
9783640577064
Dateigröße
652 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Graphentheorie, Bioenergiedorf, Branch-and-Bound, Steiner-Baum, erneuerbare Energien, Nahwärmenetz, branch, Bound
Arbeit zitieren
B.Sc. Alice von Berg (Autor:in), 2009, Graphentheorie für Nahwärmenetze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145607

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