Ethnomethodologie – Die Erzeugung sozialer Wirklichkeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ethnomethodologie
2.1. Der Begriff Ethnomethodologie
2.2. Grundlegende Annahmen
2.3. Erkenntnisinteresse
2.4. Aufgaben

3. Soziale Wirklichkeit
3.1. Alltagswirklichkeit und Alltagswelt
3.2. Krisenexperimente
3.3. Alltagswissen
3.4. Alltagsdenken
3.5. Handlungen
3.6. Methoden

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Es handelt sich um die Tatsache, dass Menschen annehmen – und zugleich annehmen, dass

auch andere annehmen -, dass wenn ich meinen Platz mit dem anderen tausche, so dass sein

“Hier“ das meine wird, ich in der gleichen Distanz zu den Dingen stehen und sie in der gleichen Typizität sehen werde wie er [...].“ (Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen 1981, S. 273)

Die Ethnomethodologie befasst sich mit der Welt, die wir für gewöhnlich nicht wahrnehmen. Das liegt nicht daran, weil sie so komplex oder weit entfernt ist, sondern im Gegenteil, weil sie so nah und selbstverständlich erscheint. Es ist die Alltagswelt.

Ob wir mit Freunden baden gehen oder mit Fremden in einem Aufzug fahren, vieles von dem, was in diesem Moment passiert, widmen wir keine Aufmerksamkeit, weil es für uns zum Alltag gehört. Dabei geschieht eine ganze Menge, während wir denken, dass nichts passiert und wir nichts machen. Um jedoch diesen alltäglichen Prozessen ihre Selbstverständlichkeit zu nehmen und sie aufzudecken, benötigt es einer wissenschaftlich-distanzierten Betrachtungsweise. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Ethnomethodologie. Der Blick richtet sich zunächst auf die Grundlagen der ethnomethodologischen Forschung. Im Vordergrund stehen dabei die Begriffsdefinition, die grundlegenden Annahmen, das Erkenntnisinteresse, sowie die Aufgaben. Im darauf folgenden Teil soll die soziale Wirklichkeit genauer dargestellt werden, anhand einer Auseinandersetzung mit den Begriffen Alltagswirklichkeit, Alltagswelt, Alltagswissen und Alltagsdenken. Für ein besseres Verständnis wird des Weiteren auf die Krisenexperimente, Handlungen und Methoden eingegangen. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse noch mal zusammengefasst.

2. Ethnomethodologie

„[...]Ethnomethodologie enthüllt das soziale Leben als eine Reihe solch beeindruckender

Leistungen der Wirklichkeitskonstruktion, völlig abgehoben vom aktuellen Verhalten,

Inhalten und Emotionen.“ (Weiss 1993, S. 120)

Ethnomethodologie wird als eine Forschungsrichtung verstanden, die versucht die Methoden festzustellen, mit denen der Mensch sich seinen Alltag gestaltet. Es handelt sich hierbei um Methoden, mit denen die Gesellschaftsmitglieder alltägliche Routinearbeiten, sowie selbstverständliche Handlungen und Interaktionen bewältigen (vgl. Fuchs-Heinritz/ Lautmann/Rammstedt/Wienold 1994, S. 186).

2.1. Der Begriff Ethnomethodologie

Der Begriff „Ethnomethodologie“ wurde von Harold Garfinkel und seinen Mitarbeitern zur Charakterisierung ihrer Arbeit eingeführt. Der Terminus Ethnomethodologie setzt sich aus „ethno“ und „methodology“ zusammen. Das Präfix „ethno“ verweist auf Ethnos beziehungsweise Ethnographie, das heißt auf die Praxis gewöhnlicher Menschen und die völkerkundliche Forschung. Es stellt somit Informationen darüber bereitet, ob und auf welche Weise ein Gesellschaftsmitglied über das Alltagswissen dieser Gesellschaft verfügt.

Dagegen bezieht sich „methodology“ auf die Methoden der Interaktion, die als Gegenstand der Untersuchung dienen. Demzufolge will Ethnomethodologie das Wissen und die Methoden aufzeigen, anhand von denen die Gesellschaftsmitglieder die Anzahl an Alltagshandlungen bewerkstelligen (vgl. Weiss 1993, S. 111).

2.2. Grundlegende Annahmen

Eine grundlegende Annahme ist, dass die Existenzangst des Menschen die Voraussetzung dafür ist, dass sich das Individuum kontinuierlich im Alltag einen Sinn konstruiert. Dieser beliebige Sinn wird durch Mitmenschen überliefert und fortgesetzt.

Garfinkel fasst die Wirklichkeit als gegeben und entworfen auf. Im Gegensatz dazu erscheint die Wirklichkeit für die Menschen als selbstverständlich. Diese Selbstverständlichkeit resultiert daraus, dass eine Hinterfragung des alltäglichen Lebens zu einer mysteriösen „Unbegründbarkeit“ (Weiss 1993, S. 111) führt. Mit dieser Ansicht hält sich Garfinkel an Alfred Schütz’ Behauptung, dass bestimmte Sachverhalte für den Menschen unerklärlich erscheinen und mit unterschiedlichen Auslegungen überdeckt und verhüllt werden (vgl. Weiss 1993, S. 111f.).

Eine weitere Annahme ist, dass die „gesellschaftliche Wirklichkeit“ alle Ereignisse und Tatbestände umfasst, die das Agieren der Gesellschaftsmitglieder ausmachen und bestimmen. Damit es zur Schaffung und Veränderung der ,,gesellschaftlichen Wirklichkeit“ kommt, werden Probleme benötigt, die in der unmittelbaren Lebensbewältigung auftreten. Die Voraussetzung dafür ist die alltägliche Interaktion, die Erlebnisse und Sachverhalte ständig neu erzeugt (vgl. Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen 1981, S. 11).

Außerdem wird in der Ethnomethodologie davon ausgegangen, dass „Menschen nicht allein Objekte in einer naturalen Welt sind, […], sondern zugleich auch Produzenten, Schöpfer einer eigenen, […] kulturellen Welt“ (Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen 1981, S. 271) sind.

2.3. Erkenntnisinteresse

Das Interesse von Garfinkel beruhte überwiegend auf den routinisierten Handlungen des Alltagslebens.

„Uns beschäftigt, wie die Gesellschaft zusammengefügt wird; das Wie-es-gemacht-wird; das

Wie-es-zu-machen-ist; die soziale Struktur der Alltagshandlungen. Ich möchte sagen, wir machen

Untersuchungen darüber, wie Menschen als Teilhaber alltäglicher Arrangements die Merkmale

dieser Arrangements verwenden, um für die Mitglieder die erkennbar organisierten Eigenschaften

dieser Arrangements geschehen zu lassen.“ (Weingarten 1976, S. 9)

Garfinkel will zum einen Methoden genauer betrachten, mit Hilfe derer handelnde Personen ihren Alltag schaffen und somit ihrer Welt eine Bedeutung geben. Zum anderen will er aber auch aufzeigen, dass die betrachtete Alltagswelt anfällig und selbstständig ist. Infolgedessen richtet sich das Erkenntnisinteresse auf die Eigenschaften der Methoden, die zur Erschaffung und Zerstörung der sozialen Wirklichkeit beitragen (vgl. Weingarten 1976, S. 10f.).

„Für den Ethnomethodologen ist nicht interessant, warum die Menschen bestimmte Handlungen durchführen, sondern wie sie sie durchführen“ (Weingarten 1976, S. 13).

2.4. Aufgaben

Mit Hilfe der Ethnomethodologie soll ermittelt werden, ,,wie die Mitglieder der Gesellschaft die Aufgabe lösen, die Welt, in der sie leben, zu sehen, zu beschreiben und zu erklären“ (Weingarten 1976, S. 14). Dafür müssen die Methoden ausgemacht und untersucht werden, die die Menschen in ihrem Alltagsleben verwenden, um ihrer Welt einen Sinn zu geben und soziale Wirklichkeit zu entwerfen. Die Ethnomethodologie konzentriert sich darauf, die Methoden zu ergründen, die für das menschliche Verhalten allgemein gültig sind. Einerseits sollen dabei grundlegende Strukturen eines Prozesses aufgezeigt werden, andererseits versucht man Aussagen und Folgerungen zu machen, die sich verallgemeinern lassen und „in ihrer Gültigkeit kulturell und zeitlich nicht beschränkt sind“ (Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen 1981, S. 273). Die empirische ethnomethodologische Forschung erarbeitet und überprüft individuelle Wirklichkeiten in den unterschiedlichsten Handlungsfeldern, da eine konkrete Einschränkung des Untersuchungsbereichs nicht möglich ist (vgl. Patzelt 1987, S. 11).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Ethnomethodologie – Die Erzeugung sozialer Wirklichkeit
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
13
Katalognummer
V145513
ISBN (eBook)
9783640558346
ISBN (Buch)
9783640558667
Dateigröße
411 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ethnomethodologie, Erzeugung, Wirklichkeit
Arbeit zitieren
Sarah Diekow (Autor:in), 2009, Ethnomethodologie – Die Erzeugung sozialer Wirklichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145513

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