Die Rolle der Mathematik in Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“


Seminararbeit, 2009

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Vorstellung von Werk und Personen
1. Das Werk
2. TörleB
3. Reiting
4. Beineberg

III. Rationalität und Mathematik im Werk
1. Der Konflikt zwischen Denken und Empfinden
a) Internat — Eltern
b) Offentliches Internat — Heimliches Internat
c) Reiting — Beineberg
d) Mathematiklehrer — Religionslehrer
e) Mathematik — Literatur
2. Die Rolle der Mathematik

IV. Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Im Jahre 2005 erschien ein Roman auf den Bestseller-Listen, der ein oft ungeliebtes Thema aufgriff: die Mathematik. Der Roman „Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann hat auf ansprechende Art und Weise Mathematisches, Historisches und Unterhaltsames vermischt und so den Blick geschärft fir die Rolle der Mathematik in der Gesellschaft, vor allem aber in der Literatur. Wenn man nun, das geweckte Interesse nutzend, weitere Werke mit ähnlichem Inhalt sucht wird man zwar selten fndig, ein Autor wird aber sicher auftauchen, nämlich Robert Musil. Dieser hat in seinem Leben selber die Bereiche Mathematik und Literatur sowohl in der Ausbildung als auch in seinem Schaffen verbunden bzw. zu verbinden gesucht. Dies merkt man nicht nur in seinem Hauptwerk, dem „Mann ohne Eigenschaften", sondern auch in zahlreichen Essays, technischen Entwicklungen, und in seinem Erstlingswerk, den „Verwirrungen des Zöglings TörleB".

Der „TörleB" bietet eine Fiille von Interpretationsansätzen, die es zu dis kutieren lohnt. Die Homosexualität bzw. deren zeitweise Erfahrung während der Pubertät und der sprachlichen Entwic klung ist wohl der augenfälligste Aspekt. Die Probleme, die TörleB in seinem sprachlichen Ausdruck hat, sind aber nicht minder interessant und wurden durchaus zur Zeit der Entstehung des „TörleB" viel dis kutiert. Ein weiterer Ansatz ist aber die Rolle der Mathematik, bzw. der Gegensatz zwischen Denken und Empfinden. Mein Ziel dieser Arbeit ist es daher, vorbereitend das Werk bzw. interessante Parallelen zu Musils Leben sowie die Hauptpersonen kurz vorzustellen, da diese fir das Verständnis des Werks wichtig sind. In einem zweiten Teil möchte ich dann die interessante und in einigen unterschiedlichen Bereichen feststellbare Dualität von Denken und Empfinden untersuchen und Beispiele dafr benennen. Darauf aufbauend möchte ich die Rolle der Mathematik im speziellen untersuchen.

II. Vorstellung von Werk und Personen

1. Das Werk

Das Werk bietet einige Hinweise, die Parallelen zu Musils Leben ziehen lassen. Dies beginnt bei dem Internat von TörleB, zu dem man einige Hinweise zur Lage findet. Zu nennen ist dabei die Lage im Osten des Reiches, die zweispurige Eisenbahnstrecke nach Russland1, die slawischen Sprachkenntnisse der Zöglinge2 und die einzige namentlich genannte Person auBerhalb des Internats, die einen slawischen Namen hat (Bo'iena).

Des weiteren ist das Internat aus dem „TörleB" militärisch gefiihrt. Dies legt den Schluss nahe, dass Musil, der selber militärische (Internats-)Realschulen besucht hat, eigene Erfahrungen zum Vorbild fiir die Verortung der Handlung nahm, weswegen man den Ort der Handlung als Mährisch-WeiBkirchen (heute Hranice in Tschechien, 37 km östlich von Olmiitz/Olomouc) bestimmen kann. Dort hatte Musil selber die Militär-Oberrealschule besucht3.

Weiterhin sind die Parallelen in den Entwic klungen der Figur TörleB und des Autors Musil auffallend. TörleB geht von mathematischen Kenntnissen aus und entwickelt sich (nach einigen Verwirrungen) zu einem schöngeistigen Menschen. Musil selber hat seine Ausbildung ebenfalls als Naturwissenschaftler begonnen (Maschinenbaustudium in Briinn), hat danach aber ebenfalls Philosophie und Psychologie studiert4. Ahnlich wie die Figur TörleB, der nach der Verbindung von Denken und Empfinden sucht und spiirt, dass ein rationaler Gedanke erst durch eine zweite, irrationale Komponente lebendig wird5, sucht auch Musil nach der Verbindung dieser zwei, von ihm ratioid-und nicht-ratioid genannten, Gebiete bzw. bezeichnet diese Verbindung als erstrebenswert6.

2. TorleB

TörleB, der wie die übrigen Figuren im gesamten Werk keinen Vornamen hat, wird in jungen Jahren von seinen Eltern in ein Internat geschickt. Sein Aufenthalt dort beginnt zu einer Zeit, in der er noch sehr kindlich ist und am meisten mit seinem Heimweh zu kämpfen hat7. Dies ändert sich mit der Pubertät, durch die sich seine Probleme mehr und mehr auf seine Gefühle und die beginnende Geschlechtsreife beziehen. TörleB Probleme beruhen zum GroBteil darauf, dass er als überdurchschnittlich intelligenter Mensch weiter denkt als seine Mitschüler, er blickt hinter die Fassaden. Dort, wo ihm dies nicht möglich ist oder er den Sinn dahinter nicht erkennt, beginnen seine Probleme. Vor allem Gefühl und Moral bereiten ihm Schwierigkeiten, da dies Bereiche sind, in denen die ihm vertraute und geschätzte Logik wenig bis keinen Wert hat. Irrationales verwirrt ihn, was dadurch gesteigert wird, dass er in der Abgeschlossenheit seines Instituts niemanden hat, mit dem er wirklich darüber reden könnte: seine Mitschüler können seinen Gedankengängen oft nicht folgen und der Kontakt zu den Eltern, die seine einzige moralische Instanz sind, ist nur per Brief möglich, was den Ausdruck seiner Gefühle und Gedanken erschwert und zu Missverständnissen führt. Dennoch sind diese Briefe für ihn sehr wichtig, so dass er seinen Eltern besonders zu Beginn des Aufenthalts im Internat häufig schreibt8.

TörleB ist seinem Verhalten nach unselbstständig und lässt es zu, sich von anderen Menschen beeinflussen zu lassen9. Dies trifft vor allem auf Reiting und Beineberg zu, obwohl sich TörleB bewusst ist, diesen geistig überlegen zu sein10.

[...]


1 Musil, Robert: Die Verwirrungen des Zöglings TörleB, 62. Aufl, Hamburg 1959, S. 7.

2 Ebd., S. 21.

3 Internationale Robert-Musil-Gesellschaft: Robert Musil. Kurzvita, http://www.i-r-m-g.de/robert-musil.html, abgerufen am 14.03.2009.

4 Ebd.

5 Musil: TörleB, S. 194f.

6 Musil, Robert: S kizze der Erkenntnis des Dichters [1918], in: Frisé, Adolf (Hrsg.): Robert Musil. Gesammelte Werke in neun Bänden, zweite verb. Aufl., Reinbek bei Hamburg 1981, Band 8, S. 1029.

7 Musil: Törle13, S. 9.

8 Ebd., S. 9-11.

9 Ebd., S. 15.

10 Ebd., S. 69.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Mathematik in Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Literatur und Mathematik
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V145491
ISBN (eBook)
9783640561254
ISBN (Buch)
9783640561773
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Mathematik, Musils, Verwirrungen, Zöglings, Törleß“
Arbeit zitieren
Arnd Rochell (Autor:in), 2009, Die Rolle der Mathematik in Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145491

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