Macht und Einfluss der Staatskanzleien auf die Regierungspolitik der Länder


Hausarbeit, 2009

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Ursprünge von Aufgaben und Funktionen der Staatskanzleien
2.1 Die verfassungsrechtliche Grundlagen der Aufgaben und Funktionen von Staatskanzleien
2.2 Die Regierungsprinzipien des Ministerpräsidenten und deren Bedeutung für die Aufgaben und Funktionen der Staatskanzleien

3 Politikberatung durch Staatskanzleien
3.1 Die Notwendigkeit von Politikberatung für den Ministerpräsidenten
3.2 Informationen als Mittel von Politikberatung und Management
3.3 Persönliche Berater der Ministerpräsidenten
3.3.1 Aufgaben, Funktionen und Arbeitsweise pers ö nlicher Berater
3.3.2 Der Chef der Staatskanzlei und die Spiegelreferate
3.3.3 Der Regierungssprecher und das Büro des Ministerpräsidenten

4 Resümee

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Beschäftigt man sich mit dem Thema Landespolitik, so rücken neben dem Parla- ment und der Landesregierung die Staatskanzleien in den Mittepunkt der Betrach- tung. Staatskanzleien erbringen Dienstleistungsfunktionen für den Ministerpräsi- denten und müssen somit immer in Verbindung mit diesem gesehen werden. Vie- le Eigenschaften und Funktionen der Staatskanzleien sind daher auf diese direkte Zuordnung zurückzuführen oder wesentlich von ihr beeinflusst (vgl. Zerr 2006: 185). Während in Arbeiten von Otto Häußer oder Klaus König die speziellen Funktionen und Aufgaben sowie die verschiedenen Organisationen von Staats- kanzleien schon detailliert dargestellt wurden, wurde deren konkretem Einfluss auf die Politik des Landes bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie Staatskanzleien und deren Personal In- formationen für den Ministerpräsidenten sammeln, zusammenfassen und bewer- ten sowie die Politik der einzelnen Ressorts koordinieren und dadurch Einfluss auf Entscheidungen des Regierungschefs haben. Es soll gezeigt werden, dass die Staatskanzlei ganz besonders durch diese beiden Aufgaben nicht zu I Unrecht auch als „Innenhöfe der Macht“ bezeichnet werden können.

Zu diesem Zweck werden in vorliegender Arbeit zunächst die verfassungsrechtlichen Grundlagen dargestellt, innerhalb derer sich die Staatskanzlei bei der Ausübung ihrer Aufgaben bewegen kann. Dabei stehen die Regierungsprinzipien des Ministerpräsidenten im Zentrum der Betrachtung.

Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage wie Staatskanzleien den Ministerpräsidenten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben beraten können. Hierzu wird zunächst dargestellt warum es für den Ministerpräsidenten notwendig ist, beraten zu werden und wie das Managment von Informationen, das für eine effektive Beratung unabdingbar ist, von der Staatskanzlei betrieben wird. Weiter- hin gibt es in der Institution Staatskanzlei einige Personen, die durch ihre persön- liche Stellung und Aufgaben dem Ministerpräsidenten als Berater dienen können. Dabei wird in dieser Arbeit ein wesentlicher Schwerpunkt auf das Amt des Chefs der Staatskanzlei gelegt, da dieser der Staatskanzlei als Amtschef vorsteht und die direkte Verbindung zwischen Staatskanzlei und Ministerpräsidenten ist. Im abschließenden Resümee soll zusammenfassend noch einmal gezeigt werden, in welchem Maße und durch welche Möglichkeiten die Staatskanzleien auf die Re- gierungspolitik des Ministerpräsidenten Einfluss nehmen können.

2 Die Ursprünge und Quellen von Aufgaben und Funktionen der Staatskanzleien

2.1 Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Aufgaben und Funkti- onen von Staatskanzleien

In der heutigen Informationsgesellschaft kann die politische Elite nur dann ihre Macht bewahren, wenn sie in der Lage ist Wissen zu mobilisieren und zu verwerten. Dies gilt auch für den Ministerpräsidenten als Regierungschef des Landes. Neben Beratungsgremien und Experten kann er sich hierzu der Staatskanzlei bedienen. Diese ist zum einen mit Experten besetzt, zum anderen ist sie aber auch Schnittstel- le zu Experten und anderen Bereichen der Gesellschaft. Staatskanzleien werden oftmals auch als „Vorhöfe der Macht“ bezeichnet (vgl. Schneider 2001: 282). Dies kommt daher, dass sich die Staatskanzlei so nahe wie sonst keine andere Institution auf Länderebene an der Machtzentrale befindet. Jedoch werden ihre Aufgaben und Funktionen nicht in den Verfassungen der einzelnen Länder erwähnt. Eine Ausnah- me bildet hierbei die bayerische Verfassung, in der erwähnt ist, dass der Minister- präsident und die Staatsregierung sich zur Unterstützung ihrer verfassungsrechtli- chen Aufgaben der Staatskanzlei bedienen können. Sucht man weitere Regelungen zu den Funktionen und Aufgaben, muss man beispielsweise auf Geschäftsordnun- gen, die zum sekundären Verfassungsrecht zählen, zurückgreifen. Dort findet man, ähnlich der bayerischen Verfassung, sehr allgemein formulierte Aussagen, die in- haltlich den Formulierungen der bayrischen Verfassung zu diesem Thema stark ähneln (vgl. Häußer 1995: 31f). Die Aufgaben der Staatskanzlei können somit eher aus den verfassungsmäßigen Aufgaben des Ministerpräsidenten abgeleitet werden. Da sowohl Landesverfassungen als auch das Grundgesetz die Regierungen als Verfassungsorgan kennen und deren innere Organisation durch das Präsidial,- Ressort- und Kabinettsprinzip geregelt sind, ergeben sich aus diesen Prinzipien auch die Aufgaben und Funktionen der Staatskanzleien, die, wie bereits beschrie- ben, nicht ausdrücklich in den Verfassungen genannt werden (vgl. Knöpfle 1967: 42f). Es gibt zwei Gründe, warum eine Spezifizierung der Funktionen in den Verfas- sungen nicht vorgesehen ist. Zum einen sind diese Funktionen von den jeweilig vor- herrschenden Machtverhältnissen abhängig und zudem stark von der Person des Regierungschefs beeinflusst. Regierungszentralen können, wie bereits erwähnt, als Innen,- oder Vorhöfe der Macht bezeichnet werden. Machtverhältnisse können und sind jedoch flüchtig und lassen sich kaum standardisieren und damit auch rechtlich kaum festlegen. Funktionszuweisungen können zu einem bestimmten Zeitpunkt zutreffen, zu einem anderen jedoch ins Leere laufen (vgl. König 1993: 17). Macht- verhältnisse werden beispielsweise in starkem Maße von Parteien und ihrem Ver- hältnis zueinander geprägt. Der Ministerpräsident muss dies jederzeit mitberück- sichtigen. Bei einer „Ein-Parteienregierung“ kann er stärkeren Einfluss auf die Re- gierungsarbeit der Minister nehmen als dies bei einer Koalitionsregierung möglich ist. Zudem können sich Machtverhältnisse auch innerhalb einer Legislaturperiode ändern. Davon bleibt auch die Stellung der Staatskanzlei nicht unberührt (vgl. Schneider 2001: 283). Die enge Bindung der Staatskanzlei an den Ministerpräsiden- ten führt dazu, dass dessen individuelle Person und Führungsstil die Staatskanzlei mehr prägt und auch prägen soll, als dies in vielen anderen Behörden der Fall ist. Es scheint demnach nicht sinnvoll zu sein, rechtliche Vorgaben zu machen, die die- se beschriebene Besonderheit nicht oder nur unzureichend berücksichtigen können (vgl. König 1993: 17). Das Verfassungsrecht und das politische System ermöglichen es auf diese Weise dass der Ministerpräsident seine persönlichen Interessen und Vorlieben bei der Ausgestaltung seiner Staatskanzlei berücksichtigen kann. Aus diesem Grund können sich auch die einzelnen Funktionen in den verschiedenen Staatskanzleien in Art und Umfang stark voneinander unterscheiden (vgl. Schneider 2001: 283). Dies hat jedoch nicht nur Vorteile. Es kann dazu führen, dass der Minis- terpräsident die Staatskanzlei nicht so gestaltet, wie es möglich und nötig wäre. Scheitern und Erfolg seines Regierungsmanagements sind somit stark mit der Per- son und Kompetenz des Ministerpräsidenten verbunden (vgl. März 2006: 184). Die bereits erwähnten Regierungsprinzipien und deren Bedeutung für die Arbeit der Staatskanzleien sollen im folgenden Abschnitt der Arbeit erörtert werden, da sie die Grundlage des Regierens bilden.

2.2 Die Regierungsprinzipien des Ministerpräsidenten und deren Be- deutung für Aufgaben und Funktionen der Staatskanzlei

Da die Staatskanzlei sich in ihren Aufgaben an den Regierungsprinzipien des Minis- terpräsidenten orientiert, lässt sie sich auch als Assistenz des Ministerpräsidenten beschreiben. Die Hauptaufgabe des Ministerpräsidenten ist die politische Führung des Landes. Hierzu wird ihm in den meisten Fällen die alleinige Richtlinienkompe- tenz zugewiesen. Diese Richtlinien sind nicht frei wählbar, sondern werden immer auch von Parteiprogrammen, Koalitionsvereinbarungen und weiteren Faktoren be- einflusst. Die Richtlinien sollen dem Regierungschef die Möglichkeit geben, die Re- gierung zu führen (vgl. Rausch 1978: 194). Somit steht er nicht nur kollegial neben seinen Fachministern, sondern gibt die Grundausrichtung der Politik vor (vgl. März 2006: 157f). Durch das Ressortprinzip wird jedoch der Einfluss des Ministerpräsi- denten und damit auch der der Staatskanzlei beschränkt. Staatskanzleien sollen so strukturiert sein, dass alle Minister ihre Aufgaben möglichst selbständig bearbeiten können. Dabei muss die Staatskanzlei die Doppelstellung der Minister berücksichti- gen. Diese sind sowohl Leiter ihres Ministeriums als auch Politiker innerhalb des Kabinetts. Die Staatskanzlei sollte dabei vermeiden sich die Richtlinienkompetenz zu nutze zu machen um Entscheidungen der einzelnen Ressortbereiche an sich zu ziehen und dadurch zu einem „Überministerium“ zu werden. Denn Ressortprinzip bedeutet für die Minister sowohl Unabhängigkeit als auch Weisungsfreiheit gegen- über dem Ministerpräsidenten und dessen Staatskanzlei (vgl. Häußer 1995: 34). Dies erschwert die Aufgaben des Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei erheb- lich. Zum einen müssen sie die politischen Richtlinien der Politik vorgeben, zum anderen müssen sie aber auch immer die Eigenverantwortlichkeit der Minister für deren Ressorts beachten. Zwar sind durch Koalitionsabsprachen und Regierungs- programme schon Richtungen in den verschiedenen Teilbereichen der Politik vor- gegeben, jedoch nehmen diese dem Ministerpräsidenten nicht die Verantwortung über die Richtung der Politik ab. Ministerpräsidenten können und müssen interve- nieren, wenn Minister Handlungsschwächen in ihren Bereichen zeigen oder ihre Politik nicht den vorgegebenen Richtlinien entspricht. Dabei können die Interventio- nen, je nachdem ob der entsprechende Minister zur eigenen oder zur Partei des Koalitionspartners gehört, unterschiedliche Ausmaße annehmen (vgl. König 1993: 22). Die Gesamtkoordination des Ministerpräsidenten durch die Richtlinienkompe- tenz steht, wie beschrieben, in einem Spannungsverhältnis zur Ressortautonomie. Folglich kann es immer wieder zu Konflikten zwischen Ministerien und Regierungs- chef kommen. Staatskanzleien sollen sich diesem Konfliktpotential bewusst sein und darum bemüht sein, dem Ministerpräsidenten eine elastische Führung zu er- möglichen. Wie sich dieses Spannungsverhältnis auf die politische Realität auswirkt, hängt oftmals von den politischen Kapazitäten der Akteure und von der Stärke des administrativen Unterbaus ab (vgl. März 2006: 157). Für Timo Grunden ist die Aus- übung der Richtlinien mehr als Moderation und Integration verschiedener Interes- sen. Ein Regierungschef kann die Durchsetzung von politischen Inhalten nicht be- fehlen, dennoch wird von ihm die Führung des Landes erwartet. Er soll wichtige gesellschaftliche Probleme erkennen und Lösungsvorschläge einbringen. Um die Durchsetzung der Richtlinien zu gewährleisten, müssen Richtungen und Rahmen der Problemlösungen vorgezeichnet werden, die dann den Ministerien übergeben werden, die diese in eigener Regie ausführen sollen (vgl. Grunden 2009: 36).

Ein weiteres Regierungsprinzip ist das Kabinettsprinzip. Aufgabe des Kabinetts ist die Leitung der allgemeinen Politik. Es koordiniert die Tätigkeiten der Ministerien und entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten der Minister (vgl. Rausch 1978: 194). Der Ministerpräsident ist Vorsitzender des Kabinetts, die Staatskanzlei ist sein Sekretariat. Daraus ergibt sich für ihn die Befugnis die Koordination der arbeitsteili- gen Regierung im Kabinett durch die Staatskanzlei vorbereiten zu lassen. Das damit verbundenen Kollegialprinzip besagt, dass das Kabinett nicht in jedem Fall eine lei- tenden Funktion, sondern diese nur bei Meinungsverschiedenheiten und Über- schneidungen der einzelnen Ressorts übernimmt (vgl. Häußer 1995: 34). Dabei gilt, dass Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen zwischen den Ministern unum- gänglich und auch notwendig sind, da nur auf diese Weise gut durchdachte, von allen Seiten betrachtete Entscheidungen gefällt werden können (vgl. Rausch 1978: 200). Das Kabinettsprinzip kann jedoch dazu führen, dass Beschlüsse gefasst wer- den, die gegen die Meinung und Überzeugung des zuständigen Fachministers ver- stoßen. Diese Beschlüsse sind für den Minister dennoch bindend (vgl. Häußer 1995: 34). Eine Versammlung von Ministern ist jedoch noch keine Regierung. Erst durch das Zusammenspiel, den Zusammenhalt sowie deren Beratung und Verständigung untereinander kann eine gute Regierungspolitik für das Land erreicht werden (vgl. Rausch 1978: 200).

Staatskanzleien und Ministerpräsidenten bewegen sich in ihren Aufgaben zwischen diesen drei Regierungsprinzipien. Es wird dabei schon auf den ersten Blick sichtbar, dass hierzu eine Vielzahl von Informationen sowie ein hohes Maß an Koordination nötig ist. In Staatskanzleien wird politisches Management betrieben. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter der Staatskanzlei alle Aufgaben übernehmen, die zur Steue- rung des Leistungsprozesses der Regierung dienen. Sie müssen demnach sowohl steuern als auch planen als auch kontrollieren (vgl. Häußer 1995: 38).

Nachdem in diesem Kapitel die Grundlagen und Grenzen der Arbeit der Staatskanzlei als Assistenz des Ministerpräsidenten aufgezeigt wurden, soll nun gezeigt werden, wie die Staatskanzlei ihren Regierungschef bei der Führung des Landes beratend unterstützen kann.

3 Politikberatung durch Staatskanzleien

3.1 Die Notwendigkeit von Politikberatung für den Ministerpräsidenten

Politische Beratung kann in interne und externe Politikberatung unterschieden wer- den. Die externe Politikberatung, auf die in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden soll, da sie außerhalb der Staatskanzleien stattfindet, entwickelt Konzepte und analysiert Probleme aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Dabei werden in den meisten Fällen die Bedingungen, die zur Umsetzung notwendig sind, wie Mehrheits- und Machtverhältnisse sowie andere Interessen nicht beachtet oder als unwichtig angesehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Macht und Einfluss der Staatskanzleien auf die Regierungspolitik der Länder
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Politikwissenschaften)
Veranstaltung
Landespolitik
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
20
Katalognummer
V145405
ISBN (eBook)
9783640558193
ISBN (Buch)
9783640558636
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Macht, Einfluss, Staatskanzleien, Regierungspolitik, Länder, Landespolitik
Arbeit zitieren
Johannes Tiegel (Autor:in), 2009, Macht und Einfluss der Staatskanzleien auf die Regierungspolitik der Länder , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145405

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